Protokoll der Sitzung vom 09.10.2013

Die Landesregierung hat mit diesem Gesetzentwurf auch die Politik des Gehörtwerdens praktiziert.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das kann ich schon nicht mehr hören!)

Gewerkschaften, Berufsverbände, Kirchen sowie Landkreis-, Städte- und Gemeindetag haben sich umfangreich zum Dienst recht geäußert. Es ist erfreulich, wenn ich als Mitglied des Be amtenbunds in der Beamtenzeitschrift wieder einmal Lob über die Landesregierung lesen kann. Hier wird einiges als richtig und notwendig dargestellt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da haben Sie recht! Das kommt nicht oft vor!)

Ganz wichtige Punkte werden z. B. im Bereich der Pflegeauf wendungen geändert und verbessert. Hier hat sich eine Lücke bei den Ergänzungstarifen aufgetan. Diese Lücke schließt die Landesregierung wieder.

Wir treffen des Weiteren Regelungen hinsichtlich der Dienst postenbewertung. Herr Hollenbach, darüber müssen wir si cherlich noch diskutieren. Das tun wir gern. Wir sind hierfür in den Ausschüssen genauso offen.

Wir machen Nachtzeiten ruhegehaltfähig und sehen die bes sere Anerkennung von Wehr- und Zivildienstzeiten vor. Wir wollen eine Günstigkeitsprüfung von Amts wegen – sie spart viel Bürokratie – und Abgeltungsregelungen für den Erho lungsurlaub.

Das ist, wie der Minister schon gesagt hat, vielleicht eine klei ne Sache, aber es sind große Verbesserungen für den Einzel nen. Das ist, glaube ich, bei diesem Gesetz sehr wichtig.

Ich kann auch die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes vertreten. Diese sind gegenüber dem ganzen Personaletat mi nimal. Wir haben es hier mit Größenordnungen zu tun, die durchaus handhabbar sind.

Vor allem bringt der vorliegende Gesetzentwurf Verbesserun gen für die Beamtinnen und Beamten, aber er dreht die Kon solidierungsmaßnahmen, die wir im Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 getroffen haben, nicht zurück.

Wir werden hier auch den fraktionsübergreifenden Ände rungsantrag behandeln und damit auch ein kleines Problem lösen.

Insgesamt liegt mit dem Gesetzentwurf ein umfangreiches Werk vor. Die gestellte Aufgabe ist handwerklich gut gelöst. Wir werden in den Ausschüssen offen alle Themen anspre chen und diskutieren, sodass sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes Baden-Württemberg ein Fortschritt er gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Professor Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Herr Präsident, ich spare jetzt Redezeit. So gleicht sich das am Abend immer aus.

Der Gesetzentwurf, den Minister Schmid begründet hat – ich glaube, man kann dieser Begründung im Wesentlichen zustim men –, enthält 41 Änderungen. Aber diese sind mehr oder we niger klein; einige größere Punkte sind dabei. Aber die Tü cken stecken im Detail. Der Kollege Hollenbach hat sicher recht, dass man sich das alles noch genau anschauen muss. Aber wir sind ja auch in der Ersten Beratung, und der Gesetz entwurf geht zur weiteren Beratung erst noch in die zuständi gen Ausschüsse.

Im Großen und Ganzen kann ich für meine Fraktion signali sieren, dass wir den Weg dieses Gesetzes mitgehen wollen. Es gibt einzelne Punkte, die direkt zu begrüßen sind. Das gilt z. B. für die Rücknahme der Absenkung der Beihilfebemes sungssätze für neu eingestellte Beamte für den Bereich der Pflege. Das wird revidiert, weil die Krankenversicherer noch keine entsprechenden Tarife anbieten.

Das war auch ein Wunsch des Beamtenbunds; das ist richtig. Aber aus diesem Punkt zu schließen, dass der Beamtenbund mit dieser ganzen Reform einverstanden wäre, wäre vermut lich ein bisschen kühn. Wie er sich insgesamt dazu gestellt hat, ist schon klar. Nur: Hier wird ein kleiner Teil zurückge nommen. Das ist richtig.

Die Änderung, die gerade in der Begründung in den Vorder grund gestellt wird und auch von Minister Schmid betont wur de, betrifft die Gleichstellungsthematik. Jetzt kann man sich der Gleichstellungsthematik insgesamt mit unterschiedlichen Graden der Begeisterung nähern. Klar ist, dass wir durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2012 eine Vor gabe haben. Klar ist auch, dass sie in zweierlei Hinsicht über schritten wird. Das stimmt auch.

Aber was z. B. die Einbeziehung weiterer Tatbestände anbe langt, muss man natürlich damit rechnen, dass durch weitere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung ebendas vorgeschrie ben würde – wenn wir es nicht gleich machen. Da muss ich eigentlich sagen: Es empfiehlt sich schon, das jetzt in einem Aufwasch – so hätte ich beinahe gesagt – zu regeln.

Ein Entgegenkommen liegt sicher in der Rückwirkung. Aber ich glaube, auch da sollten wir jetzt nicht an einem einzelnen Punkt herummachen.

Im Großen und Ganzen ist der Gesetzentwurf für uns zustim mungsfähig. Die Diskussion geht jetzt im Detail in den zu ständigen Ausschüssen weiter.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/4054 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss und federführend an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Punkt 4 der Tagesordnung ist erledigt.

