Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

len ihn aber auch hier nicht beschließen, weil noch viele Einzelheiten zu klären sind. Ich sage Ihnen auch: Natürlich sind Sie in allerbester Absicht ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen, denn es ist völlig klar, dass wir zum 1. Januar 2008 diese Lösung nicht einführen werden können. Es sind noch umfangreiche Gespräche notwendig, aber es wird daran gearbeitet. Deshalb schlagen wir vor, dass wir diesen Antrag an die Baudeputation und an die Sozialdeputation überweisen, federführend sollte die Baudeputation sein, weil das Bauressort mit der BSAG verhandeln muss. Dort liegt also die Hauptaufgabe, und dann hoffen wir, dass wir diese Sache hinbekommen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bartels.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir können der Überweisung in die beiden Deputationen gut zustimmen. Ich sage als sozialpolitischer Sprecher, ein solches Sozialticket kann sinnvoll sein, aber den Antrag der Linksfraktion sehen wir in weiten Teilen etwas kritischer, insbesondere in der Definition des Personenkreises, den Sie dort nennen, in der Höhe des von Ihnen vorgeschlagenen Sozialtickets, und – Kollege Grotheer hat es auch schon ein Stück weit erwähnt – im Punkt 5 sind Sie, glaube ich, in Ihrem Antrag etwas über das Ziel hinausgeschossen, wenn es darum geht, 15 Prozent von Veranstaltungskarten kostenlos bereitzustellen für Veranstaltungen, die von Bremen gesponsert oder gefördert werden.

Ich glaube, wir sollten uns das sehr sauber ansehen, wie wir das machen und was das auch für die BSAG bedeutet, aber auch für Bremerhaven-Bus, das ist eine Landtagsdebatte, Bremerhaven ist davon genauso betroffen. Wir haben uns das noch einmal sehr genau angesehen, was in der Regelsatzverordnung zum Arbeitslosengeld II und zum Sozialgeld steht, dort sind es in der Tat 18,11 Euro. Sie können ein Monatsticket zum Beispiel der BSAG im Abonnement, also 12 Monate, durchgehend für 34,20 Euro erwerben, das ist eine Differenz, die sich dort auftut, und das ist deutlich.

Wir sagen, so ein Sozialticket kann nicht zulasten der ÖPNV-Unternehmen hier im Lande geschehen und auch nicht zulasten der Kunden und der dortigen Preisstabilität. In Berlin, das ist interessant, meine Damen und Herren, ist im Jahr 2004 unter der Führung der SPD, der PDS und der Linkspartei das Sozialticket praktisch abgeschafft worden, weil dort die Zuschüsse gestrichen wurden. Ich kann uns nur ra–––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ten, eine sinnvolle Lösung zu finden, wo das hier in Bremen nicht der Fall sein wird.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, die BSAG hat sich auch geäußert, was das bedeuten würde, wenn man ein Sozialticket einführen würde. Die Sprecher der BSAG sagen, das wären 4 Millionen Euro, die an Verlust herauskommen. Wir müssen das genau beraten, darum ist es gut, dass die Baudeputation auch federführend ist, da sind die Fachleute. Ich halte es aber auch für sinnvoll, dass wir auch die Hilfeempfänger in der Mobilität stärken, dass wir ihnen ermöglichen, an Bewerbungsgesprächen teilnehmen zu können bei der Jobsuche, und dass sie auch kulturell und gesellschaftlich an diesem Leben in unseren beiden schönen Städten teilhaben können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Frehe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Grotheer hat es schon angesprochen, dass wir uns freuen, dass die Linken ein Projekt aus unserem Koalitionsvertrag aufgegriffen haben

(Heiterkeit bei der Linken)

und dass wir von vornherein – ja, es war unser Projekt – dieses Projekt auch verfolgen werden und verfolgen wollen. Deswegen geht Ihr Antrag in der Tat in die richtige Richtung, wir werden ihn dann überweisen, wie Herr Kollege Grotheer das eben schon dargestellt hat.

Wie aus der Antwort einer Kleinen Anfrage vom 22. April 2005 hervorgeht, gibt es in einigen Großstädten ein solches Ticket. In Hannover werden zum Beispiel nur Einzelfahrscheine zum Kindertarif an Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger abgegeben. In Leipzig ist dies auf Rentner mit Sozialhilfebezug und Asylbewerber und auf die zeitliche Nutzung nach 10 Uhr beschränkt.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

In Dresden wird für Einkommensschwache die Monatskarte nur um 4 Euro ermäßigt, das ist ein sehr bescheidenes Modell, deren Kosten dann von der Stadt oder von den Verkehrsbetrieben getragen wird. In Nürnberg zahlen Einkommensschwache monatlich 25,90 Euro und in Stuttgart 18 Euro. Das heißt, wir haben teilweise wesentlich ungünstigere Regelungen, als Sie sie hier vorschlagen.

