Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Umsatzsteigerung prognostiziert. Das sind Arbeitsplätze pur, die uns dort verloren gehen.

Nun zu den Sonntagen. Vier Sonntage sind eine mögliche Maximalregelung. Nach üblicher Genehmigungspraxis beschränkt man die Freigabe auf die Zeit außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes. Selbstverständlich hat die verfassungsrechtliche institutionelle Garantie der Sonn- und Feiertage einen hohen Stellenwert. Es gilt, sie zu achten und zu schützen. Begründete Ausnahmen zugunsten anderer Belange sind nur im Ausnahmefall zulässig, aber auch anerkannt.

Was wir wollen, ist eine Reform zur Normalität und keine Revolution. Eine generelle Freigabe der Sonntage wird es mit uns nicht geben. Im Übrigen sehe ich in unserem Vorhaben eine Übergangslösung zur nächsten Reform des Ladenschlussgesetzes auf der Bundesebene. Sollte diese zu mehr Flexibilität in den Abendstunden in der Woche führen, benötigen wir die vier Sonntage nicht mehr.

Einen mehr theoretischen Haken haben die Öffnungen an Sonntagen, weil am Samstag davor um 14 Uhr Ladenschluss sein soll. In Berlin hat der Senat auch diese Entscheidung den Bezirken überlassen. Zum Beispiel lässt der Bezirk Lichtenberg erst um 16 Uhr, also normal, oder sogar noch später schließen.

(Uwe Grund SPD: Gesetzeswidrig!)

In der bereits begonnenen Debatte ist zu spüren, dass die sechs längeren Samstage unstreitig sind. Im vergangenen Jahr gab es allerdings zwei Freigaben, zum Hafengeburtstag und zum Alstervergnügen, und das war es. Nach unserem Vorschlag soll der Senat auch weiterhin über zwei Samstage entscheiden. Die übrigen vier Tage gehen an die Bezirke zur Genehmigung, also auch ein weiteres Stück Kommunalisierung.

Gleichwohl möchten wir eine Abstimmung zwischen dem Senat und den Bezirken, und zwar unter der Federführung der Behörde für Wirtschaft und Arbeit. Sie soll in Zusammenarbeit mit den Bezirken die Zahl der Sonntagsöffnungen auf Einzelfälle beschränken und koordinieren.

Meine Damen und Herren! Über Details möchten wir uns mit Ihnen im Wirtschaftsausschuss verständigen. Deshalb werden wir auch dem Überweisungsantrag zustimmen. Nicht zuletzt ist festzuhalten: Hamburg braucht ein Metropolenmodell für den Ladenschluss. Hamburg muss den Negativtrend im Handel umkehren. Hamburg muss die Arbeitsplätze im Einzelhandel sichern und ausbauen. Nur so kann Hamburg im Übrigen auch den Verbrauchern entgegenkommen und nicht zuletzt wird Hamburg so weltoffener und attraktiver. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Egloff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Ladenöffnungszeiten beschäftigt den politischen Raum schon seit geraumer Zeit. In den letzten Jahren ist das auch vielfach Thema in der Bürgerschaft gewesen, wie man den verschiedenen Drucksachen der Bürgerschaft und den Ausschussberichten entnehmen kann.

Dem Antrag, der heute vorgelegt worden ist, und auch dem Wortbeitrag von Dr. Mattner kann man entnehmen, dass es

in den letzten Jahren, was die Öffnungszeiten an nicht normalen Tagen angeht, einen gewissen Wildwuchs in den Bezirken gegeben hat. Es hat in den Bezirken immer wieder Diskussionen gegeben, warum in dem einen Bezirk nicht geöffnet wurde, während in dem anderen Bezirk zu bestimmten Anlässen geöffnet worden ist. Unseres Erachtens verhindert aber dieser Antrag, der heute vorgelegt worden ist, gerade diesen Wildwuchs nicht, weil hier verlangt wird, Entscheidungen auf die Bezirke zu übertragen.

Auch wenn von Herrn Dr. Mattner gesagt worden ist, dass der Senat eine steuernde Funktion erhalten soll, ist es nach diesem Antrag, wie er hier im Moment vorliegt, theoretisch möglich, an 28 Tagen in dieser Stadt die Öffnung an den Wochenenden herbeizuführen. Das ist eine Sache, die wir in dieser Form ablehnen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sollten uns davor hüten, meine Damen und Herren, hier in eine unsinnige Konkurrenz der Bezirke zu treten und dass die einzelnen Einkaufszentren in den Bezirken auf die Bezirksverwaltungen und die Bezirksversammlungen entsprechenden Druck ausüben nach dem Motto, in dem Bezirk ist es möglich, warum bei uns nicht?

