Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Minister, teilen Sie die Meinung Ihres Staatssekretärs, der bei der Jahrestagung der Steuerberaterkammer für Ihr Haus in seinem Grußwort ausgeführt hat, dass sich der Bund kommunal- und landesfeindlich verhalte, weil die Länder der Tabaksteuer- und Versicherungssteuererhöhung – Sie haben ja darauf hingewiesen – zugestimmt hätten, die jedoch ausschließlich dem Bund zugute kommen? Der Bund hätte jedoch auf die Bitten der Länder hin, etwas für die Kommunen und für die Länder zu tun, nur die Schultern gezuckt und gesagt: Das interessiert uns nicht, das bringen wir nicht ein.
Isoliert betrachtet kann es – wie Sie es eben dargestellt haben – zu solchen Bewertungen kommen. Mein Kollege Lemme und ich setzen uns ständig mit den Fragen der Steuerentwicklung in diesem Lande auseinander und suchen nach Lösungsmög
lichkeiten, wenn es darum geht, die Interessen der Kommunen, des Landes, der Länder und des Bundes so zusammenzuführen, dass es tragfähige Ergebnisse gibt. Wir kommen unter dem Strich zu einer Bewertung, die tendenziell in einem Punkt übereinstimmt: Die Auswirkungen der Steuerreform auf den Bund, auf die Länder und auf die Kommunen müssen erst einmal unter den derzeitigen konjunkturellen Bedingungen bewertet werden. Dazu habe ich mich eben ausführlich geäußert.
Es ist außerdem überhaupt nicht abzustreiten, dass durch die Auswirkungen insbesondere der Gewerbesteuer die Kommunen in vielerlei Hinsicht betroffen und getroffen sind. Inzwischen hat sich aus der Diskussion jedoch eindeutig herauskristallisiert, dass die Steuerreform in dieser Gesetzgebung nicht für den größeren Teil der Gewerbesteuereffekte verantwortlich gemacht werden kann. Das macht sich u. a. dadurch bemerkbar, dass es unterschiedliche Auswirkungen der Gewerbesteuer gibt. Es gibt durchaus kommunale Gebietskörperschaften, die bei der Gewerbesteuer extreme Zugewinne verzeichnen. Derzeit ist sich die Fachwelt völlig im Unklaren darüber, wo die eigentlichen Ursachen liegen. Die zweite oder dritte Stufe der Steuerreform dafür verantwortlich zu machen, trägt nicht.
Im Hinblick auf die Tabaksteuer gebe ich Ihnen Recht. Es war ein eleganter Schachzug – so würde ich es bezeichnen – des Bundesfinanzministers, zusammen mit der Versicherungssteuer Mehreinnahmen für den Bund zu generieren, um dringend zu tätigende Ausgaben im Zusammenhang mit der Sicherheitspolitik zu finanzieren. Diese Wege stehen den Ländern überhaupt nicht offen, weil sie kein eigenes Heberecht haben. Das ist dem Bund aus niedersächsischer Interessenlage ganz deutlich dargelegt worden. Insofern hat mein Staatssekretär völlig Recht, wenn er das in der Öffentlichkeit in dieser Präzision darstellt.
Es hat uns – das sage ich ausdrücklich – in den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss am 11./12. Dezember sehr geholfen, dass es uns gelungen ist, diesen Sachverhalt insgesamt der Öffentlichkeit so deutlich darzustellen. Nur so war es nach meiner Einschätzung möglich, im Vermittlungsausschuss eine einvernehmliche Regelung durchzusetzen, die gleichzeitig dem Mittelstand dringend notwendige Entlastungen zugesteht und einen großen Teil – ich erinnere noch einmal daran: 750 Millionen Euro – an Entlastungen für die
Herr Minister, warum hält es die Landesregierung für sinnvoll, die Förderabgabesätze zu senken, obwohl das erhebliche Mindereinnahmen für Niedersachsen, für die anderen Bundesländer und für die Kommunen in Niedersachsen bedeutet?
