Protokoll der Sitzung vom 04.06.2004

Frau Wiedemeyer hat all das ausgeführt, was ich auch ausführen wollte. Ich kann das von A bis Z unterschreiben und will das deswegen nicht wiederholen. Ich will nur ergänzend darauf hinweisen, die Frage der Regionalisierung ist ein Kompromiss der Ministerpräsidenten gewesen, Niedersachsen musste etwas abgeben, es sind, glaube ich, über 18 Millionen, und von einem Teil davon partizipieren wir. Das ist auch gar nicht schlecht.

Im Übrigen verweise ich auf die bremische Regelung, auf das, was wir bei den Koalitionsverhandlungen, auch das hat Frau Wiedemeyer angeführt, eindeutig verabredet haben an dieser Stelle. Ich weise darauf hin, wir haben an anderer Stelle die

Stiftung „Wohnliche Stadt“, da haben wir auch schon eine Korrektur vorgenommen. Wir sind eben ein Haushaltsnotlageland und müssen deswegen diese Änderungen so vornehmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Senator Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst für die Bereitschaft des Parlaments bedanken, uns bei dem Weg dieses Artikelgesetzes zu unterstützen, indem wir insbesondere die Staatsverträge heute ratifizieren. Das hilft uns bei zwei Entwicklungen, die wir im gesamten deutschen Toto- und Lottoblock in den letzten Jahren hatten, erheblich weiter. Zum einen stellen wir fest, dass wir mit der Regionalisierungsabgabe die Frage der gewerblichen Spielevermittler zukünftig nicht mehr nach Sitzland regeln. Das zieht natürlich entsprechende Auswirkungen nach sich. Wenn einer in Niedersachsen sitzt und in Bremen wirbt, werden die Spieleinsätze in Niedersachsen gebucht, und das hilft uns dabei, obwohl wir Bremer auch gewerbliche Spielevermittler haben, aber im Saldo, glaube ich, ist das insgesamt vernünftig, dass man nicht durch eine gewerbliche Struktur den Fluss von Spieleinsätzen und damit auch der verbleibenden Lotto- und Totomittel beeinflusst. Der zweite Punkt ist, wir werden uns mit der Ratifizierung des Staatsvertrages auf gemeinsame Kriterien über die Zulassung von Glücksspielen verständigen, also von Wetten und Lotterien. Auch das ist bisher bundesweit sehr indifferent gewesen. Wir sind sehr froh darüber, dass durch den Staatsvertrag jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen worden sind, dass jemand in Bayern die gleichen Bedingungen zu erfüllen hat wie in Bremen. Richtig ist, dass wir in diesem Artikelgesetz, und das bietet sich natürlich an, Frau Linnert, nicht um es zu verstecken, sondern wenn wir sowieso über Wetten und Lotterien reden, dann passt es gut dazu, an dieser Stelle auch den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag unterbringen und deswegen die Aufhebung der Zweckbindung hier beschließen. Ich stimme dem zu, was Frau Wiedemeyer gesagt hat, es ist letztendlich nicht mehr, als dass wir die Gesetzeslage der Realität anpassen. Das, was wir in den Deputationen und Ausschüssen bisher beraten haben, ist so, dass wir selbstverständlich hin und wieder diese Wettmittel schon als Haushaltsersatzmittel verwendet haben. Das ist im Sport so, das ist bei der Jugend so, das ist praktisch flächendeckend in dieser Stadt so, und es ist eben einfach der Tatsache geschuldet, dass wir ein Haushaltsnotlageland sind und es an allen Ecken und Enden kneift. Eines, Frau Linnert, ist doch auch wahr: Am Ende, wenn Sie dieses Gesetz beschließen, wird es nicht

mehr Geld geben, es wird aber auch nicht weniger Geld geben.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch, natürlich, weil es der Kür- zungsquote unterliegt!)

Wenn das Gesetz so bleibt, wird es nicht mehr Geld geben und auch nicht weniger Geld geben. Die Summe an Geld bleibt die gleiche, es sei denn, Sie hören auf, Lotto zu spielen, aber im Prinzip bleibt die Summe des zu verteilenden Geldes die gleiche.

Im Gegenzug, Frau Linnert, fallen durch das jetzt zu beschließende Gesetz auch nicht irgendwelche mildtätigen, gemeinnützigen oder sozialen Aufgaben in Zukunft in dieser Stadt weg. Es werden die gleichen Anforderungen an die Politik gestellt werden wie heute. Es werden nicht weniger Anforderungen gestellt werden können, und auch diese Aufgaben werden wir weiterhin befriedigen können.

Sie tun so, als ob Wett- und Lottomittel bisher so Spielgeld gewesen wären, das wir hier und da einmal ausgeben konnten, wozu der Abgeordnete gerade Lust hat. Ich meine, das gehört nun wirklich der Vergangenheit an. Wir haben diese Mittel immer da und dort einsetzen müssen, wo wir Brennpunkte haben, wo wir Schwerpunkte setzen wollten, und das wird in Zukunft auch nach dem geänderten Gesetz genau der gleiche Fall sein.

