Einsparungen sind in vielen Bereichen nötig, und „diesmal“ muss auch das Staatstheater Hannover seinen Beitrag leisten.
Ein Etatansatz, der für 2003 bei 47 Millionen Euro liegt, wird bisher mit Ausgaben in Höhe von 53 Millionen Euro belegt. Das ist eine Etatüberscheitung von 6 Millionen Euro.
Da kommen nun folgende Fragen auf: Mit welcher Selbstverständlichkeit werden diese Etatüberschreitungen überhaupt geplant bzw. in Kauf genommen? Wie erklären Sie den Menschen, die nicht im Großraum Hannover leben, den Bürgerinnen und Bürgern also, wie Sie deren Anspruch auf Kultur nachkommen? Oder hat ein Mensch aus Ostfriesland, aus der Lüneburger Heide, aus dem Harz etc. etwa kein Anrecht auf entsprechende Kultur vor Ort? - Dies bitte ich auch einmal zu berücksichtigen.
Nun noch zum Stichwort „Abschied von den Ambitionen“. Meine Damen und Herren, wir würden es außerordentlich begrüßen, wenn sich die Ambitionen der Staatstheater auch auf die Einhaltung ihrer Etats erstrecken würden. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, dass das, was wir in den letzten Wochen in punkto Staatstheater erlebt haben, nichts anderes war als Sparpolitik ohne jeglichen kulturpolitischen Sinn und Verstand.
Da wurde in Wildwestmanier aus der Hüfte geschossen, ohne sich Gedanken darüber zu machen oder ohne konzeptionelle Vorstellungen davon zu haben, welche Auswirkungen die Sparvorgaben überhaupt haben. Allein für die Häuser in Hannover wären das 15 Millionen Euro in drei Jahren.
Ich glaube, niemand behauptet ernsthaft, dass Staatstheater nicht in die Einsparbemühungen des Landes einbezogen werden sollten. Ich bin auch der Meinung, dass es in dieser Frage keine Tabus geben darf. So muss es z. B. auch erlaubt sein, die Frage aufzuwerfen, ob es berechtigt ist, dass Hannover nicht mit einem Eigenanteil am Staatstheater beteiligt ist. Das soll aber nicht heißen, dass eine Landeshauptstadt nicht ein Kulturprogramm vorhalten müsste, das überregionale Ausstrahlungskraft hat, und dass sich ein Land daran nicht auch entsprechend beteiligen müsste. Aber es wäre doch zumindest wünschenswert, eine vergleichende Gesamtbilanz zu haben, in der die anderen Oberzentren einmal mit Hannover verglichen würden.
Was auch ein Ende finden muss, ist die Schizophrenie der Tarifpolitik, d. h. dass die öffentliche Hand als Arbeitgeberin mit den Gewerkschaften Tarifsteigerungen beschließt, diese aber nicht an die Häuser weitergibt.
Dass sich dort die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter öffnet, ist eine zwangsläufige Folge, und das bei einem Personalkostenanteil von 85 %.
Es ist zumindest schon einmal erfreulich zu hören, dass es in dieser Frage seit gestern wohl Bewegung gibt. Aber eines steht auch fest: Die Zusage, die zusätzlichen Ausgaben für ein Jahr zu übernehmen, wird den Theatern wenig weiterhelfen.
Es wäre übrigens auch schön, wenn dieses Angebot nicht nur den Häusern in Hannover, sondern auch in Braunschweig und Oldenburg gemacht würde.
