Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

und die Sorge für die Bäder, zeige, dass wir das Geld zum Fenster hinauswerfen, darüber bin ich sehr erstaunt. Ich hatte das bisher noch nicht so wahrgenommen, dass Sie dort anderer Meinung sind.

Dass wir, wenn wir vor den Tarifverhandlungen 2,5 oder 3 Prozent statt 0,9 Prozent in den Finanzplan hineingeschrieben hätten, jetzt mehr Geld hätten, Herr Röwekamp, das müssen Sie mir irgendwann noch einmal erklären. Das habe ich bis heute nicht verstanden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie sagen, kein Wunder, dass die Finanzsenatorin kein Geld hat, sie hat ja auch zu wenig in den Haushaltsplan hineingeschrieben. Entschuldigung, aber sie kann auch fünf Prozent hineinschreiben, deswegen hat sie das Geld, das sie dort hineinschreibt, noch lange nicht! Ich erkläre es Ihnen gern zum dritten Mal, warum man vor Tarifverhandlungen nicht eine hohe Summe hineinschreibt und man hinterher nachsteuern muss.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das hat ja mächtig gewirkt!)

Die Tatsache ist einfach – –.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])

Ich freue mich über jede Resonanz. In meinem Alter ist man doch froh, wenn man noch ein bisschen Widerspruch bewirkt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Ja, nach oben immer mehr! Es hat mich deswegen nicht überzeugt. Ich sage noch einmal zur sozialen Staffelung: Ich glaube, dass es in den Gehaltsgruppen, die wir jetzt ausnehmen – wir haben mehrfach gesagt, ich wiederhole es hier noch einmal, wir wissen, dass man es nur einmal machen kann, das ist klar –, einfach so ist, dass sich die Preis- steigerung nicht so auswirkt wie bei anderen Men- schen. Es ist einfach so, sie hat eine andere Wirkung. Es ist außerdem so, dass sich durch die prozentualen Erhöhungen der letzten 20 Jahre und mehr die Un- terschiede faktisch immer stärker vergrößert haben. Was wir in den Achtzigerjahren hier beim „Weser- Kurier“ in der Tarifpolitik versucht haben, es in der Tarifpolitik wieder zusammenzubringen, weil es sich durch ständige Prozenterhöhungen immer weiter aus- einanderentwickelt, kann man doch einmal infrage stellen, ob es der richtige Weg ist. Man kann es be- grenzt machen, und man kann es für den Moment ma- chen. Wir glauben, dass wir dafür gute Gründe ha- ben. Ihre Anregung, Herr Röwekamp, darüber im Haus- halts- und Finanzausschuss – ich gehe einmal davon aus, dass es nach der ersten Lesung überwiesen wird – zu debattieren, nehme ich gern auf. Ich glaube, das lohnt sich. – Herzlichen Dank! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal die Gelegenheit nutzen, zu den unterschiedlichen Vorstellungen über die Herangehensweise, wie man als öffentlicher Dienst mit Gehaltsentwicklungen umgeht, zwischen Ihnen und uns zu unterscheiden.

Sie setzt sich in die Tarifverhandlungen und akzeptiert die Tarifverhandlungen für den Bund und die Kommunen mit einem Einkommensplus für zwei Jahre von 6,3 Prozent. Sie weiß, dass sie nur 1 oder 0,9 Prozent für diese Jahre eingepreist hat. Sie setzt sich in die nächste Tarifverhandlung und akzeptiert den nächsten Tarifabschluss mit dem Marburger Bund mit einer Gehaltsanpassung von 4,6 Prozent. Sie weiß immer noch, dass sie eigentlich nur 0,9 oder 1 Prozent in ihrem Haushalt vorgesehen hat.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Was hätte sie machen sollen?)

Dann setzt sie sich in die nächste Tarifverhandlung mit den anderen Ländern und verhandelt einen Tarifabschluss unter ihrer Mitwirkung von 5,6 Prozent.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Was hätten Sie denn gemacht?)

Bleiben Sie ganz ruhig, dazu komme ich gleich!

Sie weiß in dem Moment, sie hat eigentlich nur ein Prozent. Dann kommt sie in das Parlament und sagt, ich habe einmal nachgerechnet, ich habe in den Tarifverhandlungen mehr Geld ausgegeben als ich habe, die letzten acht Prozent des öffentlichen Dienstes müssen deswegen leer ausgehen. Das ist Beschäftigungspolitik á la Bürgermeisterin Linnert mit den Grünen in Bremen, und Sie behaupten, das sei Wertschätzung für öffentlich Beschäftigte? Das ist das Gegenteil von Wertschätzung!

