Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Sie haben auf die Lehrerbedarfsprognose aus den Jahren 1993/1994 hingewiesen. Angesichts der Tatsache, dass diese Lehrerbedarfsprognose bis zum Jahre 2015 erstellt worden ist, frage ich jetzt: Warum wurde seitens der Landesregierung, wenn denn alle Daten bekannt waren, nicht Vorsorge getroffen und dem gravierenden Lehrermangel nicht entgegengesteuert?

(Vockert [CDU]: Das konnte sie vor- her nicht wissen, Karl-Heinz!)

Die zweite Frage lautet: Ist es bei den Weiterbildungsmöglichkeiten, von denen Ministerpräsident Gabriel hier im Landtag gesprochen hat, möglich, dass er im Jahr 2003 wieder in einer Schule eingestellt werden kann?

(Lachen bei der CDU)

Frau Ministerin!

Ich finde solche Nachfragen nicht besonders witzig und stillos. Das muss ich ehrlich sagen.

(Beifall bei der SPD - Klare [CDU]: Es sollte aber eine witzige sein! - Möllring [CDU]: Das war auch wit- zig, aber die Frau Ministerin hat kei- nen Humor!)

- Ach so. Das habe ich nicht so aufgefasst. An der Stelle geht mir dann wahrscheinlich der Humor ab. - Können Sie mir noch einmal das Stichwort zu dem ersten Teil geben?

(Möllring [CDU]: Das sollte sich einmal ein Schüler erlauben, sich die Frage nicht zu merken! - Klare [CDU]: Lehrerbedarfsprognose, wa- rum nicht rechtzeitig?)

- Herr Klare, ich hatte Ihnen doch deutlich gemacht, dass wir Ihnen im Jahre 1998 im Kultusausschuss durchaus Fortschreibungen zur Verfügung gestellt haben. Sie haben sich doch sicherlich in der Sitzung ausführlich damit beschäftigt. Das sind die Fortschreibungen, die wir haben. Ich meine, wir haben an dieser Stelle rechtzeitig Vorsorge getroffen.

Ich habe Ihnen gerade auch gesagt, dass fächerspezifische Probleme im berufsbildenden Bereich sehr leicht und sehr kurzfristig entstehen. Mit diesem Problem mussten auch Sie in den 80er-Jahren fertig werden. Auch damals gab es bereits einen Mangel an Studenten im Bereich der Metall- und Elektrotechnik. Damals haben Sie Sondermaßnahmen eingeleitet, die wir dann fortgeführt haben. Das passiert aufgrund des technologischen Wandels sehr leicht. Jetzt gibt es das aufgrund des technologischen Wandels in der Informations- und Kommunikationstechnik. Bisher sind die berufsbildenden Schulen sehr gut mit diesem Problem fertig geworden.

Das passiert genauso, wenn neue Ausbildungsordnungen auf der Bundesebene erstellt werden. Das ist z. B. vor drei Jahren bei den IT-Berufen passiert. Auch dann muss die berufsbildende Schule reagieren. Die Schulen schaffen das. Sie haben sich diesem technologischen Wandel und neuen Berufsbildern zu stellen, und berufsbildende Schulen bewältigen das im Normalfall auch. Wir werden sie dabei unterstützen.

Frau Litfin, ich habe vorhin vergessen, Ihnen zu sagen: Wir lassen die Schulen die Auswahl treffen, weil diese ja mit den Berufseinsteigern arbeiten müssen. Im berufsbildenden Bereich gibt es die Schulstellen bisher nicht. Deshalb werden die Schulleiter bei den Einstellungsgesprächen beteiligt. Aber wir wollen das auch in diesem Bereich umstellen.

(Klare [CDU]: Auf die Frage nach Gabriel haben wir jetzt keine Antwort gehört!)

Jetzt Herr Pörtner!

Frau Ministerin, wie will Niedersachsen gerade im Wettbewerb mit der Wirtschaft für die qualifizierten Amtsanwärterinnen und Amtsanwärter im Berufsschulbereich attraktiv bleiben, wenn diese anfangs zwischen 1 400 DM und 1 800 DM verdienen und damit unter Sozialhilfeniveau liegen und damit so mancher Azubi im dritten Lehrjahr mehr verdient als sein Lehrer?

(Beifall bei der CDU – Beckmann [SPD]: Das darf ja wohl nicht wahr sein! – Zuruf von Groth [SPD])

Frau Ministerin!