Ich denke, dass die Diskussion in der letzten Zeit immer hin und her gegangen ist. Wenn man sich die Anträge anschaut, die in der letzten Legislaturperiode zweimal von der CDU vorgelegt worden sind, dann ist es so gewesen, dass 1998 gefordert wurde, die Zahl der Sonntagsöffnungen auf Einzelfälle zu beschränken. Im Jahr 1999 hat dann die CDU mit der Drucksache 16/3164 einen Antrag vorgelegt, in dem es heißt:

„das Schließungsgebot an Sonn- und Feiertagen beizubehalten“.

Das ist etwas anderes als das, was wir heute in diesem Antrag sehen. Ich frage mich, womit dieses begründet wird. Herr Dr. Mattner, die Begründung, dass dieses in Berlin möglich ist und dass wir als Metropole in Konkurrenz zu Berlin stehen, zieht meines Erachtens nicht.

Der Antrag weist auch darauf hin, dass 22 Prozent der Beschäftigten in dieser Stadt im Handel tätig sind.

(Uwe Grund SPD: Das ist einschließlich Großhan- del!)

Ich denke, die Interessen dieser Arbeitnehmer und auch die Interessen der Familien dieser Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen. Wenn sich dieser Senat auf die Fahnen geschrieben hat, besonders familienfreundlich zu sein, dann muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass dieser Sonntag für die Beschäftigten im Handel der Tag ist, an dem die Familien überhaupt nur die Chance haben, einmal zusammen zu sein. Ich denke, der Sonntag hat in dieser Stadt auch eine Berechtigung als Tag des Innehaltens. Deswegen stehen wir der Frage der Sonntagsöffnung sehr, sehr skeptisch gegenüber und sind auch nicht der Auffassung, dass dieses in dieser Form gemacht werden sollte.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Frage stellt sich auch hinsichtlich der Zahlen, die hier für den Einzelhandel genannt worden sind. Es gibt da immer wieder Untersuchungen, wie denn die Umsätze steigen würden. Die hat es auch gegeben, als es um die Öffnungszeiten abends ging. Da hat man nach kurzer Zeit festgestellt, dass die Konsumenten das gar nicht so annehmen. Die Geschäfte haben dann aus eigenem Interesse die Öffnungszeiten wieder reduziert, weil man auch

(Dr. Andreas Mattner CDU)

Personal vorhalten muss und auch Energiekosten und so weiter entstehen.

Der Punkt ist doch, dass die Bevölkerung nur einen gewissen Teil ihres Geldes ausgeben kann. Das wächst auch nicht ohne weiteres und das wird sich dann verteilen. Es ist mit Sicherheit auch nicht so, dass alle Leute nach Hamburg fahren, wenn dann an vielen Tagen in dieser Stadt in verschiedenen Bezirken an Sonntagen geöffnet ist. Sie werden es auch insbesondere dann nicht tun, wenn sie in den Einkaufszentren im Umland die gleichen Geschäfte und Filialisten haben wie in den Einkaufszentren in dieser Stadt und in der Innenstadt. Wenn hier über Mittelstandspolitik geredet wird, dann muss man vielleicht auch einmal an die kleinen Mittelständler denken, die noch selber hinter der Ladentheke stehen

(Erhard Pumm SPD: Ja, die werden kaputtge- macht!)

und denen es unmöglich ist, auf diese Art und Weise in Konkurrenz mit den Kaufhäusern und den großen Filialisten zu treten und ihnen standzuhalten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Von daher denke ich, dass es noch einen erheblichen Diskussionsbedarf gibt. Wir sind bereit, diese Diskussion im Wirtschaftsausschuss zu führen. Deswegen sollten wir beide Anträge überweisen und dann eine pragmatische Lösung finden, die dazu führt, dass einerseits den Interessen des Handels Genüge getan wird, andererseits aber auch den anderen Dingen, die ich genannt habe. Dazu zählen auch die Interessen der Arbeitnehmer und die Frage, welche Bedeutung der Sonntag für die Menschen in dieser Stadt und in diesem Land hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hardenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das deutsche Ladenschlussgesetz ist, was die Fülle der Bestimmungen anbetrifft, führend in der Welt. Basierend auf den Gutachten des Münchener Ifo-Institutes wurde es 1996 schon einmal liberalisiert. Aber es hat immer noch viele Engpässe, die der wirtschaftlichen Entwicklung einer Einkaufsstadt wie Hamburg entgegenstehen.

Das seit 1996 geltende Ladenschlussgesetz erlaubt den Verkauf an Werktagen von 6 bis 20 Uhr und an Samstagen bis 16 Uhr. Ausnahmen – auch sonntags – gelten in mehreren Bereichen. Zunächst einmal in Kur- und Badeorten, jedoch nur für bestimmte Branchen und Artikel. Generell dürfen die Gemeinden über insgesamt vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr entscheiden. Tankstellen dürfen alle Tage ganztags geöffnet haben. Aufgrund des Paragraphen 8 Absatz 2a des Ladenschlussgesetzes werden Landesregierungen ermächtigt, zur Versorgung der Berufspendler und der anderen Reisenden den Verkauf von Waren des täglichen Bedarfs in großen Bahnhöfen, in Städten mit mehr als 200000 Einwohnern werktags von 6 bis 22 Uhr zuzulassen.

