Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 13. Dezember 2016: "Kostenlose Ferienbetreuung von Kindern im SBG-II-Bezug" – Drs. 20/6981 – Drs 21/10990 –]

Dieser Tagesordnungspunkt, darauf hatte ich schon hingewiesen, ist von der GRÜNEN Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Die Uhr ist umgestellt. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. von Berg von der GRÜNEN Fraktion, Sie bekommen es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kennen Sie das Ferienloch, auch Ferieneffekt genannt? Wer jetzt glaubt, das habe etwas mit Erholung zu tun, den muss ich leider enttäuschen: Das hat nichts mit Erholung zu tun, sondern mit Vergessen. Studien haben nämlich bewiesen, dass Schülerinnen und Schüler,

(Peter Lorkowski)

egal aus welcher Familie, von welcher Herkunft, während der Schulzeit gemeinsam Lernzuwächse erreichen – das ist auch gut, das soll Schule ja auch bewirken. Und dann kommen die Ferien. Während die einen aus den Familien, die, wie wir immer sagen, bildungsnah sind, oder aus sozial höheren Schichten, also wohlhabenderen Familien, weiter Lernzuwächse erreichen, ist genau das Umgekehrte bei den Kindern der Fall, die in bildungsfernen Familien sind, in sozial schwächeren Schichten, in armen Familien. Dort beginnt nämlich das Vergessen. Dort ist nachgewiesen, dass eine Stagnation, nicht nur kein Zuwachs, sondern eben sozusagen ein Misswachsen, stattfindet. Dazu haben wir gesagt: Das ist für uns nicht tragbar.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir als Regierungsfraktionen stehen für Bildungsgerechtigkeit. Wir schauen auch auf Studien, wir wollen unsere Finanzierung auch evidenzbasiert machen. Wir haben gesagt: Aufgrund dieser Studien, die wir gesehen und gelesen haben, wollen wir die Ferienbetreuung finanzieren. Wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen mitteilen können, dass dieses Ferienangebot sehr gut angenommen wird. Wir haben um 91 Prozent Zuwachs.

Wir wollen den Bildungserfolg von der familiären Herkunft abkoppeln. Dabei sind wir mit dieser Ferienbetreuung auf einem guten Weg und ich freue mich, dass wir hier diese Debatte, wenn auch nur kurz, führen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Von der SPD-Fraktion bekommt nun Frau Duden das Wort.

Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! 91 Prozent Steigerung der Anmeldungen zur kostenlosen Ferienbetreuung gemessen am Stand August 2016 – ich denke, das ist ein sehr großer Erfolg, der deutlich macht, dass das für uns ein sehr großer Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit ist. Es war unser Ziel, dass gerade auch Kinder aus benachteiligten Familien in den Stadtteilen, in denen es den Leuten teilweise nicht so gut geht, die Chance bekommen, an diesem Ferienprogramm teilzunehmen. Das ist gelungen und deshalb, denke ich, ist es insgesamt eine gute und richtige Entscheidung gewesen, dass wir in den Haushaltsberatungen uns bereitgefunden haben, dafür Geld zur Verfügung zu stellen. Das ist Sozialpolitik, wie wir sie uns vorstellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von der CDU-Fraktion bekommt nun Frau Grunwaldt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zweifelsohne ist eine Steigerung der Teilnahme an der Ferienbetreuung um 91 Prozent der Kinder, die Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz erhalten, eine erhebliche Steigerung. Dennoch dürfen wir uns nicht darauf ausruhen, denn für eine echte Chancengerechtigkeit sollte unser Ziel doch eine Steigerung auf 91 Prozent sein.

7 354 Kinder, die Leistungen aus dem Bildungsund Teilhabepaket erhalten, sind für die Ferienbetreuung 2017/2018 angemeldet. Vergessen wir aber nicht, dass in Hamburg – jedenfalls war das so im Jahr 2015, aktuellere Zahlen liegen mir leider nicht vor – insgesamt circa 58 000 Kinder und Jugendliche berechtigt sind, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu erhalten und damit auch grundsätzlich einen Anspruch auf Ferienbetreuung haben. Vor diesem Hintergrund sind knapp über 7 000 Kinder, die eine Ferienbetreuung nutzen, plötzlich leider gar nicht mehr so viele. Nun weiß ich auch nicht genau, wer von diesen 58 000 tatsächlich Schülerinnen oder Schüler sind, aber wir können davon ausgehen, dass ein beträchtlicher Teil von ihnen zur Schule geht. Vergessen wir nicht, dass auch diejenigen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz anspruchsberechtigt sind. Diese sind auch seit dem Jahr 2015 sehr viel mehr geworden, als es 5 000 Kinder waren.

