Ich verlange einen roten Faden, der den Begriff "lebenslanges Lernen" umschreibt. Lebenslanges Lernen umfasst nämlich formales, nicht formales und informelles Lernen. Die Ziele lebenslangen Lernens sind die Förderung aktiver Bürgerschaft, persönlicher Entfaltung, sozialer Eingliederung und der Beschäftigungschancen. Lebenslanges Lernen basiert auf den Prinzipien der Lerner- und Lernerinnen-Zentriertheit, der Chancengleichheit und der Qualität bzw. der Relevanz von Lernmöglichkeiten.
Ihr Gesetzentwurf müsste diese Vorgaben erfüllen. Ob er es tut, werden wir im Ausschuss diskutieren. Ich freue mich auf die Debatte und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Präsident, verehrte Kollegen und Kolleginnen! "Wenn Deutschland gestärkt aus dieser Wirtschaftskrise hervorgehen will, dann ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung und höhere Qualifikation zu investieren. Dies gilt für die Erstqualifikation ebenso wie für die Weiterbildung."
Dieses Zitat stammt von der OECD-Bildungsdirektorin Dr. Barbara Ischinger. Damit wird nach unserer Auffassung exakt auf den Punkt gebracht, worum es heute geht. Unsere Kinder und Jugendlichen müssen nicht nur bestens ausgebildet sein. Vielmehr müssen sich alle Berufstätigen beständig weiterbilden. Für uns alle ist lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen unverzichtbar für den persönlichen und für den gesell
schaftlichen Fortschritt; denn Weiterbildung ist der zentrale Beitrag zur gerechteren Verteilung von Bildungschancen und für die Wahrung von Lebenschancen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb brauchen wir ein modernes, qualitativ hochwertiges Erwachsenenbildungssystem. Das ist unbestritten. Der Beratung des Gesetzentwurfs der Freien Wähler im zuständigen Ausschuss sehen wir deshalb mit Interesse entgegen; denn natürlich ist es legitim, bei einem 36 Jahre alten Gesetz die Stellschrauben einmal nachzuziehen. Das möchte auch die Koalition.
Wir halten die Förderung innovativer Bildungsansätze mit maßgeschneiderten Lösungen besonders für den ländlichen Raum für dringend erforderlich. Einrichtungen in strukturschwachen Gebieten mit einem bislang zu geringen Weiterbildungsangebot für Erwachsene müssen aus unserer Sicht vorrangig gefördert werden. Hier müssen wir eindeutig Schwerpunkte setzen. Wir müssen außerdem dafür sorgen, dass die Angebote bei den bildungsfernen oder bildungsbenachteiligten Gruppen wirklich ankommen und von diesen Gruppen tatsächlich angenommen werden. Letzteres können wir aber nicht per Gesetz verordnen. Das geht nur über Aufklärung und über eine eindeutige Prioritätensetzung.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, der vorliegende Gesetzentwurf der Freien Wähler zielt vor allem auf eine Ausweitung der Grundfinanzierung auf 25 Millionen Euro statt wie bisher 13 Millionen Euro ab. Diese Summe soll gesetzlich festgeschrieben und garantiert, also ohne Haushaltssperre, ausgezahlt werden. Der Zuwachs über diese Garantiesumme hinaus soll auf Vorschlag des Landesbeirats für Erwachsenenbildung jährlich neu berechnet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus unserer Sicht ist das der schwerwiegendste handwerkliche Fehler in diesem Gesetzentwurf. Sie können doch nicht das Gremium, in dem die Träger der Erwachsenenbildung sitzen, über die Höhe der eigenen Förderung entscheiden lassen. Das geht nicht.
Nicht angemessen erscheint mir auch die gesetzliche Festlegung einer Garantiesumme. 25 Millionen Euro würden eine Verdoppelung gegenüber dem derzeitigen Status quo bedeuten. Im Hinblick auf die Krise der öffentlichen Haushalte ist diese feste Finanzierungszusage einfach nicht realisierbar. Dieses Geld müssten wir an anderer Stelle einsparen. Deshalb erwarten wir von Ihrer Seite Sparvorschläge, also Vorschläge, wo dieses Geld eingespart und gestrichen
Wir sagen klipp und klar: Sie können nicht immer nur Geld einfordern. Sie müssen auch sagen, wo Sie es hernehmen wollen. Ich möchte nicht verschweigen, dass die FDP-Fraktion andere bildungspolitische Schwerpunkte setzt. Uns ist in erster Linie der Ausbau der frühkindlichen Bildungsangebote wichtig. Hier werden nach den vorhandenen Erkenntnissen die Grundlagen für die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen gelegt und damit viele Probleme präventiv erfasst und aufgefangen.
