3. Hat der Bund bereits Schritte unternommen, die den Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit der Kommunen verhindern könnten?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer häufiger festzustellen, dass die Europäische Kommission dazu neigt, ihr Regelwerk zu perfektionieren und ihre Kompetenzen auszuweiten. Dabei greift sie auch in Bereiche ein, für die sie keine Kompetenzen hat.
Das trifft besonders auf die von der Kommission am 11. Februar 2004 herausgegebene Mitteilung „Entwicklung einer thematischen Strategie für städtische Umwelt“ zu. In dieser Mitteilung hat sich die Kommission in einer umfangreichen Bestandsanalyse mit allen Facetten einer nachhaltigen Stadtentwicklung befasst. Darin wird die Situation von großen Städten in Europa zwar richtig beschrieben, und es werden viele dort vorhandene Umweltbelastungen zutreffend benannt. Jedoch leitet die Kommission darüber hinaus eine Reihe von Forderungen ab, mit denen sie ihre Zuständigkeit überschreitet. So will sie unter anderem alle Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern dazu verpflichten, einen Plan über einen nachhaltigen städtischen Verkehr zu erarbeiten und umzusetzen.
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Städte selbst in der Lage sind, ihre Verkehrsprobleme zu erkennen und angepasste Lösungen zu finden. Viele Städte arbeiten bereits an entsprechenden Lösungen. Zusätzliche Vorschriften der Europäischen Kommission sind daher nicht erforderlich.
Mit dieser Meinung steht die Landesregierung nicht allein. Der Bundesrat hat mit seinem Beschluss vom 2. April 2004 zur Mitteilung der Kommission die Auffassung der Landesregierung ausdrücklich bestätigt.
Zu Frage 1: Es ist aus umweltpolitischer Sicht nicht notwendig, dass die EU Vorschriften zur Entwicklung des kommunalen Nahverkehrs erlässt. Vielmehr ist es Aufgabe der Städte selbst, den innerstädtischen Verkehr umweltverträglich zu gestalten. Sie stehen dabei vor großen Herausforderungen.
Zu Frage 2: Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass alle Maßnahmen oder geplanten Leitlinien, die zu einer Kompetenzüberschreitung der EU-Kommission führen, grundsätzlich abzu
lehnen sind. Die EU verfügt im Bereich Stadtentwicklung über keinerlei Kompetenzen. In Deutschland steuern die Gemeinden im Rahmen ihres verfassungsrechtlich verbürgten Selbstverwaltungsrechts ihre städtebauliche Erneuerung und Entwicklung in eigener Zuständigkeit und Verantwortung.
Zu Frage 3: Die Bundesregierung teilt die Bedenken des Bundesrates zur Einschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. So hat sie in ihrer Stellungnahme gegenüber der Kommission zum Ausdruck gebracht, dass die Pläne der Kommission zur Entwicklung einer nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik nicht zu einer Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung führen dürfen. Es muss sichergestellt werden, dass das Subsidiaritätsprinzip gewahrt bleibt.
Herr Minister, welche Möglichkeiten sehen Sie, dass die Bundesregierung, auch unterstützt durch die Länderkammer, in Brüssel weiter darauf hinwirkt, dass wir diese Eingriffe der EU in die kommunale Selbstverwaltung in einem vernünftigen Maße halten können?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat, wie ich bereits ausgeführt habe, dieses Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung auch dem Bundesrat gegenüber klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, und sie muss bei allen Beratungen, die sie auf der europäischen Ebene führt, immer wieder nachdrücklich darauf hinweisen, dass nach deutschem Verfassungsrecht die kommunale Selbstverwaltung schon ein Wert an sich ist.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Minister, ich frage Sie - wenn Sie das nicht beantworten können, wäre ich selbstverständlich auch damit einverstanden, wenn die Antwort nachgeliefert wird -: Haben Sie einen Überblick darüber, welche Städte in Niedersachsen - es geht hier natürlich vor allem um die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern - an solchen Nahverkehrsplänen arbeiten bzw. welche Städte prüfen, welche Auswirkungen - ich denke z. B. an Lärmbelästigung und alles, was damit verbunden ist - der Verkehr auf ihre Städte haben wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns ist bekannt, dass zwei Städte im Bereich der Feinpartikel einige Grenzwerte der EU-Luftreinhalterichtlinie überschritten haben. Wir habe diese beiden Städte aufgefordert, Pläne aufzustellen. In welcher Form sie das tun, wissen wir nicht. Sie müssen aber diese Pläne bis zum 1. Januar 2005 entwickeln. Soweit uns bekannt ist, ergaben sich die Grenzwertüberschreitungen in den Städten Braunschweig und Hannover. Der Maßnahmenkatalog, der notwendig wird, um diese Luftreinhalterichtlinie einzuhalten, geht von besserer Verkehrsführung bis hin zu einer Lkw-Maut. Es gibt also eine recht große Bandbreite von Möglichkeiten, um diese Richtwerte einzuhalten. Darüber hinaus haben wir bei den Umweltministerkonferenzen immer darauf hingewiesen, dass die Grenzwerte, die für Feinpartikel herausgegeben worden sind, in keiner Weise den Realitäten entsprechen. Daher sind wir gespannt, was die Städte - insbesondere Hannover mit dem Umweltdezernenten - uns an Lösungsvorschlägen machen.