Wir alle wissen, wie wichtig trotzdem diese Ferienbetreuung ist. Für alle Kinder ist es wichtig, dass diese in Zukunft auch zur Verfügung steht, und deshalb sollte um noch mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerungen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun Frau Boeddinghaus das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich begrüßen auch wir diesen wichtigen sozialpolitischen Schritt in die richtige Richtung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir genau diese Forderungen vor drei Jahren in einem Antrag hatten. Damals haben leider noch alle Fraktionen dagegen gestimmt. Dazu sagen wir: Opposition wirkt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen aber auch, dass das BuT-Paket mindestens ein Dutzend von Leistungsarten hat, und wir wissen ja alle, dass 10 Euro nur einmal ausgegeben werden können. Von daher müssen wir natürlich weitergehen

(Zuruf von der CDU)

(Dr. Stefanie von Berg)

auf dem richtigen Weg, dass Hamburg – das wirklich gut umgeht mit dem BuT-Programm, das ist keine Frage – noch mehr an Mitteln drauflegt und dass man grundsätzlich natürlich auch bei der Bekämpfung von Armut ein anderes Konzept auflegen muss, das mit Mitteln auch aus dem Landeshaushalt gespeist werden muss. Es gibt noch viele Möglichkeiten, diese Kinder zu unterstützen. Aber nichtsdestotrotz ist das hier ein guter Meilenstein und daran werden wir gemeinsam anknüpfen. Und wenn es noch einmal drei Jahre dauert, wir bleiben dran. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Von der FDP-Fraktion bekommt Herr Oetzel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Staates, allen Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Denn nur wer an der sozialen Gemeinschaft teilhat, kann sich auch in ihr verwirklichen und erkennt ihren Wert. Jungen Menschen während der Ferienzeit ein Betreuungsangebot an den Schulen zu geben, ist vor diesem Hintergrund eine gute Idee. Die FDP-Fraktion hat den Antrag aus dem Dezember 2016 damals daher auch gern unterstützt. Wir freuen uns sehr über die hier schon mehrfach angesprochene Verdoppelung der Teilnehmerquote. Das ist wirklich ein schönes Ergebnis.

Trotzdem muss man sagen: Mehr als die Hälfte der berechtigten Kinder nutzt das Angebot noch immer nicht. Es wäre daher in der Folge sehr spannend zu erfahren – und dann noch einmal in die Tiefe zu gehen –, was die Gründe dafür sein könnten. Es kann natürlich auch eine gute und nachvollziehbare Entscheidung von Eltern sein, wenn sie sich sehr bewusst dafür entscheiden, ja, wir wollen in den Ferien lieber selbst etwas mit unseren Kindern machen. Das kann ja sein. Aber wenn es dann noch andere Barrieren gibt, die möglicherweise nicht finanzieller Art sind, dann sollten wir vielleicht auch noch einmal den Blick dahin wenden, warum andere Eltern dieses Angebot noch nicht nutzen. Möglicherweise tun sie das nicht, weil sie das einfach trotz der verschiedenen Informationsangebote immer noch nicht kennen oder weil sie geringe Erwartungen an die Qualität haben. Das mag ja sein, ich will das gar nicht beurteilen, ob das stimmt oder nicht; die Debatte will ich hier jetzt gar nicht aufmachen. Eventuell gibt es auch andere Barrieren, warum sie ihre Kinder dort nicht anmelden. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie es nicht können, weil ihnen die Werkzeuge dafür fehlen oder weil sie vielleicht auch nicht die Informationen haben, wie das mit so einer Anmeldung funktioniert. Hier gibt es meines Erachtens immer noch Potenzial.

