Wenn der eine oder andere heute Nachmittag vielleicht Interesse hat, wir machen ein Expertenhearing im Börsenhof A mit Professor Dr. Dreikorn, Herrn Professor Dr. Gundolf Gubernatis von der Deutschen Stiftung Organspende, mit Vertretern von Selbsthilfegruppen und Krankenkassen. Wir haben Studenten der Hochschule aus dem Bereich Marketing dafür gewonnen, aus der Sicht von jungen Leuten, von Studenten, ein Konzept zu entwickeln, wie man dieses Thema gerade jungen Leuten auch näher bringen kann, die natürlich noch weit weg von dem Thema Tod und Organspende sind. Ich glaube, das wird eine ganz spannende Diskussion werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor knapp zwei Wochen fand der zwanzigste Tag der Organspende in Deutschland statt. So lange gibt es diesen Organspendetag bereits, und trotzdem gibt es noch viele offene Fragen zum Thema. Fragen beantworten, Ängste ernst nehmen und vor allen Dingen Ängste abbauen, vor allem aber aufmerksam machen auf die Möglichkeiten, Leben zu retten, dazu soll die heutige Debatte einen Beitrag leisten.
Die CDU-Fraktion freut sich besonders über den interfraktionellen Antrag, dem ja auch Bündnis 90/ Die Grünen beigetreten ist. Das war 1997 im Bundestag noch ganz anders. Die Grünen mochten dem interfraktionellen Antrag, der damals von CDU/CSU, FDP und SPD eingebracht wurde, nicht beitreten. Sie hatten massive Bedenken gegen die Feststellung des Todes durch das so genannte Hirntodkonzept. Doch das Transplantationsgesetz wurde dann be
schlossen. So verfügt Deutschland heute über ein Gesetz, das von der breiten Mehrheit der Menschen, natürlich von der Politik, den Kirchen, den Ärzten und vielen weiteren gesellschaftlich relevanten Gruppen, getragen wird, jetzt auch vom Bündnis 90/ Die Grünen, und das begrüßen wir, die CDU-Fraktion, besonders! Herzlichen Dank dafür!
Meine Damen und Herren, dies ist mein Organspenderausweis, den ich normalerweise in meiner Tasche trage. Sie finden diesen Ausweis in der Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die ich Ihnen ebenfalls mitgebracht und in der Lobby zu hundert Exemplaren ausgelegt habe. Heute Nachmittag kann also jeder seinen Organspenderausweis hochhalten. Diese Broschüre gibt Antworten auf alle wichtigen Fragen und wurde gemeinsam mit der Deutschen Stiftung für Organtransplantation entwickelt. Die zentrale Telefonnummer der Stiftung ist ebenfalls verzeichnet, denn falls es noch Fragen geben sollte, werden diese individuell, umfangreich und ausgesprochen kompetent unter dieser zentralen Rufnummer beantwortet. Ich habe Ihnen diese Broschüren mitgebracht einschließlich der Organspenderausweise, meine Damen und Herren, weil es eventuell möglich sein kann, dass irgendein Mitglied hier im Hause noch keinen Spenderausweis besitzt.
Meine Damen und Herren, wir können heute in diesem Hause die Appellebene für die Menschen in Bremen und Bremerhaven verlassen. Wir können ganz konkret und sofort tätig werden. Darum bitte ich Sie, werden Sie Spender und Spenderin, geben Sie als Parlamentarierin und Parlamentarier ein positives Signal für die Menschen in unseren beiden Städten! Entscheiden wir uns gemeinsam für das Leben! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Hammerström hat schon in ihrer Rede darauf hingewiesen, seit dem 1. Dezember 1997 ist das Transplantationsgesetz in Kraft. Vor dieser Gesetzgebung hat es eine heftige Diskussion und Debatten gegeben, Diskussion über die Definition des Hirntodes und auch über die Feststellungsmerkmale des Todes. Ich fand diese konstruktiven Auseinandersetzungen um das Transplantationsgesetz damals sehr wichtig und auch sehr richtig, Diskussion nicht nur innerhalb politischer Gruppen, nein, es hat eine breite Diskussion in der Gesellschaft über das Transplantationsgesetz gegeben! Es ging nicht nur darum, klare Regeln für die Organspende und für ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
die Transplantation aufzustellen, auch der Zeitpunkt der Feststellung des Hirntodes wurde problematisiert. Informative Aufklärung, gesellschaftlicher Diskurs und Entscheidungsfindung, das sind die demokratischen Bausteine, die wir Grünen für ein solches Gesetz für unerlässlich halten.