Sie wissen, dass die Förderabgabe sehr klar an die Entwicklung auf dem Öl- und Gasmarkt und an die von den übrigen Fördertatbeständen abhängigen Rohstoffe angedockt ist. Die Beobachtung der Weltmarktpreise schlägt auf die Beurteilung im Lande Niedersachsen durch. Sie wissen, dass wir in Zeiten günstigerer Konjunktur die Förderabgabe erhöhen und in der Vergangenheit auch erhöht haben. Wir reagieren in etwa sechsmonatigem Abstand auf die Entwicklung.
Tatsächlich ist es so, dass die Förderabgabe kein Willkürakt des Landes Niedersachsen gegen die fördernde Industrie sein darf. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass insbesondere auch aus Reihen der Grünen und der CDU - ich sage ausdrücklich: zu Recht – immer wieder der Zusammenhang zwischen der Förderabgabe und dem unmittelbaren Unternehmensverhalten dargestellt wird. Bei einer überzogenen Förderabgabe weichen die fördernden Unternehmen in andere Fördergebiete aus. Das hat entsprechende negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in den Förderregionen Niedersachsens und wirkt sich direkt auf die Gewerbesteuer der Sitzgemeinden aus.
Dieser Zusammenhang muss immer im Auge behalten werden, sodass unter dem Strich eine zeitnahe Beurteilung, eine richtige Einschätzung und dann eine konsequente Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt angezeigt ist. Das ist jedenfalls die Leitlinie der Landesregierung. Sie hat bis jetzt dazu geführt, dass wir uns auch gegenüber den Kommunen und dem Arbeitsmarkt verantwortlich positionieren konnten.
Herr Minister, können Sie dem Parlament kurzfristig eine Liste über die zu erwartenden Steuerausfälle der Kommunen, nach Landkreisen gegliedert, vorlegen?
Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich sie jetzt nicht in der Tasche habe. Aber wenn Sie Ihre Frage etwas präzisieren könnten, z. B. auf welche Steuerarten Sie abheben und wie diese Darstellung zusammengestellt sein soll, werde ich mich bemühen, mit meinem Kollegen Innenminister eine solche Liste vorzubereiten. Das ist mein erstes Angebot, weil ich es für vernünftig halte, dass man unmittelbar im Ausschuss für Haushalt und Finanzen und im Innenausschuss darüber spricht. Sie müssen uns allerdings zugestehen, dass wir die Weihnachtszeit – möglicherweise auch in Ihrem Interesse – zur Vorbereitung aussparen. Ich biete Ihnen diese Liste für das nächste Frühjahr an. Dann wissen wir auch mehr über die Auswirkungen der Steuerentscheidungen, die jetzt getroffen worden sind.
Herr Minister, wird das Land den Kommunen möglicherweise entgegenkommen und ihnen eine Beteiligung an der BEB-Last unterhalb der Steuerverbundquote anbieten?
Ich habe eben ausgeführt, wie sich die Beteiligung der Kommunen an der BEB-Last - wie Sie es bezeichnen – nach den Vorstellungen, die Herr Professor Wieland in Richtung Länderfinanzausgleich
dargestellt hat, analog regelt. Ich kann gleichwohl sagen – das ist gestern nicht wegen der Dringlichen Anfrage, sondern aus anderem Anlass, das muss ich deutlich sagen, mit dem Kollegen Innenminister verabredet worden -, dass wir die vielen unterschiedlichen Aspekte der steuerlichen Wechselbeziehungen zwischen Landeshaushalt und Kommunalhaushalten sowie die Auswirkungen von bundesgesetzlichen Bestimmungen auf den Prüfstand stellen. Das deckt sich auch mit der Anfrage von Herrn Hagenah.
Es wird mit den kommunalen Spitzenverbänden - das wurde inzwischen zwischen mir und dem Innenminister auch verabredet – einen sehr intensiven Gedankenaustausch geben, weil kaum noch erkennbar ist, wo die Ursache für Ausfälle liegt und ob eine zusätzliche Beteiligung der Kommunen an Mehreinnahmen möglich ist. Diese Vorbereitungsgespräche finden statt. Ich kann Ihnen sagen, dass es Sonderdotationen - aus welchen Gründen auch immer - nicht geben wird.
