Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

- Nein, nicht bei Auftragsvergaben, sondern in der Weise, wie wir junge Menschen ausbilden. Dass wir nicht genug Ingenieure haben, ist ein Teil Ihrer verfehlten Wissenschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU)

Warum ist es mir so wichtig, dass Sie hier nicht dauernd unsere Wirtschaftspolitik und damit Hamburg ständig herunterreden? Ganz klar, 50 Prozent von der guten Wirtschaftspolitik werden natürlich in der Sache gemacht, aber 50 Prozent gehören zum Klima, was ganz wichtig ist. Daher bin ich dagegen, dass Sie ständig versuchen, die Wirtschaftspolitik des Senats herunterzureden, denn eine gute Wirtschaftspolitik führt zu Investitionen, Frau Dräger. Hierbei lagen Sie auch ein bisschen falsch. Es geht nicht um Nachholinvestitionen, sondern die Investitionen werden getätigt, weil das Klima des Wirtschaftens zu den Investitionen geführt hat. Daher fürchtet sich die Wirtschaft vor Rotgrün oder noch schlimmer vor Rotrot.

(Beifall bei der CDU)

Dann gebe ich das Wort der Abgeordneten Dr. Lappe.

(Ingo Egloff SPD: Jetzt kommt Sport ins Spiel!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftswachstum hin oder her, in den ganzen Debatten der letzten anderthalb Jahre haben wir über eine Sache überhaupt noch nicht gesprochen, was aber dennoch ein wichtiges und wirtschaftspolitisches Thema ist. Das betrifft die Erwerbstätigkeit von Frauen und die Situation von Frauen in Führungspositionen. Nach dem vom Senat vorgelegten Bericht zum Monitoring "Wachsende Stadt" wird ganz

deutlich, dass Hamburg an dieser Stelle kontinuierlich seit Ihrer Regierungsübernahme hinterher hinkt.

(Beifall bei der GAL und bei Petra Brinkmann SPD)

Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sind wir Mittelmaß und im Vergleich zu den ostdeutschen Ländern hinken wir hinterher. Das gleiche gilt auch für Frauen in Führungspositionen. Hier liegen wir sehr deutlich zurück, obwohl wir eine Großstadt sind, obwohl wir angeblich so wirtschaftskräftig und toll mit Arbeitsplätzen ausgestattet sowie angeblich so familienfreundlich sind. Über den Bundesdurchschnitt von europäischen Standards will ich an dieser Stelle überhaupt nicht reden.

Solche Themen, die auch für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Hamburg wichtig sind, kommen bei Ihnen überhaupt nicht vor. Für Sie zählt nur Wachstum und noch einmal Wachstum, wofür Sie im Endeffekt eigentlich selbst gar nichts können.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt bekommt das Wort die Abgeordnete Möller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Uldall, Sie haben erklärt, dass "Hamburger Wirtschaft und Arbeitsplätze, Wachstum an Arbeitsplätzen" Ihr Lieblingsthema ist. Allerdings ist zu befürchten, dass die Themenbreite aus Ihrer Sicht etwas eng gefasst ist. Das Thema "Undokumentierte Arbeit" wird hier selten angesprochen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass nach Schätzung der Nordelbischen Kirche in Hamburg mehrere zehntausend Menschen ohne Papiere arbeiten. Sie arbeiten in Privathaushalten, auf dem Bau, in der Gastronomie und in vielen anderen Bereichen zu Löhnen von 2 Euro bis 4 Euro. Sie haben keinen ungefährdeten Zugang zur Krankenversorgung, Rechtsschutz vor Ausbeutung gibt es ebenfalls nicht und ihre Kinder haben keinen Zugang zur Bildung.

Der Senat ignoriert dieses Thema mit dem Hinweis, dass sie behördlich nicht erfasst sind und man daher auch nicht darüber reden kann. Das ist aus unserer Sicht nicht die Art und Weise, wie man mit diesem Thema umgehen sollte. Aber es wurde bereits mehrfach erwähnt und man kann es nicht oft genug sagen, dass der Senat über die Wirtschaftskonjunktur jubeln will. Aber wir sollten endlich darüber diskutieren, wie wir die Probleme in dieser Stadt lösen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Köncke.

