Protokoll der Sitzung vom 29.10.2004

3. Welche Chancen bieten die neuen Strategien zur Erzeugung regenerativer Kraftstoffe der Landwirtschaft?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bioenergie ist schon heute und wird nach Auffassung der Europäischen Kommission und vieler Experten auch in Zukunft die wichtigste erneuerbare Energiequelle darstellen. Da Bioenergie vorrangig Rohstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft voraussetzt, ergeben sich hieraus auch Perspektiven und neue Möglichkeiten für die Landwirtschaft.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Ertragsmöglichkeiten je Hektar Energiepflanzen sind im jetzigen Stadium mit denen für die Nahrungsmittelproduktion vergleichbar. Durch die zusätzliche Nachfrage, wie z. B. nach Raps beim Biodiesel, gibt es Wechselwirkungen zwischen den Märkten, die auch zu einer Stabilisierung der Preise beitragen.

Die Pflanzenzüchter haben intensive Energiepflanzenzüchtungsprogramme aufgelegt. Ziel ist es, neue Sorten mit Trockenmasseleistungen von mehr als 20 Tonnen je Hektar und Jahr zu finden, um so die Wirtschaftlichkeit des Energiepflanzenanbaus deutlich zu steigern. Ökologisch bringt der Energiepflanzenanbau trotz der zu erwartenden hohen Biomasseerträge eher eine Verbesserung der jetzigen Situation.

So ist es bei der Erzeugung von Biogasenergie aus angebauter Biomasse wie Mais, Winterroggen oder Sonnenblumen gewährleistet, dass die Nähr

stoffkreisläufe weitgehend geschlossen bleiben. Da die Begleitflora bei der reinen Biomasseerzeugung eher unproblematisch ist, kann der Pflanzenschutzmitteleinsatz reduziert werden.

Mischkulturen wie Mais mit Sonnenblumen werden beim Energiepflanzenanbau für den Einsatz in Biogasanlagen möglich, da eine hohe Biomasse das Ziel der Produktion ist. Ich gehe davon aus, dass die heute bestehenden Fruchtfolgen mit positiven Auswirkungen für die Bodenfruchtbarkeit durch Energiepflanzen erweitert werden.

Zu 2: Die Wärmeversorgung landwirtschaftlicher Betriebe aus Festbrennstoffen wie Holz, Stroh oder Getreide ist wirtschaftlich realisierbar. Für den Unterglasgartenbau mit seinen dramatisch steigenden Energiekosten dürften Holzhackschnitzelheizungen zunehmend interessant werden. Langfristig kalkulierbare Energiekosten und stabile Versorgungsstrukturen sind dafür maßgebliche Gründe.

Ein für die Landwirtschaft besonders wichtiges und großes Potenzial erneuerbarer Energie bietet das Biogas in Kombination mit dem Energiepflanzenanbau. Die erhöhten Mindestvergütungen für rein landwirtschaftlich ausgerichtete Biogasanlagen ermöglichen bei entsprechenden betrieblichen Rahmenbedingungen eine realistische Alternative für die Landwirtschaft. Aus den Landwirten können so echte Energiewirte werden, wie wir das in unserem CDU-Antrag vor fast vier Jahren gefordert haben.

Zu Frage 3: Auch die Biokraftstoffe bieten der Landwirtschaft ackerbauliche Produktionsalternativen. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium befasst sich seit über 20 Jahren intensiv mit der Entwicklung von Biokraftstoffen. So konnte sich Biodiesel auch dank des niedersächsischen Engagements als erster regenerativer Treibstoff seit Mitte der 90er-Jahre in Deutschland am Markt etablieren.

Der Blick auf die Biodieselproduktion in Deutschland und den damit verbundenen Rapsanbau auf etwa 600 000 Hektar zeigt die enorme Auswirkung dieser Biokraftstoffstrategie auf Landwirtschaft und Industrie.