Es ist auch kein Verlust von parlamentarischen Rechten, weil es so sein wird, dass wir – zumindest für den Sportbereich – es so handhaben werden, dass wir die Einnahmen in einem Haushaltstitel verbuchen und die Ausgaben, die daraus getätigt werden sollen, nicht einzeln im Haushalt aufführen, sondern einen Pauschaltitel machen. Der heißt „Zuwendungen aus Erträgen von Toto/Lotto“. Dann werden die Deputationen die gleichen inhaltlichen Schwerpunkte bei gemeinnützigen, sozialen und mildtätigen Projekten setzen können wie bisher auch. Sie haben offensichtlich nicht das Vertrauen in sich selbst, dass Sie das weiter so handhaben können, wie es bisher der Fall war.

Ich glaube, dass es einfach vernünftig und auch nachvollziehbar ist, dass wir mit den Mitteln jetzt auch rechtlich so umgehen, wie wir es faktisch eigentlich schon seit langer Zeit in Bremen machen. Es gibt also nicht mehr Geld, es gibt aber auch nicht weniger Geld, es gibt nicht mehr Aufgaben, es gibt auch nicht weniger Aufgaben, sondern wir passen die Realität den tatsächlichen Verhältnissen an. Das ist Realität. Wer immer bisher in diesen Vergabeausschüssen gesessen hat, wird festgestellt haben, dass wir immer dort, wo wir bei Investitionen oder anderem gesagt haben, dafür haben wir keine Haushaltsmittel mehr, dann in Form von Prioritätensetzung bisher schon auf diese Mittel zurückgegriffen haben. Ich finde, das ist ein ehrlicheres Verfahren als das, was wir bisher gemacht haben.

Wenn Sie sagen, hier hätten jetzt zwei CDU-Senatoren ihre Günstlinge, weil irgendwelche – –.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben gesagt, die Sozialdemokraten sollten einmal besser aufpassen, hier hätten zwei CDU-Senatoren die Zweckbindung erhalten! Ich muss ganz ehrlich sagen, was den Bürgerparkverein betrifft, ist es natürlich auch die Realität, dass wir da schon so etwas wie eine institutionelle Förderung machen. Das soll auch so bleiben, und die Verlässlichkeit wollen wir schaffen. Da gibt es keine Flexibilität.

Was den Bereich des Kollegen Eckhoff betrifft, auch darauf haben wir uns gemeinsam verständigt, und wir reden über einen minimalen Anteil an der Gesamtsumme dieser Mittel. Deswegen glaube ich, ist es richtig, bei den Schwerpunktmitteln die Zweckbindung so weit, wie wir es verabredet haben, auch beizubehalten. Der große überwiegende Teil wird in Ihrer Dispositionsbefugnis liegen wie bisher auch. Es ist kein Verlust von parlamentarischen Rechten, sondern es ist eben nur die Anpassung der Rechtslage an die tatsächlichen Verhältnisse. Ich hoffe, dass wir das heute hier gemeinsam dann auch so verabreden können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nicht den Untergang des Abendlandes an die Wand gemalt wegen dessen, was Sie hier vorhaben.

(Abg. K l e e n [SPD]: Gut, dass Sie das sagen!)

Hören Sie doch einfach einmal zu! Glauben Sie nicht alles, was Ihnen erzählt wird! Sie haben einen eigenen Kopf, strengen Sie ihn an!

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. K a s t e n - d i e k [CDU]: Vielen Dank für die Beleh- rung!)

Ja, dafür gibt es den ja, und das ist hier auch Ihre Aufgabe!

Ich habe gesagt, dass die Wettmittel, so wie sie in Bremen eingesetzt werden, schon seit vielen Jahren – übrigens auch nicht nur Erfindung der großen Koalition – in problematischer Art und Weise verwendet werden. Sie sind aber in den letzten Jahren ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

kontinuierlich angestiegen, und zwar zugunsten der Politikbereiche, die hier unter dem besonderen Spardruck stehen. Jetzt wird in Zukunft dadurch, dass die Zweckbindung aufgehoben wird und die Wettmittel Teil der Ressorthaushalte werden, bei jeder neuen Haushaltsberatung auf die gesamten konsumtiven Ausgaben des Ressorts die Sparquote erhoben werden.

Der Ressorthaushalt ist 100, und darauf werden 5,3 Prozent Sparquote gelegt wie in diesen Haushaltsberatungen. In Zukunft werden die Wettmittel bei der Summe 100 mit in die Kürzungsquote einbezogen werden. Da ihre Summe aber selbst davon abhängt, wie viele Leute spielen, wird die Summe der Wettmittel in den Haushalten zwar erst einmal weiter steigen, gleichzeitig aber die zu erbringende Sparquote dann von den anderen Bereichen stärker erbracht werden müssen. So, und jetzt erzählen Sie noch einmal, dass das keinerlei Auswirkungen auf die Vergabe der Wettmittel haben wird!