Herr Pörtner, Sie spielen auf die Referendarsgehälter an, die es derzeit allgemein im Lehrerbereich gibt. Wie Sie vielleicht wissen, hat sich die Kultusministerkonferenz eindeutig dazu geäußert, dass hier etwas geschehen muss. Auch Niedersachsen ist an dieser Stelle im Bundesrat aktiv geworden. Es sind übrigens nicht 1 400 DM, sondern ungefähr 1 900 DM für Verheiratete und 1 800 DM für Ledige. Aber es ist insgesamt zu wenig, und es gibt ohne Frage ein Problem der Konkurrenz zur Wirtschaft. Dieses Problem gibt es im berufsbildenden Bereich aber immer. Wir stehen bei der Ausbildung von Berufsschullehrern immer in Konkurrenz zur Wirtschaft. Je nach Konjunkturlage finden die jungen Leute häufig schneller den Weg aus dem Studium in die Wirtschaftsbetriebe als in die berufsbildenden Schulen. Damit mussten wir schon immer fertig werden. Ich meine, alles in allem

gesehen ist das in Niedersachsen bisher auch gelungen. Das wird sich auch nicht ändern.

Frau Körtner!

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund von mindestens 30 000 zusätzlichen Berufsschülerinnen und Berufsschülern bis zum Jahr 2008 – Sie sagten in Ihrer Entgegnung: bis zum Jahr 2009/2010 – frage ich Sie: Wie soll der zusätzliche Lehrerbedarf gedeckt werden angesichts der Tatsache, dass durch überalterte Lehrerkollegien die Einrichtung von Arbeitszeitkonten bei weitem nicht ausreichend ist?

Die Antwort!

Das müssen wir natürlich einrechnen, dass es die Arbeitszeitkonten bei den Berufsschullehrern jetzt erst gibt; vorher war es nicht nötig, Arbeitszeitkonten einzurichten. Wir werden einen Teil des Schüleranstiegs auch durch die Arbeitszeitkonten auffangen. Das wirkt sich natürlich wiederum auf die Bedarfslage aus. Deshalb habe ich gesagt: Wir müssen gezielt steuern. Wir dürfen in diesem Bereich nicht zu sehr anreizen, weil nicht das eintreten soll, was eigentlich jahrzehntelang im Lehrerberuf passiert ist und worüber wir uns in der Lehrerausbildung auch noch einmal Gedanken machen müssen, nämlich dass zu viele junge Leute angereizt werden, Lehramt zu studieren und dann wieder in eine Phase des Abschwungs zu kommen. Von daher ist es sinnvoll, gezielt für Fächer zu werben und zu sagen, wo es richtig ist, zu studieren, und wo es falsch ist. Die Zahlen sind im berufsbildenden Bereich sehr niedrig – das habe ich Ihnen bereits gesagt -, insbesondere für einzelne Fachrichtungen. Insofern wirkt es sich sehr schnell aus, wenn man dort wirbt.

Frau Ernst!

Frau Ministerin, Sie haben vorhin selbst darauf hingewiesen, dass sich die Ausbildungsberufe stets verändern und neue dazukommen. Aber wenn Sie sagen, die Schulen reagierten, sie würden damit fertig, dann reicht das meines Erachtens nicht aus. Welche konkreten Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung in den Hochschulen und besonders in den Studienseminaren, um diesen veränderten Qualifikationsanforderungen gerecht zu werden?

Die Antwort, bitte!

Wir haben im Landtag das Modernisierungskonzept eingehend besprochen und, wie ich meine, auch etliche Anträge von Ihnen dazu beraten. Auf einen Antrag habe ich vorhin bereits hingewiesen. Aufgrund dieses Antrags ist schließlich dem Kultusausschuss das ganze Material zugeleitet worden. Insofern müssten Sie eigentlich Kenntnis davon haben, welche Maßnahmen im Modernisierungskonzept enthalten sind, um auf den ansteigenden Bedarf zu reagieren. Dazu gehören z. B. das Arbeitszeitkonto, die Wiederbesetzung von Stellen und gezielte Werbemaßnahmen. Diese werden jetzt fortgeführt.

Wir werden in diesem Jahr eine gezielte Werbekampagne fortführen, und es wird nicht das letzte Jahr sein, in dem wir für bestimmte Fachrichtungen werben müssen. Aber, wie gesagt, es kommt auch immer sehr schnell zu Änderungen. Zurzeit haben wir dies im IT-Bereich zu bewältigen. Wie Sie sehen, hat auch das falsche Signal in der Zeitschrift „abi“ nicht dazu geführt, dass es zu wenig Bewerber gibt, sondern wir müssen bei dem, was an Ersatzeinstellungsbedarf vorhanden ist, darauf achten, dass diese jungen Leute, die wir selbst ausbilden, auch eine Chance bekommen. Denn sonst gibt es an dieser Stelle kontraproduktive Signale.

Sie sehen auch das große Interesse: 491 Bewerbungen auf die speziellen 40 Stellen zeigen doch, dass wir nicht so unattraktiv sind, wie Sie das häufig darzustellen versuchen.

(Beifall bei der SPD – Klare [CDU]: Sie vergessen, dass die Berufsschul- klassen erheblich größer geworden sind!)

