Protokoll der Sitzung vom 28.06.2017

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Um das auch einmal in Zahlen auszudrücken: Seit dem Jahr 2004 hat die SAGA GWG fast 22 000 Menschen aus dieser Gruppe mit Wohnraum versorgt. Auch f & w fördern und wohnen hat den Auftrag, ab diesem Jahr mindestens 200 Wohnungen jährlich für vordringlich Wohnungssuchende fertigzustellen. Auch unser Wohnungsbauprogramm mit zunächst 2 000 und ab dem Jahr 2017 3 000 öffentlich geförderten Wohnungen trägt zur Verbesserung dieser Situation bei. Unsere Wohnungsbaupolitik hat es doch überhaupt erst möglich gemacht, dass Menschen, die Wohnungen suchen und vordringlich Wohnungen suchen, überhaupt eine Chance haben, in Hamburg eine Wohnung zu bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Wie Sie sehen, ist eine Menge seit dem Jahr 2011 passiert, und wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Den Antrag betrachten wir

(Detlef Ehlebracht)

durch unser Handeln als erledigt und überflüssig und lehnen ihn deshalb ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Olaf Duge GRÜNE)

Frau Grunwaldt von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD entpuppt sich leider wieder einmal als eine Partei der vermeintlich einfachen Lösungen. Das alles läuft getreu dem Motto, man habe jetzt Unterkünfte und es kommen ja weniger Flüchtlinge hierher, also könne man doch die vordringlich Wohnungssuchenden dort hineinstecken. Dieser Pseudopragmatismus hat aber leider herzlich wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Wie mein Vorredner schon gesagt hat, ist der Unterbringungsbedarf im Bereich der Flüchtlinge keineswegs gesunken, und der Blick nach Syrien, glaube ich, zeigt auch, dass sich das in nächster Zeit nicht ändern wird und die Syrer in absehbarer Zeit nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Was mein Vorredner jedoch leider vergessen hat, ist, dass sich in der öffentlichrechtlichen Unterbringung derzeit 23 000 Flüchtlinge befinden und dass fast die Hälfte dieser Menschen inzwischen eine Wohnberechtigung besitzt. Leider stehen diesen Menschen aber keine Sozialwohnungen zur Verfügung. Das ist des Pudels Kern, hier müssen wir ansetzen.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem wird es eine Manifestierung der falschen rot-grünen Sonderregelung in Paragraf 246 Baugesetzbuch mit uns garantiert nicht geben. Wir bleiben dabei, dass die Flüchtlingsunterkünfte auf Grundlage von Perspektive Wohnen integrationsfeindliche Quartiere sind. Integration kann dort nicht gelingen. Daran ändert auch der AfD-Antrag nichts und deshalb lehnen wir diesen ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Engels von der GRÜNEN Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin und mein Vorredner haben schon angedeutet, dass dieser Antrag der AfD einiges an Fachlichkeit vermissen lässt und öffentliche Unterbringung, vordringlich Wohnungssuchende und Wohnungslosigkeit einfach komplett durcheinanderwirft. Insofern gibt es mehrere Probleme mit dem Antrag. Erstens: Es gibt zwar immer mehr Plätze für Flüchtlinge, die frei werden und teilweise auch abgebaut werden, aber immer in der Erstaufnahme; das wurde gerade schon angesprochen. In der Folgeunterbrin

gung werden dringend Plätze benötigt, unter anderem für die Überresidenten in der Erstaufnahme, für Menschen, die über den Familiennachzug nach Deutschland kommen, oder auch für Wohnungslose und Obdachlose, die in Hamburg in der öffentlichen Unterbringung bereits Plätze gefunden haben und denen noch mehr Plätze zur Verfügung gestellt werden sollen.

Das zweite Problem: Sie setzen Wohnungslose und vordringlich Wohnungssuchende einfach gleich. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Unterkünften sind häufig aber auch vordringlich Wohnungssuchende, aber nicht alle vordringlich Wohnungssuchenden brauchen einen Platz in der öffentlichen Unterbringung, weil sie gegebenenfalls über Wohnraum verfügen, dieser aber nicht geeignet ist, weil er zu klein ist oder weil sie im Frauenhaus leben und hinaus wollen in eine eigene Wohnung. Sie dürfen nicht vergessen, dass vordringlich Wohnungssuchende eine Wohnung suchen und keinen Platz in der öffentlichen Unterbringung. In dieser leben sie ja teilweise bereits und wollen diese verlassen. Deswegen ist es wichtig, den Wohnungsbau für spezielle Zielgruppen insbesondere zu stärken. Dazu hat mein Kollege, Herr Lohmann, ja auch schon einiges gesagt.