Wir freuen uns also jetzt über diesen schönen Erfolg mit der Verdoppelung der Zahlen, wir dürfen aber auch nicht müde werden zu überlegen, wie wir es für die Zukunft schaffen, noch mehr junge Menschen an diesem sinnvollen Angebot teilhaben zu lassen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt bekommt Herr Dr. Körner von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank an die Präsidentin für die Unterrichtung, wie viele Kinder in Hamburg an der kostenlosen Ferienbetreuung von Kindern in SGB-II-Bezug teilgenommen haben. Während 2016 die teilnehmenden Kinder mit SGB-II-Bezug noch deutlich unterrepräsentiert waren, konnten die Teilnehmenden in den Folgejahren deutlich gesteigert werden. Das ist hier schon mehrfach betont worden und dies ist ein gutes Zeichen; das sehen wir ebenso. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 21/10990 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28, Drucksache 21/11036, Bericht des Europaausschusses: "Hamburg und Fair Trade" und Bürgerschaftliches Ersuchen vom 28. September 2016: "Fair Trade Stadt Hamburg weiter voranbringen".

[Bericht des Europaausschusses über das Thema "Hamburg und Fair Trade" (Selbstbefassungs- angelegenheit) sowie über die Drucksache 21/10010: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 28. September 2016: "Fair Trade Stadt Hamburg weiter voranbringen" – Drs. 21/5966 (Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft) – Drs 21/11036 –]

Auch dieser Tagesordnungspunkt ist von der GRÜNEN Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Wer wünscht hierzu das Wort? – Herr Gözay von der GRÜNEN Fraktion, Sie bekommen es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 2011

(Sabine Boeddinghaus)

nennt sich unsere Freie und Hansestadt Hamburg bereits Fair Trade Stadt. 2013 konnten wir unseren Anspruch auf diesen wichtigen Titel erneuern. Seitdem hat sich in Hamburg viel getan und der Hamburger Senat hat seinen Teil dazu beigetragen. Wenn man heute in Hamburg einkaufen geht, findet man Produkte für fairen Handel schon lange nicht mehr nur im Stadtzentrum, sondern in den Fachgeschäften vieler Viertel in dieser Stadt. Doch letztlich können wir mit dieser Entwicklung in einigen Vierteln unserer schönen Stadt stehenbleiben. Wenn Hamburg gerecht handeln will, müssen alle die Idee des Fair Trade verstehen und mitdenken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dr. Moni- ka Schaal SPD)

Hier gilt es in Zukunft, das Bewusstsein unserer zugezogenen Mitbürgerinnen und Mitbürger weiter zu schärfen. Viele unter ihnen kennen Fair Trade lediglich als ein Abstraktum, ein Label, das mit der eigenen Realität wenig zu tun hat. Dabei ist der faire Handel eine Bewegung, die für Migrantinnen und Migranten in doppelter Hinsicht Bedeutung hat: in der Heimatstadt Hamburg und im Herkunftsland. Hier setzen wir an und zeigen, dass seit den Anfängen von Jutebeuteln, Stickarbeiten und Kaffee bereits unzählige Produkte in Qualität und Preis wettbewerbsfähig fair gehandelt werden und täglich neue hinzukommen.

Warum zum Beispiel nicht einmal einen FairTrade-Döner?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen das Fair Trade aus Eimsbüttel und Altona, den fairen Handel aus Poppenbüttel und Winterhude zur Lingua franca aus Billstedt oder Wilhelmsburg machen. Hamburg ist Weltstadt und Hauptstadt des globalen Handels in Deutschland. Wenn wir auch Hauptstadt des fairen Handels werden wollen, muss es uns gelingen, alle Bevölkerungsgruppen einzubinden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dr. Moni- ka Schaal SPD)

Dann erst können wir sagen, dass wir unser Ziel in Hamburg erreicht haben. Als Abgeordneter setze ich mich daher seit geraumer Zeit in Stadtteilen mit hoher Migrantendichte für dieses Ziel ein. Ich darf Ihnen sagen, dass der Weg zu moralischer Fairness über den Geldbeutel der Menschen nicht einfach ist, aber er ist auf jeden Fall wert, beschritten zu werden. Diesen Weg gemeinsam zu beschreiten, bitte ich daher heute auch alle hier Anwesenden ausdrücklich. Dieser Weg ist kein Weg des politischen Statements, er ist ein Zeichen der Fairness in einer globalisierten Welt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Von der SPD-Fraktion bekommt nun Herr Dr. Stoberock das Wort.