(Joachim Albrecht [CDU]: Das kommt doch in den Medienausschuss! Sie müssen das hier nicht vortragen!)
Frau Präsidentin! Lieber Kollege Albrecht, wenn Sie sich ein bisschen besser informiert hätten, dann wüssten Sie, dass mir niemand einen solchen Antrag aufschreiben muss.
- Doch, das haben Sie gerade gesagt; Sie sagten, ich solle meinen Informanten in der Landesmedienanstalt, der mir diesen Antrag geschrieben hat, informieren. Sie sollten wissen, dass ich stellvertretende Vorsitzende der Landesmedienanstalt bin. Deshalb bin ich direkt an den Themen dran und weiß, wovon ich rede. In dem „Runden Tisch Medienkompetenz“ passiert seit Jahren nichts. Die Koordinierung ist nicht möglich, weil aus den Ministerien nichts kommt bzw. weil mehr gestoppt als zusammengearbeitet wird.
Die Mittel der Landesmedienanstalt für diesen Bereich können nicht ausgeschöpft werden, weil die Zuarbeit aus den Ministerien fehlt. Einmalig 200 000 Euro einzusetzen, ist kein Beleg dafür, dass Sie das als eine kontinuierlich wahrzunehmende Gesamtaufgabe ansehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Wiegel, ich habe ausdrücklich gesagt, dass der Kollege der Landesmedienanstalt Sie zu diesem Antrag inspiriert hat; ich habe nicht gesagt, dass er Ihnen den Antrag aufgeschrieben hat. Sie müssen zuhören!
Zweitens. Die Informationen, die mir auch aus dem Bereich, den Sie eben zitiert haben, vorliegen - wenn ich die Protokolle nachlese, muss ich das feststellen -, weisen darauf hin, dass es eben nicht nur an den Ministerien liegt, sondern eben auch daran, dass in der Fläche des Landes Projekte, die gefördert werden könnten, gar nicht in dem Maße vorhanden sind.
- „Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis.“ Neudeutsch sagt man: Dann bilde ich Netzwerke. Das bedeutet
doch nichts anderes, als dass Sie im Grunde nicht wissen, wie Sie weitermachen sollen. - Wir haben andere Ansätze und werden die auch verfolgen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Hintergrund dieses Antrages sind zwei Phänomene, die die Vorrednerin und der Vorredner angesprochen haben.
Der eine Anlass ist die unglaublich starke Dynamik und Entwicklung im Bereich der neuen Medien. Darüber haben wir heute schon einmal gesprochen. Wir haben Digitalisierung. Wir haben neue Techniken. Wir haben im Internet momentan die Entwicklung zum sogenannten Web 2.0; Empfänger werden zugleich Sender. Das alles ist eine unglaublich spannende und rasante Entwicklung.
Jede Technik muss - das wissen wir - reflektiert werden, muss überdacht werden, hat ihre Vor- und ihre Nachteile. Es muss politisch darüber nachgedacht werden, wie wir damit umgehen. Die Technik bedeutet neue Chancen, neue Möglichkeiten; aber es ist nicht alles nur positiv, was sich da entwickelt. Bei den neuen Medien haben wir es auch mit Problemen wie PC-Sucht, Onlinesucht, Cyberkriminalität und dem Verlust von Datensicherheit zu tun. Alles das muss der politische Prozess reflektieren.
Der andere Anlass, warum wir heute über Medienpädagogik und Medienkompetenz sprechen, ist die, wie ich finde, ziemlich hysterische, marktschreierische Debatte, die wir in diesem Land über Gewaltphänomene im Zusammenhang mit dem PC geführt haben. Den Hintergrund hat ein sehr tragischer Anlass gebildet, nämlich ein Amoklauf in Emsdetten. Nach ihm hat sich leider in erster Linie der Innenminister bemüßigt oder verpflichtet gesehen, zu dieser Debatte etwas zu sagen. Was da verlautbart worden ist, war - das ist ärgerlich - leider ziemlich simpel und ziemlich einfach. Es hieß nämlich: Wir haben auf dem Markt zu viel Gewalt. Deswegen muss ein Verbot her, mit dem man das alles regeln kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so einfach kann man es sich in dieser Debatte eben nicht machen. Jedenfalls die Fachwelt - viele Entwicklungspsychologen, Medienwissenschaftler und Pädagogen - hat gesagt, dass ein strengeres Verbot im Bereich der Gewaltspiele am Computer relativ wenig bringt. Denn es besteht heute schon ein Verbot. Man kann dem Innenminister also nur raten, einen Blick in das Gesetz zu werfen; das erleichtert die Rechtsfindung. Das zentrale Problem auf dem ganzen Feld von Computerspielen und Gewalt ist ein Vollzugsdefizit. Kinder und Jugendliche kommen an viele Spiele relativ leicht heran, die gar nicht für ihr Alter geeignet sind. An solche Spiele heranzukommen, ist heute ein Leichtes. Das ist - dies muss man ehrlich sagen die Schattenseite der Globalisierung und des Internets. Ich hätte mir gewünscht - dazu bietet der vorliegende Antrag eine Möglichkeit -, dass wir die Debatte über neue Medien, Gewalt und Jugendmedienschutz etwas differenzierter und sachlicher führen, als es jedenfalls Herr Schünemann getan hat. Deswegen ist es auch ganz gut, dass der Landtag heute noch einmal darüber redet.