Wie sieht nun der Verbraucher diese Veränderungen? Hierzu sagt das Ifo-Institut in seinem Bericht über die Auswirkungen der umstrittenen Liberalisierung von 1996, dass die Erweiterung der Ladenöffnung bis 20 Uhr an Werkta

gen und bis 16 Uhr an Samstagen von den Verbraucherinnen und Verbrauchern insbesondere an den wochenendnahen Tagen angenommen worden ist. Jüngere und berufstätige Verbraucher und Verbraucherinnen tun dies in besonderem Maße. Mehr als die Hälfte der Verbraucher berichtet über die wesentliche Erleichterung bei der Gestaltung der Freizeit. Ältere Verbraucher dagegen nehmen die verlängerten Öffnungszeiten allerdings nicht so gut an.

(Vizepräsident Peter Paul Müller übernimmt den Vorsitz.)

45 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher plädieren für die Abschaffung der gesetzlichen Ladenschlusszeiten von Montag bis Samstag. Nur noch 36 Prozent sprechen sich dagegen aus. Eines steht seitens des Einzelhandels fest: Die Ausweitung der Öffnungszeiten hat den öffnungsaktiven Geschäften Umsatzsteigerungen gebracht. Die Abend- und Samstagöffnung wurde als Indikator für Kundenaufgeschlossenheit bewertet. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels hat hierzu festgestellt, dass immerhin 86 Prozent des Handels die Lockerung des Ladenschlussgesetzes ausnutzt. Es ist vor allen Dingen zu einer positiven Auswirkung für die in Innenstädten ansässigen Betriebe sowie der gastronomischen und kulturellen Einrichtungen gekommen. Da Hamburg jetzt seitens der Koalition auf den besten Weg zu einer echten Metropole gebracht wird, gehören auch angepasste Ladenschlusszeiten dazu. Ausländische Gäste wundern sich sowieso über die nicht voll liberalisierten Ladenschlusszeiten, speziell hier in Hamburg. Zu einer Weltstadt mit einer neuen HafenCity und auf dem Weg zu Olympia gehören auch den Wünschen der Kunden angepasste Ladenöffnungszeiten. Abgesehen hiervon darf es nicht wieder zu Shuttle-Fahrten zum Einkaufen in benachbarte Einkaufszentren mit Sonntagsöffnungen kommen. Selbst die zusätzliche Öffnung an Sonntagen in einigen Städten der Metropolregion Hamburg hat zu einem für den Hamburger Handel negativen Kundenverhalten geführt. Kaufkraft, die in Hamburg erwirtschaftet wird, soll auch hier bleiben.

Noch ein Punkt obendrauf. Hamburgs Handel muss so attraktiv sein, dass Kaufkraft aus dem Umland nach Hamburg kommt.

(Erhard Pumm SPD: Die kommen sogar aus Däne- mark hierher!)

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, den Bezirken die Möglichkeit zu geben, flexibel bei Märkten, Messen und ähnlichen Veranstaltungen mit viermaliger Sonntagsöffnung zu reagieren. Dies gilt genauso für viermalige Samstagöffnungen bis 21 Uhr. Zwei Samstagöffnungen behält sich der Senat zur Entscheidung für überregionale Veranstaltungen vor. Durch diese vorsichtige Auslegung des Ladenschlussgesetzes zum Vorteil des Handels und der Kunden in unserer Weltstadt Hamburg kann ich mir vorstellen, dass der Antrag eine hohe Akzeptanz hat und dass wir noch einmal intensiv in dem Ausschuss darüber sprechen können. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir begrüßen die Entscheidung des Senats vom

(Ingo Egloff SPD)

Dienstag dieser Woche, dem Handel an drei Samstagen im Jahr verlängerte Öffnungszeiten zu ermöglichen. Insbesondere begrüßen wir aber auch, dass dies für ganz Hamburg gelten soll. Wir haben aber das Problem, dass hier darüber diskutiert wird, während der Senat schon entschieden hat. Dazu möchte ich kurz anmerken: Freundlich geht man mit dem Parlament in dieser Frage nicht um, zumal wir darüber in den Ausschüssen noch beraten wollen.

Wir sprechen uns allerdings – hier besteht bei der Einschätzung eine Differenz mit der Koalition – gegen eine Kompetenzverlagerung in die Bezirke aus. Kollege Egloff hat schon gesagt, dass wir potenziell 28 Tage hätten – entweder Samstage oder auch Sonntage –, an denen die Geschäfte geöffnet sein könnten. Ich bin der festen Überzeugung, dass das eher schädlich für die Einkaufsmetropole Hamburg ist. Sollen die Kunden von außerhalb bei Ihnen oder beim Bürgermeister im Rathaus anrufen, um zu erfahren, wo in Hamburg die Läden gerade geöffnet sind? Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg. Wir hoffen, dass wir Sie in den Ausschüssen davon überzeugen können, davon Abstand zu nehmen.

(Glocke)