Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

Ich möchte auf Ihr Rechenbeispiel mit den zusätzlichen 5 000 Euro jährlich kommen. Zum einen glaube ich nicht, dass ein 40-ha-Betrieb bei den heutigen Wirtschaftsverhältnissen noch repräsentativ ist; zumindest für Niedersachsen dürfte er das nicht sein. Gerade Ökobetriebe sind tendenziell größer. Wenn Sie den Betrag von 5 000 Euro verdoppeln, sind Sie schon bei 10 000 Euro. Und wenn Sie sich dann vor Augen halten, dass die Gewinne der Betriebe laut Agrarstatistik im Jahr durchschnittlich zwischen 30 000 und 40 000 Euro Gewinn liegen, dann erahnen Sie, wie bedeutend 10 000 Euro mehr für die sind. Damit können sie nämlich die zwei Jahre überbrücken. Sie könnten dafür sorgen, dass der Ertragsrückgang ausgeglichen wird und dass zusätzliche Investitionen, die bei einer Umstellung auf ökologischen Landbau ja nicht so riesig sind, getätigt werden. Insofern könnte das ein wesentlicher Beitrag dazu sein, die Umstellungswilligkeit zu erhöhen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Oetjen hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Herr Oetjen, auch Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klein, ich stimme Ihnen zu, dass es einzelne Länder gibt, in denen die Ökoförderung sehr hoch ist. Mecklenburg-Vorpommern ist so ein Land. Nordrhein-Westfalen wäre als weiteres Beispiel zu nennen.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Auch Bayern!)

Aber letztlich herrscht die ganz klare Richtung vor, dass die Länder im Rahmen der GAK fördern. Das tut also nicht nur Niedersachsen, sondern eine breite Palette von Ländern fördert in dem gleichen Rahmen wie wir. Das ist - lassen Sie uns nicht über 5 Euro je Hektar streiten - relativ einheitlich.

Wenn Sie es nicht an der Summe, sondern an der Prämie pro Hektar festmachen wollen, dann sind es mit der zusätzlichen Umstellungsprämie statt 382 Euro 512 Euro.

Ich sage noch einmal ganz deutlich: Die Betriebe müssen sehen, dass die Chancen im Markt liegen. Sie dürfen ihre Entscheidung, ob sie umstellen oder nicht, von diesen zwei Jahren abhängig machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke. - Der nächste Redner ist Herr Minister Ehlen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich darüber, dass wir die beiden Anträge heute hier beraten. Ich darf vorwegschicken: Ich habe Sie seinerzeit zwar nicht zur BioFach tragen müssen, wenn ich das einmal so sagen darf, aber ich habe Sie zumindest ermutigt, dorthin zu fahren.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Der Vor- schlag kam von uns! Das ist im Proto- koll nachzulesen!)

- Frau Stief-Kreihe, wenn Sie noch nicht einmal abkönnen, dass ich hier klarstelle, dass ich gesagt „fahrt doch mal zur BioFach und guckt euch das an“, wenn Sie so ärmlich denken, dann tun Sie mir leid.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind also zur BioFach gefahren. Ich bin mittlerweile zum fünften Mal dort gewesen und habe damit das, was mein Vorgänger Uwe Bartels begonnen hat, fortgeführt. Dies zeigt, dass die Landesregierung die Befindlichkeiten all derer, die sich mit Ökoproduktion und Bioproduktion beschäftigen, sehr ernst nimmt.

Meine Damen und Herren, in Niedersachsen werden ca. 65 000 ha nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet, von rund 1 200 Betrieben. Hinzu kommen noch etwa 750 Unternehmen, die ökologische Lebensmittel verarbeiten oder vertreiben. Diese Zahlen sind positiv.

Herr Klein, Frau Stief-Kreihe, Sie haben gerade die Funktionärsebene vertreten. Die Kollegen Große Macke und Kollegen Oetjen haben hingegen die betriebliche Ebene vertreten, die sagt: Bleibt uns mit eurer Förderung vom Hals, wir wollen uns am Markt behaupten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was die Höhe der Förderung angeht, sind hier einige Vorschläge gebetsmühlenartig wiederholt worden. Dazu, meine Damen und Herren, darf ich nur daran erinnern - das habe ich hier aber auch schon einmal im Dezember gesagt -: In vielen Bundesländern wären die 137 Euro ganz weg gewesen, wenn sich Niedersachsen nicht so sehr dafür eingesetzt hätte, sie für weitere fünf Jahre beizubehalten.

