Protokoll der Sitzung vom 26.04.2005

Herr Abg. Dr. Jürgens, wie Sie wissen, führen die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland und die damit verbundene hohe Arbeitslosenzahl zu dem bekannten Anstieg der Zahl der Verbraucherinsolvenzen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das gibts doch gar nicht! Nein!)

Ich weiß, dass Sie das nicht gern hören. Aber es ist ein Fakt, der sich nicht nur in Hessen, sondern auch in allen anderen deutschen Bundesländern abzeichnet, dass die Zahl der Verbraucherinsolvenzen steigt, dass dies durch die hohe Arbeitslosigkeit bedingt ist und dass daher die Wartezeiten in den Schuldnerberatungsstellen länger werden, obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin engagiert versuchen, genauso viele Beratungen, und dies nach einer möglichst kurzen Frist, durchzuführen.

Zusatzfrage, Herr Abg. Dr. Jürgens.

Frau Ministerin, sind Sie nicht der Auffassung, dass das Absinken der Beratungskapazität aufgrund der „Operation düstere Zukunft“ wesentlich zu der Verlängerung der Wartezeiten beigetragen hat?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Sozialministerin.

Herr Abg. Dr. Jürgens, Sie wissen, dass keine einzige Beratungsstelle ihre Anerkennung nach der Einstellung der Landesförderung zurückgegeben hat.Das heißt,es wird in Hessen weiterhin eine Schuldnerberatung vor Ort durchgeführt; aber die Verbraucherinsolvenzen und die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt führen auch in Hessen dazu, dass ein erhöhter Beratungsbedarf vorhanden ist.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusatzfrage, Frau Kollegin Schulz-Asche.

Frau Ministerin, da Sie jetzt erneut den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gerade im Hinblick auf die Verarmung von Familien in Hessen erwähnt haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, durch einen eigenständigen Armuts- und Reichtumsbericht zu belegen, dass die Probleme in Hessen vor allem in der Arbeitslosigkeit liegen und nicht im Wegfall konkreter Beratungsleistungen als Auswirkungen der „Operation düstere Zukunft“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Sozialministerin.

Frau Kollegin Schulz-Asche,ich habe eben in der Antwort gerade nicht den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erwähnt, gehe aber gerne noch einmal darauf ein. Wir können genau an den Punkten ablesen, dass hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere hohe Langzeitarbeitslosigkeit, und Geringqualifizierung Jugendlicher dazu führen, dass Armut ansteigt. Das ist in Hessen nicht anders als in anderen Bundesländern.Dafür bedarf es keines eigenen Berichts, sondern der Vernetzung von Beratungsangeboten, die wir jetzt mit der Kommunalisierung sicherstellen. Das ist einer der wichtigen Schritte, um Beratung effektiv einzusetzen. Auf der anderen Seite ist das

Hauptaugenmerk, auf das wir auch in Zukunft alle Kraft verwenden müssen, die Fragen am Arbeitsmarkt zu klären.

Zusatzfrage, Herr Abg.Al-Wazir.

Frau Sozialministerin, fühlen Sie sich eigentlich als Sozialministerin?

Frau Sozialministerin.

Herr Abg.Al-Wazir, ja, und das mit großer Freude.

(Beifall bei der CDU)

Frage 387, Herr Abg. Rhein.

Ich frage die Landesregierung:

Wie beurteilt sie das Ergebnis der jährlichen Bürgerbefragung des Bürgeramts Statistik und Wahlen, die im Dezember 2004 von rund 1.600 repräsentativ ausgewählten Personen beantwortet wurde und nach der sich die Frankfurterinnen und Frankfurter in ihrer Stadt so sicher fühlen wie noch nie zuvor?

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Oh!)

Herr Minister des Innern und für Sport.

Herr Abg. Rhein, das ist ein sehr erfreulicher Befund.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das überrascht doch!)

Ich empfinde das als Bestätigung der gemeinsamen Anstrengungen des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt am Main zur inneren Sicherheit. Die Bedeutung dieser Sache kann man daran erkennen, dass noch weit in der Mitte der Neunzigerjahre die Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt die Kriminalität als das schwierigste und herausforderndste Problem benannt haben und über 50 % entsprechend votierten. Gleichzeitig war die Unzufriedenheit sehr groß. Das hat sich geändert, darüber kann man nur froh sein.

Wir sind auf dem richtigen Weg. Seit 1993 wird diese Befragung durchgeführt. Wenn Sie hinzunehmen, dass wir mittlerweile die höchste Aufklärungsquote haben, die es jemals gab – 53,9 % in Frankfurt am Main –, und wichtige Straftaten wie Raub- und Diebstahldelikte deutlich zu

rückgegangen sind, dann hat das auch Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Menschen.

