Herr Minister, soweit ich weiß, setzen sich Frau Künast und die Bundesregierung dafür ein, dass die Schnellwarnsysteme im Lebensmittelbereich und im Futtermittelbereich auf der europäischen Ebene verzahnt werden. Frau Künast möchte, dass dies einer der wesentlichen Tätigkeitsbereiche der neu einzurichtenden europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wird. Wie ist hier der Stand der Dinge? Woran scheitert das? Warum ist dieses Projekt noch nicht in Umsetzung?
Frau Abgeordnete Harms, die Europäer sind sich einig, dass eine solche europäische Lebensmittelbehörde eingerichtet werden muss. Die Funktionen dieser Behörde sind schon beschrieben worden. Auch in dieser Frage ist man sich einig. Das Thema hat am 21. dieses Monats auf der Tagesordnung des Agrarrats gestanden, aber man ist sich
nicht über den Standort einig geworden. Ich hoffe, dass man hier alsbald eine Klärung herbeiführt, damit diese Behörde schnell ihre Arbeit aufnehmen und die Lücken schließen kann, die wir derzeit noch im europäischen Recht haben.
(Minister Bartels begibt sich zur Re- gierungsbank. – Oestmann [CDU]: Bleiben Sie doch dort stehen! Was soll denn die Lauferei? – Gegenruf von Minister Bartels: Das macht doch Spaß!)
Herr Minister, ausgehend von kriminellem Verhalten in den Niederlanden, allerdings auch verlängert und verstärkt durch falsches Behördenverhalten in den Niederlanden, aber auch im zuständigen Bundesministerium, ist enormer wirtschaftlicher Schaden entstanden. Können Sie in etwa - dass Sie das nicht präzise sagen können, ist klar, weil das schließlich noch fortwirkt - den volkswirtschaftlichen Schaden beziffern, und können Sie eine Staatshaftung ausschließen, die durch fehlerhaftes Verhalten entstanden ist? Unter Umständen wäre nämlich die Frage zu stellen, ob auch der niedersächsische Haushalt belastet werden könnte.
Herr Abgeordneter, ich muss das noch einmal sagen: Wir dürfen nicht sozusagen die Täter außen vor lassen. Das machen Sie aber immer wieder. Die Täter sind diejenigen, die alle die Folgen zu verantworten haben, die mittlerweile eingetreten sind. Ich will damit nicht das schönreden, was aufgrund behördlicher Pannen passiert ist. Das ist auf einem Extrablatt abzuhandeln.
Ich kann jetzt keine Größenordnungen nennen. Das ist überhaupt nicht möglich. Ich habe Ihnen schon gesagt, was in die Heimtierbranche gegangen ist. Ich habe natürlich keine Erkenntnisse darüber, was mit den Mengen gemacht wird, die ins Ausland
gebracht worden sind, ob sie zurückgeliefert werden oder aber ob die Abnehmer dort die Ware akzeptieren, nachdem ihnen die Ergebnisse mitgeteilt worden sind.
Die Frage, welchen Anteil an dem Schaden, den wir nicht beziffern können, das behördliche Abwarten und die Pannen, die in Holland und im BMVEL passiert sind, haben, wird dort zu erörtern sein, nicht aber in Niedersachsen. Für den niedersächsischen Haushalt sind, damit das klar ist - dafür gibt es keine Anhaltspunkte -, keinerlei Belastungen zu erwarten, da Niedersachsen zeitgerecht, schnell und umfassend und im Übrigen auch von außen gelobt sichergestellt hat, dass das, was geschehen ist, sehr schnell in den Griff bekommen wurde und die Ware, die die Betriebe verlassen hatte, festgehalten wurde.
Herr Präsident, ich habe zwei Fragen. - Herr Minister, gemessen an den ersten Reaktionen auf die Handlungsdefizite im Bundesverbraucherministerium, das in der Verantwortung von Renate Künast steht, fiel Ihre heutige Kritik in Richtung Berlin vergleichsweise milde aus. Herr Minister, ich frage Sie erstens: Kommen Sie heute zu einer anderen Bewertung als zu der, die Sie vor Wochen öffentlich geäußert haben?
Zweitens. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Forderung von Verbänden und vonseiten der Politik, dass Frau Renate Künast aus politischer Verantwortung heraus zurücktreten sollte?