Meine Damen und Herren, wir können nicht auf europäischer Ebene Richtlinien erlassen, die auf keinen Fall eingehalten werden können.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist die Fragestunde beendet, denn es ist präzise 11 Uhr und 41 Sekunden. Die übrigen mündlichen Anfragen werden wie üblich schriftlich beantwortet.
noch: Tagesordnungspunkt 4: 16. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 15/1250 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1293 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1295
Wenn Sie jetzt die Unterhaltungen einstellen würden, dann könnten wir in den Tagesordnungspunkt richtig einsteigen. Dabei geht es, wie Sie wissen, um die so genannten streitigen Eingaben, Frau Steiner. Über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 1250, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, haben wir bereits in der 40. Sitzung am 15. September entschieden. Wir beraten jetzt also nur noch über die Eingaben aus der Drucksache 1250, zu denen die Änderungsvorschläge vorliegen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier die Eingabe 1087 behandeln. Da geht es dem Stichwort nach um Schulstrukturen. Im Ausschuss ist diese Eingabe mit „Sach- und Rechtslage“ beschieden worden. Ich muss darauf hinweisen, wie sich die Eingabe zusammensetzt. Die Eingabe ist von drei Elternvereinen eingesandt worden. In einem Teil der Eingabe - das ist richtig - geht es um Schulstrukturen. Da diese Diskussion durch das Schulgesetz und die dazugehörenden Verordnungen erledigt ist, ist es
Aber die Eingabe geht über diese Frage der Schulstrukturen hinaus. Die Eingabe zielt auf die Frage ab: Was ist Bildung? Wie wird Bildungspolitik gestaltet? Wie kommen wir zu neuen Formen von Bildungsarbeit? Insofern ist das Stichwort irreführend, weil es nur einen Teil der Eingabe erfasst. Die Unterzeichner wünschen sich, dass die Ergebnisse aus den Bildungsvergleichen und dass die Fragen, wie Deutschland und das deutsche Schulsystem dabei abgeschnitten haben und wie Schule zu gestalten ist, weiterhin diskutiert werden. Ich habe Herrn Kultusminister Busemann am Mittwoch so verstanden, dass für die Regierung nach der Verabschiedung des Schulgesetzes und der entsprechenden Verordnungen diese Diskussion zunächst beendet ist. Aber das heißt ja nicht, dass die Bildungsdiskussion nicht weiterlaufen darf. Wir müssen sie weiterführen.
Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig für uns, dass wir versuchen, diese Bildungsfragen eher konsensual zu lösen als so strittig, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Ich sage das deshalb, weil ich weiß, wie schwer es ist, strittige Eingaben zu behandeln, wenn man die Mehrheit im Parlament hat.
Das Kultusministerium führt in seiner Stellungnahme in einem Satz dazu aus, der meiner Meinung nach wichtig ist, wenn man diese Fragen behandelt: Die wünschenswerte und notwendige Diskussion um die Weiterentwicklung des gemeinsamen Unterrichts setzt bei allen Beteiligten auf allen Seiten einen fachlich fundierten Austausch und den Respekt vor anderen Positionen, die Offenheit für andere Argumente, eine Beweglichkeit in den eigenen Einschätzungen und die Bereitschaft zum Dialog voraus. - Wenn wir uns dies in der Diskussion zueigen machen, dann ist es folgerichtig, wenn wir auch für diesen Teil der Eingabe „Berücksichtigung“ empfehlen würden, weil wir gewillt sind, diese Diskussion fortzusetzen und Bildungspolitik in dem Sinne weiter zu gestalten, wie das hier von den Elterngruppen beschrieben worden ist.
