Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und bei der CDU)

Auf diesen Unterschied kommt es an. Ich habe nichts gegen die Offenlegung aller Gesellschafteranteile – völlig klar.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann stimmt zu!)

Moment. – Aber Sie werden hier doch nicht allen Ernstes leugnen wollen, dass es einen Unterschied macht, ob eine Partei an einem Presseorgan beteiligt ist oder an einer Medienanstalt, oder ob das ein anderer Verlag ist,

oder ob das eine Bank ist,oder eine Gesellschaft,oder der Privatmann XY.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und bei Abgeordneten der CDU)

Warum? – Meine Damen und Herren, wir als Abgeordnete müssen uns doch nicht gegenseitig über die Funktion der Presse belehren. Die Presse begleitet unsere Politik nicht nur, die Presse hat ein hohes Maß an Kontrollfunktion gegenüber dem, was wir machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Umso wichtiger ist, dass klar ist, wer diese Kontrolle ausübt und wer dahinter steht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn da eben immer zwischengerufen wurde, dass es um den Geschäftsführervertrag ging: Meine Damen und Herren, welche Aufgaben hat denn ein Geschäftsführer, und welche Aufgaben hat eine Geschäftsführung in einem Verlag? Die besetzen doch die Mitarbeiter der Redaktion. Die berufen doch den Chefredakteur, vielleicht noch in Abstimmung mit einem Aufsichtsratsgremium.Aber im Wesentlichen sind das doch diejenigen, die handeln.

Herr Al-Wazir, wegen mir könnten und sollten sie jeden Tag alle ihre Beteiligungen darlegen müssen. Aber von den 100.000 oder 150.000 Lesern der „Frankfurter Rundschau“ weiß wahrscheinlich die Hälfte nicht, wer dahinter steht.

Herr Denzin, gestatten Sie Zwischenfrage, zunächst von Herrn Al-Wazir und dann von Herrn Hoff?

Das mache ich gleich. Ich will noch kurz ausführen. – Im Unterschied zum „Vorwärts“, wo völlig klar ist, dass das ein Parteiorgan ist,

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

haben wir es hier mit einer wichtigen Zeitung in unserer Medienlandschaft zu tun. Meine Damen und Herren, wir sind auf dem Wege, dass wir in dieser Republik noch vier meinungsbildende und -bestimmende Verlage haben. Einer von diesen vieren ist der SPD-geführte oder der SPD gehörende Verlag. Das muss man sich einmal überlegen: Von 137 Verlagen vor 20 Jahren, die noch einigermaßen selbstständig waren, sind wir jetzt im Zuge der weiteren Konzentrationsprozesse auf dem Weg zu vier großen Verlagen. Die dd_vg hat sich in den letzten zehn Jahren in Richtung eines Meinungsimperiums der SPD entwickelt. Wir können davon ausgehen,dass die Konzentration noch nicht beendet sein wird. Dann sehen Sie vielleicht, welche Gefahr insbesondere dahinter steht. Ich bitte auch die SPD, selbst darüber nachzudenken. Sie können doch als Partei überhaupt kein Interesse an dieser vordergründigen Vermittlung von Positionen an die Bürger haben. Das kann doch eigentlich nicht sein.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die SPD ist eine urdemokratische Partei, die gerade bei diesen Entwicklungen Sensibilitäten entwickeln und zeigen müsste, wie auch wir sie haben. Meine Damen und Herren, das kann doch wohl nicht wahr sein. – Jetzt Herr Al-Wazir, bitte.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Kollege Denzin, Sie haben vom eklatanten Unterschied zwischen Parteizeitungen und sonstigen Beteiligungen gesprochen, was die öffentliche Kontrollfunktion und die Meinungsbildung angeht. Ich frage Sie jetzt zur Weimarer Republik:Würden Sie sagen, dass in der Weimarer Republik die Probleme eher bei Parteizeitungen oder eher bei Herrn Hugenberg lagen?

