Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

Abschließend noch ein Wort zum angesprochenen ElternKind-Zentrum in Rostock. Auch wir als SPD-Fraktion befürworten die Einrichtung eines solchen integrierten Zentrums ausdrücklich und halten dessen Einrichtung für sehr relevant für die Versorgung und Nachwuchsgewinnung in der Region, aber auch in unserem Bundesland. Entsprechende Vorbereitungen und Abstimmungen zur Errichtung dieses Eltern-Kind-Zentrums laufen bereits ganz engagiert. Ich bin da auch selber immer hinterher,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hinterher ist nicht gut.)

dass das gut vorangeht. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir das heute nicht noch mal beschließen müssen. Ich wünsche mir in der Tat auch, um noch mal den Bogen zu der Einigkeit am Anfang in der Analyse zu schlagen, ich wünsche mir, dass die Klärung der offenen Fragen hinsichtlich des Eltern-Kind-Zentrums nun sehr zügig über die Bühne geht und wir sehr bald mit der Realisierung beginnen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat sich mit diesem Antrag vielleicht an die falsche Adresse gewandt. Wenn ich irgendwas geregelt haben will, muss ich mich an den wenden, der die Macht hat. Die Macht scheint aber zumindest im Raum Anklam/Wolgast nicht mehr die Landesregierung zu haben und auch nicht die Sozialministerin, sondern die Universitätsmedizin Greifswald. Die Sozialministerin hat vor dieser Universitätsmedizin Greifswald bedingungslos kapituliert und hat in alles eingewilligt, was die Universität Greifwald gerne hätte. Das ist nicht nur meine Einschätzung, das konnten Sie auch im „Nordkurier“ nachlesen, der das in einem seltenen Augenblick von Klarheit auch mal so dargestellt hat.

Die Lage in Anklam/Wolgast ist jetzt so oder wird so sein, wenn in Wolgast, wie schon angesprochen wurde, die Kinderstation geschlossen ist, dass Sie zwar in Wolgast eine Notaufnahme haben, aber keine Kinderstation mehr, und in Anklam werden Sie eine Kinderstation haben, aber keine Notaufnahme, sodass Sie in ernsthaften Schwierigkeiten sind, wenn Sie in diesem Raum leben

und ein Kind einen medizinischen Notfall hat. Das ist nämlich in diesem großartigen Kompromiss, den die Sozialministerin so gefeiert hat, irgendwie überhaupt noch nicht geregelt. Da weiß man nicht, was man machen soll.

Medizinische Hilfe für Kinder hat ja drei Ebenen, einmal die unmittelbare Notfallhilfe, darüber die allgemeine Betreuung medizinischer Art und dann das, worum es in dem Antrag geht, die spezialisierte. Darüber kann man nachdenken, wenn die Grundlagen erst mal erfüllt sind, aber im Raum Anklam/Wolgast sind noch nicht mal diese Grundlagen vorhanden, weil man nicht weiß, was mit Kindern passieren soll, die dort einen medizinischen Notfall erleiden.

Die Interessen der Universitätsmedizin waren von Anfang an klar. Sie wollten es, als sie das Kreiskrankenhaus Wolgast – nur gegen den Widerstand der NPD-Fraktion im Kreistag Ostvorpommern – übernommen haben, von Anfang an beseitigen und die Patienten

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Träumen Sie weiter, Herr Andrejewski!)

zu sich ziehen. Das ist so gewesen, da können Sie im Protokoll nachlesen!

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ich bin auch im Kreistag.)

Nur die NPD-Abgeordneten in Ostvorpommern …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ich bin auch im Kreistag. Ich weiß das ganz genau.)

In Ostvorpommern? Das waren alte Zeiten!

(Patrick Dahlemann, SPD: Das ist immer noch das Gleiche.)

Das war schon vor vielen Jahren,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Jaja.)

da haben die NPD-Abgeordneten als Einzige dagegengestimmt.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Die Interessen der Universitätsmedizin Greifswald sind immer gewesen, das Krankenhaus Wolgast auszuschlachten und schließlich am besten zu beseitigen. Das haben sie jetzt erreicht, denn was jetzt übrig bleiben wird, nachdem nicht nur die Geburtenstation und die Kinderstation beseitigt werden, sondern auch die Frauenheilkunde, da bleibt dann noch – und das ist das Konzept – eine Kombination aus geriatrischem Krankenhaus und Notfallaufnahme übrig. Sehr exotisch, das wird nie im Leben funktionieren, das heißt, es ist nur eine Vorstufe der Beseitigung des Krankenhauses.

Die Interessen der Universitätsmedizin Greifswald waren zum Zweiten, in Anklam rauszukommen aus der Betreuung der Kinderstation, das war ihnen lästig. Das haben sie auch geschafft. Sie haben sich 100-prozentig durchgesetzt und die Sozialministerin ist zu Kreuze ge- krochen.