Herr Minister, wir haben im kommunalen Finanzausgleich des Landes das Gebot der Verteilungssymmetrie. Angesichts der enormen Einnahmeausfälle der Gemeinden - ich denke auch an das Vermittlungsergebnis im Bundesrat, von dem die Gemeinden vermutlich weniger profitieren werden als die Länder – frage ich Sie: Kommt diese Verteilungssymmetrie dadurch nicht erheblich ins Rutschen? Wie beurteilen Sie das, und wie werden Sie darauf reagieren?
Die Feststellung, dass die Verteilungssymmetrie im kommunalen Finanzausgleich ein tragendes Prinzip ist, ist richtig. Das ist auch tragendes Prinzip unserer Bewertung der jeweiligen Situation. Sie wissen, dass der kommunale Finanzausgleich in Verbindung mit den jeweiligen Haushaltsgesetzen den Zeitpunkt bestimmt, zu dem neu justiert werden muss. Das ist gute Praxis und hat sich auch
Die Einflussfaktoren des kommunalen Finanzausgleichs wirken in ihrer Art auf Land und Kommunen. Wenn Sie das Zahlentableau, das ich Ihnen zum Lesen anempfohlen habe, richtig auswerten, werden Sie feststellen, dass die Vorschriften des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes die Kommunen gegenüber der ursprünglichen Absicht tendenziell eher entlasten und die Länder nicht bevorteilen. Die entscheidenden Vorteile für die Länder, die wir mit 91 Millionen Euro veranschlagt haben, entstehen im Wesentlichen daraus, dass wir z. B. mit dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz Missbrauchstatbestände ausschalten, wobei die Kommunen mittelbar wieder beteiligt sind.
Bezieht man die Frage, wie Sie sie gestellt haben, auf die einzelnen Bausteine, dann kann ich Ihnen sagen, dass die Wirkungen des Finanzausgleichsgesetzes, wenn man dieses richtig, vernünftig und gesetzeskonform anwendet, wie wir dies tun - davon können Sie ausgehen -, berechenbar und zu berechnen sein werden. Die entsprechenden Ergebnisse werden sowohl im Plus als auch im Minus berücksichtigt.
Herr Minister, werden Sie, wenn es Ihnen misslingt, den gesamten Rückzahlungsbetrag an die BEB nach dem Kassenprinzip über den Länderfinanzausgleich zu verrechnen und wenn dementsprechend höhere Lasten für Niedersachsen entstehen, die Kommunen an diesen erhöhten Kosten beteiligen?
Ich habe in meiner zusammenhängenden Antwort auf die Anfrage der Grünen zu diesem Sachverhalt ausführlich Stellung bezogen. Sie können das im Protokoll nachlesen. Die Landesregierung hält die Beurteilung durch Prof. Dr. Wieland, was das Gegenwartsprinzip und das Zuflussprinzip angeht, für
tragfähig und richtig. In diesem Sinne wird derzeit von uns die Anwendung in Richtung Länderfinanzausgleich betrieben. Analog sind die Auswirkungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs.
Herr Minister, wird sich die Landesregierung vor dem Hintergrund der von Ihnen beschriebenen dramatischen Steuerausfälle gegenüber dem Bund für eine Reform der Erbschaftsteuer oder für eine Wiedereinführung der privaten Vermögensteuer einsetzen – bei beiden Steuerarten steht das Steueraufkommen zu 100 % dem Land zu - , womit unsere Finanzkraft deutlich gestärkt werden könnte?
Die Landesregierung wird sich bemühen, Gesetzesvorhaben insbesondere im Bundesrat mehrheitsfähig zu machen, die dem Aspekt der Steuerreform entsprechen, Steuern nur in dem Umfang zu erheben, in dem dies unter dem Gesichtspunkt – das sagen wir sehr deutlich – der Zumutbarkeit und Belastung der jeweiligen Bevölkerungs- und Unternehmensgruppen sinnvoll ist. Das war tragendes Element der Steuerreform und hat zu den drei Entlastungseffekten geführt, die ich vorhin genannt habe. Was die international tätigen Konzerne angeht, befinden wir uns auch in einem Steuerwettbewerb. Wir haben den Mittelstandseffekt sehr stark betont. Das ist auch richtig so, weil der Mittelstand mit seinem hohen Anteil an Arbeits- und Ausbildungsplätzen und der ihn auszeichnenden Dynamik für uns die Zielgruppe in der Wirtschaft ist, die besonders bedacht werden muss. Wir haben außerdem immer der Gesichtspunkt der Binnennachfrage im Auge.