Für Niedersachsen als großes Agrarland und als Heimat von VW besitzt die neue SunFuel-Strategie eine große Bedeutung. Durch Vergasung von fester Biomasse sollen künftig synthetische Kraftstoffe, SunFuel oder Biomass-to-Liquid, kurz „BTL

Kraftstoffe“ genannt, erzeugt werden. Aus diesen Gründen unterstützt die Landesregierung die Entwicklung regenerativer SunFuel-Kraftstoffe.

Unsere in 2003 vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Bundesland Brandenburg und der Volkswagen AG, der in diesem Jahr auch das Land Hessen beigetreten ist, hat den Schwerpunkt der Rohstofferzeugung. Im Mittelpunkt dieser Kooperation steht die Biomasseproduktion auf verschiedenen Standorten, die Ernte und die Biomasselogistik. Sollte sich die SunFuel-Strategie technisch und wirtschaftlich realisieren lassen, werden vermutlich land- und forstwirtschaftliche Energiepflanzen noch viel größere Marktpotenziale besitzen. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, meine Damen und Herren. - Eine Nachfrage stellt der Kollege Hagenah. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die große Übereinstimmung der Landesregierung mit den politischen Zielen von Frau Künast und Herrn Trittin und frage die Landesregierung, was sie von den Aussagen einiger großer Stromkonzerne hält, dass die Gewinnung von Energie aus Biomasse nicht wirtschaftlich sei.

Herr Minister!

Herr Kollege Hagenah, dass sich die Bundesministerin für Verbraucherschutz und auch der Bundesumweltminister auf unseren Pfad begeben haben, zeigt, dass er gut ist.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Was Ihre Frage zur Wirtschaftlichkeit betrifft, so kann man sagen, dass auch die Anlagen, die auf reiner Biomasseversorgung basieren, also ohne Kofermentation sind, heute schon rentabel arbeiten. Deshalb ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass wir zu größeren Produktionskapazitäten

und wahrscheinlich auch noch zu größeren Synergieeffekten und günstigeren Preisrelationen kommen. Ich bin sehr hoffnungsvoll.

Vielen Dank. - Herr Kollege Meyer, bitte schön!

Herr Minister, wichtiger Grundstein bei der Planung der Finanzierung von Biogasanlagen sind ja die so genannten AFP-Mittel. Trifft es zu, dass es in Niedersachsen da eine Streichung gibt? Trifft es zu, dass es aufgrund dessen bereits einen Antragsannahmestopp gibt?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Kollege Meyer, Sie sprechen etwas an, wozu Sie eigentlich eine andere Anfrage gestellt haben. Ich möchte trotzdem gerne darauf eingehen.

Es stellt sich derzeit so dar - das klang eben auch schon aus der Frage des Kollegen Hagenah heraus -, dass eine Wirtschaftlichkeit auch ohne AFPFörderung erreicht wird. Wenn über das Einspeisegesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetz schon eine Rentabilität gewährleistet werden kann, dann stellt sich die Frage, ob wir weiterhin über das AFP fördern müssen. Wir sind der Meinung, dass die AFP-Mittel, die nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, lieber in anderen Fördersegmenten einsetzen sollten. Ich habe im Moment keine großen Bedenken, dass die Betriebe, die hier einsteigen wollen, dies nur tun, wenn sie AFP-Mittel erhalten. Die Wirklichkeit zeigt etwas anderes.

(Rolf Meyer [SPD]: Gibt es einen An- nahmestopp bei Anträgen?)

- Einen Annahmestopp bei Anträgen gibt es, aber nicht nur für Biomasse, sondern auch für anderes; denn das Programm ist überzeichnet. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind etwa zu 25 % überzeichnet. Das ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang. Am 29. Juli dieses Jahres haben wir einen Annahmestopp verhängt. Es gab eine Nachfrage nach Fördermitteln in Höhe von 8,6 Millio

nen Euro. Es waren aber einige dabei, die die Baugenehmigung, die man haben muss, um einen solchen Antrag stellen zu können, nicht hatten. Es war also eine Nachfrage da. Das ist ganz selbstverständlich, wenn das eine Zeit lang angeboten wird. Das wird es aber in Zukunft auf dieser Ebene nicht mehr geben.

