Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Frau Harms, dort ist vorher in die Fässer geguckt worden, dann sind Inventarlisten geprüft worden, und es sind jeweils Stichproben aus den Fässern genommen worden, sodass eine relativ präzise Begleitung - -

(Frau Harms [GRÜNE]: Relativ!)

- eine präzise Begleitung dieses gesamten Verpackungsprozesses gegeben ist und nachvollzogen werden kann.

Herr Kollege Dr. Stumpf zur zweiten Zusatzfrage! Dann folgt Herr Kollege Schröder.

Herr Minister, anknüpfend an die Frage von Frau Mundlos: Da ist ja angeblich eine Quelle vorhanden gewesen. Wenn man die Oberflächenstrahlung hochrechnet, kommt man auf 50 Ci bis 100 Ci. Die kann ja nicht weg sein. Das Ding muss irgendwo sein. Wie interpretieren Sie denn diese Verschleierung der Situation? Ist es mangelnder Sachverstand bei der Messung, oder hat man die jetzt irgendwo so sichergestellt, dass sie keinen Schaden anrichten kann?

Herr Jüttner!

Herr Stumpf, die Fässer befinden sich im Eigentum der GKSS. Ich kann nur das aussagen, was die zur Kenntnis gegeben haben. Unsere Nachfragen zu dieser Quelle sind bisher so beantwortet worden, dass sie im Moment nicht wissen, wo sie sich befindet.

(Dr. Stumpf [CDU]: Das ist ja aben- teuerlich!)

Herr Schröder! Dann Herr Klein.

Herr Minister, wenn Sie einmal davon ausgehen, dass die Befunde zu dem Caesium-Fass, also dieser ganz brisante Fall, richtig berichtet worden sind, können Sie dann ausschließen, dass sich in Leese bzw. in Steyerberg Fässer befinden, die von derselben Firma konditioniert wurden, die innen bleiummantelt sind, die schwerer als 500 kg sind und die ebenfalls möglicherweise hochradioaktive Quellen enthalten, die den zulässigen Wert um mehrere Zehnerpotenzen überschreiten?

Herr Jüttner!

Es ist auszuschließen, dass solche Quellen in Steyerberg eingelagert worden sind.

Zu Ihrer Eingangsbemerkung möchte ich sagen: Ich habe den Eindruck, dass die schleswigholsteinischen Behörden nicht so ganz über die Zuspitzung hinsichtlich der Quelle mit der 3.000fachen Überschreitung des Wertes erfreut sind, weil sie jetzt augenscheinlich Schwierigkeiten haben, diese Sache wieder einzufangen. Tatsache ist, dass im Moment nicht darstellbar ist, wo sich diese Quelle befindet, und uns nicht mitgeteilt werden kann, wie diese Belastung im Einzelnen gemessen worden ist. Daraus würde sich nämlich das Gefährdungspotenzial schlussfolgern lassen. Das ist ein Vorgang, der sehr wohl Irritationen mit sich bringt - das ist überhaupt keine Frage - und dazu beiträgt, dass meine heutigen Antworten nur vorläufig sind und ich mich nicht dazu hinreißen lassen kann, Vorwürfe gegen die Firma zu konstruieren. Die hält sich für sauber. Ich kann das nicht beurteilen, weil bisher die Vorwürfe nicht hinreichend unterfüttert sind.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Klein. Danach folgt Herr Heineking.

Herr Minister, Sie haben die Frage nach einem möglichen fehlerhaften Verhalten der Firma Amersham Buchler als offen bezeichnet. Meine Frage lautet: Haben Sie durch Befragung von Mitarbeitern dieser Firma versucht, sich ein eigenes Bild zu verschaffen, und - wenn ja - mit welchem Ergebnis ist das ausgegangen?

Die Antwort bitte!

