Protokoll der Sitzung vom 17.04.2013

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Besonders problematisch ist die Situation bei jungen Frauen aus sozial benachteiligten Familien. Sie werden auffällig häufig schwanger, obwohl sich ihr Sexualverhalten nicht wesentlich von dem ihrer Altersgenossinnen unterscheidet. Geringe Schulbildung und schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind zudem Faktoren, die zu schwierigen Startbedingungen für diese jungen Frauen und ihre Kinder führen. Insgesamt benötigen sozial benachteiligte Jugendliche spezifische Angebote, und wir müssen sehen, wie wir diese weiter ausbauen können. Im Übrigen weisen Minderjährige ein höheres Risiko für Kom

plikationen in der Schwangerschaft auf, deswegen müssen sie zusätzlich beraten werden.

Klar ist, dass Minderjährige, die gewollt oder ungewollt schwanger werden, besondere Hilfe brauchen. Bereits im Jahr 2008 hat die damalige Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales deshalb die Studie „Teenagerschwangerschaften im Land Bremen – Situation und Handlungsbedarf“ vorgelegt. Die CDU blendet in ihrem Antrag manche Punkte weitgehend aus. Die schwierige Situation junger Mütter und auch die Thematik der Verhütungsmittel gehen unserer Meinung nach unter. Nach meinem Empfinden werden zudem junge Frauen und Mütter im Antragstext negativ und verantwortungslos dargestellt, und das finde ich überhaupt nicht richtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Jugendlichen, die sich in einer solch schwierigen Situation befinden, muss man Hilfe anbieten und sie auf jeden Fall unterstützen. Das steht dabei auf jeden Fall im Vordergrund.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Beschlussteil des Antrags der CDU-Fraktion wird zudem ein Konzept gefordert. Es gibt bereits seit dem Jahr 2008 ein Konzept zum Umgang mit ungewollten Schwangerschaften bei minderjährigen Müttern, das umgesetzt und im Rahmen der Bundesinitiative „Frühe Hilfen“ erweitert wird. Außerdem gibt es ein Konzept zur Unterstützung minderjähriger Eltern und ihrer Kinder.

Auch der dritte Punkt des Antrags erübrigt sich unserer Meinung nach. Einen Arbeitskreis „Junge Mütter“ gab es schon, und ein solcher muss auch nicht wieder eingesetzt werden, da es hauptsächlich um Prävention durch Aufklärung und die Stärkung junger Frauen für eine Selbstbestimmung ihrer Lebensentwürfe auch durch Bildung und Ausbildung geht. Prävention ist wesentlich wichtiger als ein weiterer Arbeitskreis auf politischer Ebene.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Ahrens?

Ich würde gern meine Rede jetzt zu Ende führen!

Aus Sicht der Grünen sind die Schwerpunkte dieser Debatte Prävention, die Beratung, die Aufklärung und auch die Unterstützung junger Menschen. Da wir dieses Thema für sehr wichtig halten, beraten wir es gern ausführlich in der Deputation für Gesundheit und Soziales. Wir lassen uns vom Ressort die Zahlen vor

legen, und dann können wir sehen, ob Verbesserungsund Handlungsbedarf besteht. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tuncel.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns, dass dieses Thema hier aufgegriffen wird. Was uns an Ihrem Antrag zur Prävention von Teenagerschwangerschaften allerdings stört, liebe CDU, ist die etwas einseitige Darstellung dieser Personengruppe. Uns ist auch bewusst, dass es in diesem Bereich unter anderem auch Probleme mit dem Drogenkonsum gibt, dass die Säuglingssterblichkeit leicht erhöht ist und dass es auch vermehrt Frühgeburten gibt. Diese Personengruppe besteht jedoch nicht nur, wie Sie es darstellen, aus drogenabhängigen Müttern.

Die Begründung für Prävention finden wir in Ihrem Antrag etwas problematisch, weil sie insbesondere den Müttern ein generell unverantwortliches Verhalten unterstellt. Es sind aber bei weitem nicht alle Teenagereltern verantwortungslos. Sehr häufig ist das genaue Gegenteil der Fall. Außerdem gehen Sie in Ihrem Antrag leider nicht auf die von uns geforderte Lösung ein, den unentgeltlichen Zugang zu Präservativen zu ermöglichen.

