Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Sehr geehrter Herr Herzog! Ich habe eben meine Mitarbeiter gefragt. Wenn wir jetzt die richtige Brücke identifiziert haben, handelt es sich um eine Brücke, bei der ein Handeln tatsächlich erforderlich ist. Eine in der Zukunft eventuell mögliche Reaktivierung einer Bahnstrecke kann und darf uns natürlich nicht davon abhalten, bei dem jetzigen Brückenbauwerk die Verkehrssicherheit herzustellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Damit kann man auch ein paar Monate war- ten! - Kurt Herzog [LINKE]: Herr Bode, das machen Sie doch gar nicht! Sie reißen es ab!)

Die nächste Zusatzfrage wird von Herrn Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bode, ich habe zwei Zusatzfragen.

Erstens. Sie haben dargestellt, dass die 1955 nicht erwartete hohe Belastung unserer Straßen vor allen Dingen auf dem Schwerlastverkehr - unabhängig von der Frage der Gigaliner - beruht. Ich frage die Landesregierung, ob das nicht ein starkes Argument dafür wäre, stärker in den Ausbau des Schienenverkehrsnetzes und der entsprechenden Brücken zu investieren, anstatt, wie durch diese Landesregierung praktiziert, den Großteil in den Straßenausbau und damit die Förderung genau dieses Schwerlastverkehrs zu investieren.

Meine zweite Zusatzfrage - vielleicht kann man das nachliefern - bezieht sich auf den Substanzwert 2,1 im Ländervergleich. Der Durchschnittswert ist immer ein bisschen problematisch.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Frage!)

Sie kennen das Beispiel: Kopf im Kühlschrank, Füße im Herd. - Ich bitte die Landesregierung, etwas zum Zustand der Landesstraßen im Vergleich zu den benachbarten Bundesländern zu sagen und das nach den Zustandskategorien - gut, mittel, schlecht - aufzugliedern.

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist ganz nah an einer Großen Anfrage, was Sie da machen!)

Ich vermute, dass der Minister das schriftlich nachliefert. - Herr Bode, bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege, wir werden Ihnen eine schöne Tabelle mit den Zahlen der anderen Bundesländer nachliefern. Ich möchte jetzt nicht etwas in den Raum werfen, was falsch verstanden werden könnte. Machen wir das lieber vernünftig!

Es ist mir schon ganz wichtig, auf Ihre andere Frage einzugehen. Sie haben gesagt, der Güterverkehr habe seit 1955 zugenommen, und daran die Frage geknüpft, wie man dessen Herr werden könne, damit Brücken und Straßen weniger belastet werden.

Die Landesregierung macht eine komplett offene Politik für alle Verkehrsträger. Nicht nur die Entwicklung der Straße und der Schiene, sondern auch die Entwicklung der Binnenwasserstraße ist ein ganz wichtiger Eckpfeiler unserer Überlegungen zu der Frage, wie wir des Verkehrsaufkommens der Zukunft Herr werden können.

Man muss natürlich die Prioritäten sehen. Was die Schiene betrifft, gibt es z. B. eine klare Zuständigkeit für den Ausbau beim Bund, bei der DB. Wir nutzen bei unseren Konsultationen mit der DB und auch bei unseren Gesprächen mit dem Bundestag über den Bundesverkehrswegeplan die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Wir sind darüber hinaus - beispielsweise bei den nicht staatlichen Eisenbahnen - proaktiv tätig und bauen mit eigenem Geld - mit Landesgeld, das der Landtag dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat - z. B. den Knoten Bremen aus, um zu einer besseren Nutzbarkeit der Schiene zu kommen. Wir unterstützen die DB auch mit EFRE-Geldern bei Ausbau- und anderen Ertüchtigungsmaßnahmen. Wenn es um den Personennahverkehr geht, setzen wir Regionalisierungsmittel ein. Wenn die Route interessant ist, steht die Strecke dann natürlich auch für den einen oder anderen Gütertransport zur Verfügung. Das heißt, wir gehen schon diesen Weg.

Wenn man die Realitäten sieht - die Verteilung des Verkehrs, die Möglichkeiten einer Umverteilung von dem einen Verkehrsträger auf den anderen und die exponentielle Steigerung des Gesamtvolumens -, wird man nichtsdestotrotz feststellen, dass man damit allein nicht zurechtkommt, dass man die Bahn nicht so ertüchtigen kann, dass sie sozusagen alles von der Straße wegnehmen könnte.