Jedenfalls geht es nicht an, den Theatern aus haushaltspolitischer Notwendigkeit heraus eine Nummer vorzugeben - nach dem Motto: „Das ist die Einsparsumme, die ihr jetzt zu erbringen habt“ -, ohne ein kulturpolitisches Konzept zu haben und vor allen Dingen ohne eine fachliche und inhaltliche Begründung dafür zu geben, warum die Summe so ist, wie sie ist. Wenn man so vorgeht, riskiert man sehr schnell, in die Zweitklassigkeit abzudriften, und das in einer Situation, in der alle
Häuser inzwischen einen Zuschauerzuwachs zu verzeichnen haben, in der wir es geschafft haben, jüngere Menschen wieder ins Theater zu holen, und in der die beiden Theater in Hannover längst mit anderen großen Häusern auf nationaler und internationaler Ebene konkurrieren können. Und in einer solchen Situation dann auch noch den Leistungsträger, nämlich den Intendanten Wilfried Schulz, womöglich abziehen zu lassen, wäre aus meiner Sicht kulturpolitisch fatal.
Natürlich gilt, dass betriebswirtschaftliche oder haushaltspolitische Überlegungen künstlerischen nicht nachzustellen sind; das ist keine Frage. Aber betriebswirtschaftliche Überlegungen, die ihre Folgewirkungen auf die Qualität der Leistungen oder der Produkte nicht einbeziehen, sind wenig hilfreich.
In diesem Sinne erwarten wir von der Landesregierung, dass sie gemeinsam mit den Theatern Einsparmöglichkeiten festlegt und nicht gegen sie. Wenn es in diesem Zusammenhang hilfreich ist, dass das Ganze zur Chefsache erklärt wird, dann soll uns das nur recht sein; das ist ja schon einmal aufgegangen -. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Gerade wurde mir aus dem linken Flügel des Hauses zugeraunt: „Schon mal im Theater gewesen?“ Ich bin wahrscheinlich einer der ganz wenigen hier im Hause, die schon einmal als Darsteller auf der Opernbühne gestanden haben.
(Oh! und Beifall bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN - Sigmar Gabriel [SPD]: Herr Kollege, das ha- ben alle hier schon mal! - Rebecca Harms [GRÜNE]: Singen - Bernd Althusmann [CDU]: Ihr dürft ihn nicht reizen, sonst macht er das! Er singt gleich!)
Außerdem besuche ich sehr gerne die Aufführungen sowohl der staatlichen Theater dieses Landes, der freien Bühnen als auch der staatlich bezuschussten Bühnen. Bislang habe ich aber nicht feststellen können, dass es eine unmittelbare Korrelation zwischen der Höhe eines staatlichen Zuschusses für ein Haus und der Qualität der einzelnen Aufführung gibt.
Wenn Sie es also heute für notwendig halten, auch beim Punkt Theater das Spiel mit uns zu spielen, dass Sie uns im Einzelnen vorrechnen, wo wir sparen müssen, um den desolaten Haushalt des Landes Niedersachsen wieder auf die Beine zu bringen, dann erwarten wir, dass Sie das in vielen, vielen anderen Punkten auch noch tun werden. Allerdings haben Sie 9 respektive 13 Jahre verstreichen lassen, ohne entscheidende Weichen zu stellen.
13 Jahre lang - oder auch 9 Jahre lang, je nachdem, wie Ihre Zeitrechnung beschaffen ist - haben Sie es versäumt, Gespräche mit den Staatstheatern mit dem Ziel zu führen, die Strukturen so zu ändern, dass sie nachhaltig sind. Wir können es uns im Jahre 2003 im Lande Niedersachsen nicht erlauben, das Gespräch mit den Häusern so zu führen, dass wir uns Kürzungen mit dem Argument „Dann gehe ich eben“ wieder abhandeln lassen, sondern wir müssen von den Theatern ebenso wie von vielen, vielen anderen Einrichtungen im Lande Sparbeiträge erwarten.
Wir müssen - und dafür müssen wir mit den Intendanten sprechen - den Sachverstand dieser Häuser herbeiholen, um zu erfahren, wie wir gute Produktionen künftig schlanker auf die Bühne bringen können. Wir sollten beispielsweise alle miteinander einmal den Fundus der Staatsoper besuchen und uns dort anschauen, wie viele hochwertige Bühnendekorationen und Kostüme für eine Produktion erstellt worden sind und dort nunmehr zum Teil seit Jahrzehnten im Keller hängen und nie wieder angefasst worden sind. Was ist das für ein gebundenes Kapital! Vielleicht fällt es ja der Staatsoper und auch den anderen staatlich geförderten Häusern des Landes ein, wie diese ungehobenen Schätze mit marktwirtschaftlichen Instrumenten zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen verwendet werden können.
