Es ist sehr gut nachzuvollziehen, wenn man sich die Zahlen ansieht, die wir auch in anderen Zusammenhängen betrachtet haben: Sie entsprechen nicht dem bundesweiten Trend. Bei der Höhe der Sanktionen, also der monatlichen Kürzungssumme der einzelnen Sanktionen, liegt Bremen mit 122,60 Euro unter allen Bundesländern an der Spitze. Das ist die Zahl aus dem September 2016. Bei Jugendlichen ist es mit 144,16 Euro ebenfalls mit Abstand der höchste Wert unter allen Bundesländern. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, dass das kein Bremerhavener Phänomen ist.
Wenn das Bundesland mit den meisten Armen seinen Armen auch noch das meiste Geld wegnimmt, dann läuft etwas grundverkehrt.
Ich finde es beunruhigend, dass man das anscheinend – aus der Senatsantwort ergibt sich zumindest der Eindruck – als selbstverständlich hinnimmt.
Wir sind bei der Frage, ob es überhaupt Sanktionen geben sollte, unterschiedlicher Meinung. Das weiß ich, und das haben wir hier auch immer wieder besprochen. Wenn die Debatten zur Armutsbekämpfung irgendetwas wert sein sollen, dann muss man sich zumindest dafür einsetzen, dass diese quantitative Entwicklung bei den Sanktionen ein Ende findet. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den LINKEN geht es mit dieser Großen Anfrage eigentlich nur um eines – das hat Frau Bernhard eben gerade auch gesagt –: Sanktionen, also die Kürzung finanzieller Leistungen des Jobcenters, bei regelwidrigem Verhalten der Leistungsberechtigten möglichst ganz abzuschaffen.
Die CDU-Fraktion hält dagegen daran fest: Sanktionen zwar wohlüberlegt, aber nach gesetzlichen Vorgaben doch regelmäßig dort einzusetzen, wo Leistungsempfänger Regeln unentschuldbar verletzen.
Sanktionen können den Leistungsempfängern sehr wohl deutlich machen, dass Mitarbeit und Zuverlässigkeit von großer Bedeutung sind. Bestätigt wird das durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das IAB. Es hat Anfang Februar spannende Ergebnisse über die Wirkung von Sanktionen, allerdings begrenzt auf unter 25-Jährige, veröffentlicht. Die Forscher stellten fest, dass der Nutzen von verhängten Sanktionen weitaus größer ist als hier und da, ja, leider auch entstehende Nachteile.
Bereits nach der ersten Leistungskürzung wird die Suche nach einer Arbeit nachweislich viel intensiver betrieben als vorher. Die Ergebnisse lassen sich sicherlich, vielleicht mit Einschränkungen, aber doch auch auf über viele über 25-jährige Hartz-IV-Empfänger übertragen.
Was DIE LINKE aber der Bundesagentur für Arbeit oder wem auch immer in der Frage 16 unterstellt, empfinde ich als empörend. Sie vermuten, dass den einzelnen Jobcentern eine in der Höhe zwingend zu erreichende Sanktionsquote vorgeschrieben werde, damit man auf Kosten der Leistungsempfänger vom Gesamtbudget ordentlich etwas einsparen kann. Das würde ja bedeuten, dass man Hartz-IV-Empfänger grundlos sanktionieren müsste, nur um die Quote zu erfüllen. Glauben Sie denn wirklich, liebe LINKE, dass unsere Jobcenter mit einer solchen Klinkenputzermentalität arbeiten?
Ja, schade! Soweit ich weiß, sind die allermeisten Mitarbeiter tagtäglich viel Stress ausgesetzt, aber sie versuchen trotzdem, einen guten Job zu machen. Dafür bin ich den Mitarbeitern der Jobcenter wirklich sehr dankbar.
Eine andere Frage der LINKEN greift ein Problem auf, das auch mich bewegt. Sie fragen: Wie gewährleisten die Jobcenter im Lande Bremen, dass Geflüchtete nicht aufgrund von unzureichenden Sprach-, Rechts- und Verfahrenskenntnissen von Sanktionen betroffen werden? Hier kann ich die Beschränkung auf „Geflüchtete“ nicht nachvollziehen.
Der Senat antwortet auf diese Frage indes, dass Leistungsberechtigte, also auch Geflüchtete, vor einer Kürzung auf jeden Fall angehört werden müssen. Sobald es nachvollziehbare Begründungen oder Verständigungs- und Verständnisprobleme gibt, wird nicht sanktioniert, und das ist gut so.