Herr Abgeordneter Biestmann, ich habe so eine Frage fast erwartet. Zu Ihrer ersten Frage kann ich schlicht und ergreifend nur sagen: Nein. Ich komme auch heute nicht zu einer anderen Bewertung als zu der, die ich auch schon zu Beginn des Skandals abgegeben haben. Meine Bewertung ist heute
die gleiche. Sie haben aber nicht danach gefragt. Insofern musste ich dazu auch nichts weiter sagen. Sie haben nur nach den Abläufen und den Sachverhalten gefragt. Auf diese Fragen habe ich wahrheitsgemäß geantwortet.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habe für unsere Landesregierung nicht Rücktrittsforderungen vonseiten der Opposition zu kommentieren. Ich tue das auch nicht.
Herr Minister, Sie haben eben gesagt, dass das Schnellwarnsystem in Niedersachsen gut funktioniere. Sie haben darauf hingewiesen, dass die Meldungen in sekundenschnelle um den Erdball gingen. Sie haben den Ausschuss am 11. Januar über die Tiermehlpanne unterrichtet. Wir beurteilen Sie nun den Umstand, dass Ihrem baden-württembergischen Kollegen Willi Stächele diese Panne aber erst am 14. Januar - inspiriert durch eine Meldung der dpa - auf eigene Nachfrage hin bekannt geworden ist? Insofern muss man hier klar sagen - -
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich eben schon darum bemüht, Ihnen deutlich zu machen, vor welch einer schwierigen Aufgabe unsere Behörden gestanden haben, als es darum ging, nach Ablauf einer gewissen Zeit nachzuvollziehen, wer was wohin geliefert hat. Glauben Sie nun ja nicht, dass unsere Futtermittel
firmen in der Lage sind - wie auch ich mir es vorgestellt hatte -, uns auf Knopfdruck hin zu sagen, wohin sie welche Mengen, welche Säcke usw. geliefert haben.
Ich zeige Ihnen einmal dieses Schaubild, diese Spinne, die wir erst nach detektivischer Kleinarbeit erstellen konnten. Wir mussten nachfragen, wohin die großen Futtermittelhändler in Hamburg und Bremen ihre Mengen distributiert haben. All das mussten wir über unsere Behörden herausfinden. Wir mussten auch herausfinden, wohin welche Mengen von Cuxhaven aus geliefert worden sind. Wir haben dieses Organigramm hier erst nach mühseliger Kleinarbeit erstellen können, aber nicht schon nach einem Tag. Dieses Organigramm ist das Ergebnis von zehn bis zwölf Tagen Arbeit. Hier sehen Sie drei landwirtschaftliche Betriebe, die wir derzeit noch suchen. Hier musste also wirklich Schwerstarbeit geleistet werden. Ich bitte Sie, das anzuerkennen.
In dem Moment, in dem wir aus Cuxhaven Informationen darüber bekommen haben, dass BadenWürttemberg mit einer geringen Menge beliefert worden ist, haben wir Baden-Württemberg sofort unterrichtet. Da wir es vorher nicht wussten, konnten wir auch keine entsprechenden Mitteilungen herausgeben.
(Ehlen [CDU]: Meine Frage ist nicht beantwortet! Sie haben eben etwas von „Sekunden um den Erdball“ ge- sagt!“ Es waren aber drei Tage!)
- Herr Ehlen, ich habe das nicht zu kommentieren. Ich habe den Minister so verstanden, dass er gesagt hat, dass es drei Tage gedauert hat, weil so lange gearbeitet worden ist, um alles herauszufinden. Herr Kollege Winn!
Herr Minister, wie hoch war eigentlich die Konzentration an Chloramphenicol pro Kilogramm in den betroffenen Bereichen?
Herr Abgeordneter, die Konzentrationen lagen bei den holländischen Shrimps, also beim Ausgangsmaterial, zwischen 0,2, 0,3, 0,5 und 2,0 µg/kg Material.