(Beifall bei der CDU)

Mein Staatssekretär, Herr Ripke, hat hier die Initiative ergriffen. Anders als Niedersachsen stehen anderen Bundesländern im jetzigen Förderzeitraum ja nicht mehr so viel EU-Mittel zur Verfügung wie im letzten Förderzeitraum; die meisten Länder müssen ihre Mittel um rund ein Drittel streichen, weil die EU-Förderung zurückgefahren worden ist. Deshalb haben - bis auf die reichen süddeutschen Länder - fast alle anderen Länder diese Förderung gestrichen. Von daher findet die Diskussion gerade auf einer völlig falschen Ebene statt. Niedersachsen wird sich auch weiterhin für seine Bio- und

Ökobetriebe einsetzen und sie in der Umstellungsphase begleiten.

Ich möchte das, was Herr Große Macke und Herr Oetjen hier richtigerweise schon gesagt haben, nicht wiederholen. Eine Verlängerung der Antragsfrist ist meiner Ansicht nach nicht notwendig. Man kann einen kompletten Betrieb nicht innerhalb einer sehr kurzen Zeit auf eine neue Schiene bringen. Dazu gehört nämlich auch, dass man sich zuvor entsprechende Gedanken macht und Berechnungen über das Einkommen in der Umstellungsphase und in der Zeit danach, in der also richtig für den Biomarkt produziert wird, anstellt.

Im Agrarinvestitionsförderprogramm werden für jeden Landwirt in Niedersachsen die gleichen Förderbedingungen dargestellt. Es gibt keine Extradinge für den einen oder den anderen Bereich.

Meine Damen und Herren, wir können feststellen - darüber freuen wir uns auch -, dass Bionahrungsmittel heutzutage keine Nischenprodukte mehr sind, sondern in den Supermärkten neben den konventionellen Nahrungsmitteln im gleichen Kühlregal liegen. Wie wollen Sie eigentlich den Verbrauchern klarmachen, dass das eine Produkt gefördert wird - z. B. beim Schweinefleisch -, das andere aber nicht? Gerade die Landwirte, die in der Veredelungsproduktion tätig sind, wollen sich am Markt orientieren und nicht am Tropf des Staates hängen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie damit ihre Investitionen retten könnten.

Frau Stief-Kreihe, ich lasse mir meine Aktivitäten im Rahmen der Werbung für den Bio- bzw. den Ökolandbau von Ihnen und Ihren komischen Wahrnehmungen nicht kaputtmachen.

(Beifall bei der CDU)

Der erste Betrieb, den ich in meiner Amtszeit besucht habe, war ein Ökobetrieb. Ich habe sehr viele Freunde, die mich in meiner berechenbaren Politik für die niedersächsische Landwirtschaft bestätigen.

Meine Damen und Herren, wir haben in der mittelfristigen Finanzplanung weitere Mittel für die Finanzierung der Werbung für den Ökolandbau eingestellt. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage können wir dafür leider nicht mehr Mittel vorsehen, obwohl wir es gern tun würden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Meyer?

Herr Minister, aber Sie werden doch bestätigen, dass auf der BioFach fast jeder Standbetreiber gesagt hat, dass es angesichts der großen Nachfrage und des zu geringen Angebots an Bioprodukten hier in Niedersachsen dringend erforderlich wäre, dass mehr Betriebe ihre Produktion umstellen. Für die Umstellungsphase - um die geht es hier - ist eine Kürzung der Beihilfe aber außerordentlich kontraproduktiv, weil in der Konsequenz dann weniger Betriebe umstellen, als eigentlich umstellen könnten. Was ist das Ergebnis? - Wir importieren Lebensmittel nach Niedersachsen, um die hier vorhandenen Bedürfnisse zu befriedigen. Das ist einem Agrarland Nummer eins, das Niedersachsen ja sein will, nicht angemessen.

Herr Kollege Meyer, wir können uns die einzelnen Stationen unseres Besuchs bei der BioFach gern noch einmal vor Augen führen. Ich war schon vor und auch nach dieser Messe in vielen Betrieben. Erst letzte Woche war ich bei der Firma Petri, die diesen tollen Käse herstellt. Da muss man auch einmal fragen - in der Regel sind das ja Verarbeiter oder Vermarkter -, was beim Bauern ankommt. Ich glaube, das ist der eigentliche Schlüssel.

