Ein zweites Mal: Bremisches Gesetz zur Erleichterung von öffentlichen Auftragsvergaben und Investitionen
Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und der CDU vom 22. Februar 2012 (Neufassung der Drucksache 18/271 vom 22. Februar 2012) (Drucksache 18/273) 1. Lesung 2. Lesung
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten hier heute in erster Lesung ein Thema, das wir in der Januar-Sitzung schon beraten haben und bei dem wir uns als CDU Fraktion leider, und das sage ich ganz deutlich, nicht durchsetzen konnten. Wir hatten einen Antrag eingereicht, dessen Inhalt die Herabsetzung von Vergabegrenzen für die freihändige Vergabe von Dienst- und Lieferungsleistungen sowie die Herabsetzung von Schwellenwerten für beschränkte Ausschreibungen war, um die positiven Erfahrungen aus dem Investitionserleichterungsgesetz im Zusammenhang mit der Konjunkturkrise der vergangenen Jahre weiter fortzusetzen. Die positiven Erfahrungen waren weniger Bürokratie bei den Unternehmen und Handwerksbetrieben auf der einen Seite, aber natürlich auch, das hoffe ich zumindest, weniger Bürokratie in der Verwaltung auf der anderen Seite.
Ein weiterer positiver Aspekt war, und dies möchte ich an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen, die Tatsache, dass die Erfahrungen auch in der Verwaltung positiv bewertet wurde. Immobilien Bremen zum Beispiel hat festgestellt, dass die veränderten Schwellenwerte nicht dazu geführt haben, dass, wie manch einer befürchtet hat, sich die Einheitspreise oder die Baumaßnahmen insgesamt verteuern. Ich finde, diese positiven Erfahrungen hier in Bremen sollten weiter fortgesetzt werden, zumal – auch das ist ein ganz wichtiger Aspekt, den wir als Bremer ehrlicherweise nicht ganz außer Acht lassen dürfen – das niedersächsische Umland in diese Richtung agiert. Deswegen geht es natürlich, und das sage ich ganz frank und frei, auch darum, bremische Unternehmen entsprechend ins rechte Licht zu rücken.
Wie gesagt, im Januar gab es leider keine Mehrheit in diesem Parlament. Wir haben dann sehr positiv zur Kenntnis nehmen können, dass es innerhalb der Regierungskoalition Bewegung gibt. Das finde ich positiv.
Ich möchte jetzt nicht in irgendeiner Art und Weise spöttisch darüber herziehen, weil ich finde, auch solche Entwicklungen, solche Prozesse müssen möglich sein. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ringen wir ja hier um die beste Idee, um die besten Anträge, um die besten Prozesse. Wenn solche Entwicklungen dann in dieser Intention vorangebracht wer––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
den, dann sollte man das auch nicht mit irgendwelcher Häme begleiten, sondern positiv hervorheben, dass man sich aufeinander zubewegt hat. Wir haben uns auch sehr erfreut gezeigt, dass die Koalition dann mit einem eigenen Antrag gekommen ist.
Wir wollen jetzt vermeiden, dass wir darüber diskutieren, welcher Schwellenwert der richtige ist. Das ist eine akademische Frage, über die man sich sicherlich in Seminarform tage- und wochenlang unterhalten könnte. Ich möchte auch nicht darüber philosophieren, ob es klüger gewesen wäre, unsere Begrifflichkeit zu übernehmen. Sie haben das jetzt auf die reinen Bauleistungen bezogen.
