Letztendlich entscheidend für den Erfolg der Haushaltsmodernisierung wird es sein, ob sich die Verantwortungsträger in den Prozess einbringen. Die Bürgerschaft ergreift mit diesem interfraktionellen Antrag sichtbar die Initiative und wird dieses Thema regelmäßig im Haushaltsausschuss aufrufen, weswegen wir auch heute die nachträgliche Überweisung dieses Antrags beantragen werden. Wir appellieren an die Behördenleitungen, sich ebenfalls frühzeitig und intensiv in die Diskussion in ihren Behörden einzubringen. Haushaltsmodernisierung kann nur als Top-down-Prozess effektiv und effizient gelingen. Der Erfolg hängt an der Stringenz des Verfahrens, späte Änderungswünsche gefährden den Zeitplan. Alle müssen sich also ranhalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das neue Haushaltswesen beschäftigt das Parlament in etwa seit Dezember 2002. Damals hatte die CDU-/Schill-/FDP-Koalition gesagt, sie wolle ein kaufmännisches Rechnungswesen in Hamburg einführen. Es folgte die erste Konzernbilanz 2008 und seit 2009 die Begleitung durch einen Unterausschuss, eine sehr intensive Begleitung, und seitdem die Umstellung in mehreren Wellen. Das Ziel ist es, 2015 alle Haushalte umgestellt zu haben.
Der eine oder andere mag fragen, ob der Antrag ein Schritt zurück ist. Wir haben lange überlegt, was er ist. Durch den Prozess, den wir vollzogen haben, ist dieser Antrag, der Ihnen interfraktionell vorliegt, ein ganz wichtiger Schritt zur Seite. Das Parlament hat sich die Zeit genommen, nachdem Senator Frigge die Evaluation angestoßen hatte, genau hinzuschauen, ob das, was wir gerade haushalterisch tun, um unsere Steuerungsfähigkeit zu erhöhen, auch dazu führt, dass sie auch wirklich erhöht ist. Ein persönlicher Dank geht an die Kollegen aus den verschiedenen Fraktionen und an die Fachpolitiker, die uns Haushältern gesagt haben, liebe Freunde, es ist zwar toll, was ihr da alles macht, aber wir können keine vernünftigen Haushaltsberatungen führen, weil wir das nicht mehr verstehen, was auf dem Tisch liegt. Ein Dank an alle, die sich auch auf diese Art beteiligt haben,
Dann hatten wir einen ganz wichtigen Punkt in dem sehr konstruktiven Prozess mit Finanzbehörde und Senatskanzlei. Es ging um die Frage, ob wir ein drittes System aufmachen. Wir haben das alte System, die umgestellten Behörden und jetzt das, was mit der Weiterentwicklung von NHH gewollt ist. Haben wir dann drei verschiedene Haushaltsdarstellungsweisen? Hier habe ich viel über Parlaments- und Verwaltungspsychologie gelernt. Es gab eine spannende Diskussion in dieser Gruppe. Es wurde gesagt, Verwaltungspsychologie wäre, auch das Dritte zu machen und dann zu schauen, was eigentlich von diesen Dreien das Richtige ist. Da kam bei den Kollegen ein sehr wichtiges Innehalten. Bei dem neuen Haushaltswesen geht es für uns als Parlament darum, unsere Steuerungsfähigkeit zu erhöhen, durchaus auch mit dem Verlust des einen oder anderen Details bei den Produktgruppen. Dieser Antrag bringt sehr gut zum Ausdruck, dass die Parlamentspsychologie beim Abschließen von NHH Vorfahrt hat, denn beim Haushaltswesen ist der entscheidende Punkt, dass wir unsere Steuerungsfähigkeit erhöhen, und das bildet dieser Antrag sehr gut ab.