Hierfür bringen dann die Städte 600 000 Euro beziehungsweise 1,5 Millionen Euro wie Stuttgart auf, und wir wissen, Stuttgart ist etwas reicher als Bremen. Die Ruhrgebietsstädte Essen, Dortmund und Duisburg haben überhaupt kein solches Ticket. Aus diesen Beispielen wird deutlich, dass für ein Bremer Sozialticket genau gesehen werden muss, wie es ausgestaltet ist und ob und wie hoch gegebenenfalls ein möglicher Subventionsbedarf besteht. Hierzu soll der Senat Verhandlungen mit der BSAG aufnehmen, das ist auch unser Interesse, und er wird es sicherlich auch machen, um für Bremen eine möglichst gute und kostengünstige Lösung zu finden. Wenn man den Personenkreis auf ALG II und Grundsicherungsbezieher zuzüglich vielleicht auch noch auf Rentner und Beschäftigte mit vergleichbarem Einkommen bezieht, ist das ein Personenkreis in Bremen von circa 70 000 bis 100 000 Personen. Das ist eine ganz beträchtliche Gruppe. Hier müssten der Einnahmeverlust der BSAG geschätzt und zusätzliche Einnahmen durch das Sozialticket dem gegenüber gestellt werden, sodass man einmal abschätzen kann, was die BSAG unter dem Strich dann daraufzahlen muss oder was subventioniert werden muss. Wenn man den Preis eines solchen Tickets zwischen 15 oder 20 Euro ansetzen würde und die ALG-II-Bezieher und andere Einkommensschwache – immer genau ihre im Regelsatz vorgesehenen 18,11 Euro unterstellt –, eingesetzt hätte, müsste es für die BSAG ein Nullsummenspiel sein, weil die Grenzkosten für jeden weiteren Nutzer Null sind. Das weiß jeder Ökonom!

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Die Grenzkosten, ich weiß nicht, ob Sie mit solchen Betrachtungen vertraut sind, verlaufen im Grunde genommen bei Verkehrsbetrieben immer auf der Nulllinie und machen dann erst Sprünge, wenn man weitere Busse benötigt.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Genau das meine ich!)

Die weiteren Busse! Da sehe ich nicht, dass die Busse zu voll sind, sondern die BSAG strebt danach, ihre Verkehrsmittel besser auszulasten. Aus diesen Beispielen wird deutlich, dass für ein Bremer Sozialticket genau gesehen werden muss, wie es ausgestaltet wird. Ob die BSAG dieser Argumentation folgt, nämlich dass sie im Grunde genommen keine weiteren Kosten durch weitere Nutzung hat, sondern vor allem aus den gesicherten Einnahmen profitiert, weiß ich nicht, jedenfalls hat sie 2005 keine 4 Millionen Euro, Herr Bartels, eingeschätzt, sondern nur 1,4 Millionen Euro für notwendig erachtet bei der damaligen Regelung, die dort diskutiert worden ist. Weiter sind dann auch noch, wenn wir ein solches Ticket einführen wollen, die Ausgabemodalitäten, die

Form der Einkommensnachweise und das Zahlungsverfahren zu überlegen. Wir müssen bei der Ausgabe der Tickets genau darauf achten, dass durch die Berechtigungsnachweise nicht eine neue Form von Diskriminierung entsteht. Gleichzeitig soll dieses Angebot für die Berechtigten so attraktiv wie möglich sein.

(Glocke)

Das heißt auch, dass der Preis ungefähr so sein muss wie auch im Regelsatz, und nicht wesentlich höher sein darf. Ich komme zum Schluss! Um dies vernünftig beraten zu können, ist die Überweisung an die Deputationen für Bau und für Soziales angezeigt, und ich bitte Sie daher, diesem Überweisungsantrag zuzustimmen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Eine ordent- liche Ableitung zu den Grenzkosten bitte!)

Ich möchte mich nicht zu sehr auf die Kosten, die der BSAG entstehen, wenn Benutzer sie nutzen, einlassen, dazu werden wir genügend Gelegenheit haben. Der Antrag soll ja überwiesen werden, und das begrüßen wir, denn er wäre in der Tat für uns zu diesem Zeitpunkt nicht zustimmungsfähig gewesen. Man muss sich, glaube ich, einige Gedanken sehr genau machen, bevor man so etwas beschließt.

Wir haben mehrere Anträge, die darauf abzielen, einzelne Sonderzahlungen und Zuweisungen an Arbeitslosengeld-II-Empfänger und an Sozialhilfeempfänger zu geben, jetzt von der Linken erlebt. In allen Fällen muss man in der Tat sehr genau betrachten, wie es aussieht, was in den Bedarfssätzen berücksichtigt ist, denn wir wollen eigentlich, das ist unser Grundverständnis davon, dass auch Sozialhilfeund Arbeitslosengeld-II-Empfänger frei über ihr Geld entscheiden können, entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben und wofür sie ihr Geld nicht ausgeben. Deswegen sind wir eigentlich keine Freunde von Sonderzahlungen und Sonderleistungen, sondern wollen, dass nach wie vor ein autonomes Entscheiden über das Geld möglich ist.