Die Antwort ergibt sich von selbst. Wir haben am Dienstag von Schleswig-Holstein von dem Vorfall erfahren. Am Mittwoch sind unsere Fachleute in Schleswig-Holstein gewesen und haben das diskutiert. Am Donnerstag ist natürlich die Gewerbeaufsichtsverwaltung bei dem Unternehmen in Braunschweig gewesen, hat die Materialien sichergestellt, Gespräche mit den Verantwortlichen geführt und schriftliche Berichte angefordert. All das wurde natürlich sofort gemacht. Das Unternehmen hat aber die Vorgänge dahin gehend beurteilt, dass die rechtlichen Bestimmungen von damals vollständig eingehalten worden seien und man von

daher die Vorwürfe nicht verstehe. Die Vorwürfe sind nur aufgrund von Datenmaterial vom Betreiber in Geesthacht zu begründen. Das, was meinen Fachleuten bis heute morgen vorgelegen hat, erhärtet das nicht in der Weise, dass wir sagen können: Die Firma Amersham Buchler hat sich 1979 rechtswidrig verhalten. - Das geben die Daten im Moment nicht her.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Heineking. Dann folgt Herr Wenzel.

Herr Minister, Sie haben für Steyerberg und Leese eine Genehmigung für ein Zwischenlager gegeben. Ist gewährleistet, dass für den Zeitraum, bis Sie ihr Endlager hergerichtet haben, keine weiteren Untersuchungen stattfinden müssen? Wir haben gehört, dass bei dem Transport von Steyerberg nach Leese einige Fässer aussortiert werden mussten. Welchen Zeitraum schätzen Sie hier ein?

Herr Jüttner!

Herr Heineking, ein Teil des Problems ist sicherlich, dass in den 70er-Jahren dort Fässer benutzt worden sind, deren Qualität suboptimal war. Dies ist vor dem Hintergrund geschehen, dass man davon ausgegangen ist, die für einige Jahre praktisch nur zum Transport vorzuhalten. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum jetzt in Geesthacht eine Überprüfung stattgefunden hat. Sie sind dort wegen der Korrosion herangegangen und haben gesagt: Die Bundesregierung ändert ihren Entsorgungsplan. Wir müssen gewährleisten, dass dieser relativ kleine Teil für die restliche Zwischenlagerung in einem zukünftigen Endlager hinreichend sicher steht. - Das ist der Grund, warum Geesthacht geprüft hat, und das ist auch der Grund dafür, warum wir bei der Auflösung von Steyerberg genau darauf geguckt haben, uns diese 61 Fässer vorgenommen haben und sie nun in einen Zustand bringen, dass sie dem heutigen Stand der Technik entsprechen, indem wir z. B. trocknen, sie in Überfässer stellen, gleichzeitig aber gewährleisten, dass wir damit kein Präjudiz für eine zukünftige Endlagerung machen, weil das ungeklärt ist und es ein zusätzlicher Arbeitsvor

gang wäre, jetzt eine bestimmte Konditionierung für eine Endlagerung, über die nicht abschließend entschieden ist, vorzunehmen.

Wir gehen davon aus, dass die Überfässer, die wir jetzt bereitstellen, bis zur einer Endlagerung in einem - -

(Heineking [CDU]: Zeitraum?)

- Die Bundesregierung hat gesagt, dass im Jahre 2030 ein Endlager in Betrieb sein muss. – Wir gehen davon aus, dass in der Zwischenzeit das, was in den Landessammelstellen aufläuft - das wird übrigens vom Volumen her immer weniger, weil insbesondere im Bereich der Medizintechnik häufiger kurzlebige Nuklide mit ganz anderen Halbwertszeiten eingesetzt werden -, kontinuierlich rückläufig ist. Aber es wird weiter etwas anfallen, und dafür muss Vorsorge getroffen werden. Um das für die nächsten Jahre zu gewährleisten, schließen wir jetzt mit einem Dritten einen Vertrag ab, der ab dem Jahre 2001 gilt.

Herr Wenzel zur zweiten Zusatzfrage! Anschließend folgt Herr Schwarzenholz.

(Wenzel [GRÜNE]: Ich ziehe zu- rück!)

Herr Schwarzenholz stellt seine zweite Zusatzfrage. Danach folgt Frau Stokar von Neuforn.