Kurz zum Inhalt, auch für die Kollegen, die dem nach wie vor ein bisschen skeptisch gegenüberstehen, weil alles anders ist als vorher. Wir haben es geschafft, die Fach- und Ressourcenverantwortung zu erhöhen. Wir haben eine deutlich höhere Übersichtlichkeit über Verwaltungs- und Personalkosten. Wir sind an einem Punkt, an dem aussagefähige Kennzahlen hermüssen. Diese sollen allerdings bitte mit den Fachausschüssen und Verwaltungen zusammen entwickelt werden. Wir haben die Zusage, dass das erfolgt, damit wir mindestens eine, am besten noch mehr wirkungsorientierte Kennzahlen bei diesem Steuerungspunkt haben, sodass wir technisch sehr gut vorangekommen sind und dem vorliegenden Antrag den richtigen Drall geben.
So kommen wir jetzt in die Phase, in der nach den abstrakten Diskussionen, die wir in den Haushaltsberatungen häufig hatten, der praktische Nutzen deutlich wird. Bisher hieß es immer, wenn wir etwas wissen wollten, das sei ein bisschen schwierig, die IT-Systeme der verschiedenen Verwaltungsinseln miteinander kompatibel zu bekommen. Das ist kein neues Problem, sondern hat sich über Jahre aufgebaut, weil jeder versucht hat, in seiner Behörde das beste System zu haben. Jetzt tritt ein wesentlicher Effekt schon ein, dass wir nämlich durch die Sanierung der IT-Landschaft der Stadt, die damit verbunden ist, ganz wesentlich weiter
kommen, was unsere Auskunftsfähigkeit und möglichkeit gegenüber dem Senat betrifft. Wir werden viele heute noch komplizierte Verfahren in naher Zukunft mit deutlich weniger Aufwand auf beiden Seiten abwickeln können und dabei noch einen höheren Output haben. Das ist für das Parlament eine sehr gute Entwicklung, und dieser leistet der Antrag erneut Vorschub.
Ich sehe, dass ein wenig Begeisterungsfähigkeit fürs neue Haushaltswesen da ist. Da sind wir nämlich an einem ganz wichtigen Punkt. An dieser Stelle geben wir ab. Jetzt ist es wichtig, dass die Ausschüsse zu ihren Kennzahlen kommen und dass das mit Leben gefüllt wird. Das, was bisher viele Fachleute mit Mühe erarbeitet und für alle verständlicher gemacht haben, füllen wir jetzt mit Leben. Mein großer Wunsch ist, dass wir im Zuge der demnächst wieder anstehenden Haushaltsberatungen als eines unserer Ziele nehmen, dass es uns gelingt, dieses NHH mit Leben zu füllen und unsere Steuerungsfähigkeit als Parlament zu erhalten. Da ist der Antrag ein sehr guter Schritt, deswegen stimmen wir ihm auch zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Antrag Neuausrichtung des Haushaltswesens geht eine gemeinsame Diskussion voraus, die ich lobend erwähnen möchte. Wir haben eine Einigkeit erzielt und in einer Art und Weise zusammengearbeitet, die ich sehr angemessen fand. Auch die engagierte Unterstützung von Senatsseite war hilfreich. Es war gut, dass wir uns damit intensiv befasst haben, denn es geht um eine ganze Menge, auch wenn einem das vielleicht nicht immer bewusst ist.
Es gibt eine große Tradition im Parlament, unser Budgetrecht als ein sehr wichtiges Recht so zu empfinden, dass wir genau darüber beschließen, wo Geld hinfließt. Das ist eine der mächtigsten Fragen, die wir alle zwei Jahre im Großen beschließen. Wenn man sich davon verabschieden will, sich darauf zu konzentrieren, wie der finanzielle Input ist, sich umstellen und sogar darauf verzichten will, genau zu beschreiben, wo das Geld hinfließt, weil wir stärker darüber diskutieren wollen, wie denn die Wirkung war, dann ist das eine ungeheure Umsteuerung, die wir ziemlich engagiert, wenn ich das mit der Bundesebene und anderen vergleiche, voranbringen. Weil das aber eine Veränderung unserer Steuerungskultur ist, ist es sehr gut, dass wir den bisherigen Stand des Haushaltswesens kritisch reflektiert haben und zu einer
wichtigen Änderung gekommen sind. Herr Quast, Sie haben das genau beschrieben, dass wir unsere Ermächtigungen, wo wir finanzielle Mittel in Form von Budgets hingeben, nicht mehr bezogen auf Aufgabebereiche differenziert sehen wollen – das wären ungefähr 80, wenn wir den gesamten Haushalt sehen –, sondern uns stärker an den sogenannten Produktgruppen, in der Summe 250, orientieren wollen. Das ist bei der Einführung und guten Verarbeitung unserer parlamentarischen Haushaltsberatungen eine richtige Entscheidung, auch wenn Sie denen, die bisher die Haushaltsmodernisierung auf der Verwaltungsseite vorangetrieben haben, noch einmal eine gewisse Umsteuerung und Neuorientierung abverlangt. Von daher halte ich die Gemeinsamkeit der parlamentarischen Diskussionen über alle Fraktionen hinweg für einen hohen Wert und bin froh, dass wir das gemeinsam angehen.