(Beifall des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Meine Damen und Herren, diese Frage beantwortet sich von allein, ist aber keine Rechtfertigung dafür, dass wir heute statt Hugenbergs Parteipressen installieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

In der falschen Hand kann das dieselben Gefahrendimensionen annehmen wie das andere damals. Das ist eine Frage, die sich wirklich erübrigt. – Herr Hoff.

Herr Kollege Denzin, sind Sie bereit, den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion mitzuteilen – nachdem hier versucht wird, einen feingliedrigen Unterschied zwischen Geschäftsführer und Chefredakteur dieses Hamburger Szeneblattes zu machen –, dass Herr Fiedler, um den geht, nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Redakteur dieses Blattes war?

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Hoff, ich nehme die Information entgegen. Mir war es nicht geläufig. Es macht aber noch einiges deutlicher.

Herr Denzin, die Redezeit ist abgelaufen. Bitte kommen Sie zum Schluss.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist ein bisschen gemein!)

Aber, lieber Präsident, ich hatte ein paar Zwischenfragen zusätzlich.

Die haben Sie zugelassen. Das war Ihr Risiko. Bitte, Ihr letzter Satz.

Nein, dann nehmen wir noch die Zwischenfrage von Herrn Schmitt.

(Heiterkeit und Beifall)

Das finde ich in Ordnung. Wir sind konsequent in der Inkonsequenz. – Herr Schmitt, bitte Ihre Zwischenfrage.

Herr Kollege Denzin,ich danke Ihnen für die Möglichkeit zur Zwischenfrage. Sie werden mir doch zustimmen, dass es zwei unterschiedliche Verträge gibt, wenn eine Person sowohl den Posten des Geschäftsführers als auch des Chefredakteurs ausübt: einen Vertrag, der sich auf die Verlagsleitung, auf die Geschäftsführung des Verlags bezieht, und den anderen, der das Redaktionsstatut betrifft und der journalistische Fragestellungen beinhaltet.

(Lachen bei der CDU – Minister Stefan Grüttner: Das ist vertraglich festgelegte Schizophrenie!)

Herr Schmitt, es gibt sicherlich zwei unterschiedliche Verträge. Das Thema ist nicht das Thema von Formalien, sondern ein inhaltliches Thema und ein Demokratiethema. Darum geht es uns.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Denzin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.Wir kommen dann zur Abstimmung.

Zur Geschäftsordnung, Herr Kahl, bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, bei der Beschlussempfehlung über Punkt 2 getrennt abzustimmen,damit das Plenum die Gelegenheit hat, auch über einen einstimmigen Beschluss des Innenausschusses zu votieren.

Dann komme ich zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU betreffend Beteiligungen von politischen Parteien an Printmedien. Wer Punkt 2 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Damit ist Punkt 2 der Beschlussempfehlung abgelehnt.

Wer der restlichen Beschlussempfehlung zustimmen will, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geschlossen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 45. – Herr Hahn.

Herr Präsident, ich wollte fragen, ob es in diesem Raum erlaubt ist, einen Kollegen „Schwarzgeld-Wagner“ zu

nennen, wie das Kollege Schmitt eben laut und deutlich zweimal hereingebrüllt hat.

(Unruhe)

Herr Hahn, ich habe das nicht gehört. Wir werden das Protokoll zur Kenntnis nehmen. Meine Kolleginnen haben es auch nicht gehört.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich habe es auch gehört! Er hat es wiederholt! – Lebhafte fortgesetzte Zurufe von der CDU: Fragen Sie ihn, ob er es gesagt hat! – Unruhe)

Das heißt, wir werden das Protokoll abwarten. – Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe. Ich warte das Protokoll ab. – Herr Gotthardt, bitte sehr.

Herr Präsident,ich möchte Sie bitten,den Abg.Schmitt zu fragen, ob er das eben zugerufen hat.