Protokoll der Sitzung vom 01.02.2011

Die Planfeststellungsbehörde strebt an, im dritten Quartal 2011 die Planfeststellungsbeschlüsse für beide Abschnitte zu erlassen. Derzeit werden vom Vorhabenträger auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dem Anhörungsverfahren ergänzende Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens vorgenommen. Wie nicht überraschend, betreffen diese unter anderem Auswirkungen auf die Erhaltungsziele von FFH-Gebieten und die Prüfung, ob entweder Vermeidungs- oder Kompensationsmaßnahmen notwendig sind.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass diese Prüfung seitens des Vorhabenträgers im Verlauf des Monats Februar, also in diesem Monat, abgeschlossen und anschließend in beiden Planfeststellungsverfahren ein Planänderungsantrag gestellt wird.

Zusatzfrage, Herr Abg. Quanz.

Herr Staatsminister, darf ich davon ausgehen, dass die Übernahme durch die Taskforce tatsächlich und nachweisbar eine Beschleunigung des Verfahrens gebracht hat, oder gibt es dafür keine signifikanten Hinweise?

Herr Minister Posch.

Ihre Frage kann ich mit einem eindeutigen Ja beantworten. Es ist immer wieder beklagt worden – ich will das nicht weiter bewerten –, dass wir nicht hinreichend schnell vorangekommen sind. Die Arbeit der Taskforce – wir haben ja mehr Personal eingesetzt, um gerade die Konfliktbereiche intensiver und genauer zu beurteilen und zu diskutieren – hat immerhin dazu geführt, dass wir mittlerweile ungefähr die Hälfte der Strecke planfestgestellt bzw. schon mit dem Bau begonnen haben. Ich glaube, das ist in erheblichem Umfang auf die Arbeit dieser Taskforce zurückzuführen.

Auch das Beispiel, das ich eben genannt habe, ist dafür kennzeichnend. Es hat sich im Anhörungsverfahren herausgestellt, dass wir uns hier in einem sehr, sehr sensiblen Bereich befinden. Sie kennen ja die Gegend. Die intensive Diskussion in der Taskforce hat dazu geführt, dass wir sehr schnell entsprechende Planänderungsanträge erwarten konnten. Das heißt, die Planfeststellungsbehörde schaltet sich nach dem Anhörungstermin unmittelbar in die Diskussion des Vorhabenträgers ein. Auf diese Art und Weise hoffen wir, dass wir Problemlösungen herbeiführen können. Ich bin eigentlich ziemlich sicher, dass das gelingt.

Wir müssen die Kriterien – das war mit Anlass für den Einsatz der Taskforce –, die uns das Bundesverwaltungsgericht gerade im Zusammenhang mit der A 44 vorgegeben hat, abarbeiten. Das wollen wir transparent machen, um jedwede Klagemöglichkeit zwar nicht auszuschließen, aber zumindest glaubhaft darzustellen, dass wir die Kriterien, die uns die Rechtssprechung, insbesondere in der letzten Entscheidung, vorgegeben hat, tatsächlich erfüllen.

Wir kommen zu Frage 403. Herr Abg. Honka.

Ich frage die Landesregierung:

Wie hat sich die „Gelbe Karte“ für jugendliche Straftäter in Hessen bisher bewährt?

Herr Innenminister Rhein.

Herr Abg. Honka, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Projekt „Gelbe Karte“ ist ein Baustein der Präventionsoffensive des Landes Hessen gegen Gewalt und Alkoholmissbrauch. Es zielt vor allem auf Jugendliche oder junge Erwachsene.

Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport ist nach einer Bewertung des Projekts „Gelbe Karte“ davon überzeugt, dass es geeignet ist, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verhindern und somit präventiv zu wirken. Dabei ist das Projekt „Gelbe Karte“ eine eigenständige Maßnahme, die die bisherigen umfangreichen Präventionsaktivitäten Hessens in den Bereichen Alkohol, Drogen und Gewalt unterstützt.

Es gibt, wie Sie vielleicht wissen, in Hessen zwei Pilotprojekte, eines in Wiesbaden und eines in Fulda. Statistisch stellen sich die beiden Pilotprojekte für den Zeitraum des jeweiligen Beginns bis zum 31. Dezember 2010 wie folgt dar.

