Protokoll der Sitzung vom 27.01.2006

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Briese, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte an das anschließen, was der Umweltminister zuletzt gesagt hat. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass es in Niedersachsen momentan andere Fälle von Umdeklarierungen von Sonderabfällen gibt, weil die Müllverbrennungsanlagen nach der TA Siedlungsabfall momentan nicht ausreichen, sodass momentan in Niedersachsen ein halblegaler Zustand besteht?

Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Briese, wir haben die NGS für Sonderabfälle, die das dementsprechend mitsteuert. Aber ich gehe davon aus, dass Sie vermuten, dass in den zehn mechanischbiologischen Abfallbehandlungsanlagen, die es in Niedersachsen gibt, alles zum Besten steht. Von den zehn arbeiten acht nicht ordnungsgemäß. Das heißt, nur zwei mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen arbeiten völlig nach den vorgegebenen Werten. Von daher müssen wir verstärkt darauf achten, dass die TA Siedlungsabfall eingehalten wird, und insbesondere die Abfallgesellschaften, die sich für diese Abfallbehandlungsform - also gegen die zweite Möglichkeit der Verbrennung - entschieden haben, darauf hinweisen, dass sie alle Auflagen der TA Siedlungsabfall erfüllen müssen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Frau Kollegin Hansen!

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Wie steht die Landesregierung zu der wachsenden Anzahl von Zwischenlagerungen von Abfällen hier in Niedersachsen?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Frau Kollegin Hansen, wir haben im Augenblick neun Zwischenlager genehmigt. Lassen Sie mich die Situation am Beispiel von Schaumburg deutlich machen. Wir haben im Landkreis Schaumburg ein Abfallvolumen von ungefähr 20 000 t. Von den heizwertreichen Fraktionen dieser 20 000 t müssen zurzeit 12 000 t zwischengelagert werden. Das heißt, von den heizwertreichen Fraktionen können nur 8 000 t einer Verbrennungsanlage zugeführt werden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Landkreis vermutet hatte, dass zum 1. Juni genügend Verbrennungskapazitäten vorhanden sein würden. Das ist aber nicht der Fall, wie wir auch aus anderen Beispielen

ersehen können. Das heißt, wir müssen jetzt insbesondere darauf achten, dass wir die Zwischenlager brandschutzsicher machen. Wir müssen insbesondere aber auch die Abfallgesellschaften darauf hinweisen, dass sie die TA Siedlungsabfall zu erfüllen haben und dementsprechend ihre Anlagen auf den Stand bringen, der diese Werte gewährleistet.

Wir haben - ich weise darauf hin, weil Sie aus Göttingen kommen - auch ein Zwischenlager in Göttingen genehmigt. Wir haben in diesem Jahr bedauerlicherweise schon den vierten Brand in einem Zwischenlager gehabt. Der erste hat in Deiderode stattgefunden. Dort gab es einen Schwelbrand von Abfall auf einer ehemaligen Deponiefläche; wir vermuten, dass der Brand durch Methan, das aus der Deponie entgaste, entstanden ist. Ein zweiter Fall ereignete sich in Wilsum im Landkreis Bentheim. Dort wurde die heizwertreiche Fraktion in einer Miete gelagert. Da sie im Randbereich nicht richtig verfestigt war, ist dort der Brand ausgebrochen. In Schaumburg hat am 2. August ein Brand stattgefunden. Daraufhin hat der Landkreis - oder die Abfallgesellschaft - in Absprache mit dem Gewerbeaufsichtsamt sehr schnell veranlasst, diese heizwertreichen Fraktionen, die dort in Quaderballen gelagert waren, umzuformieren, um die Gewähr dafür zu bieten, dass eine Selbstentzündung ausgeschlossen ist. Denn in diesen Ballen sind Temperaturen von 60 bis 80º C vorhanden. Diejenigen, die aus der Landwirtschaft kommen, wissen: Wenn es nicht genügend Trockensubstanz gibt, dann erhitzt es sich und entsteht ein Brand. In Schaumburg kommt hinzu, dass man noch eine Woche gebraucht hätte, bis alle Abfälle umkonditioniert gewesen wären, weil sie durch Verschweißen mit Folie luftdicht abgeschlossen worden wären.