Wir wollen hier ein klares Signal geben, dass wir die mittelständischen Unternehmen, die Handwerksbetriebe, die Kleinstunternehmen unterstützen, und deswegen ziehen wir unseren eigenen Antrag zurück. Wir sind dem Antrag der Regierungskoalition beigetreten, weil ich glaube, dass es jetzt nicht darum geht, kleinlich zu sein, sondern im Sinne der Sache ein Gesetzgebungsverfahren im Sinne der bremischen Wirtschaft und der bremischen Unternehmen auf den Weg zu bringen. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ende des Jahres 2011 ist das Gesetz zur Erleichterung von Investitionen, nachdem es zweimal verlängert wurde, endgültig ausgelaufen. Der Kollege Kastendiek hat darauf hingewiesen, dass wir dieses Thema im letzten Monat hier im Hause schon einmal debattiert haben, und ich habe bereits bei dieser Gelegenheit gesagt, dass die SPD-Fraktion einer abermaligen Verlängerung zugestimmt hätte, dies aber mit dem Koalitionspartner nicht möglich war. Ich betone aber auch hier heute noch einmal, dass uns eine bundeseinheitliche Lösung an Stelle einer landesspezifischen Verlängerung sehr viel lieber gewesen wäre. Da Niedersachsen das Gesetz verlängert hat und damit in der unmittelbaren Nachbarschaft, im Umland, weiterhin die erleichterten Ausschreibungsbedingungen gelten, hätten wir aber einer Verlängerung eben aus diesem Grund folgen können.
Zwischenzeitlich hat sich bei unserem Koalitionspartner, auch nach Gesprächen mit der Kreishandwerkerschaft, etwas bewegt, und so liegt heute ein Antrag für ein Bremisches Gesetz zur Erleichterung von Investitionen vor, bei dem zumindest die Minimalforderungen des Handwerks berücksichtigt werden. Wir möchten dieses Gesetz heute in erster und zweiter Lesung beschließen, um die Schieflage im ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Vergleich mit der niedersächsischen Regelung wenigstens ein wenig zu kompensieren und – das ist mir ganz wichtig, darauf möchte ich in diesem Zusammenhang hinweisen – um Verlässlichkeit für die in Bremen agierende mittelständische Wirtschaft zu schaffen.
Vielleicht sei mir an dieser Stelle ein kleiner Exkurs erlaubt: Im Bund läuft gerade eine aus meiner Sicht ganz obskure Geschichte, die Bundesregierung schafft im Moment keine Verlässlichkeit im Bezug auf die Einspeiseverordnung im Solarbereich, da lässt man die Wirtschaft im Regen stehen. Ich bin froh, dass die CDU-Fraktion hier im Lande Bremen anders agiert und sich diesem Antrag anschließt und wir somit heute dieses Gesetz in erster und zweiter Lesung mit großer Mehrheit beschließen können.
Diverse Gespräche mit dem Handwerk haben aber auch ergeben, dass die Wertgrenzen im Prinzip gar nicht das Problem sind. Das Handwerk bemängelt im Wesentlichen, dass die Vergabestrukturen in der Regel relativ intransparent und mit einer großen, überbordenden Bürokratie versehen sind. Deshalb haben wir, mein Kollege Saxe und ich, koalitionär vereinbart, dass wir dies als Forderung aus der Wirtschaft aufgreifen wollen und prüfen werden, wie wir die Verfahren in öffentlicher Ausschreibung künftig noch transparenter und schlanker organisieren können. Das wird in den nächsten Monaten folgen, und da werden wir einmal schauen, was wir da tun können. Zudem ist es der SPD-Fraktion wichtig, dass im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen künftig die Zahlung der in den relevanten Gewerken geltenden Tariflöhne als Vergabebedingung abgeprüft wird. Uns ist zu Ohren gekommen, dass standardmäßig nur die Mindestlöhne abgeprüft werden. Das ist uns zu wenig, und wir meinen auch, dass hierin eine verdeckte Bevorzugung von Billiglohnanbietern zu sehen ist. Das wollen wir nicht! Wir werden also prüfen, inwieweit wir auch hier die Tariflöhne zur Grundlage machen können.