Herr Mattner, Sie wollten Fakten, aber geboten haben Sie uns wieder Luftblasen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Um Ihnen einige Innovationen zu bieten beziehungsweise Ihre Innovationslücke etwas zu füllen, werden wir gern weitere Vorschläge für aktuelle Debatten unterbreiten, damit Sie das nächste Mal ein neues Thema anmelden können, denn etwas haben Sie während Ihrer Lobeshymne völlig vernachlässigt. Welche Folgen hat denn das

Wirtschaftswachstum tatsächlich für die Bevölkerung, für die Menschen in dieser Stadt?

(Michael Fuchs CDU: Richtig!)

Immerhin lebt fast jeder zehnte Hamburger inzwischen von SGB II– oder Transferleistungen. Und trotz Ihres großartigen Wirtschaftswachstums ist die Anzahl derjenigen Menschen, die von ihrer Arbeit nicht leben können, von 12.700 im Januar 2005 auf 27.000 im April 2007 gestiegen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Alsdann rufe ich die Abgeordnete Blömeke auf.

(Ingo Egloff SPD: Es ist Frauenpower heute!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt viele Themen, über die dieses Parlament sprechen könnte, beispielsweise nicht nur über das Lieblingskind von Senator Uldall, sondern auch darüber, dass jedes vierte Kind in Hamburg in Armut lebt. Ein weiteres Thema ist der Zugang zur Bildung, der immer noch vom Geldbeutel der Eltern abhängt und diesen Kindern versperrt bleibt. Sie haben Nachteile, weil sie nicht die gleichen Chancen haben, wie die Kinder von Familien, die möglicherweise von einem imaginären Wirtschaftswachstum profitieren.

Wenn wir hier über Wirtschaft reden, dann sind Familien und Kinder auch ein Wirtschaftsfaktor. Stattdessen jubeln Sie Ihre Wirtschaftspolitik hoch. Jubeln ist alles, was Sie können.

(Bernd Reinert CDU: Nein, wir handeln auch, und zwar erfolgreich!)

Aber jedes vierte Kind in Armut vernachlässigen Sie.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Dann bekommt das Wort der Abgeordnete von Frankenberg.

(Unruhe im Hause - Glocke)

Herr von Frankenberg ist der einzige, dem ich das Wort erteilt habe, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie hinterlassen bei mir einen etwas traurigen Eindruck.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh! - Michael Neumann SPD: Sie machen grundsätzlich einen sehr trauri- gen Eindruck!)

Wir haben hier positive Zahlen für Hamburg zu verkünden und Sie ärgern sich darüber. Ehrlich gesagt, das gefällt mir überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU)

Jeder einzelne Arbeitsplatz, der in Hamburg entstanden ist, und jedes bisschen mehr an Wirtschaftsleistung, ist aktive Sozialpolitik, denn alles, was wir an sozialen Dingen durchführen wollen, können wir nur finanzieren, wenn wir das letztendlich auch erwirtschaften. Alles andere ist Wunschdenken und Träumerei.

Sie werfen uns ständig vor, dass nicht genug auf Ihre Inhalte eingegangen wird. Hierauf kann ich nur entgegnen, dass ich von Ihnen gar nichts erfahren habe. Von uns erfahren Sie doch fortwährend, wie und wo es weitergeht, aber dann geht Ihnen das alles zu schnell. Das ist schon sehr merkwürdig.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Güclü.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat möchte heute mit uns über sein Wirtschaftswachstum reden. Aber ich bin der Meinung, dass es viele andere dringende Themen gibt, über die wir in diesem Parlament im Rahmen der Aktuellen Stunde sprechen müssen.

(Bernd Reinert CDU: Dann melden Sie die doch an!)

Beispielsweise, Herr Reinert, ist ein Thema die hohe Arbeitslosigkeit, und zwar die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit -

(Dr. Andreas Mattner CDU: Darüber haben wir doch gerade geredet!)

wenn Sie zuhören - bei Migrantinnen und Migranten. Wir sprechen inzwischen von 24 Prozent. Das ist fast dreimal so viel wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Die Zahl habe ich mir nicht ausgedacht, sondern Sie können das gern im Integrationskonzept nachlesen.

Bei den jugendlichen Migranten liegt die Zahl mit 27 Prozent noch höher. Trotz viel Aktionismus des Bürgermeisters und vieler Initiativen liegt die Ausbildungsbeteiligung nach wie vor immer noch zwischen 5 bis 7 Prozent. Darüber sollten wir diskutieren, weil ein Wirtschaftswachstum allen Menschen in dieser Stadt zugute kommen muss.