(Beifall bei der CDU)

Die Älteren unter Ihnen, Herr Dr. Kuhn und ich gehören dazu, werden sich erinnern. Als es darum ging, über das Ergebnis der Beratungen der Föderalismuskommission II hier im Parlament zu reden, habe ich gesagt, ich schlage neben vielen anderen Maßnahmen vor, dass sich der Senat mit den Gewerkschaften und Personalvertretern des öffentlichen Dienstes zusammensetzt, um eine gemeinsame Strategie für die Personalausgaben und die Einkommensentwicklung für den Sanierungspfad miteinander zu verabreden. Das kann man Notlagentarifvertrag, Sondertarifvertrag oder wie auch immer nennen, aber ich hätte es richtig gefunden, die öffentlich Beschäf

tigten, deren Einkommen von der Leistungsfähigkeit unseres Staates abhängig ist, in einen Entscheidungsprozess darüber miteinzubeziehen, wie sich ihre Gehälter in Zukunft entwickeln sollen. Sie haben damals gesagt, das machen wir nicht, das entscheiden wir von Jahr zu Jahr.

Ich habe in den vergangenen Gesprächen mit vielen Gewerkschaftern und Vertretern von Personalräten die Bereitschaft gespürt, mit dem Senat doch endlich über solche Dinge einmal zu reden, bevor Entscheidungen getroffen werden. Was aber macht der Senat? Er lädt zwei Wochen, nachdem er sich selbst inhaltlich schon festgelegt hat, zu einem großen Gipfel ein. Ist das Wertschätzung für öffentlich Beschäftigte?

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Wer einen gemeinsamen Weg mit Beschäftigten sucht, der kann doch nicht erst diktieren und hinterher rechtfertigen. Er muss versuchen, zu überzeugen und einen gemeinsamen Weg zu finden. Das ist das, was uns von Ihrer Tarifpolitik im öffentlichen Dienst nachhaltig unterscheidet. Wir wollen einen Weg mit den Beschäftigten und nicht gegen die Beschäftigten.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch einen zweiten Punkt ansprechen! Wir haben nicht genug Geld, und ich soll jetzt sagen, wo überall gespart werden kann. Ich habe es schon einmal gemacht, aber alle meine Sparvorschläge waren untauglich, Sie erinnern sich. Ich will in diesem Zusammenhang aber eines auf jeden Fall in Erinnerung rufen, die Diskussion darüber, ob und wie viel Geld wir in diesem und im nächsten Jahr haben, wird in der Eckwertvorlage angesprochen. Daraus ist ersichtlich, dass wir einen Abstand zu der Neuverschuldungsgrenze nach der Konsolidierungsvereinbarung in diesem Jahr von noch 267 Millionen Euro, korrigiert um die neueste Steuerschätzung vielleicht 230 Millionen Euro haben, im nächsten Jahr werden es noch 180 Millionen Euro sein.

Ich bin mir sicher, dass Sie in den nächsten Jahren an der einen oder anderen Stelle, Stichwort Klinikum, auch in den öffentlichen Haushalten noch etwas nachsteuern werden müssen. Deswegen ist es eine Frage der Schwerpunktsetzung in den Haushalten. Man kann den Offshore-Terminal auf 5, 10 oder 20 Jahre finanzieren, aber alles hängt mit allem zusammen. Sich aber inhaltlich bei jedem auch noch so kleinen Projekt bis zur Stiftung „Wohnliche Stadt“, dafür waren ja auch noch vier Millionen Euro vorhanden, festzulegen und am Ende zu sagen, jetzt reicht es leider für den letzten Rest meiner Beschäftigten nicht, das ist ein Verhalten, Herr Dr. Kuhn, ich stelle mir einmal vor, das würde ein privater Arbeitgeber machen!

Dann wären Sie wieder auf den Schienen wie vor 40 Jahren, Herr Dr. Kuhn, und würden sich nicht über Proteste von Mitarbeitern beschweren, sondern würden mit der Fahne vorweglaufen. Das ist die Realität, Ihre Einstellung zur Gerechtigkeit hat sich geändert! (Beifall bei der CDU)

Deswegen gibt es, erstens, Spielräume und, zweitens, Möglichkeiten, mit Arbeitnehmervertretern zu gemeinsamen Verabredungen zu kommen. Ich zweifle aber daran, dass daran insbesondere Ihrer Finanzsenatorin gelegen ist. Deswegen muss ich abschließend noch einmal auf das zurückkommen, was Sie, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Linnert, anlässlich der Übergabe der Protestunterschriften der Staatsanwälte und Richter gesagt haben. Es ist ungewöhnlich, das habe ich, ehrlich gesagt, in meiner politischen Laufbahn noch nicht so häufig erlebt, dass diese Beschäftigungsgruppe gegen den Staat und gegen den Senat und dessen Entscheidung aufbegehrt. Sie haben aber den Mut gefasst und es gemacht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dazu braucht man keinen Mut!)

Was haben Sie denen geantwortet, Frau Bürgermeisterin Linnert? Sie haben denen geantwortet, es hat sie ja niemand gezwungen, in Bremen Beamter zu werden. (Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das ist keine Wertschätzung!)

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Linnert, ist das Ausdruck Ihrer Wertschätzung gegenüber Menschen, die unter Arbeitsverdichtung und hohem öffentlichen Arbeitsdruck jeden Tag ihre Arbeit verrichten? Stellen Sie sich so, wie Sie sich verhalten, eigentlich den idealen Arbeitgeber vor? Ich sage Nein, Frau Bürgermeisterin Linnert! Ein idealer Arbeitgeber plant nicht von Jahr zu Jahr, ein idealer Arbeitgeber hat ein Interesse an motivierten, leistungsbereiten und zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein idealer Arbeitgeber spaltet seine Beschäftigten nicht, er versammelt sie hinter seiner Überzeugung, die auch einmal einen schwierigen Weg enthalten kann, aber insbesondere begegnet ein Arbeitgeber den berechtigten Sorgen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mit einem solchen bodenlosen Zynismus. – Vielen Dank!

