- Nein, nicht bei Auftragsvergaben, sondern in der Weise, wie wir junge Menschen ausbilden. Dass wir nicht genug Ingenieure haben, ist ein Teil Ihrer verfehlten Wissenschaftspolitik.
Warum ist es mir so wichtig, dass Sie hier nicht dauernd unsere Wirtschaftspolitik und damit Hamburg ständig herunterreden? Ganz klar, 50 Prozent von der guten Wirtschaftspolitik werden natürlich in der Sache gemacht, aber 50 Prozent gehören zum Klima, was ganz wichtig ist. Daher bin ich dagegen, dass Sie ständig versuchen, die Wirtschaftspolitik des Senats herunterzureden, denn eine gute Wirtschaftspolitik führt zu Investitionen, Frau Dräger. Hierbei lagen Sie auch ein bisschen falsch. Es geht nicht um Nachholinvestitionen, sondern die Investitionen werden getätigt, weil das Klima des Wirtschaftens zu den Investitionen geführt hat. Daher fürchtet sich die Wirtschaft vor Rotgrün oder noch schlimmer vor Rotrot.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftswachstum hin oder her, in den ganzen Debatten der letzten anderthalb Jahre haben wir über eine Sache überhaupt noch nicht gesprochen, was aber dennoch ein wichtiges und wirtschaftspolitisches Thema ist. Das betrifft die Erwerbstätigkeit von Frauen und die Situation von Frauen in Führungspositionen. Nach dem vom Senat vorgelegten Bericht zum Monitoring "Wachsende Stadt" wird ganz
deutlich, dass Hamburg an dieser Stelle kontinuierlich seit Ihrer Regierungsübernahme hinterher hinkt.
Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sind wir Mittelmaß und im Vergleich zu den ostdeutschen Ländern hinken wir hinterher. Das gleiche gilt auch für Frauen in Führungspositionen. Hier liegen wir sehr deutlich zurück, obwohl wir eine Großstadt sind, obwohl wir angeblich so wirtschaftskräftig und toll mit Arbeitsplätzen ausgestattet sowie angeblich so familienfreundlich sind. Über den Bundesdurchschnitt von europäischen Standards will ich an dieser Stelle überhaupt nicht reden.
Solche Themen, die auch für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Hamburg wichtig sind, kommen bei Ihnen überhaupt nicht vor. Für Sie zählt nur Wachstum und noch einmal Wachstum, wofür Sie im Endeffekt eigentlich selbst gar nichts können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Uldall, Sie haben erklärt, dass "Hamburger Wirtschaft und Arbeitsplätze, Wachstum an Arbeitsplätzen" Ihr Lieblingsthema ist. Allerdings ist zu befürchten, dass die Themenbreite aus Ihrer Sicht etwas eng gefasst ist. Das Thema "Undokumentierte Arbeit" wird hier selten angesprochen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass nach Schätzung der Nordelbischen Kirche in Hamburg mehrere zehntausend Menschen ohne Papiere arbeiten. Sie arbeiten in Privathaushalten, auf dem Bau, in der Gastronomie und in vielen anderen Bereichen zu Löhnen von 2 Euro bis 4 Euro. Sie haben keinen ungefährdeten Zugang zur Krankenversorgung, Rechtsschutz vor Ausbeutung gibt es ebenfalls nicht und ihre Kinder haben keinen Zugang zur Bildung.
Der Senat ignoriert dieses Thema mit dem Hinweis, dass sie behördlich nicht erfasst sind und man daher auch nicht darüber reden kann. Das ist aus unserer Sicht nicht die Art und Weise, wie man mit diesem Thema umgehen sollte. Aber es wurde bereits mehrfach erwähnt und man kann es nicht oft genug sagen, dass der Senat über die Wirtschaftskonjunktur jubeln will. Aber wir sollten endlich darüber diskutieren, wie wir die Probleme in dieser Stadt lösen. - Vielen Dank.
Um Ihnen einige Innovationen zu bieten beziehungsweise Ihre Innovationslücke etwas zu füllen, werden wir gern weitere Vorschläge für aktuelle Debatten unterbreiten, damit Sie das nächste Mal ein neues Thema anmelden können, denn etwas haben Sie während Ihrer Lobeshymne völlig vernachlässigt. Welche Folgen hat denn das
Immerhin lebt fast jeder zehnte Hamburger inzwischen von SGB II– oder Transferleistungen. Und trotz Ihres großartigen Wirtschaftswachstums ist die Anzahl derjenigen Menschen, die von ihrer Arbeit nicht leben können, von 12.700 im Januar 2005 auf 27.000 im April 2007 gestiegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt viele Themen, über die dieses Parlament sprechen könnte, beispielsweise nicht nur über das Lieblingskind von Senator Uldall, sondern auch darüber, dass jedes vierte Kind in Hamburg in Armut lebt. Ein weiteres Thema ist der Zugang zur Bildung, der immer noch vom Geldbeutel der Eltern abhängt und diesen Kindern versperrt bleibt. Sie haben Nachteile, weil sie nicht die gleichen Chancen haben, wie die Kinder von Familien, die möglicherweise von einem imaginären Wirtschaftswachstum profitieren.
Wenn wir hier über Wirtschaft reden, dann sind Familien und Kinder auch ein Wirtschaftsfaktor. Stattdessen jubeln Sie Ihre Wirtschaftspolitik hoch. Jubeln ist alles, was Sie können.
(Zurufe von der SPD: Oh, oh! - Michael Neumann SPD: Sie machen grundsätzlich einen sehr trauri- gen Eindruck!)
Wir haben hier positive Zahlen für Hamburg zu verkünden und Sie ärgern sich darüber. Ehrlich gesagt, das gefällt mir überhaupt nicht.
Jeder einzelne Arbeitsplatz, der in Hamburg entstanden ist, und jedes bisschen mehr an Wirtschaftsleistung, ist aktive Sozialpolitik, denn alles, was wir an sozialen Dingen durchführen wollen, können wir nur finanzieren, wenn wir das letztendlich auch erwirtschaften. Alles andere ist Wunschdenken und Träumerei.
Sie werfen uns ständig vor, dass nicht genug auf Ihre Inhalte eingegangen wird. Hierauf kann ich nur entgegnen, dass ich von Ihnen gar nichts erfahren habe. Von uns erfahren Sie doch fortwährend, wie und wo es weitergeht, aber dann geht Ihnen das alles zu schnell. Das ist schon sehr merkwürdig.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat möchte heute mit uns über sein Wirtschaftswachstum reden. Aber ich bin der Meinung, dass es viele andere dringende Themen gibt, über die wir in diesem Parlament im Rahmen der Aktuellen Stunde sprechen müssen.
Beispielsweise, Herr Reinert, ist ein Thema die hohe Arbeitslosigkeit, und zwar die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit -
wenn Sie zuhören - bei Migrantinnen und Migranten. Wir sprechen inzwischen von 24 Prozent. Das ist fast dreimal so viel wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Die Zahl habe ich mir nicht ausgedacht, sondern Sie können das gern im Integrationskonzept nachlesen.
Bei den jugendlichen Migranten liegt die Zahl mit 27 Prozent noch höher. Trotz viel Aktionismus des Bürgermeisters und vieler Initiativen liegt die Ausbildungsbeteiligung nach wie vor immer noch zwischen 5 bis 7 Prozent. Darüber sollten wir diskutieren, weil ein Wirtschaftswachstum allen Menschen in dieser Stadt zugute kommen muss.