Herr Minister Ehlen, Sie sehen die grüne Gentechnik als Zukunftstechnologie. Ich frage Sie angesichts dessen: Wie bewerten Sie einerseits die massiven Absatzverluste, die amerikanische und kanadische Bauern wegen gentechnisch veränderter Organismen überhaupt und wegen gentechnischer Verunreinigungen hatten? Wie bewerten Sie andererseits die Marktchancen, die sich durch Sicherstellung gentechnisch freier Ware ergeben würden, in Anbetracht der gestiegenen Nachfrage, vor allem in Europa?
Frau Kollegin Steiner, in den USA und auch in anderen außereuropäischen Ländern wurde gerade zu Beginn der Einführung transgener Pflanzen sehr, sehr wenig reglementiert. Es wurde auch kaum Sicherheitsforschung betrieben. Deshalb haben diese Länder einen Nachholbedarf, den die Verbraucher dort heute einfordern. Das ist für mich eigentlich selbstverständlich.
In Europa arbeiten wir unter vollständig anderen Bedingungen. Die sind mit denen in den USA nicht vergleichbar. Es gibt zurzeit außer in Spanien mit ca. 25 000 ha Maisanbau mit transgenen Pflanzen keinen anderen kommerziellen Anbau. Das wissen Sie auch. Die Risikobeurteilung transgener Eigenschaften vor der Zulassung erfolgt unter Einbeziehung strenger, wissenschaftlich abgesicherter Methoden. Es gibt Monitoringversuche zur Aufbereitung transgener Eigenschaften und Untersuchungen zum artübergreifenden Gentransfer.
Meine Damen und Herren, wir haben in Europa ein völlig anderes Sicherheitskonzept. Das, was es in Europa gibt, muss in den USA und erst recht in den anderen außereuropäischen Ländern zunächst einmal erreicht werden. Die Einforderung eines höheren Sicherheitsstandards kann ich deshalb nachvollziehen. Das kann aber nicht Anlass für die Argumentation sein, dass wir uns den Verbraucher in den USA als Vorbild nehmen, uns zu positionieren. Wir sollten auf unsere deutsche, auf unsere europäische Gesetzgebung vertrauen, und dann sind wir auf der sicheren Seite.
Herr Minister, Sie argumentieren immer mit dem Verbraucher. Es hat in den letzten Jahren etliche Umfragen in europäischen Ländern, auch in der Bundesrepublik, gegeben. Dabei hat sich immer wieder herausgestellt,
dass Mehrheiten bei uns gegen das In-VerkehrBringen von gentechnisch veränderten Organismen und auch gegen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel sind. Sonst sagen Sie immer: Volkes Stimme ist wichtig. Warum an dieser Stelle nicht, Herr Minister?
Frau Kollegin Harms, mit der Frage, ob man den Umfragen immer den richtigen Wert beimisst, sollten wir eigentlich sehr vorsichtig umgehen.
Ich weiß z. B., dass 70 % der Bevölkerung bei Umfragen sagen: Wir wollen ökologische Produkte. Aber nur 3 % kaufen diese Produkte. Deswegen stelle ich mir die Frage: Wo fängt der Bauch, das Gefühl, an, und wo fängt der Kopf an? Deshalb sind diese Dinge sehr differenziert zu betrachten.
Meine Damen und Herren, wir dürfen uns der Zukunftstechnologie doch nicht verschließen. Das meine ich, weil wir auf der einen Seite im globalen Handel mit denen zu tun haben, die auf dieser Ebene schon weiter sind als wir Europäer. Weltweit werden derzeit 60 Millionen ha mit transgenen Pflanzen bestellt. Auf der anderen Seite dürfen wir uns den Vorteilen, die diese Pflanzen bieten - ich hatte sie bei der Beantwortung der Anfrage von Frank Oesterhelweg schon genannt -, nicht verschließen.
Wenn wir uns die Zulassungen in Europa hinsichtlich dieser Pflanzen anschauen, dann sehen wir, dass wir auf der richtigen Seite sind. Ich meine schon, dass dieses Stück, von dem Sie glauben, dass Sie weit von uns entfernt sind, nur ein paar Prozentchen sind.