Ein Problem ist eben, wenn der Falsche die Macht hat, der ganz andere Interessen hat, als der Staat sie haben müsste als Vertreter der Allgemeinheit. Die Universitätsmedizin Greifswald sieht es nicht als ihre Aufgabe an, dass sie in der Fläche die Gesundheitsversorgung und speziell die von Kindern sicherzustellen hat. Das müsste aber der Staat machen, denn auch wenn die Geburtenzahlen zurückgehen, heißt das ja nicht, dass die Fläche schrumpft und dass alle irgendwann in der Wildnis, wo die Wölfe und Elche umherstreifen, in einem Ort konzentriert leben, sondern die Leute bleiben über die gleiche Fläche verstreut. Dann muss ich auch in der Fläche dafür sorgen, dass dort Gesundheitsversorgung vorhanden ist, und dazu brauche ich funktionsfähige Krankenhäuser in Anklam und Wolgast, und zwar beide mit Kinderstation und beide mit Notfallaufnahme. Das ist eine Basisfunktion des Staates.

Wenn der Staat sagt, das können wir nicht leisten, wir haben die Fachkräfte, das Geld und sonst was nicht, dann muss er halt einpacken und sagen, wir lösen unseren Staat auf, wir können das nicht, wir sind nicht mehr in der Lage, die Grundfunktionen eines Staates zu erfüllen. Außerdem steht das, was Sie da machen, im krassen Widerspruch zu Ihrer Ausländerpolitik. Sie sagen ja, Sie haben das Ei des Kolumbus gegen die demografische Katastrophe gefunden, indem Sie jugendliche Ausländer importieren und Familien mit Kindern. Dann haben Sie wieder Kinder in der Region, nach Ihrem Plan führt das ja quasi zur Wiederbevölkerung, und wenn Ihnen die deutschen Kinder schon egal sind, können Sie doch wohl die kostbaren ausländischen Kinder nicht ohne vernünftige Gesundheitsversorgung lassen. – Vielen Dank.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Widerwärtig, was Sie sagen.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Stramm von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Folgenden möchte ich auf einige Thesen eingehen, die in der Diskussion geäußert wurden. Die kinderärztliche Versorgung ist sehr gut. Die CDU, so die Abgeordnete Frau Maika FriemannJennert, macht schon alles mit ihrem Gesundheitsminister, und sie hat in ihrer Rede alle, aber auch alle Probleme der Versorgung wie das Gemüse in einen Suppentopf geworfen und einmal umgerührt.

Wenn man nur die Durchschnittszahlen betrachtet, kann man nämlich tatsächlich zu der Annahme kommen, dass die kinderärztliche Versorgung gut ist. Es gibt 164 niedergelassene Kinderärzte im Land, aber die gibt es in der Statistik. Wir alle kennen den Spruch: Im Durchschnitt war der Graben 60 Zentimeter tief, die Kuh ist trotzdem ersoffen.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wir wissen nicht erst seit der IGES-Studie, dass es in Mecklenburg-Vorpommern Regionen ohne Kinderärzte gibt und Eltern mit ihren Kindern einen langen Weg zum Kinderarzt in Kauf nehmen müssen. Eine wirklich gute medizinische Versorgung sieht eben anders aus. Aber mit unserem heutigen Antrag geht es uns nicht um die Versorgung durch niedergelassene Kinderärzte, so wie hier teilweise ausgeführt wurde,

(Andreas Butzki, SPD: Nee, im Gegenteil.)

sondern es geht um die Diagnose und Therapie von schwer und chronisch kranken Kindern, die durch spezialisierte Kinder- und Jugendmediziner und -medizinerinnen an dafür geeigneten Kinderkliniken erfolgen. So wichtig der Erhalt der Geburtenstationen in Anklam und Wolgast auch sein mag, leider geht es uns mit unserem heutigen Antrag nicht um diese Kliniken.

An einem Beispiel möchte ich aber trotzdem anführen, um was es uns tatsächlich geht: Ein Kind mit Mukoviszidose, das bedeutete vor circa 20 Jahren fortdauernde Lungenentzündung, Schleim, Luftnot und ein langsames Sterben. Durch die moderne, spezialisierte Kinder- und Jugendmedizin, immer bessere Medikamente, Lungen- und Bauchspeicheldrüsentransplantationen mit entsprechender spezialisierter Nachbehandlung gehen solche Kinder heute in eine normale Schule, machen eine Ausbildung, studieren, heiraten. – Ja, es handelt sich um eine Kleinstgruppe, glücklicherweise.