Meine Damen und Herren, ich sehe, dass einige Kolleginnen und Kollegen erkennbar frösteln. Das tut mir ausdrücklich leid. Wir haben schon veranlasst, dass geheizt wird. Ich hof fe, dass hier über die Mittagspause noch einmal richtig einge heizt wird.

Es ist jetzt gleich 13:00 Uhr. Ich schlage vor, jetzt bis 14:15 Uhr in die Mittagspause einzutreten. Oder wünschen Sie auf grund der längeren Wege eine Mittagspause bis 14:30 Uhr? 14:15 Uhr genügt, glaube ich. Wir machen also Mittagspau se bis 14:15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:59 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:16 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Die SPD-Fraktion hat das Thema „Neuordnung des Heim rechts“ angemeldet. Ich darf den Kollegen Reusch-Frey ans Rednerpult bitten.

N e u o r d n u n g d e s H e i m r e c h t s

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! In unserer Gesellschaft, in der es immer mehr ältere Menschen gibt, stellt sich die Frage, wel che Betreuungsmöglichkeiten bestehen, wenn jemand pflege bedürftig ist. Die gegenwärtige Situation stellt sich so dar, dass

es einerseits die stationären Einrichtungen, die Pflegeheime, und auf der anderen Seite die Häuslichkeit gibt, in der die Pfle ge erfolgt.

Das neue Heimgesetz, das Gesetz für unterstützende Wohn formen, Teilhabe und Pflege, ist bereits im Entwurf vorgelegt worden. Inzwischen gibt es hierzu auch Rückmeldungen. Mei ne Frage an die Regierung lautet: Welche weiteren Möglich keiten der Betreuung und der Pflege gibt es für an Demenz er krankte Menschen?

Herzlichen Dank. – Für die Landesregierung darf ich Frau Ministerin Altpeter ans Rednerpult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Es ist richtig gesagt worden: Das Heimrecht, wie wir es kennen und wie es seit dem Jahr 2006 Gültigkeit in Baden-Württemberg hat, kennt als Wohnformen für Pflegebedürftige, für ältere Menschen vor allem die stati onäre Einrichtung und im Gegensatz dazu den häuslichen Be reich. Das Heimrecht regelt seither die ordnungsrechtlichen Belange in der stationären Einrichtung, also in dem, was wir gemeinhin ein Pflegeheim oder eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung oder auch für chronisch psychisch Kranke nennen.

Wir sind nicht erst seit der Regierungsübernahme der Auffas sung, dass wir, um in der Zukunft den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden, nicht mehr nur zwei Wohnmög lichkeiten kennen können, nämlich die stationäre Einrichtung und den häuslichen Bereich. Vielmehr haben sich zwischen diesen beiden die unterschiedlichsten Wohnformen entwickelt und werden sich auch noch weiter entwickeln. Wohngemein schaften, wie wir sie jetzt schon kennen, sind in den letzten Jahren unter Umgehung des alten Heimrechts entstanden. Wir haben gesagt: Wir wollen mit einem neuen Recht moderne Wohnformen schaffen, die den Bedürfnissen der Menschen entgegenkommen. Nun haben wir ein mehrfach abgestuftes Verfahren entwickelt, das immer von einem Grundsatz aus geht, der lautet: Je abhängiger ein Mensch von anderen ist, desto größer ist das Schutzbedürfnis durch das Ordnungsrecht. Wir kennen jetzt das ganz normale Wohnen in den eigenen vier Wänden, das selbstorganisierte gemeinschaftliche Woh nen, die ambulant betreute Wohngemeinschaft, mehrere Er probungsregelungen und die stationäre Einrichtung, bei der wir sagen: Dort ist der Schutzbedarf für die Bewohnerin bzw. den Bewohner am größten.

Zur Frage nach den an Demenz erkrankten Menschen: Hilfs- und pflegebedürftige Menschen sind oft nicht mehr in der La ge, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und über ihre Be lange selbst zu entscheiden. Sie sind in vielen Fällen von an deren abhängig. Deswegen gehen wir davon aus, dass auch in einem neuen Heimrecht für an Demenz erkrankte Bewohne rinnen und Bewohner, sei es in einer stationären Einrichtung oder auch in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft, be stimmte Schutzregeln festgelegt werden müssen.

Bei einer Demenz müssen Sie davon ausgehen, dass der Be troffene zunächst seine zeitliche Orientierung verliert. Das be deutet: Er weiß nicht mehr, ob heute Montag oder Januar ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Leider weder das ei ne noch das andere! – Abg. Peter Hauk CDU: Heute ist Mittwoch!)

In der nächsten Stufe der Krankheit verliert er seine räumli che Orientierung. Das bedeutet, dass er den Raum, in dem er sich befindet, nicht mehr zuordnen kann. In einem nächsten Schritt verliert er die Orientierung rund um seine Person. Das ist dann der Fall, wenn wir von schwer an Demenz erkrank ten Menschen sprechen.

Dass diese Menschen unseres besonderen Schutzes bedürfen, wird, denke ich, sehr deutlich. Aus dem von mir Geschilder ten wird wohl auch deutlich, dass man mit einer schweren De menz vielleicht nicht mehr entscheiden kann, wie man woh nen möchte. Daher gilt es, Regelungen zu finden, die den Be troffenen eine adäquate Entscheidungsmöglichkeit bieten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt habe ich schon vergessen, was sie gesagt hat! – Heiterkeit bei der CDU)

Das habe ich mir gedacht.

Herzlichen Dank. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Rüeck das Wort.