Ziel ist es auch, die Bürgerinnen und Bürger über die Inhalte und Fragen zum Thema Organspende zu informieren und zu motivieren, eine persönliche Entscheidung im Vorfeld zu treffen. Es ist für Angehörige sehr hilfreich, wenn die Entscheidung für oder auch gegen eine Organspende sich nach dem Willen des Angehörigen richtet, denn es sieht in der Realität doch immer noch häufig so aus, dass viele Angehörige, die im Krankenhaus von den Ärzten um eine Einwilligung zur Organspende des Verstorbenen gebeten werden, sehr unsicher sind. Sie wissen oft nicht, mit welcher Entscheidung sie dem Willen des Verstorbenen wirklich entsprechen. Häufig wird deshalb auch aus Unsicherheit eine Entscheidung gegen eine Organspende getroffen.
Meine Damen und Herren, jede Kampagne zum Thema Organspende muss zum Ziel haben, dass die Menschen sich mit dem Thema auseinander setzen, dass sie motiviert werden, ihr Persönlichkeitsrecht zu Lebzeiten wahrzunehmen. Ziel ist es, dass eine persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organspende getroffen und dokumentiert wird. Außerdem muss deutlich gemacht werden, dass jeder Entscheidung, ob zustimmend oder ablehnend, der gleiche Respekt entgegengebracht wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einen Punkt anzusprechen, der für die Aufklärung sehr wichtig ist. Dazu erst einmal eine Tatsache: Die Entscheidung über eine tatsächliche Organentnahme oder Organspende fällt in fast allen europäischen Ländern, so auch in Deutschland, im Krankenhaus. Das heißt, wird bei Patienten der Hirntod festgestellt, werden die Angehörigen gefragt, ob es einen Spenderausweis gibt oder ob sie wissen, wie sich der Verstorbene zu Lebzeiten zu einer Organentnahme geäußert hat. Das ist eine äußerst schwierige und belastende Gesprächssituation. Ärzte und Pflegepersonal, besonders im Bereich der Intensivstation, müssen für diese Situation besonders geschult werden. Kommunikationsstrategien und die Gesprächssituation dürfen nicht dem Zufall überlassen werden. Ein hohes Maß an Fachlichkeit ist hier gefragt, um einen würdigen Umgang mit den Trauernden zu finden und die emotionale Belastung aller dadurch zu reduzieren. Die Überbringung der Todesnachricht und die Frage nach der Organspende müssen bearbeitet und vermindert werden.