Ich erwarte aber auch von Leistungsempfängern, dass sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen und aktiv daran mitwirken, Leistungen nur möglichst kurz in Anspruch zu nehmen. Das heißt, dass Empfänger verpflichtet sind, Termine und Angebote wahrzunehmen und sich auch auf zumutbare Arbeitsplätze zu bewerben.
In der Antwort auf Frage elf rechnet der Senat dann vor, dass die Zahl der verhängten Sanktionen in den letzten Jahren insgesamt gesunken sei. Zumindest verstehe ich die Antwort so. Frau Bernhard hat sie irgendwie anders verstanden. Die Sanktionsquote im Land Bremen bewegt sich unter nur drei Prozent. Das heißt ganz praktisch, es wurden lediglich zwei bis drei von 100 Hartz-IV-Empfängern sanktioniert. Ich kann da, ehrlich gesagt, im Gegensatz zu den LINKEN keine Tendenz zu verschärftem Sanktionieren erkennen.
Bei den unter 25-jährigen Arbeitslosen liegt die Quote bei 6,5 Prozent, also sechs bis sieben von 100, zwar höher, aber immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Für diese Gruppe sind die Regeln etwas schärfer als für über 25-jährige Arbeitslose. Diese verschärften Regelungen werden oft infrage gestellt, aber die vorhin zitierte IAB-Untersuchung kommt trotzdem zu dem Ergebnis, dass die Wirkung von verhängten Sanktionen gerade bei unter 25-Jährigen überaus positiv zu beurteilen ist.
DIE LINKE rechnet indes mit anderen Zahlen, zum Beispiel mit den insgesamt steigenden einbehaltenen Geldsummen. Das hat Frau Bernhard eben gerade dargelegt. Sie ignorieren dabei aber einfach, dass bei einer steigenden Zahl von Leistungsberechtigten, wie zum Beispiel in Bremerhaven, leider zwangsläufig auch die Zahl der Sanktionen und damit auch die einbehaltene Summe, steigen wird. So versuchen DIE LINKE zu dramatisieren, was mit drei vom Hundert natürlich längst nicht so gut funktioniert.
Zum Schluss möchte ich noch einmal deutlich sagen: Leistungskürzungen sollten auf keinen Fall unüberlegt oder wutentbrannt, sondern besonnen und ohne Ansehen der Person ausgesprochen werden. Darin sind wir uns bestimmt alle einig. Die CDU-Fraktion ist sich aber auch sicher, man sollte Sanktionen auf keinen Fall abschaffen, es sei denn, es gäbe eine
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Immer mehr Erwerbslosen wird mit Sanktionen das wenige Geld, das sie noch haben, gekürzt. Die geltenden Sanktionsregeln sind meiner Meinung nach undifferenziert, unflexibel und wirken oft auch kontraproduktiv.
Unserer Ansicht nach ist insbesondere das verschärfte Sanktionsrecht für unter 25-Jährige abzuschaffen, denn es führt Jugendliche ins Aus statt in Arbeit.
Sanktionen führen dazu, dass die betroffenen Menschen von ihrem ohnehin sehr geringen Regelsatz aufgrund einer Sanktion mit noch viel weniger Geld im Monat auskommen müssen. Es ist auch deswegen dramatisch, weil das derzeitige System nicht auf einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit beruht, sondern auf Über- und Unterordnung. Zwischen den Arbeitsuchenden und den Jobcenter kann unter diesen Bedingungen von einem Verhältnis auf Augenhöhe keine Rede sein.
Fordern ohne fördern funktioniert nicht! Der Zwang zur Arbeitsaufnahme ohne Wunsch- und Wahlfreiheit und die Zumutbarkeitsregeln sind falsche Instrumente. Sanktionen sind auch deshalb besonders bedenklich, weil von ihnen häufig auch Angehörige betroffen sind, die gar keine Pflichtverletzung begangen haben. Ich finde, dass Arbeitsuchende eine passgenaue Unterstützung brauchen. Dazu gehören eine gute Betreuung, Beratung und Qualifizierungsangebote, meine Damen und Herren.
Die persönlichen Ansprechpartner in den Jobcentern müssen in die Lage versetzt werden, einen nachhaltigen und auf die individuellen Stärken und Schwächen der Arbeitslosen abgestimmten Plan zu entwickeln, der die Menschen in Arbeit bringen kann. Dies muss partnerschaftlich und auf Basis eines Vertrauensverhältnisses geschehen. In diesem Prozess haben weder Scheinangebote zur Überprüfung der Ar
beitsbereitschaft noch Sanktionsandrohungen Platz. Arbeitsuchende müssen die Möglichkeit haben, aus verschiedenen Maßnahmen ein passgenaues Angebot auszuwählen.
