Protokoll der Sitzung vom 17.06.2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung soll die Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich erleichtert werden. Es soll von der Anwendung der sogenannten Siebenjahresfrist zwischen der Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung und dem Antrag auf Nutzungsänderung abgesehen werden. Es geht also grundsätzlich nicht um eine Änderung des materiellen Rechts im Bereich des Baugesetzbuchs, sondern ausschließlich um die Aussetzung einer Frist, innerhalb der der Bauherr sein Recht geltend machen musste.

Wir wollen eine Reduzierung des Flächenverbrauchs durchsetzen. Deshalb soll die Nutzung des Bestands attraktiver gemacht werden. Wenn durch die Aussetzung der Siebenjahresfrist eine weitere Zersiedlung der Landschaft zu befürchten wäre, würden wir das Gesetz nicht unterstützen. Dies ist in diesem Fall auszuschließen. Wir wollen, dass aufgelassene landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich nicht zerfallen, sondern in eine neue, ihrem Umfeld angemessene Nutzung übergehen können. Die Umnutzung betrifft nur vorhandene Bauten. Die Umnutzung von Gebäuden in völlig desolatem Zustand scheidet von vornherein aus, da sie der Errichtung eines Ersatzneubaus gleichkäme.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine solche Umnutzung kann auch der Erhaltung der Wirtschaftskraft vor allem im ländlichen Raum dienen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

In vielen Regionen des Landes spielt die Siebenjahresfrist gar keine Rolle, weil für ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen schnell wieder eine neue Nutzung gefunden wird. In anderen Regionen, die weniger touristisch geprägt sind und stärker vom demografischen Wandel erfasst sind, dauert es oft länger, bis überhaupt eine Nachnutzung erfolgt. Bei einer solchen Umnutzung müssen immer die Anforderungen der Teilprivilegierung beachtet werden. Im Übrigen spielen solche früheren Höfe bei der Nutzung von regenerativen Energien, etwa bei der Nutzung von Solarenergie, eine große Rolle. Auch die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen oder Kleinprivatwald erfolgt von solchen Anwesen aus.

Es gibt deshalb gute Gründe, die Siebenjahresfrist nicht anzuwenden. Deshalb setzt sich die CDU für dieses Gesetz ein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! Guter Mann! – Abg. Volker Sche besta CDU: Kurz und schmerzlos! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das war gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haas für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf ebenfalls zu. Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen dazu machen.

In der Tat ist ein Problem dadurch entstanden, dass strukturelle Veränderungen in der Landwirtschaft feststellbar sind. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber bereits im Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch vom 12. April 1999 zunächst eine Befristung für die Aufhebung der Siebenjahresfrist bis zum 31. Dezember 2004 erlassen, der eine Befristung bis 2008 folgte. Er hat zudem die Möglichkeit eingeräumt, dass die Länder entsprechende gesetzliche Regelungen vornehmen. Das ist auch jetzt im Zuge der unbefristeten Regelung ganz richtig.

Ich habe in meiner beruflichen Praxis des Öfteren erlebt, dass ein entsprechendes Begehren vorgetragen und die Frage gestellt wurde: Was können wir in diesen Bereichen machen? Solche Fälle gab es natürlich. Ich kenne auch die Diskussion, die vom BUND ins Land getragen wurde. Zum Teil sind die Argumente begründet, und man kann sie sicherlich auch in die Abwägung einbeziehen.

Ich habe heute Morgen noch mit Herrn Wirtschaftsminister Pfister gesprochen: Die Folge dieser gesetzlichen Regelung – der wir zustimmen; ich wiederhole mich jetzt – wird natürlich noch eine Verwaltungsverordnung sein müssen, in der einiges zu regeln sein wird. Der Text liegt uns nicht vor; darüber können wir heute nicht diskutieren, aber das ist vielleicht auch nicht nötig. Aber ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass einige Kriterien gesichert sein müssen:

Zum einen muss die sogenannte Erschließung gesichert sein; die Versorgung mit Frischwasser und die Abwasserentsorgung müssen in der notwendigen Qualität eingerichtet sein. Auch die verkehrliche Erschließung muss vorhanden sein, damit nicht noch neue Zugangswege mit dem entsprechenden Flächenbedarf angelegt und gebaut werden müssen.

Ein weiteres Thema, dessen Bedeutung ich in meiner beruflichen Praxis immer wieder erfahren habe – das gilt besonders bei uns im Schwarzwald, aber auf der Schwäbischen Alb wird es sicherlich ähnlich sein –, ist der Winterdienst und alles, was damit in Zusammenhang steht. Das muss man auf die Spur bringen, und das muss man regeln.

