Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Ich rufe auf den Artikel 1 in der Fassung des Gesetzentwurfes.

Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3453 vor, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3453 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Artikel 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind der Arti- kel 2 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 6/3053 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/3053 bei gleichem Stimmverhalten angenommen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 3: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister des Landes MecklenburgVorpommern, Drucksache 6/3238.

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsi- denten und der Ministerinnen und Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/3238 –

In der 74. Sitzung des Landtages am 17. September 2014 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Heinz Müller.

Frau Präsidentin! Meine sehr ver- ehrten Damen und Herren! In der modernen Verwaltungswissenschaft herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass auf mittlerer und höherer Ebene ein Austausch von Personal zwischen staatlichen Verwaltungen, anderen Verwaltungen, der privaten Wirtschaft etwas Sinnvolles und etwas zu Befürwortendes, etwas zu Unterstützendes ist.

Es ist gut, wenn man in verschiedenen Sphären weiß, wie andere Sphären denken, wie sie ticken, wie man so

schön sagt, welche Regeln, welche Vorgehensweisen hier herrschen. Solange wir bis in die mittlere oder höhere Ebene gehen, ist dies völlig unstrittig. Sobald wir uns auf die oberste Ebene begeben, sobald wir, um jetzt über die Landesverwaltung zu reden, auf die Ebene von Staatssekretären und Ministern kommen, wird die Diskussion deutlich differenzierter.

Natürlich wird es allgemein begrüßt, wenn es der Politik gelingt, führende Köpfe, gute Köpfe aus der Wissenschaft, aus der Wirtschaft, aus anderen Bereichen für ein Spitzenamt in der Politik zu gewinnen. Aber wenn es dann um die Frage geht, wie es denn ist, wenn ein solcher Kopf zurückgehen will in seinen ursprünglichen Bereich, oder wenn jemand, der vielleicht in der Politik großgeworden ist, dann in die Wirtschaft wechseln will, dann wird die Diskussion wesentlich differenzierter.

Natürlich gibt es auch hier Aspekte, die dafür sprechen, einem solchen Wechsel zuzustimmen. Vor allen Dingen gibt es aber die Sorge und die Befürchtung, dass einzelne Unternehmen sich dadurch, dass sie einen ehemaligen Spitzenvertreter der Politik in ihren Reihen haben, dass diese Unternehmen sich einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen und ihre Mitbewerber, ihre Konkurrenten hier mit einem solchen Verfahren, mit einem billigen Trick, wie man so sagen könnte, austricksen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein solches Gewinnen von ungerechtfertigten Vorteilen darf natürlich nicht geschehen und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, nicht nur die Tatsache als solche darf nicht sein, es darf schon der Schein nicht entstehen, dass hier Einzelne sich einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen. Dieses ist, so denke ich, unstrittig.

Auf der anderen Seite müssen wir allerdings auch sehen, dass dieses nicht so einfach in einem Hauruckverfahren durchzusetzen ist. Die freie Berufswahl – und die freie Berufswahl gilt natürlich auch für jemanden, der bislang ein staatliches Amt ausgeübt hat – hat Verfassungsrang. Und wenn wir in einen solchen Verfassungsrang eingreifen wollen, dann müssen wir dafür natürlich sehr gute Gründe haben. Ein solcher Eingriff könnte theoretisch bis zu einem Berufsverbot führen, das hier ja niemand will, ein Berufsverbot zwar auf Zeit, aber immerhin ein Berufsverbot.

Machen wir das mal an einem Beispiel. Denken wir mal an einen Juristen, der bislang in seiner Kanzlei erfolgreich tätig war, der dann in die Politik geht, vielleicht sogar Staatssekretär oder Minister wird. Und wenn er sein Ministeramt, aus welchen Gründen auch immer, verliert, darf der dann in seiner Kanzlei nicht mehr in Fällen tätig sein, die mit seinem ministeriellen Handeln etwas zu tun haben. Das ist schon, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine schwierige Entscheidung. Ich glaube also, wir haben hier ein sehr diffiziles Problem vor uns, ein Problem, das einer sehr genauen Betrachtung und einer sehr abgewogenen Entscheidung bedarf.