In Wiesbaden geht es um den Projektzeitraum 1. April bis 31. Dezember 2010. Hier sind insgesamt 397 Mitteilungen der Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde Wiesbaden erfolgt. Davon haben 120 Personen zu der Altersgruppe 14 bis 21 Jahre gehört. 217 Informationsschreiben „Gelbe Karte“ wurden nach Eingang und Prüfung der polizeilichen Feststellungen von der Fahrerlaubnisbehörde Wiesbaden an die Betroffenen verschickt. 73 der Informationsschreiben betrafen den Personenkreis der 14- bis 21-Jährigen. 18 Betroffene sind bereits erneut polizeilich auffällig geworden. 12 dieser Betroffenen werden eine Aufforderung zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung erhalten, wenn sie bei der Fahrerlaubnisbehörde einen Führerschein-Antrag stellen. Bei vier Betroffenen hat die Fahrerlaubnisbehörde Begutachtungsmaßnahmen angeordnet. Zwei Betroffenen wurde für den Zuständigkeitsbereich der Fahrerlaubnisbehörde Wiesbaden die Fahrerlaubnis entzogen.

In Fulda hat das Projekt im Zeitraum 1. Juni bis 31. Dezember 2010 stattgefunden. Hier sind 489 Mitteilungen der Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde Fulda ergangen. 136 Personen gehörten der Altersgruppe der 14- bis 21Jährigen an. 101 Informationsschreiben „Gelbe Karte“ wurden nach Eingang und Prüfung der polizeilichen Feststellungen sowie nach einer strafrechtlichen Entscheidung durch das Gericht von der Fahrerlaubnisbehörde Fulda an die Betroffenen versandt. Hier betrafen 52 Informationsschreiben den Personenkreis zwischen 14 und 21 Jahren. Ein Betroffener ist bisher erneut polizeilich aufgefallen. Hier prüft die Fahrerlaubnisbehörde derzeit, ob es weitere Maßnahmen geben muss.

Aus meiner Sicht hat sich das Projekt „Gelbe Karte“ bewährt; denn es hat dazu geführt, dass sich die Fahrerlaubnisbehörden und die Polizei sehr viel intensiver mit ihren rechtlichen Instrumentarien auseinandersetzen. Diese haben nämlich auch bewirkt, dass sich die Zusammenarbeit verbessert hat.

Darüber hinaus – das ist der Hauptpunkt – lässt sich positiv feststellen, dass die Mehrheit der Betroffenen, denen eine solche Karte zugesandt worden ist, bisher polizeilich nicht mehr aufgefallen ist. Insoweit kann man sagen, die Pilotphase des Projekts „Gelbe Karte“ ist bislang positiv verlaufen.

Ich rufe als Nächstes die Frage 404 auf. Herr Abg. Dietz.

Ich frage die Landesregierung:

Wie beurteilt sie die Rückkehr der bedrohten Wildkatze in die hessischen Wälder?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Herr Abg. Dietz, nach erheblichen arealen Populationsverlusten im 19. und 20. Jahrhundert ist es der Wildkatze aus den verbliebenen Populationen heraus eigenständig gelungen, nachweislich viele der für sie geeigneten Lebensräume in Hessen wieder zu besiedeln.

(Beifall von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Wiederbesiedlung wurde zwar bereits seit langer Zeit vermutet; aufgrund der heimlichen Lebensweise der Wildkatze konnte jedoch erst im vergangenen Jahrzehnt mittels intensiver Forschungstätigkeiten dieses erfreuliche Ergebnis wissenschaftlich bestätigt werden. Wir bewerten also die Wiederansiedlung als sehr erfreulich und positiv.

Zusatzfrage, Herr Abg. Merz.

Ich frage die Landesregierung: Erfolgen die Zuwanderung eines Wolfs und der Zuflug eines amerikanischen Weißkopfseeadlers nach Gießen mit Wissen und Billigung oder gar auf Veranlassung der Hessischen Landesregierung?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist jetzt die Frage, ob der Herr Innenminister dafür zuständig ist.