Ein weiteres Problem: Unterkünfte, die die Stadt mit der Ausnahmeregelung im Baugesetzbuch gebaut hat, befinden sich häufig an Standorten, wo dauerhafter Wohnungsbau nicht notwendig sinnvoll ist, es betrifft aber eine kleine Anzahl von Unterkünften. Wenn sie Erstaufnahmen waren, sind sie meistens nicht für die Folgeunterbringung und erst recht nicht für Wohnraum geeignet. Folgeunterbringungen haben nicht den Standard des normalen Wohnungsbaus, die Ausnahme bilden die Expressbauten. Hier sind wir bereits auf dem Wege der Umnutzung und Umsteuerung durch die Bürgerverträge und dazu ist so ein Antrag nicht nötig.

All das zeigt mir, dass die AfD sich bisher fachlich mit sozialem Wohnungsbau und Wohnungslosigkeit herzlich wenig auseinandergesetzt hat. Vielleicht würde es helfen, wenn Sie Ihre Ausschussbesetzung ändern und Herr Ehlebracht im Sozialausschuss die Debatten, die wir dort zu diesem Thema führen, mitbekommen würde. Aber ich sage es zum Abschluss noch einmal gern: Ziel ist es, die Menschen aus der Unterbringung heraus und in den regulären Wohnraum zu bringen. Daran arbeiten wir in Hamburg mit allen Kräften. Es geht aber nicht darum, vordringlich Wohnungssuchende in ehemaligen Erstunterkünften unterzubringen; das ist nicht Inhalt unserer Politik. In diesem Sinne plädiere ich für Ablehnung dieses Antrages. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Uwe Lohmann)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun das Wort.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich finde, die AfD ist in ihrem Antrag einmal wieder an Scheinheiligkeit und Ahnungslosigkeit nicht zu übertreffen. Sie versuchen sich ein soziales Mäntelchen umzuhängen, indem Sie so tun, als wollten Sie für bestimmte Bevölkerungsgruppen etwas machen. Sie brauchen nur einmal Ihre Überschrift zu lesen. Es geht um vordringlich Wohnungssuchende. Unter Wohnung verstehen zwei Drittel dieses Hauses eine Wohnung mit einer Küche, vielleicht einem Bad, einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer. Sie schlagen uns vor, dass wir die Erstunterbringungen zu Wohnungen machen. Nein, das kann und darf nicht Ziel der Politik sein. Es ist auch nicht die Politik von Rot-Grün und nie im Leben von linker Politik, vordringlich Wohnungssuchende in großen Erstunterbringungen unterzubringen. Das ist die Scheinheiligkeit.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Und die Ahnungslosigkeit haben Sie, Herr Ehlebracht, in Ihrem Beitrag auch schon dargestellt. Sie haben angefangen mit Eigenheim. Sie versuchten darzustellen, dass Ihre Anträge nie überwiesen werden. Warum soll ich einen Antrag an einen Ausschuss zu einer fachlichen Debatte überweisen, wenn Sie noch nicht einmal den Anschein erwecken, fachlich zu wissen, worüber Sie reden?

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Aber was stimmt, und das haben Sie nicht gesagt, weil Sie es nicht wissen, ist, dass es in Hamburg für vordringlich Wohnungssuchende wirklich schwierig ist, eine Wohnung zu finden. In der Senatsantwort auf unsere Große Anfrage werden leider erschreckende Zahlen genannt. Über 8 000 Haushalte in Hamburg sind vordringlich wohnungssuchend, die im Jahr 2015 und auch im Jahr 2016 nicht versorgt werden konnten. Das ist das Problem, das wir angehen müssen. Rot-Grün muss endlich erkennen, dass ihr Programm, das ursprünglich vorsah, ein Drittel Sozialwohnungen zu bauen, mittlerweile nicht ausreicht. Wir müssen völlig andere Wege beschreiten, um günstige Wohnungen in Hamburg zu bauen. Dabei kann die AfD nie im Leben helfen, aber Rot-Grün kommt so auch nicht voran.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun bekommt Frau Dutschke von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Intention des Antrags, Flüchtlingsunterkünfte für vordringlich Wohnungssuchende, insbesondere für

Obdachlose, zu öffnen, ist nicht neu und entspricht den Forderungen, die wir bereits 2015 erhoben haben, aber man muss auch klar differenzieren. Die leeren Container, über die Sie reden, sind nicht die Unterkünfte, die auf Basis von Paragraf 246 Baugesetzbuch, dem Paragrafen, den Sie ändern wollen, gebaut werden.

(Beifall bei der FDP)

Unter diesem Aspekt muss man in der Tat sagen: Lassen Sie uns doch einmal im Ausschuss diskutieren, welche Möglichkeiten wir haben, welche Standorte wir für Container-Unterkünfte für Obdachlose haben. Das ist nämlich rechtlich durchaus auch ein Weg, den man in Hamburg gehen kann, wenn man das an vertretbaren Standorten möchte.