Ich nehme an, dass der Landesnaturschutzverband und der BUND auch diese Kritikpunkte anführen. Entsprechendes ist als wesentliches Ergebnis der Anhörung auch in der Begründung zum Gesetzentwurf Drucksache 14/4352 angeführt.

Wir als SPD-Landtagsfraktion glauben jedoch, dass die Baurechtsbehörden das in den Griff bekommen. Wenn Besitzstandsänderungen vorgenommen werden sollen, kann das notfalls auch über das Grundbuch geregelt werden. Man kann das

auch über das Baulastenbuch regeln. In jedem Fall ist hierzu eine Möglichkeit gegeben.

Ich möchte einer Forderung durchaus widersprechen, nämlich der, dass am Ende noch ein Bebauungsplan aufgestellt werden müsse. Wenn das der Fall wäre, käme man bei den Kos ten in ganz andere Größenordnungen hinein.

§ 35 des Baugesetzbuchs – Bauen im Außenbereich – ist ein ganz wichtiger Paragraf und ist Grundlage all unserer Überlegungen. Er lautet:

Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen … und wenn es …

so heißt es dann weiter –

wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll …

Uns beruhigt ebenfalls, dass die Teilprivilegierung hiermit verbunden ist. Die Baurechtsbehörden müssen ihre Hand also weiterhin schützend darüber halten, und die Gemeinden müssen abgesichert sein, dass Forderungen von weiteren Nutzern, die möglicherweise erhoben werden, zumindest nicht in großem Umfang möglich sind.

Eine Frage, auf die ich noch keine Antwort bekommen habe – aber die wird sicherlich noch erfolgen –, ist, wie viele Wohnungen in einem solchen Gebäude untergebracht werden können. Im Baumaßnahmengesetz von 1998 wird davon ausgegangen, dass dort maximal drei Wohnungen eingebaut werden können. Aber was sich nun damit verbindet, wird man sicherlich noch in der Verwaltungsverordnung lesen.

Wir stimmen zu. Die einschränkenden Kriterien habe ich beschrieben. Bedauerlich ist allerdings – das ist ein ganz anderes und viel weiter reichendes Thema –, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft so gravierend verläuft, wie er auch von der Landesregierung beschrieben wird. Das belastet uns alle und wird uns auch in Zukunft belasten. Man muss davon ausgehen, dass die Strukturveränderungen dazu führen, dass bis zu 30 % oder noch mehr der heute tätigen Vollerwerbslandwirte – Frau Staatssekretärin, Sie werden das bestätigen können – aufgeben müssen. Das ist für die Kulturlandschaft nicht gut, und deshalb müssen wir dort Hilfestellung leisten.

Wir müssen auch die Möglichkeit geben, dass bei dieser Umnutzung, in der Kriterienvorschau, die ich eben anstellte, noch eine Existenzsicherung möglich ist, dass man drei Ferienwohnungen einrichten kann, aber nicht die berühmten Wohnungen für diejenigen, die in den Kernstädten wohnen und meinen, sie könnten dann rauskommen und große Ferienerlebnisse haben. Das ist nicht gewünscht. Wir wünschen allerdings, dass mit der gesetzlichen Regelung auch ein Stück Existenzsicherung für unsere Landwirte verbunden ist. Wenn wir das miteinander erreichen, dann haben wir heute eine gute Zustimmung zum Bundesgesetz auf den Weg gebracht.

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Splett für die Fraktion GRÜNE.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wäre schön, wenn wir das Problem des Strukturwandels in der Landwirtschaft über dieses Gesetz in den Griff bekämen oder auch nur einen wesentlichen Beitrag dazu leisten könnten. Ich habe meine Zweifel, ob das der richtige Ansatz ist.

Bei der ersten Lesung haben der Kollege von der SPD und ich die Regierung aufgefordert, uns darzulegen, welche Erfahrungen mit der bisher zeitlich befristeten Aufhebung der Siebenjahresfrist gemacht wurden. Wie viele Fälle betrifft diese Regelung im Jahr? Warum wird die Siebenjahresfrist dort überschritten? Geht es mehrheitlich um Wohn- oder um Gewerbenutzung? Gibt es regionale Schwerpunkte? Es war die Rede davon, dass das wahrscheinlich der Fall ist. Gab es im Einzelfall Probleme, die den Befürchtungen, die die Naturschutzverbände geäußert haben, entsprechen?

Diese Information haben wir bei der ersten Lesung eingefordert. Diese Information hatte vor uns in der Anhörung im Februar schon der Landesnaturschutzverband eingefordert. Wir hatten bei der ersten Lesung die Hoffnung, dass wir entsprechende Informationen noch erhalten würden. Aber was haben wir inzwischen erhalten? Nichts.

