Wir haben nur fünf Minuten, aber wir haben mehrere Runden, Frau Strunge. Sie haben noch die Möglichkeit, etwas zu sagen.
Wir müssen ganz klar fragen: Woran fehlt es unseren Jugendlichen, die den Bildungsabschluss haben, beim Zugang im Wettbewerb um die Arbeitsverhältnisse? Was können andere besser? Warum bringen diese bessere Fähigkeiten mit und werden eher ausgewählt?
Zwei Sätze noch, Herr Präsident! Wir brauchen eine verbesserte Berufsorientierung in der Schule, also schon während der Schulzeit eine engere Verzahnung mit den Ausbildungsbetrieben. Da gibt es ganz heterogene Ergebnisse an den Schulen. Ich finde, es gibt viele Schulen, die das mustergültig machen. Ich finde, es gibt aber auch viele Schulen, an denen es besser ginge. Ich glaube, wir brauchen eine bessere Beratung der Unternehmen bei den
Anforderungen an Ausbildung, auch eine bessere Unterstützung, und wir brauchen eine engere Verzahnung zwischen der Ausbildung in der Berufsschule und den Betrieben, insgesamt also auch eine bessere personelle und materielle Ausstattung.
Einen letzten Satz, einen Vorschlag noch am Schluss! Wir haben ja Jugendliche, die nicht versorgt werden, das mögen 400 sein, aber ich finde, wenn wir diese in eine schulische Ausbildung stecken, dann muss das nicht nur schulisch sein, sondern wir müssen dazu kommen, dass auch die, die keinen Ausbildungsplatz bekommen und um die wir uns dann wieder im Staat kümmern, dass diese auch eine Dualisierung der Tätigkeit erfahren. Diese müssen während dieser Zeit auch Nähe zu Betrieben finden, um dann, im Idealfall, am Ende auch in ein Ausbildungsverhältnis vermittelt zu werden. – Vielen Dank!
Ich glaube, in der Bestandsaufnahme haben wir gar keinen Dissens. Wir haben viel zu wenige Ausbildungsplätze, wir haben viel zu viele junge Menschen ohne berufliche Perspektive, weil ohne Ausbildungsplatz, aber wir haben gleichzeitig auch viel zu viele unbesetzte Ausbildungsstellen.
Vor diesem Dilemma stehen wir, und egal wie wir es nennen, Ausbildungsplatzabgabe, Ausbildungsumlage oder Ausbildungsfonds, meine Fraktion ist der Überzeugung, dass eine Zwangsumlage in dieser Gemengelage nicht helfen wird. Wenn wir uns branchenspezifisch ansehen, wie es freiwillig im Gaststätten- oder im Baugewerbe erfolgreich durchgeführt wird, da, finde ich, kann man sich noch einmal über bestimmte Branchen unterhalten. Das jedoch über alle Bremer Betriebe zu legen, würden wir gerade im Vergleich zu unserem niedersächsischen Umland, als fatalen Standortnachteil empfinden. Deswegen werden wir auch die Einrichtung einer Kommission, zur Prüfung eines allgemeinen Ausbildungsfonds, ablehnen.
Die Gemengelage in Bremen zeigt doch viel mehr, dass wir in der Tat über Qualität von Ausbildung nachdenken müssen, das zeigen auch die unbesetzten Ausbildungsplätze. Viele der tausend Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz haben, hätten ja vielleicht Interesse an einigen Ausbildungsplätzen, die noch frei sind, wäre die Qualität der Ausbildung besser.
Es gehört auch zur Debatte, dass sich immer noch manche Arbeitgeber in einer Ausbildungskultur der Fünfziger- und Sechzigerjahre befinden. Da sagen Jugendliche, junge Menschen heute: So lasse ich mich nicht ausbilden, denn da lerne ich nicht genug, oder das ist dann eben auch nicht der Beruf, in dieser Branche will ich einen Beruf nicht erlernen. Ich glaube, dass wir dort, das tun wir im Rahmen der Vereinbarung ja auch, mit Unternehmen über Ausbildungskultur, über moderne Ausbildungsqualitäten sprechen müssen und sprechen werden, sodass da auch wieder mehr zueinanderfinden und dass Ausbildungsplätze auch in Branchen, die ein bisschen verschrien sind, wieder an Qualität gewinnen. Das wäre unser Fokus Nummer eins.
Der zweite Aspekt, den hat Herr Röwekamp schon angesprochen, und in der Tat ist es so, dass unglaublich viele Schülerinnen und Schüler überhaupt keine Vorstellung von Berufsbildern haben. Nun haben sich Berufsbilder in den letzten Jahren auch massiv geändert, und viele Lehrerinnen und Lehrer haben damit nicht so richtig Schritt gehalten. Wenn man über Berufe berät, die in den Achtzigerjahren hip waren, die heute nicht mehr existieren, dann haben wir natürlich ein eklatantes Informationsdefizit an den Schulen.
Deswegen müssen sehr viel mehr Berufsberater in die Unternehmen und in die Schulen und für ihre neuen Berufe, für ihre Ausbildungsplätze werben und die jungen Menschen auch darüber informieren, wie es in der Praxis aussieht, wie die Beschäftigungsperspektiven sind, wie die Verdienstmöglichkeiten sind. Denn auch da gibt es sehr viele Fehlinformationen darüber, dass man im Vergleich zur akademischen Ausbildung schlechter verdienen würde, was ja in den meisten Fällen wirklich nicht der Fall ist. Des Weiteren müssen wir dann natürlich auch schon in der Schule über Karrierechancen in einem Berufsfeld informieren, sodass die jungen Menschen auch wissen, wenn sie dort eine Ausbildung gemacht haben, dann erlangen sie zum Beispiel gleichzeitig eine Hochschulreife oder welche Perspektiven sich dann, nach dem Abschluss dieser Ausbildung, ergeben.