Vielen Dank. - Herr Kollege Klein, bitte sehr!

Herr Minister, es gibt im Moment in der Praxis einige Unklarheiten darüber, wie die nachwachsenden Rohstoffe abzugrenzen und zu definieren sind, die zu dem NawaRo-Bonus führen. Da geht es also darum, ob sie bonusschädlich oder unschädlich sind. Ich nenne einmal als Stichworte Pferdemist oder Futterrückstände, sei es, dass sie aus dem eigenen Betrieb oder aus dem Nachbarbetrieb kommen. Gibt es da Aussicht auf Klärung, und was macht die Landesregierung, um da zu eindeutigen Hintergründen zu kommen?

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. - Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Kollege Klein, Sie sprechen etwas an, was in der Tat ein bisschen schwierig ist. Wir sind aber dabei, mit den Verbänden eine Regelung zu finden. Es gibt ja das Biogasforum. Wichtig ist, dass wir dies auch wirklich abgrenzen.

Wenn wir die Produkte der Urproduktion darstellen und sagen wollen, dass aufgrund dieser Liste letztendlich auch der erhöhte Einspeisetarif zu erzielen ist, dann muss man natürlich aufpassen, dass einem da nicht irgendwelche faulen Eier ins Nest gelegt werden. Wir sind dabei, diese Dinge so zu strukturieren, dass sie klar, deutlich und auch einfach sind und dass nicht irgendjemand Nachteile hat, wenn er falsch beraten wird.

Vielen Dank. - Herr Kollege Fleer, bitte schön!

Herr Minister, zurzeit wird in Brandenburg an der Universität Potsdam die Brennstoffzelle mit Biogasbetrieb erforscht. Gibt es ähnliche Projekte im Agrarland Nummer eins Niedersachsen?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Kollege Fleer, unser Technologiezentrum CUTEC in Clausthal-Zellerfeld beschäftigt sich ebenfalls mit dieser Technik. Darüber hinaus hat uns auch VW signalisiert, dass man sich damit befasse. Wenn es noch positive Effekte über die Brennstoffzelle in dem Bereich der regenerativen Energienutzung geben sollte, dann sind wir selbstverständlich auch in Niedersachsen so aufgestellt, dass wir mitmischen können.

Vielen Dank. - Herr Kollege Wenzel!

Herr Minister, in dem Dorf Jühnde bei Göttingen fördern Sie gemeinsam mit Ministerin Künast erfreulicherweise die Umstellung der Energieversorgung eines ganzen Dorfes mit Nahwärme auf Bioenergie. Meine Frage: Welche Strategien hat die Landesregierung, um ähnlich gelagerte Projekte mit Nahwärmeversorgung künftig in einem breiteren Rahmen auch an anderen Orten zu ermöglichen?

Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Kollege Wenzel, wir freuen uns natürlich, dass sich ein ganzes Dorf bereit erklärt hat, hier mitzumachen, und dass dieses Dorf mit erneuerbarer Energie versorgt wird. Eigentlich haben Sie die Antwort auf Ihre Frage am Ende schon selbst gegeben; denn wenn dieses Projekt Erfolg zeitigt,

dann werden auch wir uns Strategien einfallen lassen müssen - und wir wollen sie uns auch einfallen lassen -, um diesen Erfolg dann zu multiplizieren. Das würde auch zeigen, dass wir aus solch einem Pilotprojekt erfolgreich einen Nutzen ziehen, wenn es funktioniert. Wenn es aber nicht so ist, dann müssten wir uns überlegen, wie man noch besser werden kann.

Bereits in früherer Zeit hat es Projekte gegeben. Ich denke dabei an das Holzschnitzelheizwerk in Kirchlinteln, in dem man auch mit Nahwärme gearbeitet hat. Dabei sind positive Dinge herausgekommen. Es gab allerdings auch einige Dinge, die wir verbessern mussten.

Bei dem Projekt Jühnde gehe ich davon aus - vor allem auch wegen der wissenschaftlichen Begleitung -, dass dabei auch praktisch umsetzbare Dinge herauskommen.

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Klein noch einmal, bitte schön!