Ich will dazu noch Folgendes sagen: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine TA Siedlungsabfall haben und dass sich Landkreise in den 90erJahren für eine Technik entschieden haben, die - was man jetzt sagen und beweisen kann - nicht funktioniert. Das ist das Problem.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜ- NEN)

Man hat in den 90er-Jahren aus weltanschaulichen Gründen eine Behandlungsform gewählt - und meinte, man sei an der Spitze der Bewegung -, die sich nicht bewährt hat.

(Walter Hirche [FDP]: Das waren die Grünen, gerade in der Stadt Hanno- ver!)

Jetzt müssen die Bürger die Last für diese falsche Entwicklung tragen. Das müssen wir klar und deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weil das so ist, dürfen wir diese Bürger nicht mit weiteren Gebühren belasten. Die Landesregierung steht an der Seite der Gebührenzahler. Es muss mit dem Geld der Steuerzahler vernünftig umgegangen werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das muss uns veranlassen, darüber nachzudenken, die TA Siedlungsabfall im Hinblick auf Fälle, in denen es aus nicht selbstverschuldeten Gründen zu Verzögerungen kommt, etwas flexibler zu gestalten. Wir werden den Menschen sowohl im Landkreis Schaumburg als auch im Landkreis Göttingen helfen. Allerdings füge ich hinzu: Es kann nicht sein, dass die Landkreise, die sich vorbildlich verhalten haben, gesetzestreu waren und alles an Entsorgungskapazitäten geschaffen haben, jetzt bestraft werden, weil die Verbrennung erheblich teurer als eine Deponierung ist, und jetzt im Unterschied zu anderen, die sich nicht so verhalten haben, belastet werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Insofern, meine Damen und Herren von der SPD und insbesondere von den Grünen: Gehen Sie in sich und bewegen Sie sich einmal weiter nach vorne! Das ist im Übrigen der Wahlkreis von Herrn Trittin, der ein ganz erhebliches Maß Schuld an dieser Technik hat, die dort erstmals in der Bundesrepublik Deutschland ausprobiert wurde.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Pörtner, bitte schön!

Herr Minister Sander, ich hätte gerne gewusst, welche Gründe aus der Sicht Ihres Ministeriums dafür heranzuziehen sind, dass inzwischen ein erheblicher Zwischenlagerbedarf für Ersatzbrennstoffe in Sachsenhagen - aber nicht nur dort, sondern im gesamten Bundesgebiet - entstanden ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Herr Kollege Pörtner, dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Einer der Gründe ist, dass man geglaubt hat, zum 1. Juni würden genügend Verbrennungskapazitäten für heizwertreiche Fraktionen bestehen. Man war auch der Meinung, dass das ein Handelsgut wäre, das nachgefragt würde. Nun stellt man auf einmal fest, dass sogar diese heizwertreichen Fraktionen nicht derart sortiert sind, dass sie auch in anderen Bereichen, z. B. in Industrieanlagen, wie in der Zementindustrie, oder in Kohlekraftwerken, verheizt werden können. Es ist also zweierlei durcheinander gebracht worden. Man hat hier versucht, von Staats wegen ein zusätzliches Angebot zu erbringen, hat aber die Verwertungswege nicht beachtet. Das war der Irrglaube: Wir müssen alles dafür unternehmen, wir brauchen Verbrennungskapazitäten! - Ein Landkreis mit einer biologischen Behandlungsanlage hat sogar versucht, die Abfälle dennoch abzulagern, obwohl sie gar nicht dorthin durften. Also: Wir müssen Verbrennungskapazitäten schaffen, und wir müssen auch überlegen, ob wir nicht noch eine bessere Sortierung, also eine weitere Differenzierung, vornehmen sollten. Denn in der bisherigen heizwertreichen Fraktion ist noch sehr viel PVC enthalten. Wir sollten versuchen, dieses Material herauszulösen, um es einer industriellen Verwertung zuzuführen. Es ist notwendig, dass wir das gemeinsam tun. Das Thema Abfalldeponien wird den Landtag hier in der nächsten Zeit aber noch des Öfteren beschäftigen, insbesondere dann, wenn die Technik nicht funktioniert.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das stimmt!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Dr. Runkel hat eine Frage.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Hat der Landkreis Schaumburg um Unterstützung durch die Landesregierung nachgesucht? Wenn nicht: Hält die Landesregierung die zuständigen