Wir sehen deshalb in diesem Bereich auf mindestens zwei Ebenen dringenden Handlungsbedarf. Erstens muss die Aufklärung diesbezüglich die Regel werden, indem zum Beispiel das Thema auch in den Schulen behandelt wird. Es ist schlimm, wenn so wichtige Initiativen wie der Arbeitskreis „Junge Mütter“ nicht fortgesetzt werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens möchten wir an dieser Stelle hinzufügen, dass wir zusätzlich zu den Präventionsmaßnahmen eine generell andere gesellschaftliche Unterstützung und Anerkennung für junge Eltern fordern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden Teenagerschwangerschaften mit Aufklärungsarbeit auch in Zukunft nicht komplett verhindern können. Es wird immer auch junge Eltern in unserer Gesellschaft geben. Ich möchte hier deutlich machen, dass die Prävention nur ein Teil der Arbeit in diesem Bereich ist, die dringend getan werden muss.

Wir dürfen diese jungen Eltern nicht länger wie Menschen zweiter Klasse behandeln, indem ihre elterlichen Pflichten von der Gesellschaft ignoriert ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

werden. Junge Eltern haben häufig Probleme, weil sie mehr Fehlzeiten im Beruf oder während der Ausbildung haben als Kinderlose. Diese Ausfälle werden sehr häufig von Arbeitgebern oder Lehrern nicht akzeptiert. Es entsteht eine endlose Stressspirale, in der die jungen Eltern sehr häufig die Verlierer sind, obwohl sie häufig viel arbeiten und kämpfen müssen!

Junge Eltern haben oft zwei Vollzeitstellen und sind dabei selbst fast noch Kinder. Sie kümmern sich Tag und Nacht um ihren Nachwuchs und müssen oft gleichzeitig ihren Schulabschluss oder eine Ausbildung bewältigen. Wenn jungen Eltern hier nicht entsprechend geholfen wird, und sie in ihrer überaus problematischen Situation keine Anerkennung und keine Hilfe bekommen, lassen wir nicht nur diese Eltern ins Bodenlose fallen, sondern auch ihre Kinder, die – ganzheitlich betrachtet – auch unsere Kinder sind.

Es gibt, das möchte ich hier auch anmerken, seit dem Fall Kevin auch sehr viel Unterstützung für junge Eltern. Wir möchten den Antrag an die Deputation für Soziales, Kinder und Jugend überweisen, um das Thema genauer diskutieren und eine Auswertung vornehmen zu können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es herrscht in diesem Hause große Einigkeit in der Einschätzung der Problemsituation, in der sich junge Frauen, insbesondere so junge Frauen befinden, wenn sie schwanger werden. Die Rahmenbedingungen sind häufig sehr schwierig, insbesondere dann, wenn sie in schwierigen sozialen Verhältnissen leben, und das ist ja bei diesen jungen Frauen in großem Umfang der Fall.

Mit der Schwangerschaft ist sehr häufig der Wunsch nach mehr Teilhabe und Anerkennung in der Gesellschaft verbunden, und das ist nicht die optimale Ausgangsposition, um Kinder in die Welt zu setzen. Auch die Bedingungen für die Kinder, für die Säuglinge sind sehr häufig schwer. Daher ist es selbstverständlich, dass hier eine Unterstützung, aber auch eine Prävention notwendig ist, damit möglichst wenige dieser Situationen entstehen können.