Wir werden in Zukunft – und deshalb wird die Zweckbindung ja aufgehoben – gezwungen sein, die größere Kürzungsquote der Ressorthaushalte, der weichen Ressorthaushalte, nämlich Bildung, Soziales, Jugend, Kultur, die Sparquote, die auf die Wettmittel mit erbracht werden muss, von den anderen Bereichen aufzubringen. Deshalb werden wir Maßnahmen aus den Wettmitteln finanzieren müssen – deshalb wollen Sie die Zweckbindung ja aufheben –, die heute aus dem Haushalt finanziert werden, weil das Geld dafür gar nicht mehr da ist. Das ist etwas anderes, als Ihnen hier vom Senat vorgegaukelt wird.

Die Wettmittel werden extra in die Haushalte eingestellt, damit das, was vielen lange ein Dorn im Auge war, nämlich der letzte Ausweg für die weichen Politikbereiche, ein Bereich, der nicht ständig zusammengeschrumpft ist, dass dieser eine kleine Ausweg, der die Wettmittel waren, sie sind in den letzten Jahren nämlich angewachsen, jetzt nicht mehr sein darf, sondern es wird mit derselben Sparquote wie alle anderen Bereiche auch behandelt. Deshalb ist es ein Nachteil für die Ressorts, die bisher davon profitiert haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Linnert, ich hätte mich nicht noch einmal gemeldet, aber Sie haben mich ja förmlich dazu aufgefordert.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen]) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Natürlich kann man die Gegenrechnung sofort aufmachen. Vorher war es so, die Wettmittel waren dort außen vor. Es gab einen bestimmten Betrag, der, ich sage einmal, zu ersparen ist. Die Sparquote, die prozentuale Quote, errechnet sich allein durch den Betrag und durch die verfügbaren Mittel. Je geringer die Gesamtmasse ist, desto größer ist natürlich diese Quote. Dann setzte folgender Effekt ein, dass natürlich die Ressorts, die besonders hohe konsumtive Ausgaben haben – und das sind dann die Bereiche, die zufällig auch diejenigen sind, die von den Wettmitteln profitieren, weil sie nämlich viele Träger und Institutionen haben, wie zum Beispiel Soziales oder Sport oder Kultur –, dann besonders überproportional betroffen gewesen sind, diese Sparquote erbringen mussten und es anschließend durch Wettmittel aufgefüllt haben. Der Mechanismus, der jetzt einsetzt, ist der, dass die verfügbare Masse eine größere ist, damit automatisch, das ist einfacher Dreisatz, das ist gar nicht so schwierig, (Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, eben!)

die prozentuale Kürzung dann insgesamt eine geringere ist. Es bleibt nach wie vor immer eine Entscheidung von uns als Haushaltsgesetzgeber und von jedem Deputierten in der Deputation, wenn Kürzungen zu greifen haben, wo man dann Prioritäten setzt. Es liegt doch an uns, ob wir uns vorgeben lassen, dann kommt ein Rasenmäher und geht überall herüber und kassiert die Wettmittel.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Zu- ruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/ Die Grünen])

Haben Sie doch Vertrauen in sich, haben Sie Vertrauen in die vielen engagierten Deputierten in den Deputationen, und ich bin mir sicher, es wird keiner Auswirkungen merken von dem, was wir heute hier beschließen, es sei denn, dass insgesamt die Summe der Wettmittel geringer wird, die uns jetzt zufließen, aber das haben nicht wir in der Hand, und dieses Risiko hat es auch vorher immer gegeben!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Röwekamp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß, dass es für die Grünen gestern kein schöner Tag war.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich will an dieser Stelle aber trotzdem vielleicht noch einmal versuchen, Sie zu überzeugen, obwohl ich kein Volkswirt bin. Sie tun ja so, als ob wir Sparquoten willkürlich erfinden würden, was weiß ich, weil der Senat sich einbildet, er müsse dieses Jahr einmal 5,6 Prozent sparen. Die Sparquote errechnet sich aus dem Defizit unserer Haushalte.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Auch!)

Das wird sich auch nach Befassung mit diesem Gesetz nicht ändern. Wenn wir das natürlich als Einnahmen auf der einen Seite verbuchen, wird das, was wir hinterher an Sparquoten haben, natürlich entsprechend geringer werden. Jetzt tun Sie auch noch so, als ob besonders die mildtätigen, gemeinnützigen und sozialen Zwecke in dieser Stadt unter diesem Gesetz leiden würden.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, unter der Veränderung!)

Das Gegenteil ist doch der Fall, Frau Linnert! Wo hat die große Koalition denn in den laufenden Haushaltsberatungen die Schwerpunkte gesetzt?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, wo denn?)

Wir haben sie insbesondere im Bereich der Bildung gesetzt, wir haben sie insbesondere im Bereich der Jugend gesetzt, wir haben sie insbesondere in den Bereichen gesetzt, in denen wir sagen, dass in dieser Stadt ein Mangel herrscht. Deswegen kann man doch nicht sagen, ich bleibe dabei. Sie tun so, als ob man durch eine Gesetzesänderung mehr Geld oder weniger Geld erzeugen könnte. Das können Sie nicht!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein!)

Wir reden nur darüber, mit welchen Mechanismen wir das Geld in dieser Stadt verteilen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja!)

Da ist Ihre Sicht eben eine sehr ressortbezogene Sicht.