Das ist ein gemeinsamer Erfolg der Polizei des Landes, der Stadtverwaltung und der Präventionsbemühungen. Bei der Gelegenheit bedanke ich mich bei all denjenigen, die das tun.Auf dem Weg werden wir fortfahren. Es kann eigentlich alle nur mit Freude erfüllen, wenn die größte Stadt in unserem Land eine so positive Wirkung in der inneren Sicherheit bei den Bürgerinnen und Bürgern erzielt.

Zusatzfrage, Herr Abg.Al-Wazir.

Herr Staatsminister, wir freuen uns, dass die Frankfurterinnen und Frankfurter sich sicherer fühlen. Aber haben Sie eine Erklärung dafür, warum sie sich sicherer fühlen, obwohl die Gewaltkriminalität in den letzten Jahren angestiegen ist?

Herr Staatsminister Bouffier.

Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich deshalb sicherer – das können Sie in der Studie nachlesen –, weil sie den Eindruck haben, dass gegen Kriminalität konsequent vorgegangen wird. Die gemeinsame Arbeitsgruppe, bestehend aus Polizei, Staatsanwaltschaft, Ausländerbehörde, schiebt konsequent Serientäter ab. Das war sehr erfolgreich. Wir haben von der Videoüberwachung bis zu breiten Präventionskonzepten das gesamte Thema der inneren Sicherheit in Kooperation mit der Stadt sehr gut entwickeln können.Das kriegen die Bürgerinnen und Bürger mit, und das ist gut so.

Man kann sich doch nur darüber freuen, wenn die Bürgerinnen und Bürger der größten Stadt in unserem Land sagen, sie fänden das gut. Dann könnte der Hessische Landtag dies auch gut finden. Das ist keine Frage, die entlang der Parteilinien geht.

(Beifall bei der CDU)

Zusatzfrage, Herr Al-Wazir.

Wir freuen uns auch darüber, dass die Frankfurterinnen und Frankfurter sich sicherer fühlen. Sie haben aber meine Frage nicht beantwortet. Wieso fühlen sie sich sicherer, obwohl die Gewaltkriminalität in Ihrer Amtszeit angestiegen ist, Herr Minister?

Herr Staatsminister Bouffier.

Das ist auch nur zum Teil richtig, die Raubkriminalität z. B. ist zurückgegangen. Es gibt immer atypische Bewegungen, es kommt auf den Gesamteindruck an – genauso wie ich jedes Jahr vortrage, dass wir bei der Kriminalstatistik die Gesamtheit im Blick behalten müssen. Sie wissen wie ich, in Frankfurt am Main gab es Zeiten, in denen man nicht darüber zu diskutieren brauchte.Die Menschen waren unzufrieden und hatten den Eindruck, dass Kriminalität nicht entschlossen bekämpft werde. Das hat sich geändert, und deshalb wird dies auch so fortgeführt.

Frage 388, Frau Kollegin Tesch.

Ich frage die Landesregierung:

Welchen Sachstand haben ihre Bemühungen zur Stärkung des Standorts Mittelhessen bezüglich der Nanotechnologie?

Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Frau Abg. Tesch, neben den landesweit bezogenen Maßnahmen, Veranstaltungen und Förderkonzepten – z. B. findet in diesem Jahr das zweite Nanotechnologieforum in Hessen statt – haben wir unsere Aktivitäten auf Mittelhessen und dort auf drei Punkte konzentriert.

Erstens gezielte Unterstützung von Veranstaltungen von Netzwerkpartnern. Hier unterstützen wir mit unserer neuen Aktionslinie „hessen-nanotech“ in Mittelhessen gezielt Informationsveranstaltungen, Beratungsaktivitäten mit so genannten Netzwerkpartnern, z. B. die Veranstaltung „Nanosurface“ am 19. Juli in Gießen, also noch vor den Sommerferien. Bei dieser Veranstaltung werden Fragen zur Nanotechnologie in der industriellen Oberflächentechnik im Mittelpunkt stehen.

Zweitens unterstützen wir die „Initiative Biotechnologie und Nanotechnologie“ in Mittelhessen, deren neuem Sprecher, Herr Prof. Hampp, Universität Marburg, wir ein konkretes Angebot zur Förderung der Initiative im Rahmen des Programms „Modell und Pilotprojekte“ gemacht haben.

Drittens haben wir den Geschäftsführern der Technologie- und Gründerzentren in Gießen und Marburg, also TIG und TZM, konkrete Angebote zur Förderung nanotechnologischer Projekte unterbreitet.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Tesch.

Gibt oder gab es einen Investor, der ein Kompetenzzentrum für Nanotechnologie unterstützen will oder wollte?