Dieser Antrag beinhaltet ausdrücklich die Aufforderung an den Senat, uns Vorschläge zu machen, wenn wir schon die zukünftige Budgetierung stärker eingrenzen, welche Deckungsnotwendigkeiten und vor allen Dingen -möglichkeiten er für notwendig erachtet, um den Haushalt effizient zu vollziehen. Dass wir uns auch selber damit genau befassen wollen, schlagen wir heute vor. Wir wollen in Zukunft auf Ebene der Produktgruppen ermächtigen, aber das sehr engmaschig weiter kontrollieren und uns im nächsten Frühjahr einer Diskussion stellen, ob wir dabei mehr Flexibilität zulassen wollen.
Die Weiterentwicklung des Haushaltswesens ist eine anspruchsvolle Aufgabe, und dieser Antrag legt eine gute Basis für die Arbeit im Vorfeld des nächsten Doppelhaushaltes. Wir werden noch zu beachten haben, wie wir mit dem neuen Haushaltswesen und der Anwendung der Schuldenbremse weiterkommen. Für heute will ich damit schließen, dass es vielleicht nicht nur ein frommer Wunsch, aber noch sehr offen ist, ob die Einigkeit, die wir bei der Neuausrichtung des Haushaltswesens Hamburg haben, vielleicht Vorbild sein könnte für eine Gemeinsamkeit, die wir hinsichtlich der Schuldenbremse in Hamburg erreichen können. Das ist ein vorweihnachtlicher Wunsch, und ich freue mich vor diesem Hintergrund insbesondere auf die gemeinsame Beratung der rechtlichen Änderungen unseres Haushaltswesens im nächsten Halbjahr. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das neue Haushaltswesen in Hamburg hatte im
Wesentlichen zwei Ziele, zum einen die Einführung einer ergebnisorientierten Steuerung und Budgetierung des Haushaltswesen, das heißt, Ausrichtung an Zielen und Wirkungen, Schaffung eines Produkthaushaltes und die Zusammenführung von fachlicher und finanzieller Verantwortung, zum anderen die Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens in Form der Doppik, auf dessen Basis bereits heute die Bilanz der FHH erstellt wird.
Ein Blick auf die Historie zeigt, dass diese Entwicklung nicht aus heiterem Himmel kommt. Wir haben schon seit Mitte der Neunzigerjahre das neue Steuerungsmodell, das eine dezentrale Ressourcenverwaltung, eine Outputorientierung und ein Kontraktmanagement vorsieht, und wir haben die Produktinformation, also die gelben Seiten in den Haushaltsplänen. Das NHH oder die strategische Neuausrichtung, die wir heute beschließen wollen, hat in der 17. Legislaturperiode vor ziemlich genau neun Jahren begonnen. Die FDP war damals dabei. Ich habe mir berichten lassen, dass es einiger Überzeugungsarbeit bedurfte, um die damaligen Koalitionspartner zu bewegen mitzumachen. Umso besser ist es, dass heute im Grundsatz eine überfraktionelle Einigkeit bei dem Thema herrscht.