All das kommt in den Schulen zu wenig vor, und da wünschen wir uns einfach mehr Engagement, auch mit Hilfe der Jugendberufsagentur, der Agentur für Arbeit und all der Multiplikatoren, die wir kennen.
Schließlich, glaube ich, müssen wir auch jenseits des Auszubildenden- und Freiwilligentickets, worüber wir auch schon gesprochen haben, noch einmal darüber nachdenken, wie wir duale Ausbildung für junge Menschen attraktiver machen. Ich kann mir zusätzliche Urlaubstage vorstellen, ich kann mir Freiwilligentickets für Auszubildende vorstellen oder unbedingt auch andere, höhere Ausbildungsvergütungen. Da sind noch sehr, sehr viele Maßnahmen und Hebel jenseits einer Ausbildungsumlage im Raum.
Frau Bergmann hat zu Recht darauf hingewiesen, der Film ist übrigens sehr zu empfehlen, wir haben doch die Erfahrungen einer verpflichtenden Abgabe durch Unternehmen gemacht, die keine Menschen mit Handicap einstellen. Die Erfahrungen, die wir da sehen, zeigen doch, Betriebe leisten sehr viel mehr und lieber teure Abgaben, als Menschen mit Handicap einzustellen. Genau dasselbe Phänomen, da bin ich sicher, würden wir bei solch einem Ausbildungsfonds auch sehen. – Vielen Dank!
Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich Studierende des Studienganges Bachelor of Arts Public Health begrüßen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ja nicht neu, dass es für Bremer Unternehmen keine attraktive Strategie mehr ist, selbst auszubilden.
Deren eigene Aussagen sind: Keine geeigneten Bewerbungen, insgesamt keine Bewerbungen, Auszubildende treten nicht an, brechen ab, Passungsprobleme, mangelndes Grundlagenwissen, unklare Berufsvorstellungen, und, das hat Frau Dr.
Müller gerade ausgeführt, unzureichende Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen sowie Kommunikationsprobleme zwischen Betrieben und Berufsschule. Als Freie Demokraten sehen wir die Antworten auf diese Probleme in den Bereichen Lehrerversorgung, Unterrichtsgarantie, Unterrichtsqualität, Ausbildungsreifegarantie, Schulausstattung und einer herausragend guten Berufsberatung und Berufsorientierung, bei der die dualen Ausbildungspartner mit den allgemeinbildenden Schulen intensiv und wechselseitig verzahnt sind.
Wir können nicht länger ignorieren, dass Unternehmen es bevorzugen, das haben wir jetzt auch gehört, niedersächsische Auszubildende einzustellen, weil die Qualität des niedersächsischen Schulsystems spürbar besser ist. Denn das Problem ist nicht die Anzahl der Ausbildungsplätze, die von Unternehmen gestellt werden. In Wahrheit ist das Problem, dass zu wenige Bremer Jugendliche einen Zugang zu diesen Ausbildungsplätzen bekommen.
Die Bremer Ausbildungsbetriebsquote ist im Übrigen auch gar nicht so schlecht. Laut Zahlen der Bremer Vereinbarung von 2014 bis 2017 lag die Quote fast 1,5 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Es ist also mitnichten so, dass die Unternehmen in Bremen weniger ausbilden, als in anderen Bundesländern, um mit dem Bullshit einmal aufzuräumen.
Den auf monokausalen Gründen beruhenden Antrag der LINKEN lehnen wir ab, da er das bestehende Problem einfach nicht löst. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Röwekamp, der Vergleich mit dem Ablasshandel ist schon abenteuerlich, der bringt mich echt ins Grübeln.
Wenn Sie sagen, dass Sie einen Zwang grundsätzlich ablehnen, dann frage ich mich, was haben wir eigentlich gestern in der Debatte zum Thema Hartz IV erörtert?
Also da müsste man sich schon noch einmal anschauen, ob das Instrument vielleicht nur für einige gelten soll, aber nicht für alle. Frau Bergmann, ich finde es bemerkenswert, wenn Sie sagen, dass Bremen aufgrund der Situation für Betriebe immer weniger attraktiv ist. Bremen hat die höchste Ausbildungsquote, die Zahlen habe ich in meinem ersten Redebeitrag dargestellt.
Da ist nun Bremen, weiß Gott, nicht am Pranger. Ich sage an dieser Stelle nicht, dass ich mit dieser Quote zufrieden bin, aber sie ist höher als in den anderen Stadtstaaten, sie ist genauso hoch wie im Bund. Da muss man nicht Bremen den Schwarzen Peter zuschieben. Ehrlich gesagt, finde ich es auch bemerkenswert, wenn jetzt, in diesem Zusammenhang, die Bildungsoffensive verlangt wird. Ich habe deutlich gemacht, dass wir einen sehr hohen Anteil von niedersächsischen Jugendlichen im System haben, aber nicht deshalb, weil die vielleicht klüger sind oder weil das niedersächsische Schulsystem besser ist.