Abschließend lässt sich sagen: Während wir in Bezug auf die Wertgrenzen mittelfristig auf eine bundeseinheitliche Regelung setzen, werden wir auf Landesebene alles dafür tun, die Verfahren auch im Sinne der mittelständischen Wirtschaft zu optimieren. Wir hoffen, dass wir da etwas weiterkommen und die Verlässlichkeit der Rahmenbedingung noch ein bisschen optimieren. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich hätte es nach der letzten Debatte um das Vergaberecht nicht zu hoffen gewagt, dass wir sogar einen gemeinsamen Antrag mit der CDU hinbekommen. Es freut mich aber sehr, dass Sie unserer Initiative beigetreten sind. Ich erlebe zwar, dass unser Koalitionspartner noch ein wenig mit uns Grünen fremdelt, weil die von uns vorgeschlagenen Wertegrenzen ihm zu niedrig sind, aber wir haben uns in der Frage, glaube ich, trotzdem lieb.
Wir als Grüne sind aber wirklich zufrieden über einen gelungenen Prozess des Zuhörens und des Abwägens von Argumenten. Diesen Prozess haben wir Grüne wieder mobilisiert, als für uns eigentlich keine akute Notwendigkeit mehr bestand außer der Notwendigkeit der wirklich besten und angemessensten Lösung. Dafür musste ein wenig nachjustiert werden, und deswegen haben wir uns aus eigenem Antrieb bewegt.
Dennoch, auch der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf zur Erleichterung von Investitionen bedeutet, dass wir mit Baden-Württemberg die strengsten Vergaberichtlinien auf Länderebene haben werden. Wir Grüne haben vor gut einem Jahr mit Bauchgrummeln und Migräneattacken noch einmal der Verlängerung des Bremischen Investitionserleichterungsgesetzes zugestimmt, das eigentlich nur eine ganz befristete Ausnahmeregelung wegen der Finanzund Wirtschaftskrise sein sollte. Eine weitere Verlängerung dieser Ausnahmeregelung kam für uns aus fachlichen Erwägungen nicht mehr infrage.
Jetzt muss ich Sie ein bisschen – aber auch nicht zu sehr, weil ich merke, wir sind alle abgespannt – in die Tiefen und Untiefen dieser sperrigen Vergabethematik einführen! Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass wir die untere Vergabegrenze für die freihändige Vergabe von 10 000 Euro auf 20 000 Euro anheben werden. Er sieht auch vor, dass die Werte für den Bereich der beschränkten Einschränkung leicht angehoben werden, die Unterscheidung in unterschiedliche Gewerke, was uns zu kompliziert erschien, beseitigt wird und dass bis 150 000 Euro beschränkt ausgeschrieben werden darf. Ich betone dabei noch einmal, über allem schwebt natürlich das Primat der öffentlichen Ausschreibung, in den Bereichen darf freihändig und beschränkt ausgeschrieben werden.
Wenn die Vergabestellen fachlich entscheiden, dass – aus welchen Gründen auch immer – öffentlich ausgeschrieben werden muss, sollte oder könnte, dann dürfen sie das natürlich aus fachlichen Gesichtspunkten immer noch tun. Ich denke, wir sind damit der regionalen Wirtschaft ein Stück weit entgegengekommen, denn gerade diese Bereiche im unteren Vergabebereich sind für die kleinen Handwerksbetriebe sehr interessant. Da haben wir, denke ich, die Hür
Damit sind wir aber, denke ich, noch nicht am Schluss angekommen, denn das, was die kleinen Handwerksbetriebe wirklich kritisieren – der Kollege Kottisch hat es schon gesagt –, ist, dass wir neun oder zehn verschiedene Vergabestellen haben, die fast alle mit unterschiedlichen Formularen arbeiten. Sie machen einen guten Job, da bin ich ganz sicher, und geben sich viel Mühe hinsichtlich Transparenz und Plausibilität. Nichtsdestoweniger ist es für einen kleinen Handwerksbetrieb relativ schwer, sich auf neun verschiedene Partner und eventuell auch auf neun verschiedene Verfahren einzustellen. Da sehen wir Nachsteuerungsbedarf. Wir werden das in den nächsten Monaten aufgreifen und versuchen zu vereinheitlichen, was zu vereinheitlichen ist. Barrieren senken ist nicht nur dort ein koalitionäres Motto.