Auf der anderen Seite müssen wir auch sehen, welche Preishöhe am Ende gerecht ist, denn es gibt etliche Leute, die auch sehr geringe Einkommen haben, obwohl sie arbeiten. Das müssen wir auch betrachten, wenn beispielsweise eine 4-köpfige Familie, das vergleiche ich immer so, weil ich 2 Kinder habe,

die unter 14 Jahre sind, dann um 1600 Euro hat. Da muss man auch sehen, dass es Personen gibt, die durch Erwerbseinkommen nicht viel mehr haben und die auch noch gerecht finden müssen, dass Peronen, die Arbeitslosengeld II empfangen, dann solche Sonderleistungen in Anspruch nehmen können.

Auch hier gilt es, vorsichtig damit umzugehen und entsprechend bedächtig die Entscheidungen zu treffen, sodass es dort nicht ungerecht empfundene Sprünge gibt, die dann dazu führen, dass diese Sozialtickets zwar von denen, die sie bekommen würden, gut gefunden werden, aber von denen, die es gerade nicht mehr bekommen, als Affront angesehen werden.

Insofern bitten wir hier, dass es sorgfältig beraten und bei den Debatten dann auch im Auge behalten wird, dass es nicht darum geht, wie sich dann die Zuschüsse und die Kosten für das Sozialticket, wenn es dann eingeführt wird, aufteilen zwischen Stadt und BSAG oder den Verkehrsbetrieben in Bremerhaven, wenn es dort auch ein Thema sein sollte. Man kann das im Landtag diskutieren, dann müssen wir das für Bremerhaven mit diskutieren, man kann das auch in der Stadtbürgerschaft diskutieren, dann müssen wir es nur für Bremen diskutieren, und in Bremerhaven muss es selbst entschieden werden.

Wir müssen immer im Auge behalten, dass es am Ende, da das Zuschussunternehmen sind, immer die Eigentümer dieser Verkehrsbetriebe zahlen, also ebenso die Städte. Insofern müssen wir das betrachten und sehr sorgfältig abwägen, einerseits die Kostenseite, die ökonomische Seite für die Unternehmen und andererseits die Frage, was wird von der Bevölkerung als gerecht empfunden und nicht nur, wie tun wir einer bestimmten Bevölkerungsgruppe etwas Gutes, was ich durchaus verstehen kann. Wir müssen aber alle im Blick haben und sorgfältig alle Belange hier abwägen. Deswegen finden wir eine Überweisung äußerst angebracht.

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst noch einmal auf den Anfang zurückgehen! Ich finde es sehr interessant, wenn wir uns gegenseitig zuschieben, wer von wem abgeschrieben hat und wer wem hilft, das ist auch alles ganz schön, man sollte aber trotzdem daran erinnern, dass wir schon vor dem Bürgerschaftswahlkampf diese Kampagne mit dem Bürgerantrag mit dem Sozialticket gestartet haben. Wir haben damals schon Unterschriften gesammelt. Ich erinnere noch daran, dass während des Wahlkampfs ein namhafter SPD-Politiker in der „taz“ gesagt hat: Ja, wenn die Linken das jetzt –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nicht fordern würden, dann würden wir ein Sozialticket ja auch einführen!

(Beifall bei der Linken – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer hat das gesagt?)

Das war während des Wahlkampfs! Danach taucht es jetzt im Koalitionsvertrag auf. Wir haben das sehr begrüßt,

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Wir haben das vor zwei Jahren schon vorangetrieben!)

dass es im Koalitionsvertrag aufgetaucht ist. Das tun wir auch heute.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Unterschrei- ben Sie den doch einmal!)

Direkter Anlass für uns heute ist natürlich, dass wir jetzt erleben, dass es zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Erhöhung der Fahrpreise bei der BSAG geben wird, das heißt, für sozial minderbemittelte Menschen in dieser Stadt wird die Spanne, in der sie sich überhaupt bewegen können, immer geringer. Die 18,11 Euro sind schon ein Stück weit ein Skandal, weil wir gesagt haben, viermal Hin- und Rückfahrkarten passt nicht damit zusammen! Liebe Sozialdemokraten, das solltet ihr euch auch wirklich hinter die Ohren schreiben, wenn man eine Agenda 2010 macht und darin festlegen will, dass man sagt, fördern und fordern! Sie fordern die ganze Zeit nur! Fördern wäre, dass man überhaupt eine Mobilität, die immer gefordert wird, auch einführen kann und durchhalten kann.

(Beifall bei der Linken)

Ich will noch zu einem weiteren Punkt kommen. Viele in diesem Hohen Haus haben eine gewisse süffisante Freude dabei, wenn sie uns von der Linken die Genossinnen und Genossen aus Berlin vorhalten können, weil diese wieder irgendeinen Schwachsinn gemacht haben, was wir auch sehr häufig finden.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Da sind wir uns einmal einig!)

Das ist kein Problem, wo Kritik angebracht ist, üben wir auch Kritik!

(Abg. Frau T r o e d e l [Die Linke]: Das geht ja nicht nur uns so!)