Herr Minister, vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass der Chloramphenicol-Skandal kein Einzelfall war, sondern dieser Stoff bei Lebensmitteluntersuchungen immer wieder festgestellt wird - bei den beiden Kälbern und auch im Rahmen europäischer Untersuchungen spielte Chloramphenicol ja immer wieder eine Rolle - und von diesem Stoff erhebliche Nebenwirkungen ausgehen, die man auch Heimtieren nicht wünschen kann, frage ich Sie: Wäre es nicht sinnvoll, das im Raum stehende Problem dadurch zu lösen, dass man ein weltweites Produktionsverbot für diesen Stoff anstrebt?
Herr Abgeordneter Klein, wir müssen bedenken, dass der Einsatz von Chloramphenicol bei Tieren, die zur Lebensmittelerzeugung gehalten werden, verboten ist. Für Heimtiere ist es erlaubt. Außerdem ist es erlaubt für therapeutische Zwecke bei Menschen. Insofern würden wir den Ärzten ein wichtiges und wertvolles Medikament nehmen, wenn wir ein weltweites Chloramphenicol-Verbot aussprechen würden. Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, diesen Stoff bei Heimtieren einzusetzen. Ich bin diesbezüglich der Meinung, dass auch hier ein Antibiotikum nur zum Zweck einer Therapie eingesetzt werden darf. Über diesen Punkt mag man reden. Ein generelles Verbot wäre meiner Meinung nach aber zu weitgehend und auch ungerechtfertigt.
Herr Minister, da die Vereinigten Fischmehlwerke in Cuxhaven innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes zweimal unverschuldet in eine schwere wirtschaftliche Not geraten sind, haben Sie vorhin vorgetragen, dass der wirtschaftliche Schaden vom Vertragspartner auszugleichen sei. Wenn der Vertragspartner dazu aber nicht in der Lage sein sollte oder wenn aufgrund rechtlicher Verfahren Verzögerungen eintreten sollten, möchte ich von Ihnen wissen, in welcher Weise Sie bereit sein würden, den Fischmehlwerken beizustehen, sie zu unterstützen und vor dem wirtschaftlichen Ruin zu bewahren.
Erstens. Herr Abgeordneter Biallas, ich warne davor, ein Unternehmen krank zu reden. Dieses Unternehmen befindet sich zu 57 % im Besitz von Unilever. Ich habe nicht den Eindruck und bisher auch noch nicht in irgendeiner Wirtschaftszeitung gelesen, dass es Unilever schlecht geht. Ich möchte nicht verhehlen, dass sich das Unternehmen in einer schwierigen Situation befindet. Überhaupt nicht. Ich möchte auch nicht verhehlen, dass es sich auch schon zu Beginn des Jahres 2001 aufgrund des Verfütterungsverbots von Fischmehl in einer schwierigen Situation befunden hat. Es war aber Niedersachsen, das gemeinsam mit Bremen im Bundesrat beantragt hat, das Verfütterungsverbot für Fischmehl wieder aufzuheben, um dadurch den Weiterbestand dieses Werkes zu sichern. Sie können sicher sein, dass wir auch in Zukunft ein hohes Interesse daran haben werden, die Arbeitsplätze in der Region zu halten, dass wir darüber hinaus ein hohes Interesse daran haben, dort auch einen Verarbeiter von Fischmehlabfällen zu haben, weil dort auch Fischindustrie angesiedelt ist. Das ist aber auch die einzige Fischmehlfabrik, die wir zurzeit in Deutschland haben. Das ist klar.
Zweitens. Die Ansprüche, die zurzeit erhoben werden, richten sich gegen den Täter. Ich denke, wir sollten erst einmal gucken, dass der Täter in die Pflicht genommen wird. Hier gibt es, wie wir wissen, ganz konkrete Verhandlungen und Gespräche.
Herr Minister, Sie haben uns gesagt, wie lange es in den Niederlanden verzögert worden ist, das weiterzugeben. Sie haben aber nicht klar gesagt, dass es drei Wochen beim Verbraucherschutzministerium in Berlin/Bonn gelegen hat. Von Berlin/Bonn nach Hannover gibt es Telefon. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sind Sie wenigstens bereit, die Verbraucherschutzministerin Frau Künast aufzufordern, sich in der Öffentlichkeit für diese Panne zu entschuldigen? Oder sind wieder - à la Bundeskanzler und Staatssekretär Müller die so genannten Agrarfabriken bzw. die Bauern schuld?