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte hier ab––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

schließend noch einmal darüber reden, was Beamte in Bremen eigentlich leisten. Es gibt grundgesetzlich geschützte Aufgaben in Artikel 1 bis 20 des Grundgesetzes, und sie stehen unter dem Vorbehalt der Ewigkeitsklausel. Das heißt, das Grundgesetz kann immer geändert werden, auch in Artikel 109 kann man eine Schuldenbremse einschreiben, aber Artikel 1 bis 20 des Grundgesetzes sind unantastbar.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: 1 und 20! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: 17 und 4!)

Stimmt! Ich muss dem Juristen hier in der Runde recht geben. In diesen Aufgabenbereich fällt der Bereich Bildung, aber darunter fällt auch der Bereich Sicherheit, und darüber diskutieren wir heute die ganze Zeit.

Wenn man sich einmal die Entwicklung im öffentlichen Dienst seit dem Jahr 1993 genau anschaut – ich habe soeben schon einmal gesagt, zum Teil ist es auch ein Mythos, was andere Bundesländer Berlin, Bremen und anderen Stadtstaaten, also auch Hamburg, vorwerfen, nämlich dass wir den öffentlichen Dienst so aufgebläht und deswegen so viele Altschulden hätten –, sind in Bremen im öffentlichen Dienst im Vergleich zu den anderen Bundesländern erheblich mehr Stellen eingespart worden als in jedem anderen Bundesland.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir hatten auch mehr!)

Wir hatten diese Diskussion hier schon öfter. Über 2 000 Stellen sind bis zum Jahr 2007 an Lehrerstellen eingespart worden, ich glaube, 1 500 Vollzeitäquivalente, aber es waren natürlich mehr Stellen, weil wir auch viele befristete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den Lehrkräften haben.

Ich habe hier soeben am Beispiel der Feuerwehr deutlich gemacht, dass sich die Einsatzzahlen bei Brandfällen verdoppelt haben, bei den Rettungsdiensten sind es 60 Prozent mehr, aber es wurden 150 Stellen eingespart. Bei der Polizei ist es ähnlich, auch das hatten wir hier schon einmal, ich habe es in der Debatte zur freien Heilfürsorge auch noch einmal angebracht. Der enorme Berg der Überstunden, den die Polizei gratis und unentgeltlich vor sich herschiebt, liegt wie im letzten Jahr bei 270 000 Überstunden, glaube ich. Das entspricht etwa dem, was das Flächenland Schleswig-Holstein an Überstunden im Bereich der Polizei hat.

Das heißt, wir haben es mit einer Situation zu tun, in der es in den letzten 20 Jahren im öffentlichen Dienst und vor allem in den grundgesetzlich geschützten Bereichen des öffentlichen Dienstes einen erheblichen Personalabbau gegeben hat. Gleichzeitig sind die Aufgaben in diesen Bereichen und die Arbeitsverdichtung enorm angestiegen, das habe ich gleich zu

Beginn meines ersten Debattenbeitrags gesagt. Wenn man zum Beispiel die Anzahl der gekürzten Stellen bei der Feuerwehr anschaut und was dort an Arbeitsbelastung auf die Feuerwehr zugekommen ist, dann horchen Sie einmal tief in Ihr Gewissen!

Ich hätte gern geheime Abstimmung über unseren Antrag beantragt, leider sieht das die Geschäftsordnung nicht vor.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Gott sei Dank! Das wäre ja noch schö- ner!)

Deswegen beantrage ich hier namentliche Abstimmung. Horchen Sie einmal in Ihr Gewissen hinein, weniger Lehrer, Polizeibeamte und Feuerwehrbeamte leisten erheblich mehr Arbeit! Ich finde, dafür sollten sie anständig bezahlt werden.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Weniger!)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat gibt es nur ein einziges Motiv für die nicht vollständige Übertragung, wie es ja fälschlicherweise häufig heißt, des Tarifergebnisses auf alle Beamtinnen und Beamten. Der Grund liegt darin, dass wir nicht wissen, wie wir es bezahlen sollen. Ich habe in der ganzen Debatte über das allgemein Bekannte hinaus, nämlich wir sollen erklären, dass der Sanierungskurs gescheitert sei, so DIE LINKE, nichts gehört. Zu sagen, dann geben wir einfach weiter Geld aus und „liefern Bremen ans Messer“, ist für den Senat keine Option.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Von der CDU habe ich bis auf allgemeine Erkundigungen zu Haushaltsproblemen, die in der Tat groß sind, auch keinen einzigen Vorschlag gehört, wie wir die fehlenden weit über zehn Millionen Euro mit Folgewirkungen für die nächsten Jahre bezahlen sollen.