Nun sind wir in der Situation, dass nicht nur wir als Land Mecklenburg-Vorpommern uns mit diesem Thema auseinandersetzen, sondern das tun andere auch, die anderen Bundesländer, der Bund. Im Bund wird, das wissen wir, aufgrund des Koalitionsvertrages durch SPD, CDU und CSU an einer solchen Regelung gearbeitet. Und der Bund wird in absehbarer Zeit hierfür seine Lösung präsentieren.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre sinnvoll, wenn wir diese Vorstellungen, die der Bund entwickelt und die er, davon gehe ich aus, sehr sorgfältig abwägen wird, und alle Überlegungen pro und kontra einbeziehen. Wir sollten eine solche Entscheidung, wir sollten eine solche Vorlage des Bundes abwarten und wir sollten uns dann mit dem Thema auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen, ob wir und gegebenenfalls wie wir handeln.

Dieser Gegenstand eignet sich nicht für Schnellschüsse. Er eignet sich nicht für schnell aus der Hüfte geschossen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Da nehmen wir mal eine kleine Anleihe aus dem Beamtenrecht, bauen die mal ein bisschen um und dann ist die Angelegenheit erledigt. So einfach, meine sehr verehrten Damen und Herren, können und wollen wir es uns hier nicht machen. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass der vorliegende Gesetzentwurf, dem wir schon beim letzten Mal eine Überweisung in die zuständigen Ausschüsse verweigert haben, dass dieser Gesetzentwurf auch nicht so sehr das Ziel verfolgt, hier zu einer vernünftigen und sachangemessenen Lösung zu kommen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ist die Regelung in Hamburg besser?)

sondern dass er vielmehr das Ziel verfolgt, einer Partei, die krampfhaft das Image des Saubermanns der Nation anstrebt, dieser...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber Sie reden jetzt nicht von Herrn Scholz in Hamburg, ne?)

Ich rede in diesem Landtag und zu diesem Landtag, lieber Kollege Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach so, weil vorhin von dieser Reihe immer der Hinweis kam auf Baden-Württemberg.)

Und wenn wir über Hamburg reden, dann können wir gern mal darüber reden, dass wir in Hamburg ja einen Vierparteienantrag gehabt haben, dass sich hier die Parteien gemeinsam auf eine Lösung verständigt haben und dass nicht einer vorgeprescht ist,

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Dann steigen Sie doch mit ein!)

und dass nicht einer vorgeprescht ist …

(Peter Ritter, DIE LINKE:

Dann steigen Sie doch mit ein! –

Das ist doch mal ein Angebot. –

Oh, endlich ist es raus! –

Bremser! –

Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine Herren, wenn Sie sich beruhigt haben, würde ich gern meinen Gedanken weiterführen. – Vielen Dank.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben keine Lust, hier einer ehemaligen Umweltpartei, die inzwischen auf dem langen Marsch zur bürgerlich-liberalen Wirtschaftspartei ist

(Heiterkeit bei Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Jetzt wird es interessant, sehr gut. – Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, nee, nee!)

und die sich dennoch das Mäntelchen umhängen will,

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hier die Saubermänner zu sein und die Retter des Parlamentarismus,

(Vincent Kokert, CDU: Jaja.)

der wollen wir allerdings nicht die Hand reichen.

Einer sinnvollen Lösung werden wir uns selbstverständlich nicht verschließen, aber diesen Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir heute ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Torsten Koplin, DIE LINKE: Das war eine Rede voller Spitzen.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn der Landtag Gesetzentwürfe zum zweiten Mal berät, die nicht überwiesen worden sind, dann sieht es für diese Gesetzentwürfe nicht gut aus.