Es ist aber auch keine neue Erkenntnis. Der Senat hat – das wurde hier schon gesagt – im Jahr 2008 ein Handlungskonzept entwickelt, in dem dies alles sehr ausführlich beschrieben wird und in dem auch entsprechende Maßnahmen aufgezeigt werden, die sowohl im Rahmen der Prävention als auch bei der Unterstützung ergriffen werden müssen.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Aber er hat sie leider nicht ergriffen!) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, möchte ich noch einmal genauer hinsehen. Frau Ahrens, Sie haben gesagt, dass die Zahlen steigen. Einerseits sind es ja niedrige Zahlen in Deutschland – das haben Sie auch gesagt –, und in Bremen sind sie höher als im Bundesdurchschnitt, (Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Genau!)

aber vom Jahr 2007, als wir 80 Teenagerschwangerschaften hatten, bis zum Jahr 2011, als wir nur noch 37 Schwangerschaften von Teenagern hatten, ist ein deutlicher Rückgang, nämlich um mehr als 50 Prozent, zu verzeichnen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Für mich stellt sich dann die Frage, inwieweit das auch mit genau diesen Maßnahmen zusammenhängt, die hier vom Senat beschrieben werden. Es ist deshalb selbstverständlich, dass wir uns in der Deputation für Gesundheit und der Deputation für Soziales, Kinder und Jugend anschauen, was eigentlich von diesen Maßnahmen zu halten ist, inwieweit sie umgesetzt sind, inwieweit sie erfolgreich waren und wo es vielleicht auch einen Veränderungsbedarf gibt, der mir im Moment noch gar nicht klar ist.

Daher denke ich, dass es gut ist, den Antrag, den Sie hier gestellt haben, an die Deputationen für Gesundheit und für Soziales, Kinder und Jugend zu überweisen. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die sachliche Diskussion, Frau Böschen, die ich hier in Teilen bei Frau Neddermann und Herrn Tuncel leider vermisst habe. Sie beziehen sich bei Ihrer Kritik auf die ersten beiden Absätze unseres Antrags und sagen, dass wir junge Mütter pauschal verunglimpfen würden.

Wir haben nichts anderes getan, als die Einleitung des Handlungskonzepts des Senats aus dem Jahr 2008, von dem ich ja gesprochen habe und das öffentlich ist, zu zitieren und in eigene Worte zu fassen. Genau das, was in den ersten beiden Absätzen der Einleitung steht, haben wir in unseren Antrag übernommen, weil es die Quintessenz des Ganzen ist. Hier also zu behaupten, die CDU würde an der Stelle einen Popanz aufbauen, zeigt, dass Sie sich in––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

haltlich in keiner Form mit dem Thema beschäftigt haben, und das finde ich ausgesprochen traurig!

(Beifall bei der CDU – Abg. F e c k e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Haben Sie zitiert, oder haben Sie eigene Worte verwandt?)

Herr Fecker, hier geht es um eine wirklich wichtige Angelegenheit für diese jungen Mütter, und ich muss tatsächlich sagen, ich finde es wirklich traurig, wie Sie mit dem Thema an der Stelle umgehen!

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wissen Sie was, wir nehmen das sehr ernst!)

Ja, ich nehme das sehr ernst, weil ich, im Gegensatz zu anderen, genau weiß, wovon ich spreche! Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man das so heruntermacht. – Danke!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir machen das auf keinen Fall herunter, Frau Ahrens!)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Frehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle fest, hier im Hause herrscht große Einigkeit darin, dass der Senat mit dem Konzept im Jahr 2008 Maßnahmen getroffen hat, die in erheblichem Umfang auf die Situation von Teenagerschwangerschaften Bezug nehmen und Hilfesysteme anbieten. Es besteht eine Einigkeit darin, dass der Antrag der CDU-Fraktion an die Deputation für Soziales, Kinder und Jugend und an die Deputation für Gesundheit überwiesen werden soll, und dort können wir uns dann in aller Ruhe anschauen, welche wirksamen Maßnahmen bereits getroffen worden sind und wo diese Maßnahmen möglicherweise noch einer Ergänzung bedürfen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin erfreut, Frau Ahrens, dass Sie eine Senatsvorlage als Grundlage Ihrer Überlegungen in einen Antrag übernommen haben. Ich denke, es ist für uns überhaupt nicht schädlich, wenn solche Überlegungen, die einem solchen Konzept zugrunde liegen, dann auch Eingang in die Sichtweise der Opposition finden.