Wir Liberalen setzen uns deshalb dafür ein, das erste Kindergartenjahr kostenfrei zu stellen, mehr Ganztagsschulen einzurichten und mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen. Da nicht alles Wünschenswerte finanzierbar ist, müssen wir Schwerpunkte setzen. Wir setzen diese Schwerpunkte in der frühkindlichen Bildung.
Frau Kollegin Meyer, Sie haben zwei Interventionen heraufbeschworen. Die erste Intervention kommt von Frau Kollegin Tolle.
Frau Kollegin Meyer, ich lasse mich zu dieser Intervention hinreißen, weil Sie gesagt haben, der Betrag, der im Gesetzentwurf der Freien Wähler steht, sei zu hoch angesetzt. Ich möchte Ihnen schon einmal entgegenhalten, dass die Summe für die Erwachsenenbildung in Euro bzw. in DM seit Jahrzehnten nicht angewachsen ist. Ich möchte Ihnen außerdem ein Wort Ihres Wirtschaftsministers entgegenhalten, der gesagt hat, Erwachsenenbildung sei wichtig, wenn man gegen die Krise angehen wolle.
Wer intelligent sparen will, investiert das Geld dort, wo er sich einen Return on Investment verspricht. Nach Berechnungen von McKinsey bekommen Sie für einen in der Erwachsenenbildung angelegten Euro vier Euro heraus. Deshalb bin ich hier gerne ein Gierschlund oder eine Heuschrecke. Bei den Haushaltsberatungen in der Regierungskoalition sollten Sie sich überlegen, wo ein Euro gut angelegt ist.
Aus meiner Sicht führt die Erwachsenenbildung ein stiefmütterliches Dasein. Hier muss kräftig investiert werden, weil von diesem Geld einiges wieder zurückkommt. Ich glaube, dass Ihnen dieses Wissen noch fehlt. Deshalb habe ich es Ihnen gerne nachgereicht.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin Tolle. Ich glaube nicht, dass mir dieses Wissen fehlt. Sie haben zunächst festgestellt, dass das Geld für die Erwachsenenbildung nicht gestiegen sei. Bei der Versammlung der Volkshochschulen in Lindau saßen wir nebeneinander. Damals hat der Staatssekretär eine Erhöhung der Mittel um eine Million Euro verkündet. Damit ist Ihre Aussage widerlegt.
Ich gebe Ihnen völlig recht, dass Investitionen in die Bildung Investitionen in die Zukunft darstellen. Hier geht es aber um die Frage der Schwerpunktsetzung. Ich wundere mich, dass es in diesem Plenum möglich ist, immer wieder Investitionen zu fordern, ohne Sparvorschläge zu machen oder zu sagen, wo das Geld herkommen soll.
Uns wird nichts anderes übrig bleiben, als Prioritäten zu setzen. Ich habe deutlich gemacht, dass wir die Prioritäten bei der frühkindlichen Bildung setzen. Auch damit investieren wir in die Zukunft, weil dadurch viele Probleme im Vorfeld aufgefangen werden können.
Frau Kollegin Meyer, Sie haben uns vorgeworfen, dass wir zu viel Mittel forderten. Diese 25 Millionen Euro wurden uns von den Trägern der Erwachsenenbildung genannt. Dieser Betrag kommt dadurch zustande, dass zu den Mitteln, die diese Träger im Jahre 1990 hatten, der Inflationsausgleich hinzugerechnet worden ist.
Die genannten 13 Millionen stellen eine Mindestausstattung dar. Die tatsächlich benötigten Gelder liegen jedoch bei 19 Millionen Euro. Frau Meyer, es gibt auch einen Bericht zur Erwachsenenbildung. Da hat die Staatsregierung selbst - deshalb haben wir den Betrag auch übernommen - 13 Millionen Euro als verpflichtenden Mindestbeitrag genannt. Diese Angabe stammt von der Staatsregierung, Frau Meyer. Wir haben das bewusst nicht in den Gesetzentwurf hineingeschrieben - danach wurde vorhin auch gefragt -, weil wir Juristen dazu befragt haben, die gesagt haben: Macht das lieber beim Doppelhaushalt. Bildung ist natürlich wichtig, und ich habe schon gesagt: Wenn wir an fünfzehnter und damit vorletzter Stelle der Bundesländer stehen, dann müssen wir konkrete Überlegungen anstellen. Wenn Sie sagen, man muss
die frühkindliche Bildung ausbauen, dann ist das okay, aber ich muss schon fragen: Fällt jetzt die Erwachsenenbildung wieder durch? Wir wollen jedenfalls erreichen, dass die Erwachsenenbildung allen anderen Bildungsbereichen gleichgestellt ist.