Eine normale Ökoproduktion muss für ihre Produkte um 30 % bis 50 % höhere Preise erzielen als ein konventioneller Betrieb. Der Markt in Deutschland gibt aber nicht mehr als 20 % her. Das heißt, für den Landwirt, der seinen Betrieb umgestellt hat oder noch umstellen wird, wird die Marge so klein, dass er nach der Umstellung weniger verdient, als er zuvor als konventionell wirtschaftender Landwirt verdient hat.

Das Problem liegt darin, dass man sich auf die Ebene der großen Verbrauchermärkte begeben

hat. Dort gilt dann für die Ökoprodukte genau das, was auch für die konventionellen Produkte gilt. Auch dort wird - obwohl für die Ökoprodukte eine höhere Wertigkeit verbucht werden kann, wie es der Kollege Große Macke gesagt hat - immer noch auf den Preis geguckt. Wenn der Preis für ein Ökoprodukt um 20 % über dem Preis für ein konventionelles Produkt liegt, bricht die Menge ein. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Diese Situation stellt für die Landwirte einen viel größeren Hinderungsgrund dar als die Umstellungspauschale.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch eines sagen. Wir haben eine Tendenz zum Markt. Die Leiter auch der Ökobetriebe wollen den Markt. Sie haben insofern gelernt. Deshalb tut die Politik meiner Meinung nach gut daran, dafür zu sorgen, dass Markt stattfindet und dass die Betriebe ihre Ergebnisse aufgrund guter Aktivitäten auf dem Markt verbessern, statt - ich sage es noch einmal - am Tropf des Staates hängen zu müssen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Ehlen. - Um zusätzliche Redezeit hat Herr Oetjen gebeten. Herr Oetjen, Sie haben eineinhalb Minuten.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Da ich meine Antwort auf die Kurzintervention von Herrn Klein nicht ganz zu Ende führen konnte, möchte ich jetzt noch ein Argument anführen.

Die Umstellung eines Betriebes vom konventionellem auf ökologischen Landbau ist keine Entscheidung, die man mal so schnell von jetzt auf gleich trifft. Nein, das ist für eine Familie, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb wirtschaftet, eine Entscheidung fürs Leben. Deshalb geht es aus meiner Sicht um viel mehr als um 137 Euro pro Hektar in zwei Jahren. Wenn wir wirklich wollen, dass in Zukunft mehr Betriebe als bislang umstellen, dann müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir diese Betriebe begleiten. In diesem Zusammenhang geht es um mehr Informationen darüber, welche Marktchancen diese Betriebe haben. - Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Rolf Meyer [SPD]: Das ist ja richtig! Aber die Kürzungen sind doch kont- raproduktiv!)

Nächste Rednerin ist Frau Stief-Kreihe. Sie haben noch eine Restredezeit von zwei Minuten und 20 Sekunden.

Herr Minister, mich macht wütend, dass Sie hier ständig so tun, als wären Sie der Retter der Umstellungsprämie. Was Sie hier verbreiten, ist doch nun wirklich eine Mär. An anderer Stelle haben Sie davon gesprochen, dass man versucht hat, innerhalb der norddeutschen Länder zu einer einheitlichen Prämienregelung zu kommen. Sie begründen das immer damit, dass Schleswig-Holstein aussteigen wollte, und erklären Herr Ripke zum Retter des Biolandbaus in den norddeutschen Ländern.

Auch Sie könnten genauso wie Bayern selbstverständlich eine Bereitstellungsprämie von 190 Euro pro Hektar zahlen. Auch Sie könnten genauso wie Sachsen selbstverständlich eine Umstellungsprämie in Höhe von 262 Euro pro Hektar auflegen. Daran hindert Sie kein Mensch.

(Zuruf von der CDU: Doch, die Schul- den Niedersachsens!)

Deshalb sollten Sie hier nicht immer solche Dinge erzählen.

Darüber hinaus - das habe ich bereits deutlich gesagt - ist Niedersachsen im Gegensatz zu Bayern und anderen Ländern ein Land, das über die EU-Förderung nun wirklich am meisten Geld für diesen Zweck zur Verfügung hat. Von daher könnten Sie die Umstellungsprämien entsprechend erhöhen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Klein hat ebenfalls um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Klein, Sie haben eineinhalb Minuten.

Ich möchte die eineinhalb Minuten nutzen, um noch einmal kurz auf zwei Argumente einzugehen, die der Minister genannt hat.