Ein weiterer Inhalt solcher Fortbildung muss es sein, das grundsätzliche Wissen über die Organspende und alle damit zusammenhängenden Aspekte zu vermitteln. Ärzten und Pflegepersonal wird bei diesem Thema eine wichtige Multiplikatorenfunktion zugeschrieben. Sie macht es erforderlich, dass Ärzte und Pflegepersonal frühzeitig mit den Inhalten und Zielen öffentlicher Aufklärungskampagnen vertraut gemacht werden.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich noch auf die Rolle der Selbsthilfegruppen eingehen. Auch die Selbsthilfegruppen müssen in eine Kampagne der Aufklärungsarbeit einbezogen werden. Das steht ja auch so in unserem gemeinsamen Antrag. Die Selbsthilfegruppen leisten oft nicht nur Hilfe bei einer aktuellen Entscheidung, nein, ihre Arbeit wirkt langfristig und auch über aktuelle Zeitpunkte hinaus. 1999 hat es einen bundesweiten Tag der Organspende gegeben. Im Raum Nürnberg stand er unter dem Titel „Organspende – selbst entscheiden und darüber reden“. Ich finde, das war eine gute Zielrichtung, empfehlenswert und auch nachahmenswert.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass in dem Bericht, den der Senat uns hier Ende des Jahres vorlegen wird, die Aspekte, die ich hier für die Fraktion der Grünen vorgetragen habe, berücksichtigt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass alle drei Fraktionen hier heute diesen Antrag zu diesem wichtigen Thema Organspende eingebracht haben. Wir haben ja schon von allen dreien gehört, dass noch sehr viel zu leisten ist, um die Spendebereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen. Es ist vielleicht auch nicht allen bekannt, dass durch das Transplantationsgesetz ganz klargestellt ist, dass Festlegungen zum Hirntod getroffen worden sind, dass Organhandel unter Strafe gestellt ist und von daher vielleicht bestimmte Ängste in der Bevölkerung, da es gesetzliche Regelungen gibt, nicht berechtigt sind. Trotzdem haben wir mit diesen Emotionen zu kämpfen, und wir sollten sie auch ernst nehmen. Deswegen sind wir auf eine Informationspolitik angewiesen, die diese Ängste zerstreuen wird.
In der Fachöffentlichkeit ist Transplantation schon lange ein Thema, und diese Fachöffentlichkeit hat auch mittlerweile schon sehr viel erreicht, gerade auch in Bremen. Die Bremer Krankenhäuser sind hoch motiviert, sind sensibilisiert und haben von sich aus, aus freien Stücken, jeweils auch einen Transplantationskoordinator in ihrem Krankenhaus eingestellt, der dieses Thema dort bearbeitet. In ande
ren Bundesländern war dazu häufig ein Erlass notwendig. Das zeigt mir, dass die Motivation in den Bremer Krankenhäusern sehr ausgeprägt ist. Das begrüße ich als Gesundheitssenatorin außerordentlich, und ich möchte mich da auch bei den Bremer Krankenhäusern bedanken.
Es ist auch schon gesagt worden, dass wir hier in der Organspendenregion Nord gut aufgestellt sind. Wir haben eine hohe Spendebereitschaft im Vergleich zur bundesweiten Situation. Das sollten wir auf jeden Fall auch weiter betreiben, da bin ich auch ganz optimistisch, wenn ich mir das ansehe, was unsere Krankenhäuser leisten.
Leider, das ist hier auch schon mehrfach angesprochen worden, ist das wichtigste Ziel des Transplantationsgesetzes noch nicht erreicht worden, nämlich dass wir eine hohe Spendebereitschaft erreichen, also viele Menschen dafür gewinnen, Organe nach ihrem Tod zur Verfügung zu stellen und den erforderlichen Spenderausweis bei sich zu tragen. Das ist der sicherste Weg, wenn man sich dazu bereit erklärt hat, dass man in dieser Situation dann auch ein Organ tatsächlich spendet.