Die größten Kapazitätsreserven bestehen - das stellt man fest, wenn man sich die Nutzung der einzelnen Verkehrsträger genau anschaut - übrigens bei der Binnenwasserstraße. Deshalb und natürlich auch aus ökologischen Gründen ist es ganz besonders wichtig, die Binnenwasserstraße weiter zu ertüchtigen, damit sie nutzbarer wird. Ich denke hier beispielsweise an das Abstiegsbauwerk in Scharnebeck, für das die Landesregierung nachhaltig eintritt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die nächste Zusatzfrage wird vom Herrn Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass der Rechnungshof auch festgestellt hat, dass bei einem Teil der Bauwerke, um die es in der heutigen Anfrage geht, Prüffristen nicht eingehalten wurden, sodass nicht für alle Ingenieurbauwerke aktuelle Zustandsdaten vorliegen, wie es dazu kommen konnte, dass diese sicherheitsrelevanten Daten nicht aktuell gehalten werden und wie die Landesregierung diesen Missstand abzustellen gedenkt.

Herr Minister Bode!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Hagenah, ich hatte in meiner Eingangsbemerkung dargestellt, dass wir nach dem Jahr 1955, in einem relativ kurzen Zeitraum geballt, einen deutlichen Zuwachs von Brückenbauwerken hatten, sodass die vorgesehenen Prüffristen manchmal geballt auslaufen und geballt Brückenprüfungen anfallen. Ich habe eben meine Mitarbeiter gefragt: Wir sprechen hier über Überschreitungen der Fristen für Brückenprüfungen um ein Vierteljahr oder höchstens ein halbes Jahr. Sie sind inzwischen tatsächlich nachgeholt worden. Der Prüfrückstand hatte keinen Einfluss auf den Erhaltungszustand der Bauwerke. Das ist ganz wichtig. Die Prüfintervalle in diesem Bereich sind relativ kurz. Das heißt, dadurch ist kein Schaden entstanden, sodass man nicht sagen kann, dass die Erhaltungsmaßnahmen günstiger durchgeführt werden könnten, wenn man eher etwas gemacht hätte.

Die nächste Zusatzfrage wird vom Kollegen Dr. Sohn, DIE LINKE, gestellt.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Nicht!)

- Nicht? Sie haben noch zwei Zusatzfragen. Eine für Sie und eine für Herrn Herzog!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, ich habe eine Frage, die ein bisschen in die Sphäre der Haushaltskonsolidierung hineinreicht. Wenn Sie sagen - das ist ja völlig klar -, der Erhalt der Brücken, von den nicht bundeseigenen Bahnstrecken einmal abgesehen, sei vor allem Bundesaufgabe, möchte ich wissen: Wäre das nicht ein weiteres Argument, alles dafür zu tun, dass die Masse des Schwerlasttransports auf die Schiene kommt, weil uns das bei den Erhaltungsaufwendungen für landeseigene Brücken entlasten würde?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Sohn, bei dem Güterverkehr reden wir in der Regel über einen überregionalen Verkehr. Das heißt, er wird nicht auf Gemeindestraßen von Wilhelmshaven nach München durchgeführt. Wenn man mit dem Lkw fährt, fährt man in der Regel über eine Autobahn, oder man fährt mit einem Schiff - jetzt nicht von Wilhelmshaven - über die Elbe oder aber man fährt mit der Eisenbahn über eine Schiene.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Aber zu- nehmend auch über Landesstraßen, wegen der Maut! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wegen der Maut auch über Landesstraßen!)

Das Tolle an der Sache ist, dass sowohl die Bundeswasserstraßen als auch die Bundesautobahnen genauso wie die Schienen aus dem Etat des Bundes, aus dem Bundesverkehrswegeplan, finanziert werden. Bei der DB gibt es auch die anderen Finanzierungsmöglichkeiten, die beim Bund vorhanden sind.

Das heißt, es ist egal, ob man eine Schiene ertüchtigt, ob die DB eine neue Schienenverbindung baut oder ob eine neue Bundesautobahn gebaut wird - es ist der gleiche Haushalt. Dadurch können wir beim Land nichts gewinnen.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Herr Bo- de, das war eine Antwort aus der Zeit vor der Lkw-Maut! Die Lkw weichen ja zunehmend auf unsere Straßen aus! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie wei- chen doch auf die Landesstraßen aus!)

- Wir schauen uns jeden einzelnen Hinweis an, ob das nachvollziehbar ist. Dort, wo wir eine Entwicklung feststellen, beraten wir die Kommunen, wie man damit umgehen kann. Es gibt ein vielfältiges Instrumentarium. Man kann beispielsweise über eine Bemautung der Landesstraßen oder Bundesstraßen nachdenken. Da gab es die Prüffristen. Man kann diesem Problem aber auch mittels Durchfahrtsverbote und anderer Instrumente Herr werden. Es ist nicht ganz einfach - da gebe ich Ihnen in der Tat recht -, weil es immer mal wieder einen Ausweicher gibt, den man nicht bekommt. Wenn es aber exponentiell steigt, muss man natürlich tätig werden.