Zu Ihrem ersten Punkt, der Finanzierung. Da sind wir wieder bei dem Thema, das ich vorhin schon bei der Kollegin Tolle aufgegriffen habe. Natürlich wäre es wünschenswert. Das würden wir alle gern machen. Wenn wir in der Opposition wären, wäre das möglicherweise leichter; denn man kann immer leicht Forderungen stellen, wenn man keinen Ausgleich schaffen muss. Ich denke, es ist ein Unterschied: Wenn Sie in der Verantwortung stünden, würden Sie das zum Teil sicher auch anders anpacken.
Wir würden uns das wünschen, aber es ist nicht machbar. Letztlich geht es um die Prioritätensetzung. Wir werden das in den einzelnen Ausschüssen diskutieren, und dann können Sie Vorschläge machen, wo Sie im Gegenzug Einsparungen vornehmen möchten.
Frau Kollegin Meyer, Sie haben gesagt, Sie wollen eine Schwerpunktsetzung in der frühkindlichen Bildung realisieren.
Es wäre gut, wenn Sie konkrete Maßnahmen nennen würden; denn es ist immer recht einfach zu erklären, wir wollen in der frühkindlichen Bildung Schwerpunkte setzen. Sind Sie denn auch bereit, die Gruppengrößen in den Kindertagesstätten zu reduzieren? Sind Sie bereit, Lehrerinnen und Lehrer in der Zeit vor der Schule einzusetzen? Sind Sie bereit, die Sprachförderung zu intensivieren? Sind Sie bereit, auch finanziell zu investieren? Sind Sie bereit, ein kostenfreies Kindergartenjahr mit dem Schwerpunkt auf der individuellen Förderung zu realisieren? Sind Sie dazu bereit, oder beschränkt sich Ihre Äußerung, Sie wollten einen Schwerpunkt auf die frühkindliche Bildung setzen, lediglich auf eine pauschale Aussage ohne Hintergrund?
Zum Zweiten: Wo sind denn im Haushaltsentwurf bzw. im letzten Haushalt, an dem Sie mitgewirkt haben, die Schwerpunktsetzungen im frühkindlichen Bereich abgebildet? Können Sie mir einmal sagen, wo Sie diesen Schwerpunkt in den Staatshaushalt eingebracht haben, damit erkennbar wird, was das bedeutet, was man hier immer gern als rhetorische Floskel ins Mikrofon spricht? Es geht darum, dass man erkennen kann, dass Sie es ernst meinen.
Zum Dritten: Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Gleichwertigkeit der Bildungsbereiche von entscheidender Bedeutung ist? Man kann nicht einfach sagen, wir können uns das Wünschenswerte in der Schule und in der Erwachsenenbildung nicht leisten, weil wir schwerpunktmäßig die frühkindliche Bildung bearbeiten. Damit vernachlässigen Sie einen Bildungsblock im späteren Alter und geben zu, dass Sie auf diesem Gebiet nichts machen können. Das ist die Bankrotterklärung für Ihre Bildungspolitik schlechthin. Wer wirklich individuell fördern will, der muss die Gleichwertigkeit der Bildungsblöcke anerkennen.
(Beifall bei der SPD - Tobias Thalhammer (FDP): Das sind aber lange zwei Minuten! - Gegenruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))
Sehr geehrter Herr Kollege Pfaffmann, Sie zimmern sich die Dinge natürlich immer sehr schön zurecht. Wenn Sie vorher genau im Haushalt und im Koalitionsvertrag nachgeschaut hätten und schauen würden, was von dem Koalitionsvertrag schon umgesetzt ist, dann würden Sie feststellen, dass wir in der Zeit, in der wir hier sind, wirklich einen Schwerpunkt gesetzt haben. Ich rede von den 1.000 Lehrerstellen, die geschaffen wurden, von den Ganztagsangeboten und von dem Stellenschlüssel, den wir schon etwas nach unten korrigiert haben. Es kann nicht alles auf einmal geschehen, es geht schrittweise voran. Dass wir die Gleichwertigkeit aller Bildungsbereiche anerkennen und die Wichtigkeit sehen, ist unbestritten. Wir haben auch in die Erwachsenenbildung innerhalb der letzten eineinhalb Jahre einiges investiert.
Die Aussprache ist geschlossen. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und