Dass solche Elterngruppen manchmal in ihren eigenen Formulierungen über das Ziel hinausschießen und sie es dadurch schwer machen, die sachlichen Positionen zu akzeptieren, sollten wir ihnen nachsehen. Wir sind hier in einem Parlament, und wir sind gelassen genug, um die Kernfrage weiter
hin sinnvoll zu bearbeiten. Darum beantragen wir, diese Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Petenten wenden sich gegen die Abschaffung der Hausaufgabenhilfe. Jetzt könnte darauf hingewiesen werden, dass die SPD-geführte Landesregierung dies in der Vergangenheit auch häufiger beabsichtigt habe, woran sie dann am Ende aber sinnvollerweise gehindert worden ist. Ich möchte kurz vortragen, was der Stadtelternrat Hannover dazu u. a. sagt: Die Landesregierung hat im vergangenen Herbst die Streichung der Hausaufgabenhilfe beschlossen. Landesweit haben rund 10 000 Kinder von der kostenlosen Leistung profitiert, die Honorarkräfte meist nach dem Unterricht in der Schule angeboten haben. Mit dem Wegfall der Hausaufgabenhilfe will das Land rund 1 Million Euro einsparen. Die Hausaufgabenhilfe war für Schüler gedacht, die zu Hause wenig Unterstützung bekommen. Sie wurde vor allem in Grundschulen, Orientierungsstufen, in Haupt- und Realschulen angeboten. Im Kultusministerium - das ist wichtig an dieser Stelle - wird die Streichung der Hausaufgabenhilfe mit der Einführung der vorschulischen Deutschförderung begründet. Die Sprachkurse würden die Hausaufgabenhilfe ersetzen, heißt es dort. Das scheint ein Streitpunkt zu sein. Die Hausaufgabenhilfe ist auch für diese Bereiche eingesetzt worden, war aber im Wesentlichen eigentlich für Kinder gedacht, bei denen es in der Tat um Hausaufgaben geht, und es ging um ein Zusammentreffen vor allen Dingen der Kinder, deren Eltern es sich nicht leisten können, einen Privatlehrer zu engagieren oder Nachhilfekurse zu finanzieren. Das sind inzwischen 25 % aller Kinder.
Wir befürchten - das haben Sie in der Vergangenheit genauso getan -, dass die Kluft zwischen denjenigen, die sich das leisten können, und denjenigen, die sich das nicht leisten können - das sind vor allem Familien mit Migrationshintergrund -, immer größer werden wird. Vor einigen Jahren hat der damalige Oppositionsführer Christian Wulff an
„Ihre berechtigten Argumente kann ich voll und ganz nachvollziehen. Hier wird ohne Not ein wichtiger Baustein zur Integration gedankenlos zerstört.“
Herr Wulff wird wissen, was er damals geschrieben hat. Ich fordere die Mehrheitsfraktion in diesem Saal auf, diese Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen und die Politik, die an dieser Stelle so sinnvoll ist, ebenfalls zu revidieren. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zu den beiden Petitionen, vorgetragen von Herrn Robbert und Herrn Voigtländer, also zum einen zu den Schulstrukturen und zum anderen zur Hausaufgabenhilfe.
Zu den Schulstrukturen, meine Damen und Herren: Die Petenten sind Mitglieder oder Vorsitzende verschiedener Elterninitiativen, deren Kinder negative schulische Erfahrungen und auch Enttäuschungen hinter sich haben. Von daher ist es verständlich, dass sich die Eltern in Initiativen zusammengeschlossen haben, um Änderungen im schulischen Bereich durchzusetzen.
Wir haben uns sehr umfassend und detailliert mit den Petitionen befasst und sie auch sehr ernst genommen. Die Petenten richten sehr grundsätzliche bildungspolitische Forderungen an den Landtag. Dabei wird allerdings ganz pauschal vor allen Dingen das deutsche Bildungssystem in den Blick genommen und nicht das niedersächsische im Besonderen. Für die Petenten hat das gesamte deutsche Bildungssystem versagt.
Bestimmte Forderungen der Petenten sind durch das Schulgesetz der Fraktionen der CDU und der FDP bereits aufgegriffen worden, z. B. die Forderung nach umfassender Bildung; denn die umfassende Bildung der Persönlichkeit aller Schülerinnen und Schüler ist grundsätzliches Ziel unserer