Im Ausschussbericht heißt es dazu vonseiten der Regierung lapidar, einen Erfahrungsbericht habe man nicht erstellt, da sowohl beim Ministerium als auch bei den Regierungspräsidien nach wie vor Bedarf angemeldet werde. Welcher Bedarf? Wie groß ist der Bedarf? Es kann doch nicht so schwierig sein, ganz einfach Zahlen zusammenzustellen: Wie viele Fälle gibt es denn in den Behörden? Welche Fälle sind es?

Meine Damen und Herren, ich finde, es kann nicht sein, dass wir uns bei einer Begründung für einen Gesetzesbeschluss auf diesem Niveau bewegen. Offensichtlich ist der Regierung dieser Gesetzesbeschluss nicht sonderlich wichtig, sonst hätte sie ihn schon früher behandelt; denn die alte Regelung ist ja schon Ende des letzten Jahres ausgelaufen. Offensichtlich ist sich die Regierung sicher, dass sie die Mehrheit des Hauses sowieso hinter sich hat, also darauf verzichten kann, die Opposition von der Sinnhaftigkeit ihres Handelns zu überzeugen. Ich finde, es ist ein Armutszeugnis für dieses Parlament, wenn wir so mit uns umgehen lassen.

Inhaltlich will ich jetzt gar nicht so tief einsteigen. Das, was zu sagen ist, habe ich zum Teil bei der ersten Lesung gesagt. Der andere Teil ist dadurch begrenzt, dass die Informationsgrundlage, auf der wir hier heute argumentieren und diskutieren, wie dargestellt, sehr dünn ist.

Auf der einen Seite wird der Bedarf beschrieben, und es wird dargestellt, wie sinnvoll und unproblematisch die Aufhebung der Siebenjahresfrist sei. Auf der anderen Seite haben wir die Bedenken, die u. a. vonseiten des Naturschutzverbands geäußert wurden. Unter Umständen hätte man diese Bedenken ausräumen können. Aber man hat noch nicht einmal einen Versuch dazu unternommen. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung enthalten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Bislang waren Sie immer dafür!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte im Prinzip einfach auf die Debatte aus der ersten Lesung verweisen. Die wesentlichen Argumente wurden damals angesprochen.

Wenn Sie, Kollegin Splett, uns dazu auffordern, die Opposition zu überzeugen, dann kann ich Ihnen sagen: Die Quote ist nicht schlecht. Immerhin haben wir die SPD offensichtlich überzeugt. Die SPD hat durch den Kollegen Haas Zustimmung signalisiert. Dass Sie sich enthalten, ist ein gewaltiger Schönheitsfehler dieses Gesetzes. Aber ich vermute einmal, dass wir damit einigermaßen zurechtkommen können.

Die Vorwürfe an dieses Gesetz, dass möglicherweise der Zersiedlung der Landschaft Vorschub geleistet würde, überzeugen uns wiederum nicht, denn ich glaube, mit den Möglichkeiten der Regionalplanung und anderen gesetzlichen und sonstigen Möglichkeiten kann man dem absolut entgegenwirken.

Deutlich ist, dass es mit diesem Gesetz natürlich nicht gelingt, den Strukturwandel in der Landwirtschaft maßgeblich zu beeinflussen oder zu verhindern oder auch nur die wesentlichen Folgen des Strukturwandels in der Landwirtschaft nachhaltig zu bekämpfen. Das hat auch niemand behauptet. Aber dieses Gesetz ist doch wenigstens ein Baustein, der manchen Landwirten betriebswirtschaftlich hilft, mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft klarzukommen und aus diesem Strukturwandel positive Folgerungen zu ziehen.

Deshalb halten wir dieses Gesetz für sinnvoll. Es hat eben nicht den Nachteil, dass es einer Zersiedlung der Landschaft Vorschub leistete. Es hat aber den wesentlichen Vorteil, dass manchen Landwirten damit betriebswirtschaftlich geholfen wird.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Denen, die die Nut- zung aufgegeben haben!)

Deshalb stimmt natürlich auch meine Fraktion dem Gesetzentwurf zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Drautz.

(Zuruf von der SPD: Mach es kurz!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es um die erleichterte Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude im Außenbereich. Wir wollen mit diesem Gesetz die bundesrechtliche Vorgabe dauerhaft außer Kraft setzen, wonach zwischen Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung und Beantragung einer Nachfolgenutzung höchstens sieben Jahre liegen dürfen.