Dann wurde das Projekt Doppik eingeführt. Später hat man dieses in die Linienorganisation der Finanzbehörde überführt. Das Problem, das sich heute zeigt, ist, dass die doppische Bilanz- und Ergebnisrechnung durch aufwendige Nebenrechnungen aus den kameralistischen Haushaltsdaten abgeleitet werden muss. Das kann kein Dauerzustand bleiben, da besteht Handlungsbedarf. Umso besser ist es, dass wir heute an einem Strang ziehen wollen.
Wir haben die Welle 0 zum 1. Januar 2010 gehabt, wo Justizbehörde und Polizei bereits umgestellt worden sind. Die Fachberatungen bei den Haushaltsberatungen haben gezeigt, dass es relativ schwierig ist, im parlamentarischen Betrieb eine nachvollziehbare, effektive Kontrolle der Verwaltung zu gewährleisten. Es ist nicht für jeden Abgeordneten zumutbar, zwischen zentralen Subbudgetbereichen, normalen Subbudgetbereichen, Subbudgetbereichsknoten und so weiter und so fort zu differenzieren. Damit tun sich offen gestanden schon die Fachpolitiker im Haushaltsausschuss nicht immer ganz leicht. Umso wichtiger ist es, dass wir weitermachen.
Ich möchte allerdings etwas Wasser in den vorweihnachtlichen Glühwein schütten. Wir als FDPFraktion haben uns mit am schwersten getan, von der "reinen Lehre" abzuweichen, die eigentlich einmal angedacht war. Gleichwohl entziehen wir uns nicht, die Praktikabilität in den Vordergrund zu bringen. Es wurde schon gesagt, dass das Königsrecht das Recht des Parlaments im Bereich des Haushalts ist und dass wir dort zu einer Lösung
Dass keine Salden mehr ermächtigt werden, sondern Konten, finden wir ein bisschen schwierig. Dass bei bestimmten Produktgruppen Verwendungsauflagen formuliert werden können, auch das ist eine Abweichung von der "reinen Lehre". Der Appell an uns alle ist wichtig, davon nicht zu extensiv Gebrauch zu machen. Das sollte wirklich die Ausnahme bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In der Abwägung tragen wir gleichwohl den vorliegenden Kompromiss mit und stimmen auch der nachträglichen Überweisung zu. Es ist schon gesagt worden, dass wir das als Prozess begreifen müssen. Das ist keine Sache, die heute ein Ende findet. Wir werden auch in den nächsten Jahren bei den Haushaltsberatungen weiter schauen müssen, wo Nachsteuerungsbedarfe sind. Da haben tatsächlich alle Fachpolitiker in den Fachausschüssen eine besondere Verantwortung, dem Haushaltsausschuss Feedback zu geben, damit wir das System sukzessive optimieren können. Wir stimmen daher gerne zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir uns dann und wann streiten und dann und wann so einheitlich und einvernehmlich einen Antrag machen. Ich will nicht die ganze Geschichte erzählen, das ist von meinen Vorgängern gemacht worden. Das gefällt mir sehr gut, das ist ein wichtiges Instrument für mehr Transparenz und unser einvernehmliches Vorhaben. Das sind richtige Schritte, die wir im Weiteren kritisch überprüfen müssen, auch weil wir viele Sachen noch nicht richtig verstanden haben; ich jedenfalls noch nicht und die meisten anderen im Parlament wohl auch nicht.
Wir werden uns darin weiterhin üben und dementsprechend nachjustieren. Von daher werden wir diesen Antrag unterstützen, auch die nachträgliche Überweisung finden wir gut. Auf die Inhalte werden wir uns jetzt nicht einigen, aber das ist auch heute nicht die Aufgabe.
Wer dem Interfraktionellen Antrag aus Drucksache 20/2363 seine Zustimmung geben möge, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.
Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? – Gegenprobe? – Enthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsbegehren stattgegeben.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf, Drucksache 20/1788 in ihrer Neufassung: Gemeinsamer Bericht des Verkehrsausschusses und des Stadtentwicklungsausschusses: Verlängerung des Altonaer A7-Deckels zwischen S-Bahn-Brücke und Behringstraße.