Stellen des Landkreises Schaumburg für ausreichend qualifiziert und ausgerüstet, um mit den Folgen dieses Brandes des Zwischenlagers angemessen umzugehen und in Zukunft so etwas möglichst zu verhindern?

Vielen Dank. - Bitte sehr, Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Runkel, der Landkreis hat nicht nachgefragt. Das braucht er auch nicht zu tun. Wir haben ja unsere Gewerbeaufsichtsämter. Diese sind auch Dienstleister für die Landkreise. Wir sind in sehr engen Kontakt mit der Abfallwirtschaft des Landkreises Schaumburg getreten.

Nach dem ersten Schwelbrand, der in einem Zwischenlager entstanden ist, haben wir zusammen mit dem Innenministerium sofort eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um beratend tätig zu werden, damit solche Brände verhindert werden können. Wir haben außerdem einen Erlass herausgegeben, nach dem von uns einige Dinge gefordert werden, damit einer später nicht einfach sagen kann, er habe alles getan. Nun können wir dementsprechend kontrollieren.

Daran, dass es auch nach dem Erlass zu weiteren Problemen gekommen ist, sehen Sie, dass man solche Probleme nicht ausschließen kann. Dass es zu solchen Problemen kommt, liegt am Material, an der Verwertung, an der Behandlung in den mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen. Man bekommt die Probleme dort bisher nicht in den Griff.

Vielen Dank. - Herr Kollege Bode, bitte schön!

Sie haben hier dargestellt, dass es bei dem mechanisch-biologischen Verfahren und der Zwischenlagerung zu deutlichen Problemen auch für die Bevölkerung kommt. Dieses Verfahren muss ja einmal durch politischen Nachdruck eingeführt worden sein. Ich frage die Landesregierung: Welche Fraktion oder Partei hat sich denn dafür besonders stark gemacht?

Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Bode, ich hatte ja vorsichtig angedeutet, dass es in den 90er-Jahren eine Vorvorgängerin von mir gab - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Vorsicht ist ja eine Stärke von Ihnen!)

- Das ist doch eine positive Eigenschaft. Nun loben Sie mich schon wieder, Herr Jüttner. So viel Lob von Ihnen jeden Tag habe ich doch gar nicht verdient. Dass Sie alle meine Stärken herausstellen, finde ich einfach sagenhaft und toll.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Bode, entscheidend ist - das ist bei anderen Fragen auch so -, dass wir es uns nicht mehr erlauben können, aus weltanschaulichen Gründen an irgendwelchen Dingen festzuhalten, über die die Technik hinweggegangen ist. Wir müssen unser erklärtes Ziel erreichen, die Abfälle auch für die nachfolgenden Generationen sicher zu lagern.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das stimmt! Wie bei der Atomkraft!)

Insofern gehe ich davon aus, Frau Helmhold - wir haben uns ja schon bei der Beantwortung der Frage gegenseitig unterstützt -, dass wir von Ihnen jetzt dementsprechend wieder Unterstützung bekommen. Da der Umweltminister jetzt auch in Berlin gewechselt hat, werden wir hoffentlich auch für Göttingen eine vernünftige Regelung bekommen, damit wir auch dort die Möglichkeit haben, über die Technik nachzudenken und die Technik einzusetzen, die sinnvoll und richtig ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt möchte Frau Kollegin Zachow eine Zusatzfrage stellen. Bitte sehr!

Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, dass die gerade eben vom Umweltminister so freundlich

beschriebene Vorvorgängerin immer ganz dringend vor Überkapazitäten bei Verbrennungsanlagen gewarnt hat?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Minister!