Die nächste Zusatzfrage wird vom Kollegen Herzog von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Bode eben gesagt hat, wir sanieren die Brücke im Zuge der L 252 durch Abriss und stellen damit die Verkehrssicherheit durch Abriss her, frage ich Sie, Herr Minister Bode: Werden Sie hier und heute garantieren, dass bei Reaktivierung dieser Strecke die Landesregierung diese Brücke komplett neu aufbaut?

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE] und bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Herzog, es scheint tatsächlich so zu sein, dass wir von unterschiedlichen Brücken gesprochen haben. Vielleicht sagen Sie uns gleich, welche Brücke genau Sie meinen. Dann können wir Ihnen die richtige Antwort geben.

(Kurt Herzog [LINKE]: Die L 252 bei Stoetze!)

- L 252 bei Stoetze. Das müssen wir Ihnen nachliefern. Dazu kann ich Ihnen jetzt leider nichts sagen.

Noch eine andere Nachlieferung. Sehr geehrter Herr Dr. Sohn, ich hätte eben einen weiteren Punkt erwähnen müssen, wenn es Mautausweichverkehr auf Bundesstraßen gibt: Auch die Bundesstraßen

sind im gleichen Etat. Auch von daher würde Ihr Vorschlag nichts bringen. Ein Mautausweichverkehr auf Landesstraßen ist eigentlich fast nicht vorhanden.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Oh, da kommen Sie mal nach Edemissen!)

Meine Damen und Herren, jetzt wird die - jedenfalls im Moment für mich erkennbar - letzte Zusatzfrage von Herrn Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Rechnungshof in seinem Bericht festgestellt hat, dass sich allein im Zeitraum von 2004 bis 2009 - diesen hatte Herr Minister Bode vorhin schon als einen Zeitraum beschrieben, in dem gespart werden musste - eine unterlassene Bauwerkserhaltung im Bereich dieser Landesbauten von 70 Millionen Euro ergeben habe und der damit verbundene Substanzerhalt befürchten lasse, dass viele Bauwerke gar nicht mehr ihr durchschnittliches statistisches Lebensalter erreichen, weil aufgrund unterlassener Bauunterhaltung mit größeren Schäden zu rechnen sei, die nicht mehr so einfach zu reparieren seien, frage ich die Landesregierung: Belastet diese Methode, die vom Ministerium angewendet worden ist, um kurzfristige Konsolidierungserfolge vorzuweisen, möglicherweise mittelfristig und langfristig den Landeshaushalt sogar stärker, weil sich die notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht nur aufgrund des Instandsetzungsstaus erhöhen, sondern damit sogar noch größere Schäden verbunden sind, die letztlich höhere Investitionen auslösen? Ist insofern das alte Sprichwort „Der arme Mann lebt teuer“ hier auch auf Kosten der Steuerzahler bei der Haushaltskonsolidierung einschlägig, indem die späteren Kosten höher sind als die Einsparungen in der Vergangenheit?

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Hagenah, wenn es so wäre, hätten Sie recht. Aber Gott sei Dank ist es nicht so.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Warum?)

In der Tat haben wir einige Brückenbauwerke, die heute schon eine Lebensdauer haben, die damals gar nicht planbar war. Das heißt, sie halten schon wesentlich länger und sind in einem guten Zustand, obwohl sie die normale Lebensdauer überschritten haben. Das zeigt, dass die Methoden, die wir anwenden, gut sind. Die Methoden, die wir anwenden, haben wir nicht aus der Luft gegriffen, sondern es handelt sich um bundesweit anerkannte Erhaltungs- und Managementverfahren, nach denen wir hier vorgehen.

In der Tat muss man immer die Frage stellen: Wann ist die Erhaltungsmaßnahme für den Steuerzahler am effektivsten und am günstigsten? Wann ist sie zu spät? Wann ist sie zu früh? - Bei den Brücken haben Sie aber noch etwas anderes zu berücksichtigen. Ich habe Ihnen hier schon gesagt, dass wir den großen Boom des Brückenbaus in den Jahren seit 1955 gehabt haben. Man hat damals weder auf die Gewichte noch auf die Zunahme der Güterverkehre so reagieren können. Das heißt, es gibt durchaus Brückenbauwerke, an denen eine Erhaltungsmaßnahme durchgeführt werden könnte, mit der man aber den heutigen Anforderungen, was Lasten angeht, nicht gerecht würde, sodass man schon deshalb gezwungen ist, neu zu bauen oder grundzusanieren, weil man mit der Erhaltungsmaßnahme nicht auskommt, wenn es sich um eine verkehrswichtige Straße handelt und eine Beschränkung der Tragfähigkeit nicht akzeptiert werden kann.

Das heißt, die Hinweise des Landesrechnungshofs sind gut, aber sie sind pauschal leider nicht anwendbar.