Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich noch eines sagen: Wenn Sie konkret wissen, an welcher Stelle Zuwendungen nicht mehr nötig sind, dann sagen Sie es und stehen dahinter, und sagen Sie nicht, wir müssen das alles irgendwie prüfen. Sagen Sie genau, was Sie nicht mehr haben wollen, und dann können wir uns im Einzelnen damit auseinandersetzen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rupp, Sie haben sich ja ziemlich aufgeregt, aber ich kann Sie beruhigen: Es ist so, Zuwendungen werden an Träger außerhalb der Verwaltung vergeben, damit diese Aufgaben wahrnehmen, die die Verwaltung sonst wahrnehmen müsste. Das hält die CDU selbstverständlich für sinnvoll, und wir werden das auch nicht infrage stellen,

darum geht es nicht! Es geht hier aber um einen hohen Betrag an Steuergeldern, ich habe Ihnen ja im Einzelnen gesagt, um welche Summen es sich handelt.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Ich kann lesen!)

Das bedeutet, dass man dort ganz genau hinschauen muss.

(Abg. S c h i l d t [SPD]: Dann sagen Sie, wo!)

Ich sage es doch, lassen Sie mich doch ausreden!

Wir können doch nicht, wenn wir hinschauen, an den Ressortgrenzen haltmachen und sagen, hier darf das Bauressort wegen des Datenschutzes nicht in den Bereich des Sozialressorts schauen, ob es dort vielleicht einmal Probleme gegeben hat. Ein Widerruf einer Zuwendung erscheint im System, in der Zuwendungsdatenbank, aber wenn Abrechnungen nicht in der richtigen Zeit erfolgt sind, dann erscheint dies nicht, und nur darum geht es doch. Dann muss man doch hinschauen, und die Alarmsignale müssen rechtzeitig angehen, um feststellen zu können, ob es irgendwo Probleme gibt, um vielleicht nachzuhaken oder möglicherweise auch Hilfestellung zu geben. Dies wird ja nicht gemacht, denn sonst hätten wir diese Probleme ja nicht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Dann gäbe es auch keine Gefängnis- se, wenn es so einfach wäre!)

Wenn in der Landeshaushaltsordnung Fristen für die Abrechnung von Zuwendungen stehen, dann haben diese Fristen einen Sinn. Die Bürgerschaft hat diese Landeshaushaltsordnung ja irgendwann einmal beschlossen, und wir beschließen ja nicht Gesetze, um sie hinterher nicht einzuhalten, oder?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie werden zum allergrößten Teil ein- gehalten!)

Ich habe mir soeben noch einmal den Zuwendungsbericht 2011 zu Gemüte geführt. Herr Dr. Kuhn, beileibe, welche einzelnen Zuwendungsempfänger Sie aufgeführt haben, wo es dann zu großen Katastrophen kommt, wenn ich mir einmal die Liste anschaue, gerade die der Zuwendungsempfänger, von denen keine rechtzeitige Vorlage der Zuwendungsberichte erfolgt ist – –. Ich möchte sie jetzt nicht hier einzeln aufzählen, um sie nicht an den Pranger zu stellen, aber das können Sie ja selbst im Einzelnen nachlesen, Sie haben den Bericht ja auch vorliegen. Ich habe nur einmal die Fälle zusammengezählt, in denen noch nicht einmal gemahnt wurde,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wie viele sind es denn?)

es waren immerhin auch 14 Fälle.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: 14 von über 3 000 Fällen? Donnerwet- ter!)