Deshalb noch einmal mein Appell: Sie sollten sich davor hüten, ein Geschäft mit der Angst zu machen, die überhaupt nicht vorhanden ist.
Herr Minister, können Sie bestätigen, dass die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn, Mitglied der Grünen, bei der Bekämpfung der Aujetzky‘schen Krankheit Impfstoffe einsetzt, die gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe enthalten?
Wenn ja, wie bewerten Sie diesen Vorgang vor dem Hintergrund, dass sie sich sonst öffentlich dagegen ausspricht?
Herr Kollege Kethorn, diese Frage ist natürlich ganz heikel. Ich glaube, dass man an dieser Stelle die Doppelzüngigkeit einer gewissen ideologischen Richtung erkennen kann.
Es trifft in der Tat zu, dass im medizinischen Bereich eine ganze Reihe von gentechnisch veränderten Medikamenten oder auch Wirkstoffen eingesetzt wird. Die Frage, die sich hier stellt, muss meiner Meinung nach klar beantwortet werden. Wenn man auf der einen Seite sagt, das sei böse, auf der anderen Seite aber sagt, ich brauche das - vielleicht sogar, um Diabetiker am Leben zu erhalten -,
dann müssen die Grünen aufpassen, dass sie an dieser Stelle nicht ins kurze Gras kommen. Das können sie der Bevölkerung nicht vermitteln.
- Die Antworten des Ministers sind weniger unter Niveau als die Fragen der Grünen. Das wollen wir hier einmal feststellen.
Da wir - das zeigt gerade diese Ebene - in Nordrhein-Westfalen eine grüne Umweltministerin haben, die festgestellt hat, dass der gentechnisch veränderte Impfstoff derjenige Impfstoff ist, der im
Kampf gegen die Aujetzky‘sche Krankheit zu besseren Ergebnissen führt, dann sollte man das anerkennen und nicht versuchen, alles auseinander zu dividieren, weil die eigenen Argumente zu kurz greifen. Dabei kann ich Ihnen auch nicht helfen.
Herr Minister, Sie haben eben einige Ausführungen zu den Grenzwerten gemacht und im Zusammenhang damit auf die Schwierigkeiten bei der Festlegung von Grenzwerten hingewiesen. Glauben Sie, dass es dann, wenn sich die Entwicklung so vollziehen wird, wie Sie es annehmen, notwendig sein wird, auch für den ökologischen Landbau Grenzwerte festzulegen?
Herr Kollege Meyer, ich habe Ihren Ansatz eben nicht so ganz mitbekommen. Im ökologischen Landbau gibt es schon jetzt Grenzwerte.
Deshalb brauchen wir jetzt nichts Neues zu machen. Bezüglich der Lebensmittel diskutieren wir derzeit über den Wert von 0,9 %. Darüber sind wir uns relativ einig. In der Diskussion geht es jetzt aber auch um das Saatgut. Die Frage ist, ob wir bei der einen Frucht 0,3 % und bei der anderen Frucht 0,7 % festlegen sollten. Diese Frage ist im Moment noch strittig. Den Wert von 0,1 % werden wir sicherlich nicht erreichen können, weil er technisch nicht machbar ist. Auf der anderen Seite gelten diese Grenzwerte aber heute schon.
Herr Minister, wie bewerten Sie die neueste englische Studie zu den Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen auf die Artenvielfalt, die in der Regierung Blair für erhebliche Unruhe gesorgt hat?
Herr Kollege Wenzel, wir wissen, dass gerade jetzt auf EU-Ebene sehr, sehr viele Dinge im Schwange sind oder sich entwickeln. Derzeit sind wir dabei, diese Studie auszuwerten. Deshalb kann ich im Moment keine Aussage dazu machen.
Herr Minister, ich möchte noch einmal auf die Grenzwerte beim Saatgut zurückkommen. Sie sagten vorhin, ein Grenzwert von 0,1 % wäre nicht praktikabel. Nun hat aber die Republik Österreich genau diesen Grenzwert eingeführt. Warum ist das in Österreich möglich, in Niedersachsen aber nicht?