Herr Minister, beabsichtigen Sie, im Zusammenhang mit diesem aufgetretenen Fragenkomplex auch zu untersuchen, ob in dem damaligen so genannten Versuchsendlager Asse Stoffe mit ungeklärtem Gefährdungspotenzial eingelagert sind? Bisher ist man eigentlich davon ausgegangen, dass sie dort nicht eingelagert sind.

Herr Jüttner!

Herr Schwarzenholz, für die Asse wird gerade eine neue Gesamtbilanzierung der eingelagerten Stoffe vorgenommen.

Frau Stokar von Neuforn! Danach folgt Herr Fischer.

Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, dass in diesem Zusammenhang das Landeskriminalamt in Braunschweig ermittelt, und - wenn ja - was ist der Ermittlungsauftrag, und wie ist der Ermittlungsstand?

Bitte!

Davon ist mir nichts bekannt.

Herr Fischer! Danach folgt Frau Zachow.

Herr Minister, vor dem Hintergrund des verschwundenen Fasses frage ich Sie, ob die Bevölkerung nicht den Eindruck haben kann, dass wahrscheinlich bei Ihnen und bei mir im Kühlschrank mehr Ordnung herrscht als im Sammellager in Geesthacht.

(Zurufe von der SPD)

Das ist zweifellos eine Erweiterung des Fragegegenstandes.

Herr Fischer, diese Frage kann ich erst nach einem Ortstermin bei Ihnen beantworten.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Frau Zachow!

Herr Minister, Sie nannten eben in einer Antwort: nach dem, was Ihren Fachleuten bisher vorliegt. Ich frage Sie: Wann bekommen Sie die Protokolle,

damit Sie eine qualifizierte Gesamtaussage machen können?

Frau Zachow, Sie wissen um meine Angst vor der versammelten Opposition in diesem Landtag. Am letzten Freitag war mir klar, dass es zu diesem Thema eine Dringliche Anfrage gibt. Das lag übrigens sehr nahe. Wenn sie aber nicht gestellt worden wäre, hätte ich heute trotzdem informiert, weil zehn Tage dafür ausreichend sind. Sie können davon ausgehen, dass wir in den vergangenen Tagen alles unternommen haben, um bei den schleswig-holsteinischen Behörden und bei dem Betreiber alles zu bekommen, was die dortigen Vorwürfe dort untermauert. Ich habe persönlich mit Mitgliedern der Landesregierung in SchleswigHolstein telefoniert und sie darauf hingewiesen, dass hier eine Dringliche Anfrage zu diesem Thema gestellt wird und ich am Freitagmorgen möglichst eine abschließende Einschätzung vortragen will. Bisher sind Unterlagen - ich habe es bereits gesagt; gestern Nachmittag und gestern Abend auch noch einige - angekommen, die jedoch keine Bilanzierung der Inhalte dieser 16 Fässer enthalten. Nur der Inhalt eines Fasses, in das aus vier anderen Fässern umgepackt worden ist, ist bilanziert worden. Diese Fässer haben jedoch mit Niedersachsen überhaupt nichts zu tun.

Das heißt, jede Antwort, jede Information, die wir bekommen haben, hat bei uns neue Fragen aufgeworfen. Wir stecken mitten in dem Diskussionsprozess und werden heute natürlich nach Schleswig-Holstein rückmelden, dass uns das, was uns bislang von dort geschickt worden ist, nicht ausreicht; in der Hoffnung, dass das Material so ist, dass sie entweder ihre These untermauern können oder wir gemeinsam feststellen müssen, dass sie den Mund etwas weit aufgerissen haben.

Frau Zachow hat das Wort zu ihrer zweiten Frage.

Herr Minister, ich frage Sie: Halten Sie es genauso wie ich für möglich, dass in Schleswig-Holstein schlicht gepfuscht worden ist?

(Frau Harms [GRÜNE]: Bei den Er- fahrungen, die wir in Braunschweig gemacht haben?)

Herr Jüttner!