In 14 Fällen wurde nicht gemahnt. Ich verstehe nicht, warum denn die Behörde noch nicht einmal mahnt, wenn Zuwendungen nicht vorliegen, und ich meine, die nicht abgerechneten Zuwendungen kommen ja noch hinzu. Dann habe ich noch einmal in den Zuwendungsbericht von Frau Linnert hineingeschaut, und darin steht auf Seite 15, dass Zuwendungen nur dann gewährt werden können, wenn bei den Empfängern eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gewährleistet ist. Das bedeutet, wenn man Zweifel an einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung hat, dann kann man keine Zuwendungen gewähren, das ist doch wohl das Normalste der Welt. Lesen Sie einmal Ihre eigenen Unterlagen, bevor Sie versuchen, hier die CDU einseitig an den Pranger zu stellen! Das Einzige, was wir wollen, ist, dass Recht und Gesetz auch umgesetzt werden, darum geht es, um nicht mehr und nicht weniger! – Danke! (Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin auch dafür, dass Recht und Gesetz umgesetzt werden, aber wie wir sehen können, gibt es auch Fälle, bei denen Menschen es nicht einhalten. Wogegen wir uns gewehrt haben, und Herr Rupp hat es sehr emotional deutlich gemacht, ist, dass Sie mit diesem Antrag die Probleme aufblähen und die Zuwendungsempfänger insgesamt unter einen Verdacht stellen. Es gibt diese Regeln, sie werden auch beachtet, und es gibt trotzdem Fälle, in denen es nicht möglich ist oder Fehler gemacht werden. Das habe ich Ihnen zugestanden, aber das ist am Ende ein kleiner Bereich. Ich sage es noch einmal, in nur 14 von insgesamt 3 200 Fällen ist nicht gemahnt worden. Jetzt lese ich Ihnen einmal die Liste derjenigen vor, bei denen es sich um wirklich große Summen handelt. Das sind alles Fälle, bei denen keine Nachlässigkeit vorliegt, sondern sie sind objektiv größer, und die Fristen können in der Regel nicht eingehalten werden. Das ist der Deutsche Evangelische Kirchentag, das war ein riesiges Unternehmen, das von drei auswärtigen Prüfungen geprüft worden ist, das LeibnizZentrum, das Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH, ZARM GmbH, Institut für Angewandte Strahltechnik, das Deutsche Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz und so weiter.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Ich kann Ihnen andere Beispiele nennen!)

Ja, ich weiß, es gibt andere, Frau Piontkowski, aber hier geht es um die großen Summen. Es nützt nichts zu behaupten oder sie unter den Verdacht zu stellen, sie würden nachlässig arbeiten, sondern diese Institute haben andere Regeln zu befolgen. Wir müssen uns vielleicht überlegen, ob und inwieweit unsere Landeshaushaltordnung dem gerecht wird, denn sie können es nicht in diesen Fristen erledigen, das geht einfach nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

So ist die Sachlage.

Außerdem gibt es vielleicht zwei Dutzend kleinere Initiativen, die es in der Tat nicht machen und die Verwendungsnachweise nicht rechtzeitig geliefert haben. Dort sind zum großen Teil Elternvereine dabei. Ich sage noch einmal, wir müssen uns überlegen, wie wir denen helfen. Vielleicht sind sie tatsächlich damit überfordert, und man müsste dort andere Regelungen treffen. Dann bleiben noch ein oder zwei Dutzend Initiativen übrig, bei denen wirklich nachlässig gearbeitet und nicht richtig hingeschaut wird. Das sind die Fälle, bei denen ich gesagt habe, dort muss man hart und konsequent durchgreifen. So sind doch die Relationen dieser ganzen Angelegenheit.