Jetzt noch einmal zu dem SPD-Antrag: Ich finde es gut, dass so etwas wie eine konzertierte NeueMedien-Pädagogik, eine Medienkompetenzinitiative gefordert wird. Das ist richtig. Auch wenn das Land schon eine ganze Menge in diesem Bereich macht und wenn schon vieles auf den Weg gebracht ist, bleiben wir aufgerufen, vieles zu verbessern.
Der Bereich der Lehrerfortbildung ist dabei ganz zentral. Natürlich wird sie schon praktiziert. Aber man muss sie meiner Meinung nach ausbauen. Denn wir wissen aus vielen Studien, dass es immer noch viele Pädagogen gibt, die mit den neuen technischen Möglichkeiten der Medien nur relativ unzureichend umgehen können. Dabei gibt es große Wissenslücken. Wir wissen aus den Studien, dass Eltern und auch Lehrer bei dieser Sache oftmals wie Blinde von der Farbe reden und gar nicht richtig wissen, wie diese neuen Techniken überhaupt funktionieren, wie die Kinder damit umgehen, was die Faszination von Computerspielen ausmacht und wie die neuen Onlinewelten funktionieren. Dabei reicht es eben nicht, einfach pädagogisch zu sagen: Lese mal wieder ein Buch, oder spiele ein Instrument! - Vielmehr muss man sich damit auseinandersetzen, wie diese neuen Kulturtechniken funktionieren.
Das ist spannend und eigentlich einzigartig in der Menschheitsgeschichte: Es gibt neue Kulturtechniken, mit denen die jüngere Generation viel besser, intensiver und schneller umzugehen vermag als die ältere Generation. Das macht wohl ein bisschen die Unsicherheit deutlich.
Mehr Lehrerfortbildung in diesem Bereich zu fordern, kann also gar nicht falsch sein. Darüber müssen wir im Ausschuss diskutieren. Wir müssen sagen, was wir zusätzlich auf den Weg bringen können.
Ein Lob an die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen: Natürlich ist es gut, Elternmedientrainer auf den Weg zu bringen. Es ist auch vernünftig, dass Sie im Nachtragshaushalt mehr Mittel hierfür lockergemacht haben. Denn wir haben auf diesem Gebiet ein zentrales Problem.
Aber gleichzeitig ist - das muss man wiederum kritisieren - z. B. das mobile Kino in Niedersachsen in einer äußerst prekären Situation. Es macht eine sehr gute medienpädagogische Arbeit im Kinderbereich. Seine Bezuschussung ist jetzt auf Projektförderung umgestellt worden. Die Abwicklung bzw. das ganze Verfahren zu bürokratisieren, ist äußerst kritisch. Das sollte die Landesregierung auf jeden Fall noch einmal überdenken.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Auch über den Jugendmedienschutz sollten wir im Ausschuss noch einmal diskutieren. Es ist eine ganz wichtige Frage, ob wir den Jugendmedienschutzstaatsvertrag noch einmal novellieren und modernisieren. Auch über den einen oder anderen Punkt, den ich jetzt leider nicht mehr anbringen kann, müssen wir im Ausschuss noch einmal diskutieren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal begrüße ich es sehr, dass die SPD-Fraktion beantragt hat, die Federführung dem für Medien zuständigen Ausschuss zu übertragen. Dort ist sie auch meiner Meinung nach besser aufgehoben. Auch vielen Aussagen des Kollegen Briese kann ich durchaus folgen.
Im Kern haben wir es bei dem SPD-Antrag zu Recht mit zwei Punkten zu tun, die aber in der Diskussion auseinandergehalten werden müssen.
Der Antrag betrifft zum einen natürlich den Bereich der Vermittlung von Fähigkeiten, mit den verschiedenen Medien umzugehen. Das bedeutet ganz schlicht und einfach, den Wert von Nachrichten und Bildern kritisch bewerten zu können, sicher und souverän mit dem Internet umgehen zu können, aber auch mit den herkömmlichen Textmedien umgehen zu können - auch das kann nicht jeder -, das Wissen über die Organisation der Medienwelt weiterzugeben und den selbstbewussten Einsatz von Medien in verschiedenen Situationen zu erlernen. Wenn ich die bisherige Diskussion richtig verstanden habe, sind wir uns in der Hinsicht über die Fraktionsgrenzen hinweg einig.
Die entscheidende Voraussetzung für die Vermittlung von Medienkompetenz an die Jugendlichen ist - dies hat Herr Briese zuletzt noch angebracht eine entsprechende Qualifikation der Lehrkräfte. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Sie fordern medienpädagogische Inhalte als Bestandteil der Ausbildung der Lehrkräfte. Dazu muss ich Ihnen allerdings sagen: Das ist schon zurzeit Fakt. Wir haben das in einer ziemlich umfassenden Weise in der ersten und der zweiten Ausbildungsphase und auch in der Fortbildung verankert.