Die beiden Steuerarten, die Sie angesprochen haben, sind unterschiedlich zu bewerten. Das Auslaufen der Vermögensteuer ist ein Faktum. Diese Entwicklung wird, so glaube ich, nicht wieder zurückgedreht werden können. Dafür wird es keine
Ich gehe sehr stark davon aus, dass das Thema der Erbschaftsteuer in den nächsten Wochen und Monaten stärkere Beachtung finden wird. Wir sind länderübergreifend in einen Prüfungsprozess eingetreten, weil nämlich mittlerweile ein Urteil des Bundesfinanzhofs vorliegt, der eindeutig davon ausgeht, dass Kapitalvermögen und Immobilienvermögen nicht in einem richtigen Verhältnis zueinander bewertet werden. Dieses Urteil ist der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet worden mit der Aufforderung, dem Urteil des Bundesfinanzhofs beizutreten. Ich habe inzwischen Gespräche mit der Staatssekretärin, Frau Dr. Barbara Hendricks, darüber geführt, wie die Bundesregierung sich hierzu äußern werde. Sie hat gesagt, der Prüfungsvorgang sei eingeleitet. Man werde sich bemühen, kurzfristig die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
Bewegt man sich im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs, so muss Aktivität entwickelt werden. Diese Aktivitäten lägen dann sehr stark in Richtung des Länderantrages, der im Bundesrat seinerzeit keine Mehrheit gefunden hat und deshalb nicht weiter verfolgt wurde. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs ist die Ausgangssituation jedoch eine andere. Sie wissen, dass Niedersachsen zu den fünf Ländern gehört hat, die sich dafür ausgesprochen haben, diesen Gesichtspunkt auf der Ebene der Finanzminister voranzutreiben. Ich glaube, dass sich auf mittlere Sicht eine positive Bewertung des Urteils des Bundesfinanzhofs ergeben muss. Anderenfalls besteht nämlich die Gefahr, dass der Automatismus eintritt, in dessen Folge die Vermögensteuer abgeschafft wurde. Das kann nicht im Sinne aller politischen Parteien, auch der Fraktionen in diesem Hause, sein.
Herr Minister, Sie hatten angedeutet, dass Sie sich im Rahmen der Diskussion über eine Gemeindefinanzreform unter bestimmten Bedingungen einen Verzicht auf die Gewerbesteuer vorstellen könnten. Wie sehen Ihre ganz konkreten Forderungen für
Ich gehe davon aus, dass ich meine Antwort kurz halten soll. Die wichtigste Komponente, die bei einer Alternative eingehalten werden muss, ist die Verfassungskonformität. Diese ergibt sich in direktem Zusammenhang mit dem Unternehmensbezug. Weil ich davon ausgehe, dass der Grundgedanke darin besteht, Steuereinnahmen nicht nur aus indirekten Steuern zu generieren, wird dieser Gesichtspunkt eine zentrale Rolle spielen.
Ferner muss das direkte Hebungsrecht der Kommunen erhalten bleiben. Wenn dies auf eine Art und Weise organisiert wird, dass am Schluss das Aufkommen aus der Gewerbesteuer von der Größenordnung her gerechter nach Anzahl der zahlenden Wirtschaftsbeteiligten verteilt wird, dann wäre das ein riesiger Erfolg. Bis jetzt sind alle Versuche, in dieser Richtung etwas Tragfähiges zu schaffen, gescheitert. Deswegen setze ich unter den veränderten Steuerrechtsrahmenbedingungen große Hoffnungen auf die Expertenkommission, die sich an den Punkten, die ich dargestellt habe, orientieren muss, weil sonst kein tragfähiges Konzept entwickelt werden kann.