Sie wollen neue und verschärfte Regeln erfinden, aber das geht völlig an der Sache vorbei und vermittelt den Eindruck, ich sage es noch einmal, als wäre es erstens ein Bereich von Nachlässigkeit und Ahnungslosigkeit aufseiten des Senats, und als hätten wir es dort zweitens mit Zuwendungsempfängern zu tun, die es systematisch darauf anlegen, „für lau“ an staatliches Geld zu kommen. Das ist nicht der Fall, und diesen Eindruck wollen wir hier unbedingt zurückweisen. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Bekenntnis: Ich bin ein Mensch, der mit der Eigenschaft geschlagen ist, dass ich mehr Tendenzen dazu habe, das zu sehen, was nicht so ist, wie ich es mir vorstelle, als mich an Erfolgen erfreuen zu können. In diesem Fall ist es so, die Weiterentwicklung der Zuwendungsberichtserstattung unter Rot-Grün gehört auch für einen ziemlich selbstkritischen Menschen wie mich zu den absoluten Erfolgen, und das wird auch nicht nur in Bremen so gesehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie kritisieren vor allem, dass wir uns dort auf Bundesebene nicht korrekt verhalten haben, obwohl alle anderen Finanzminister voller Neid auf unseren Zuwendungsbericht schauen und sehen, wie weit wir dort gekommen sind. Wenn sie hören, wie wir das noch weiterentwickeln wollen und sich das als Vorbild für ihre eigenen Bundesländer nehmen, dann passt das vielleicht nicht in das Konzept einer Opposition, aber es ist so. Ich finde, es gibt sehr viele Bereiche, in denen wir besser werden können, auch hier noch ein bisschen, aber dass dieser Bereich, der so einhellig auf Anerkennung stößt, mit dem Antrag dann so in Misskredit gebracht werden soll – das gelingt Ihnen auch nicht –, finde ich schon sehr irritierend.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es gibt in der Politik eine besondere sportliche Disziplin, nämlich mit riesigem Anlauf und großer Geschwindigkeit eine Tür einzurennen, die andere über Jahre hinweg mit mehr oder weniger tauglichen Instrumenten abgebaut haben. In diesem Fall ist es so.

Ich will Ihnen einmal sagen, der Bericht des Rechnungshofs, der das bremische Zuwendungswesen damals ziemlich hart und auch damals sehr zu Recht kritisiert hat, stammt aus dem Jahr 2004, das war nach zehn Jahren Großer Koalition.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Schon klar!)

Jetzt sind wir noch einmal zehn Jahre weiter, und man kann sehen, dass sich unter unserer Verantwortung eine ganze Menge verändert hat.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zuwendungsempfänger sind keine Menschen oder Institutionen, die unter Generalverdacht stehen, sondern solche, mit denen Bremen zusammenarbeitet und Vertragsbeziehungen unterhält. Sie muss man mit Wertschätzung und Achtung behandeln. Wir gehen davon aus, dass Menschen, die von uns Geld nehmen, auch die Spielregeln einhalten. Das ist erst einmal der Regelfall. Wir werden, wenn wir das Zuwendungswesen weiterentwickeln – ich werde gleich noch einmal sagen, in welche Richtung –, auch darauf achten, dass es für die Institutionen einfacher wird, denn es ist in der Tat gerade für Eltern-Kind-Initiativen zum Teil ein ziemlicher Papierkrieg, den sie zu bewältigen haben. Wir würden uns wünschen, dass nicht nur bei uns der Zuwendungsbericht so weiterentwickelt wird, wie wir es wollen, sondern dass es auch für die Zuwendungsnehmer transparenter, einfacher, unbürokratischer und überschaubarer wird.

Auf jeden Fall ist es so, dass die Zuwendungsnehmer für Bremen arbeiten und wir ihnen Aufgaben nach dem Subsidiaritätsprinzip überweisen, sie aber auch

für gesellschaftlich wichtige Tätigkeiten im Kultur-, Sport- und Jugendbereich bezahlen. Wir möchten gern, dass wir mit dem Zuwendungsbericht weiter Partner dieser Institutionen sind.

Wenn Sie so mit dem Zuwendungsbericht umgehen, Frau Piontkowski, wie Sie es hier getan haben, dann schaden Sie dem Projekt. Vielleicht wollen Sie das sogar, was ich wirklich bedauern würde. Wir müssen bei den Zuwendungsnehmern um Akzeptanz werben, wie auch sonst in der Öffentlichkeit und in der öffentlichen Verwaltung, dass wir uns da in einem Bereich von öffentlichen Mitteln – wo zugegeben sehr viel Geld fließt – exemplarisch ein Modell vorgenommen haben, bei dem wir zeigen, was man modernerweise unter Haushaltstransparenz versteht. Wenn man es dann so nutzt, wie Sie es machen, indem das Standardisierte – berichten über Fristen, ohne Kenntnis der Einzelfälle oder der Motive, die dahinter stehen – ganz generell als etwas Nachteiliges gewertet wird, dann geben Sie all denen recht, die sagen, diese Transparenz schadet uns nur, sie wird nur gegen uns genutzt werden. Das empfinde ich als den Hauptschaden.