Wir haben in der Begründung unseres Antrages die Aussage der IGES-Studie angeführt, wonach etwa zehn Prozent aller kranken Kinder in Mecklenburg-Vorpommern eine spezialisierte Behandlung benötigen. Leider geht die Studie auf die spezialisierte Kinder- und Jugendmedizin in Mecklenburg-Vorpommern nicht weiter ein. Deshalb habe ich nachgerechnet, um die Nachfrage nach spezialisierter Kinder- und Jugendmedizin zu schätzen. Die Kinderkliniken im Land behandeln jährlich ohne Geburten etwa 33.100 Fälle. Zehn Prozent hiervon wären 3.310 Fälle, die einer spezialisierten Kinder- und Jugendmedizin bedürfen. Fachleute gehen von circa 5.000 Fällen jährlich aus. Zu der These, dass für die Fachkraftgewinnung die Einrichtungen zuständig sind, habe ich bereits in der Einführungsrede gesprochen.

Die Entscheidung der Trennung von Neonatologie, also der Behandlung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen, und der Kinder- und Jugendmedizin in Rostock, diese Entscheidung ist in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2006 erfolgt. Deshalb ist das eigentlich gar nichts völlig Neues, dass die Politik sich nicht einmischen könnte. Für die Trennung mögen im Übrigen damals gewichtige Gründe gesprochen haben, diese sind mir nicht bekannt und ich will sie auch gar nicht bewerten. Ich bin aber der Meinung, dass auch hier das Brechtzitat anzuwenden ist: „Wer A sagt, der muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.“ Wir sollten uns daher wegen der Vergangenheit nicht einer Korrektur verschließen und so bin ich nach der Rede der Sozialministerin vorsichtig optimistisch, das muss ich so sagen.

Heute befindet sich auf jeden Fall die Kindermedizin in Rostock im Abwärtsgang. Die Nachwuchsgewinnung stagniert, selbst Professuren können seit Jahren nicht mehr besetzt werden. Darunter leidet auch die Ausbildung und das wiederum beschädigt die künftige kindermedizinische Versorgung im gesamten Land, denn Greifswald kann die entstandenen Ausbildungsdefizite nicht kompensieren. Die von uns vorgeschlagene Lösung ist relativ einfach: Strukturell zusammenfügen, was inhaltlich zusammengehört, also die Trennung von Neonatologie am Klinikum Südstadt und der Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin aufheben. Den Gewinn davon hätten beide Einrichtungen, die Kinder und Jugendlichen im Einzugsgebiet und mittelfristig wäre es für das ganze Land von Nutzen.

Mit der Ertüchtigung des schwächsten Standortes für spezialisierte Kinder- und Jugendmedizin würde dieser

gesamte Unterbereich der Pädiatrie im Land zukunftsfest gemacht. Herr Barlen, ich weiß gar nicht, warum Sie unserem Antrag nicht zustimmen wollen. Sie haben doch selber gesagt, dass Sie die beiden Einrichtungen zusammenlegen wollen. Daher bitte ich Sie, stimmen Sie unserem Antrag doch zu und tragen Sie zur Problemlösung bei! – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Abgeordneten Herr Köster und Herr Petereit …

(Der Schriftführer Johannes Saalfeld wendet sich an die Vizepräsidentin.)

Genau, ich beende erst die Aussprache, bevor wir das andere bekannt geben. Also ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4648. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Zugestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD, dagegen gestimmt haben die SPD- und die CDUFraktion, es enthielt sich keiner. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4648 abgelehnt.

(Heinz Müller, SPD: Jaja, ist ja gut.)

Meine Damen und Herren, die Abgeordneten Herr Köster und Herr Petereit haben mit Schreiben vom 19. Novem- ber 2015 Einsprüche zu den Ordnungsmaßnahmen in der gestrigen Sitzung eingelegt. Da die Einsprüche noch in der heutigen Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen und zu beraten sind und der Ältestenrat gemäß Paragraf 100 unserer Geschäftsordnung hierzu eine Entscheidung herbeiführen muss, unterbreche ich die Sitzung an dieser Stelle und berufe jetzt den Ältestenrat ein. Die Sitzung ist für 15 Minuten unterbrochen. Wir treffen uns 3 Minuten vor halb zwölf wieder.

Unterbrechung: 11.11 Uhr

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Wiederbeginn: 11.27 Uhr

Meine Damen und Herren, die Abgeordneten Herr Köster und Herr Petereit haben fristgerecht Einspruch gegen die erteilten Ordnungsmaßnahmen in der 106. Sitzung des Landtages eingelegt. Gemäß Paragraf 100 unserer Geschäftsordnung ist der Einspruch auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung nach Eingang des Einspruchs zu setzen. Da dies heute der letzte Sitzungstag ist, beabsichtige ich, die Abstimmung über diese Einsprüche am Ende der heutigen Sitzung als Zusatztagesordnungspunkte 1 und 2 aufzurufen. Die erforderliche Beteiligung des Ältestenrates ist heute erfolgt. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Betriebliche Interessenvertretung in Mecklenburg-Vorpommern sichern und stärken, Drucksache 6/4650.