Ganz wichtig ist uns auch, dass wir zu dem kommen, was eigentlich Konsens bei allen ist, wir müssen eine bundeseinheitliche Regelung erreichen. Es gibt eine Bundesregelung, die eigentlich die strengste von allen ist. Das muss man wirklich noch einmal betonen, dass eigentlich bundeseinheitlich vom Bund her die strengsten Vergaberichtlinien eingehalten werden. Man muss auch sagen, dass vor allen Dingen diejenigen für strengere Vergaberegeln waren, die sich mit Geld auseinandersetzen, das waren bei uns der Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen, der Bundesrechnungshof und auch die Handelskammer, die auf uns eingewirkt hat, macht bitte so viele öffentliche Ausschreibungen, wie es geht.
Wir haben jetzt die Verfahren für die kleinen Handwerksbetriebe ein bisschen erleichtert, wir haben die Grenzen ein bisschen angehobenen, aber nichtsdestoweniger wollen wir mit diesen öffentlichen Vergaben streng und transparent umgehen, denn es geht um unser aller Geld, und da lohnt es sich, ein bisschen genauer hinzuschauen. Es lohnt sich auch für uns als Abgeordnete, dort die Kontrolle, soweit es geht, in der Hand zu behalten und die Vergaben nicht in irgendwelchen Hinterzimmern stattfinden zu lassen.
Es wird also nicht ganz einfach sein, auch eine bundeseinheitliche Regelung hinzubekommen. Das ist ein dickes Brett, ich weiß, welches aber keinesfalls vor dem Kopf sein sollte. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist es gar nicht so einfach, hinter dieses Pult zu treten, weil in der Luft ein ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Dessen ungeachtet machen wir es kurz! Es gibt jetzt einen neuen Entwurf für ein Gesetz zur Erleichterung der Investitionen. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, wissend dass die Höhe der Wertgrenzen in aller Regel eher eine untergeordnete Rolle spielt. Es wurde ja auch von mehreren Rednerinnen und Rednern bestätigt.
Wir sind sehr dafür, dass die Vergaben nach innen und außen transparent gemacht werden. Nach innen transparent meint, dass die Personen, die sich an diesen Vergaben beteiligen, sie verstehen und leichte Zugänge haben, das wurde hier gerade noch einmal bestätigt. Nach außen transparent meint, dass andere Personen, die mit den Vergaben zunächst nichts zu tun haben, herausbekommen, wer eigentlich welche Aufträge bekommt. Daher finde ich es ein bisschen schade, dass der vergleichsweise gute Vorschlag, die Vergaben auch öffentlich zu machen, wie es in Ihrem ursprünglichen Entwurf enthalten war, jetzt nicht mehr enthalten ist, aber möglicherweise kann man das ja irgendwann nachbessern. Ich fand, dass es eine ausgesprochen gute Idee ist: Wenn man das Ziel hat, Korruption zu vermeiden, dann ist eine solche Veröffentlichung natürlich eine ganz gute Sache.
Wir sind sehr dafür, dass man Verfahren entwickelt, die Regionalwirtschaft zu stärken, und wir sind natürlich sehr dafür, dass wir schauen, ob kleinere Betriebe überhaupt die Fähigkeit, die materiellen Möglichkeiten haben, sich an Ausschreibungen zu beteiligen. Kostet es nicht viel zu viel Zeit, und ist es oft nicht viel zu sinnlos, sich daran zu beteiligen, weil der Aufwand, um letztendlich auch nur der Form zu genügen, so groß ist, dass es viele Betriebe möglicherweise gar nicht leisten können? Ich kann an dieser Stelle nur anbieten, wenn sich Personen zusammensetzen und noch einmal darüber nachdenken, wie man das macht: Falls Sie Interesse haben, mache ich gern bei einer solchen Gruppe mit und schaue einmal, dass wir vielleicht gemeinsam ein paar sehr gute Vorschläge ausarbeiten. Für den Fall, dass es nicht so ist, warte ich mit Spannung auf das, was dann vorgeschlagen wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!