Weiterhin fordern Sie, dass die Medienpädagogik in die Unterrichtsrahmenpläne aufgenommen wird. Auch das ist zurzeit der Fall. Das wird bereits umgesetzt. Herr Albrecht hat das angedeutet. Schauen Sie sich die einzelnen Kerncurricular an! Beispielsweise beim Fach Deutsch ist der Umgang mit den verschiedenen Medien - mit den alten wie mit den neuen - als Unterrichtsinhalt festgeschrieben. Beispielsweise sollen die Schüler in den Klassen 7 und 8 der Realschule Informationen aus verschiedenen Quellen einholen und auswerten, und sie sollen eine differenzierte Haltung zum Informations- und Wahrheitsgehalt von Medien entwickeln. Das ist bereits Gegenstand des Unterrichts. Also
ist diese Forderung von Ihnen ein bisschen überflüssig. Außerdem haben wir das im Orientierungsplan insgesamt festgeschrieben.
Ferner betrifft Ihr Antrag den Jugendmedienschutz. Es geht insbesondere darum, dass Jugendliche im Umgang mit Computerspielen Medienkompetenz entwickeln und lernen, damit verantwortungsvoll umzugehen. Diesen Punkt kann man zwar in der Schule behandeln. Auch ein Maßnahmenpaket, wie Sie es fordern, könnte man entwickeln. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das insgesamt zielführend ist. Ich möchte das bezweifeln. Computerspiele sind zunächst einmal Bestandteile der Freizeitgestaltung. Sie werden von Jugendlichen in erster Linie zu Hause gespielt. Die Schule ist nicht der Ort, an dem wir uns in erster Linie um die Freizeitgestaltung kümmern. Das heißt aber nicht, dass man nicht auch an Schulen auf die Gefahren von Computerspielen hinweisen und auf eine gemeinsame Auseinandersetzung mit Computerspielen hinwirken könnte. Viel wichtiger ist aber in diesem Zusammenhang, die Eltern anzusprechen. Eigentlich sollten sie es sein, die zuerst merken, wenn sich ihre Kinder in der Freizeit nur noch mit Computern beschäftigen. Also ist in erster Linie das Elternhaus gefragt. Die Stärkung der Medienkompetenz ist bei den Eltern genauso wichtig wie in der Schule.
Ich halte es für richtig, das Thema im für Medien zuständigen Ausschuss weiter zu diskutieren. Wir wollen dies aktiv tun. Aber wir sind auch gern bereit, diese Fragen im Zusammenhang mit Schulpolitik und Bildungswesen anzusprechen.
Vielen Dank. - Als Nächster hat für die Bundesregierung, nein, für die Landesregierung Herr Minister Busemann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema „Vermittlung von Medienkompetenz“ ist natürlich außerordentlich wichtig, speziell für den
Schulbereich und die frühkindliche Bildung, aber auch generell. Eigentlich bräuchte ich über eine halbe Stunde Redezeit, um all das darzulegen, was auf diesem Felde schon stattfindet. Ein Teil davon ist bereits angesprochen worden. Wenn ich diese 30 Minuten hätte, würde ich Ihnen in großer Breite erzählen, dass eine Rahmenvereinbarung mit der Landesmedienanstalt ansteht, auf deren Basis es zu einer guten Zusammenarbeit kommen wird. Ich könnte Ihnen ferner erzählen, wie wir die Vermittlung von Medienkompetenz in der Lehrerausbildung in den letzten Jahren deutlich nach vorn gebracht haben. Es klang bereits an, dass auf diesem Gebiet einiges passiert ist. Eigentlich müssten wir uns auch lange über Medienpädagogik sowie darüber unterhalten, was an den Schulen - von den Kleinsten bis zu den Größten - stattfindet; die Kollegen haben es angesprochen. Ich würde Ihnen auch erzählen, wie wichtig der Jugendmedienschutz ist
und wie die Regierung in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft das Optimale und Bestmögliche macht. Ich würde Einzelmaßnahmen ansprechen müssen und Ihnen etwa darlegen, wie wir uns jetzt mit neuer Zielvorgabe um n-21, damals noch zu SPD-Regierungszeiten eingeführt, kümmern und die Mittel dafür erhöhen wollen. In diesem Zusammenhang gebe ich Ihnen bekannt, dass am 20. Juni eine Landeskonferenz „Medienbildung“ stattfinden wird, die ich Ihrer Aufmerksamkeit anempfehle, weil wir dort all das auch von unserer Seite vertiefen werden. Wie gesagt, ich könnte Ihnen in etwa 30 Minuten darlegen, was alles stattgefunden hat und stattfinden wird. Nun sehe ich bei Ihnen einen reduzierten Drang im Hinblick auf lange Reden.