Frau Vogelsang!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, angesichts der auch von Ihnen nicht geleugneten fächerspezifischen Defizite im Bereich der Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen frage ich Sie: Wie viele Stellen an Berufsschulen konnten denn schon nicht mehr mit Personen besetzt werden, die die in der Ausschreibung gewünschte Fächerkombination hatten?

Ist das beantwortbar?

Wir können das nicht genau quantifizieren. Der Prozentsatz der Stellen, die nicht besetzt werden konnten, ist gering. Wir würden das aber für einen Einstellungstermin - wenn Sie uns einen nennen – gern noch im Kultusausschuss nachtragen.

Frau Vockert zur zweiten Frage!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund Ihrer Aussagen zur Beantwortung der Frage meines Kollegen Friedel Pörtner in Bezug auf die finanzielle Situation der Referendare frage ich die Landesregierung, ob sie konkret beabsichtigt, Anwärtersonderzuschläge einzuführen, und, wenn ja, in welcher Höhe. Nach meiner Kenntnis – kann die Landesregierung das bestätigen? – ist die Landesregierung völlig unabhängig von einer Entscheidung der Kultusministerkonferenz.

Keine Kommentare!

Ihre Kenntnis ist leider falsch, Frau Vockert. Die Rechtsgrundlage dafür, dass wir Sonderzuschläge

zahlen dürfen, ist auf Bundesebene im Jahr 1998 entfallen; sonst hätten sie einige Länder schon längst eingeführt. Es ist aber im Bundesrat weiter im Gespräch. Wir haben einen Entschließungsantrag dazu vorgelegt. Wir waren zwar noch nicht erfolgreich, aber ich meine, das ist ein Brett, das es zu bohren gilt. Ich meine, dass die Bundesregierung auch ein Einsehen für die spezielle Situation, was Lehrkräfte angeht, haben muss. Wie gesagt, alle Bundesländer bzw. die Kultusministerinnen und Kultusminister waren sich darin einig, dass diese Frage in Richtung Bundesregierung bearbeitet werden muss.

Herr Pörtner zur zweiten Frage!

Frau Ministerin, angesichts der Tatsache, dass in unserem Nachbarbundesland Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2005 400 Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer mehr eingestellt als ausgebildet werden sollen, habe ich die Frage, wie wir gerade unter diesem Gesichtspunkt im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern bestehen wollen.

Frau Ministerin!

Herr Pörtner, ich kenne das Mengengerüst über die Jahre noch nicht, aber es wird in der Tat einen stärkeren Konkurrenzkampf unter den Bundesländern geben. Das ist nicht neu, auch nicht erst seit diesem Beschluss, aber es wird sicherlich heftig werden, und wir werden in einen Wettbewerb um Lehrkräfte eintreten, dies insbesondere natürlich in den westlichen Bundesländern.

Wir haben im Wettbewerb mit NordrheinWestfalen um Lehrkräfte bisher ganz gut ausgesehen. Es sind bisher durchaus auch Interessierte hierher gekommen. Auch unsere Tauschlisten sind noch in Ordnung. Aber es wird sich verschärfen. Dies kann man mit Sicherheit für die nächsten Jahre voraussagen.

Frau Körtner zur zweiten Frage!

Frau Ministerin, Sie haben sich auf meine Frage zwar sehr verbindlich eingelassen, aber Sie haben diese Frage nicht beantwortet. Von daher möchte ich die Frage konkretisieren. Ich hatte gefragt und frage erneut nach dem zusätzlichen Lehrerbedarf angesichts der Tatsache, dass von mindestens 30 000 zusätzlichen Berufsschülerinnen und Berufsschülern bis zum Jahr 2008/2009 auszugehen ist und dass durch die überalterten Lehrerkollegien die Einrichtung von Arbeitszeitkonten bei weitem nicht ausreicht.

Ich habe im Modernisierungskonzept deutlich gemacht, dass wir auf diesen zusätzlichen Bedarf mit dem Arbeitszeitkonto reagieren. Wir werden sehen, wie es dann weitergeht. Das ist von dem jeweiligen Bedarf in den berufsbildenden Schulen und nicht nur von den Schülerzahlen abhängig. Sie wissen, dass sich Schülerzahlen zwar auf den Bedarf auswirken, dass das je nach Gestaltung in den Jahren dann aber unterschiedlich aussehen kann. Durch das Arbeitszeitkonto werden wir aber jetzt erst einmal eine Stabilisierung bekommen.

Frau Mundlos!

Frau Ministerin, angesichts der von Ihnen skizzierten großen Anzahl an potentiellen Quereinsteigern, die sich bei Ihnen gemeldet haben, und angesichts der Tatsache, dass Sie heute Morgen hier ausgeführt haben, dass Sie noch an einem Konzept zur pädagogischen Nachqualifizierung dieser Leute arbeiten, frage ich Sie: Wann werden wie viele so nachqualifizierte Fachkräfte den Berufsschulen zur Verfügung stehen?

Wann wie viele?