Ich kann es gut ertragen, was Sie hier treiben, aber der Hauptschaden ist, dass wir den Menschen, um die wir werben, die wir dafür gewinnen müssen, mit uns gemeinsam den Weg in einen modernen Haushalt zu gehen, der transparent und verständlich ist, auch noch recht geben, die Angst davor haben, dass man das hier in so einer Art und Weise nutzt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn standardisiert berichtet wird, dass Menschen ihre Zuwendungen noch nicht abgerechnet haben oder Fristen überschritten werden, dann heißt das doch nicht, dass wir uns nicht darum gekümmert haben, sondern man muss im Einzelfall einsteigen – das machen die Deputationen ja auch, dafür sind sie ja auch da – und in der Verwaltung nachfragen, woran es gelegen hat. In den meisten Fällen bekommt man eine ganz normale Erklärung, und es ist auf jeden Fall sichergestellt, dass ein Kontakt zwischen Verwaltung und Zuwendungsnehmern stattfindet und man die Gründe kennt.

So ist es eben. Es ist kein Instrument der Legislative, um den Daumen hoch zu halten oder zu senken, wer in Zukunft noch Zuwendungen bekommen darf. Das macht man dann anhand von allen möglichen anderen Parametern, von mir aus auch nach dem Zuwendungsbericht im Rahmen der Haushaltsberatungen. Es ist ein Berichtswerk der Exekutive, um zu zeigen, wie wir diese Zuwendungen gewähren und welche Parameter wir einziehen. Dafür ist das Instrument, für nicht mehr oder weniger, es ist ein Controllinginstrument.

Wir werden in Zukunft, wenn wir die Zuwendungsdatenbank ZEBRA weiterentwickeln, noch mehr kön

nen als jetzt schon, und darauf freue ich mich sehr. Ab 1. Januar 2014 wird es nämlich gelingen, dass die Zahlbarmachung von Geldern aus dem Zuwendungsbescheid daran hängt, bestimmte Schritte vorher zu gehen. Das betrifft die Prüfung desjenigen, der die Zuwendungen erteilt, dort haben wir in Bremen im Moment meiner Meinung nach zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das machen, und damit ist auch nicht immer das Vier-Augen-Prinzip gewahrt. Ich möchte es so nicht gern, denn in den Ressorts, die klein sind, besteht die Gefahr, dass jemand eine Institution sehr genau kennt und gleichzeitig Zuwendungen gewährt und man dann möglicherweise auf den Verdacht kommen kann, dass so etwas wie professionelle Distanz nicht ausreichend gewahrt ist.

Über diesen Zuwendungsbericht werden wir die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschränken, die Zuwendungen vergeben. Die Schulungen laufen, sie werden auch gut wahrgenommen. Dort müssen wir auch nicht mehr machen, wie in Ihrem Antrag steht, aber es muss sichergestellt sein, dass in Zukunft alle, die Zuwendungsbescheide erteilen, das auch können und diese Datenbank nutzen. Dann entsteht automatisch eine Kontrolle darüber, und die Zahlbarmachung hängt am Ende davon ab, ob Vorgaben, wie zum Beispiel auch die Vorgabe abzurechnen, eingehalten werden.

Herr Dr. Kuhn hat völlig recht: Wenn wir feststellen, dass die Landeshaushaltsordnung der Wirklichkeit nicht ausreichend Rechnung trägt, dann müssen wir einmal darüber nachdenken, an welchen Punkten wir sie ändern müssten. So weit sind wir aber noch nicht, sondern wir werden am 1. Januar 2014 damit anfangen. Am neuen Zuwendungsbericht wird gerade gearbeitet, und da werden Sie auch wieder sehen, dass wir vorangekommen sind und Fortschritte zu verzeichnen haben.

Herr Lühr sagt immer, vom Wiegen wird die Sau nicht fett.