In Bremen und in anderen Kommunen Deutschlands werden die meisten Sanktionen wegen Konflikten bei Meldeterminen verhängt. Dass es überhaupt möglich ist, dass Jugendliche, die unter 25 Jahre alt sind, sanktioniert werden, empfinden wir, wie auch Sie, Frau Bernhard, als nicht zielführend.
Uns war es deshalb sehr wichtig, dass in der Präambel der Verwaltungsvereinbarung über die Zusammenarbeit im Rahmen einer Jugendberufsagentur, Sie erinnern sich, meine Damen und Herren, hier in Bremen, festgehalten wurde, dass eine sanktionsfreie Integration junger Menschen von besonderer Bedeutung ist. Aus der Antwort des Senats geht erfreulicherweise hervor, dass der Senat die Auffassung teilt, dass Sanktionen bei diesen jungen Menschen möglichst vermieden werden sollen, sie allerdings im Rahmen des SGB II nicht völlig auszuschließen sind.
Zum Schluss möchte ich betonen, dass wir aus der Bestrafungslogik herauskommen müssen und dass das Existenzminimum, das verfassungsrechtlich garantiert ist, für die Menschen sichergestellt wird, die in diese Lage gekommen sind. Weil es uns unsere Verfassung vorschreibt, finde ich, ist es total wichtig, dass man diesen Menschen passgenaue Jobmöglichkeiten unterbreitet und sie entsprechend berät.
Noch einmal, unser Interesse muss sein, die Flut der Sanktionen im Land Bremen – aus der Antwort des Senats geht hervor, dass sie tendenziell nicht extrem angestiegen sind – in diesem Bereich weiter einzudämmen und diesen Menschen eine passgenaue Unterstützung zukommen lassen. Das sollten diese Menschen wirklich bekommen, denn ansonsten kommen sie aus ihrer Situation nicht heraus. Meine Damen und Herren, wir sollten daran arbeiten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
nein, der FDP! Herr Fecker hat mich durcheinandergebracht, weil er mit seinem Ehering immer auf das Pult schlägt.
(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich dachte, Sie begrüßen es, dass ich verheiratet bin, Herr Präsident! – Abg. Frau Grotheer [SPD]: Aber nicht, wenn Sie mit Ihrem Ring Löcher in das Pult machen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, wir kommen zu der Frage, was kann der Staat, was kann die Gemeinschaft der Beitragszahler von jemanden erwarten, der Leistungen von der Allgemeinheit erhält, also von den Menschen, die einzahlen, und von den Steuerzahlern, die Zuschüsse bezahlen. Diese Frage müssen wir stellen, und wir als Freie Demokraten sind schlichtweg der Meinung, dass wir erwarten können, dass man sich an Regeln hält.
Wenn ich das Geld von anderen Menschen haben möchte, dann muss ich mich an gewisse Spielregeln halten. So ist das im Leben. Das lernt man beim Arbeiten. Wer nicht arbeitet, der muss die Regeln des Amtes einhalten, wenn er Hartz IV oder andere Leistungen bezieht. Das sind die Spielregeln, und an sie muss man sich halten. Ich glaube, es ist auch nicht falsch, wenn wir das von Leistungsempfängern erwarten, weil das in unserer Gesellschaft einfach so ist.
Insofern sprechen wir uns auch gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen aus. Man muss gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen, und das bedeutet eben auch, dass man sich um Arbeit bemüht, dass man sich bemüht, sich zu qualifizieren, dass man sich einbringt, dass man vor allem Termine einhält und man sich, wenn man sie nicht einhält, entschuldigt und erklärt, aus welchen Gründen man den Termin nicht eingehalten hat. Das kann man erwarten, und deswegen haben wir auch mit Sanktionen kein Problem.
Man kann sicherlich über die eine oder andere Sanktion reden und die Frage stellen, welche Sanktion wirksam und welche weniger wirksam ist. Am Ende ist jedoch zu diskutieren, ob wir an ein System glauben, dass partnerschaftlich funktioniert. Oder ist allein das Auszahlen des Geldes schon ein System, das dazu führt, dass die eine Seite damit zu Recht Erwartungen verknüpft? Wir als Freie Demokraten erwarten, dass, wenn der Staat oder eine Agentur Geld auszahlt, ein entsprechendes Verhalten da ist.