Es ist auch schon von Frau Hammerström gesagt worden, wie viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel auf eine Spenderniere warten. Es sind 12 000. Wenn ich mir vorstelle, wie wenig Spendernieren wir haben, nämlich die von Ihnen auch schon genannten 2219, dann heißt das, dass rund 10 000 Menschen, nur allein Dialysepatienten, mit einem schweren Schicksal leben müssen. Wer von uns Dialysepatienten kennt, ich habe lange Zeit mit einem Kollegen zusammengearbeitet, der Dialysepatient war, der weiß, wie schwer belastend ein solches Schicksal ist. Sie sind häufig aus ihrem normalen Leben hinausgeworfen und können nicht mehr arbeiten. Ich denke, es ist unglaublich wichtig, dass wir uns alle gemeinsam anstrengen und dafür sorgen, dass wir diesen Menschen helfen und sie in die Situation versetzen, wieder Lebensqualität zu gewinnen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns dafür einsetzen, gerade auch in Bremen, das ist schon gesagt worden, dafür zu werben, dass Menschen Spenderausweise mit sich führen. Für den Fall ihres Todes sind die Angehörigen dann nämlich nicht mehr in dieser schwierigen Situation, dass sie eine Entscheidung treffen müssen, auf die sie sich unter Umständen gar nicht mit dem Verstorbenen vorbereitet haben, dazu sind Gespräche und Vorkehrungen erforderlich. Das ist ja ein ausgesprochen sensibles Thema, und dann neigen die Angehörigen in der Regel doch eher dazu, lieber den vorsichtigen Weg zu gehen und das Spenderorgan nicht freizugeben. Insofern ist es unglaublich wichtig, dass wir
Wir arbeiten da auch sehr gut mit den Krankenkassen zusammen, auch sie sind verpflichtet, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Nicht nur die Behörden, aber auch die Krankenkassen machen jeweils für sich entsprechende Informationsarbeit. Wir haben es, noch einmal herausgehoben, mit einer hohen Emotionalität zu tun. Das können wir nur mit der notwendigen Behutsamkeit, aber auch mit der nötigen Beharrlichkeit bewältigen. Wir müssen uns also auch weiterhin diesem Thema sehr intensiv widmen. Wir in Bremen arbeiten da sehr gut mit starken Partnern zusammen. Neben den Krankenkassen sind es eben die Ärzte, Apotheker, aber auch die Selbsthilfegruppen, die Deutsche Stiftung Organspende und auch die eben schon von mir genannten Bremer Krankenhäuser.
Was werden wir tun, um dieses Thema weiter in der Öffentlichkeit zu besetzen und die Menschen zu überzeugen? Der Antrag hat ja bestimmte Anregungen schon gegeben. Wir werden die Verteilung der Organspenderausweise und der Informationen in den Einwohnermeldeämtern wieder aufnehmen. Das ist in Vorbereitung. Wir werden uns auch darum bemühen, insgesamt Informationsmaterial weiterzuentwickeln, also die Menschen anzusprechen und die Öffentlichkeit zu unterrichten. Wir werden auch mit dem Bildungsressort noch einmal Kontakt aufnehmen, um dafür zu werben, dass in den Schulen dieses Thema schon aufgegriffen wird, um auch junge Menschen zu sensibilisieren.
Nächste Woche ist in Düsseldorf die Gesundheitsministerkonferenz, das trifft sich dann ja ganz gut, wenn die Lage in Nordrhein-Westfalen so dramatisch ist. Wir haben vom Ressort einen Antrag vorbereitet. Bremen wird einen Antrag in die Gesundheitsministerkonferenz einbringen, in dem wir insgesamt dieses Thema noch einmal aufgreifen, dafür eintreten, dass alle Länder und der Bund sich dieses Themas annehmen, Informationen aufbereiten und in die Öffentlichkeit bringen und dafür in der Öffentlichkeit werben. Das ist Gegenstand dieses Antrags. Ich bin zuversichtlich, dass die Gesundheitsministerkonferenz diesen Antrag entsprechend beschließen wird. Alles Weitere werden wir dann am Ende des Jahres, wenn wir den Bericht vorlegen, sicherlich noch einmal hier im Hause diskutieren, wie wir uns dann gemeinsam weiter dieses Themas annehmen können. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 15/1103 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Aufgrund unserer Geschäftsordnung können die Antworten auf die Großen Anfragen mündlich wiederholt werden. Ich gehe davon aus, Herr Dr. Färber, dass das nicht gewollt ist.