Überdies haben wir es bis auf den heutigen Tag in der Staatsoper und im Staatstheater mit der Situation zu tun, dass Sie, wenn Sie dort Chorsänger oder Solist sind, nach Wunsch und Willen des Intendanten zu jeder Tages- und Nachtzeit zu Überstunden bereit sein müssen, bis die Stimme und die Physis ruiniert sind. Wenn Sie hingegen Bühnenarbeiter sind, können Sie entsprechend dem Tarifvertrag von einer bestimmten Minute an Überstundenzuschläge verbuchen. Das ist für denjenigen, der es bekommt, natürlich sehr angenehm, hat aber mit den Realitäten des Theaterbetriebes nur sehr wenig zu tun. - Hier gibt es also noch einen sehr großen Spielraum.
Wir werden die Probleme sicherlich nicht innerhalb eines Jahres lösen können, aber wir beginnen jetzt damit, im Gespräch mit den Theatern inhaltlich das nachzuarbeiten, was Sie über viele, viele Jahre versäumt haben.
Ich möchte der Rede, die ich eben gehalten habe, zwei Punkte hinzufügen. Den einen hat Frau Dr. Heinen bereits genannt: Natürlich müssen auch die Staatstheater sparen, und natürlich muss man sich die Frage stellen, ob die großen Tanker - wie es die Staatstheater nun einmal sind - hinsichtlich ihrer Etatbindung auf Dauer so weiter arbeiten dürfen wie bisher. Darüber herrscht, glaube ich, im gesamten Hause auch Konsens. Aber, Herr Minister Stratmann - Frau Trost hat das eben leider auch noch einmal aufgenommen -, ich warne inständig vor einer Polarisierung von Stadt und ländlichem Raum. Diese hilft weder der Kulturpolitik noch den Staatstheatern, noch dem ländlichen Raum.
Frau Trost, vielleicht prüfen Sie das noch einmal: Sie haben gesagt, nur die Staatstheater in Hannover werden vom Land finanziert, und all die anderen müssen sich selbst finanzieren.
Sie wissen, dass sich Braunschweig und Oldenburg an der Finanzierung ihrer Theater beteiligen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft.
Die alte Landesregierung hat es sehr sensibel vermieden, dieses fragile Gleichgewicht zwischen Stadt und ländlichem Raum in irgendeine Richtung zu belasten. Sie, Herr Minister Stratmann, fangen hingegen mit Schuldzuweisungen und einer Polarisierung an.
Ich bitte Sie: Hören Sie damit auf! Denn: Auf der einen Seite braucht sich die Kultur im ländlichen Raum von ihrer Qualität her nicht zu verstecken. Diese wird auch entsprechend gefördert. Auf der anderen Seite haben wir das Staatstheater in Hannover. Hannover ist die Landeshauptstadt, und deshalb gibt es auch ein großes Landesinteresse daran. Ich wäre froh, Frau Trost, wenn Sie das so mitnehmen würden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bührmann, zunächst einmal bin ich sehr froh darüber, dass Sie ganz zum Schluss doch noch darauf hingewiesen haben, dass es in diesem Haus offensichtlich keinen Unterschied in der Beurteilung der Entscheidung gibt, dass auch die großen Kultureinrichtungen unseres Landes - also auch die Staatstheater - an den Kürzungsbeschlüssen beteiligt werden. Das ist, wie ich finde, schon einmal etwas, was dazu beitragen kann, diese Diskussion etwas gelassener zu führen.
Nun werde ich das tun, was auch Sie bereits in Ihrer Eingangsrede getan haben, weil ich davon überzeugt bin, dass es so ist: Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Staatstheater dafür bedanken, dass sie in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet haben und dies auch jetzt noch tun.