(Heiterkeit)

Frau Ministerin, versuchen Sie es bitte.

Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen versichern, dass sich weder der Wolf noch der Weißkopfseeadler aufgrund einer besonderen Einladung der Hessischen Landesregierung hier befindet.

Es gibt keine weiteren Fragen dazu, wunderbar. – Dann kommen wir zu der Frage 405. Herr Abg. Gremmels.

Ich frage die Landesregierung:

Wie steht sie zu Überlegungen von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, dass künftige Starkstromleitungen auch gegen den Willen der Konzerne unterirdisch verlegt werden müssen, wenn Genehmigungsbehörden dies verlangen?

Herr Staatsminister Posch.

Herr Kollege Gremmels, das sind nicht nur Überlegungen. Vielmehr ist das, was Sie in Ihrer Anfrage zum Ausdruck bringen, in Form einer Änderung des Energieleitungsausbaugesetzes bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens.

Ich halte die Lösung, die in dem Gesetzentwurf enthalten ist, nicht für richtig. Mit dem EnLAG wurden für 24 dringend notwendige Verbindungen Planungserleichterungen geschaffen. Danach können auf vier Pilotstrecken Erdkabel getestet werden, auch mit der Folge, dass die entsprechenden Mehrkosten, so sie denn anfallen, allen deutschen Verbrauchern auferlegt werden. Ob und wo Teststrecken errichtet werden, liegt nach meiner Auffassung primär in der Verantwortung der Netzbetreiber. Mit dem, was jetzt im EnLAG geändert werden soll, soll diese Verantwortung mit allen Folgen auf die zuständigen Landesbehörden übertragen werden.

Das halte ich für problematisch; denn es widerspricht dem System des Planungsrechts und dem Baurecht. Mit dem Antrag, den ich genehmigt bekomme, erhalte ich ein Baurecht, habe aber prinzipiell keine Baupflicht. Ich glaube auch, dass der Widerstand gegen Freileitungen außerhalb der Teststrecken dadurch wachsen könnte und die Realisierung der Leitungen im vorgegebenen Zeitkorridor nicht mehr möglich wäre.

Grundsätzlich sind wir aber, wenn der Vorhabenträger dazu in der Lage ist, nach wie vor daran interessiert, in Hessen Teststrecken zu betreiben, Forschung und Entwicklung weiter voranzubringen.

Herr Kollege Gremmels stellt eine Zusatzfrage.

Unterstützt die Hessische Landesregierung den Vorschlag des Niedersächsischen Ministerpräsidenten McAllister, „Erdkabel bei einem Abstand von weniger als 400 m zur Wohnbebauung vorzuschreiben“? – Das Zitat stammt aus der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen Zeitung“ vom 13. Januar 2011.

Herr Minister Posch.

Diese 400-m-Regelung ist bereits im Energieleitungsausbaugesetz enthalten. Sie ist somit Gegenstand der Prüfung in den jeweiligen Verfahren nach dem Energieleitungsausbaugesetz.

Dabei wird etwas manchmal übersehen. Nachfolgend gibt es noch das Planfeststellungsverfahren nach dem Energiewirtschaftsrecht.

Eine so pauschale Aussage, wie Herr McAllister sie möglicherweise gemacht hat, kann ich so nicht treffen. Denn das ist im jeweiligen Verfahren zu entscheiden.

Herr Abg. Franz stellt eine Zusatzfrage.

Herr Minister Posch, Sie hatten eingangs erwähnt, dass diese Änderung, die der Bundestag beschlossen hat, nicht unbedingt Ihre Zustimmung findet. Jetzt geht das in den Bundesrat. Wie wird die Landesregierung im Bundesrat zu dieser Gesetzesinitiative und der bisherigen Beschlusslage Stellung nehmen?

Herr Staatsminister Posch.

An meiner Position wird sich nichts ändern. Ich halte das Gesetzesvorhaben, so wie es jetzt angelegt ist, aus rechtssystematischen Gründen für verkehrt. Das wird nichts an der Tatsache ändern, dass wir uns gesetzeskonform verhalten und es anwenden werden.