Jetzt spreche ich aber zum Antrag. Er beschäftigt sich nicht mit den Containern, sondern mit etwas gänzlich anderem, nämlich mit der Frage, wie man Paragraf 246 weitergestaltet. Dazu muss ich Ihnen deutlich sagen, dass Bauen unter Zuhilfenahme des Paragrafen 246 Baugesetzbuch, insbesondere die Norm, die Sie mit Ihrem Antrag ergänzen wollen, die Aushebelung regulärer Bau- und Planungsregelungen bedeutet. Bauen auf Basis von Paragraf 246 Baugesetzbuch bedeutet Unterkünfte in Naturschutz- und Gewerbegebieten. Bauen auf Basis von Paragraf 246 heißt auch, Anwohnerrechte und Bürgerbeteiligung zu unterlaufen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Die eigenwillige Interpretation des Hamburger Senats bei der Auslegung von Paragraf 246 Absatz 14 hat erst Tor und Tür für Großunterkünfte wie am Mittleren Landweg geöffnet. Für uns ist diese Rechtsauslegung des Senats nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbar. Denn schon die zeitliche Befristung dieser Norm auf Ende 2019 macht deutlich, dass es dem Gesetzgeber um die Ermöglichung temporärer Provisorien ging und eben nicht um dauerhaften Wohnungsbau. Wir haben uns daher von Anfang an gegen den Wohnungsbau auf Basis von Paragraf 246 gewehrt.

Jetzt will aber die AfD, dass diese Norm auf vordringlich Wohnungssuchende ausgeweitet wird. Das ist der Knackpunkt, über den wir sprechen wollen. Denn selbst wenn man Ihnen unterstellt, dass Sie diese Norm nun zugunsten der Betroffenen und zugunsten einer Durchmischung ausweiten wollen, sind Sie auf dem Holzweg. Denn Sie durchmischen so zwar Ethnien, aber Sie durchmischen nicht nach sozialen Gesichtspunkten und damit lösen Sie nicht die Probleme, die mit Stadtvierteln einhergehen, in denen vorwiegend sozial Schwache leben. Die Fehler des Senats kann man nicht mehr im Reparaturbetrieb beheben, und die improvisierte Notstandsregelung der Bundesregie

rung im Paragraf 246 Baugesetzbuch ist nicht durch weitere Ausnahmen heilbar. Eine Ausweitung eben genau dieser Notstandsregelung wäre fatal und ist mit unserer Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar.

Der rasche Anstieg der Flüchtlingszahlen 2015 hat, denke ich zumindest, allen Verantwortlichen deutlich gemacht, dass unser Baurecht zu komplex ist, um flexibel auf solche Anforderungen zu reagieren. Statt weiterhin an Ausnahmeregularien herumzudoktern, müssen wir die Unzulänglichkeiten dieses Baugesetzbuches nachhaltig angehen und eine Entschlackung des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts vornehmen. Nur so lässt sich Bauen insgesamt und für alle Bevölkerungsgruppen beschleunigen. Vor diesem Hintergrund werden wir auch den AfD-Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache 21/9446 federführend an den Stadtentwicklungsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt und wir kommen zur Abstimmung in der Sache.

Wer möchte dem Antrag der AfD-Fraktion aus Drucksache 21/9446 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 21, Drucksache 21/9367: Bericht des Europaausschusses zum Thema "G20-Gipfeltreffen in Hamburg – ein inhaltlicher Ausblick unter Berücksichtigung der Einbeziehung der Zivilgesellschaft".

[Bericht des Europaausschusses zum Thema: "G20-Gipfeltreffen in Hamburg – ein inhaltlicher Ausblick unter Berücksichtigung der Einbeziehung der Zivilgesellschaft" (Selbstbefassungs- angelegenheit) – Drs 21/9367 –]

Wer wünscht dazu das Wort? – Frau Duden von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Folgende Frage muss erlaubt sein: Läuft es gut in der Welt? Kaum jemand würde Ja sagen. Kaum jemand würde bestreiten, dass auch die Regierungen der G20-Staaten ihren Anteil daran haben.

Darum ist es richtig, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mindestens 95 Prozent aller Demonstrantinnen und Demonstranten in Hamburg haben friedliche Absichten. Wer seit Tagen die Presse verfolgt, kann aber leicht zu der Einschätzung kommen, dass es eher umgekehrt sein wird. Protestcamps, angebliche Demoverbote, erwartete Randale bestimmen die Schlagzeilen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Einen Moment bitte. Es handelt sich um eine weitere interessante Debatte. Wenn Sie ihr nicht folgen mögen, gehen Sie doch bitte. – Frau Duden, Sie haben das Wort.