Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Danke, Herr Präsident. - Herr Minister Schünemann, Sie haben sich bei der Beantwortung der Frage ja schon zu den Fanprojekten geäußert. Der Innenausschuss hat das Fanprojekt in Wolfsburg

besichtigt und sich einmal schlau gemacht. Fanprojekte leben von Geld, das ist ganz klar. Sie haben es gesagt: Ein Drittel der Kosten übernimmt das Land, ein Drittel der Verein und ein Drittel die Stadt.

Herr Kollege, jetzt muss aber die Frage kommen.

Ja, danke. - Die Fanprojekte haben den Wunsch geäußert, dass sie finanziell besser unterstützt werden, damit sie ihre Arbeit noch besser erfüllen können. Wie bewerten Sie diesen Wunsch der Fanprojekte nach besserer finanzieller Unterstützung?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hausmann, ich bin jetzt, glaube ich, seit fast achteinhalb Jahren in der Innenministerkonferenz. Jedes Mal, wenn ein neuer Innenminister dazu kommt, stellt er die Frage: Können wir die Polizeieinsätze nicht den Bundesligavereinen in Rechnung stellen?

Diese Frage kann man zunächst einmal durchaus verstehen. Das ist aber nicht durchführbar. Erstens kann man das nicht zu anderen Bereichen abgrenzen, und zweitens kann man das sowieso nur dann in Rechnung stellen, wenn die Polizei direkt im Stadion tätig ist. Denn die Anwesenheit der Polizei ist auf jeden Fall auch bei der Anreise, also vor dem Stadion, notwendig. Insofern ist diese Forderung nicht sinnvoll.

Deshalb habe ich bereits vor einiger Zeit die DFL und den DFB aufgefordert, sehr viel mehr für den Bereich Prävention zu tun. Sie machen schon viel und unterstützen die Präventionsprojekte zu einem Drittel, mittlerweile sogar mit etwas mehr, nämlich mit 60 000 Euro pro Fanprojekt.

Aber wenn man nur einmal an die Einnahmen aus den Fernsehrechten und anderes denkt, dann ist es doch nicht nachzuvollziehen, dass in der Ersten, Zweiten und Dritten Liga, wo Profifußball gespielt wird, Kommunen und Land diese Fanprojekte mitfinanzieren. Deshalb werde ich am Montag wieder die Forderung auf den Tisch legen, dass in der Ersten, Zweiten und Dritten Liga Fanprojekte vorgeschrieben werden, sie allerdings von der

Seite des Fußballs - also von der DFL, vom DFB und von den Profivereinen - finanziert werden. Ich glaube, das wäre insgesamt ein richtiger Beitrag.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dann würde auch die Diskussion über die Bezahlung der Polizeieinsätze schlichtweg wegfallen. Wenn Sie das einmal hochrechnen, dann stellen Sie fest, dass diese Forderung nicht völlig absurd ist: Die Kosten für ein Fanprojekt belaufen sich auf 100 000 bis 150 000 Euro. In der Ersten bis zur Dritten Liga sind 56 Mannschaften. Ich bin nicht ganz so gut in Mathe, aber das müsste dann zwischen 6 und 7 Millionen Euro sein. Aus den Fernsehrechten ergeben sich vielleicht Erlöse in Höhe von ungefähr 200 Millionen Euro. Diesen Beitrag kann sich der Profifußball also durchaus leisten.

(Zustimmung bei der CDU)

Anders bewerte ich das ab der Regionalliga. Wir haben ja anhand der Zahlen gesehen, dass es auch hier Probleme gibt. Im Amateurfußballbereich kann ich mir eine Drittelförderung durchaus vorstellen. Das muss nicht vorgeschrieben sein; nicht in jeder Amateurmannschaft muss ein Fanprojekt durchgeführt werden. Aber da, wo Probleme entstehen, sollte man im Rahmen eines Antragsverfahrens die Möglichkeit eröffnen, dass der Fußball, die Kommune, aber auch das Land helfen. Das hat dann direkt etwas mit Prävention zu tun.

Zusammengefasst: Die klare Forderung ist, dass das in der Ersten, Zweiten und Dritten Liga der Fußball selbst bezahlen muss. Eine Beteilung von Land und Kommune im Amateurbereich ist meiner Meinung nach sinnvoll. Dann gibt es erheblich mehr zielgerichtete und qualitativ klar ausgerichtete Projekte. Ich glaube, das bringt eine ganze Menge.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Jahns stellt die nächste Zusatzfrage.

Danke, Herr Präsident. - Ich frage die Landesregierung: Nach welchen Kategorien erfolgt die Faneinteilung?

Herr Minister!

Nach A, B und C.

(Heiterkeit - Zuruf von Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Sehr gut!)

A ist der friedliche Fan, der sich sehr mit der Mannschaft identifiziert. Das sind diejenigen, die die Trikots tragen. B-Fans sind die gewaltgeneigten Fans. C sind die gewaltbereiten Fans, die durchaus Gewalt anwenden und das auch schon nachgewiesen haben. Dann gibt es noch die Unterscheidung nach Hooligans und Ultras. Das ist die Einteilung im Fußball.

Herr Kollege Meyer, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, stellt die nächste Zusatzfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich frage die Landesregierung zum Thema Pyrotechnik: Wie wollen Sie mit den Vorschlägen der Initiative „Pyrotechnik legalisieren! Emotionen zulassen!“ umgehen? Anscheinend bewertet der Ex-Sicherheitsbeauftragte des DFB ein kontrolliertes Abbrennen von Pyrotechnik in abgetrennten Bereichen, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben, vor dem Hintergrund der Deeskalation und dass bei Rockkonzerten in Fußballstadien ganz massiv Pyrotechnik unter Aufsicht kontrolliert eingesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Es ist schon ein Unterschied, wenn bei einem Rockkonzert Pyrotechnik direkt auf der Bühne eingesetzt wird, die zum Bühnenbild gehört und tatsächlich eingegrenzt ist. Das kann man nicht mit der Fußballszene vergleichen.

Ich halte von diesen Überlegungen überhaupt nichts. Erstens ist Pyrotechnik immer eine Gefahr. Wenn Sie 50 000 oder 60 000 Besucher haben, die Sie erst einmal ins Stadion begleiten müssten, dann können Sie nicht kontrollieren und sicherstellen, dass nicht schon auf dem Weg dahin, wenn Sie vielleicht einen Fanblock isolieren, etwas passiert.

Zweitens kann Pyrotechnik aus einem Fanblock heraus auch in einen anderen Fanblock geworfen

werden, in dem Kinder und Familien sind. Somit macht das überhaupt keinen Sinn.

Also: Pyrotechnik, gerade Feuerwerkskörper und anderes, hat im Stadion, wo so viele Menschen zusammen sind, schlichtweg nichts zu suchen.

(Beifall bei der CDU)

Was es bedeuten kann, Pyrotechnik zu zünden, konnten Sie in der letzten Woche in Zürich sehen. Dabei sind Finger abgetrennt worden. Wir haben es auch in Osnabrück erlebt, wo ein Polizeibeamter schwer verletzt worden ist, weil Pyrotechnik in den Kabinengang geworfen wurde, in dem sich die Polizeibeamten aufgehalten haben.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Ein Polizeibeamter ist schwer verletzt worden, andere Polizeibeamte haben durch Knalltrauma und anderes erhebliche Verletzungen davongetragen.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Deshalb bin ich sehr froh, dass diese Diskussion mittlerweile vorbei ist. DFB/DFL haben es erkannt: Pyrotechnik hat im Stadion nichts zu suchen. Emotionen können auch in anderer Form gezeigt werden. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand auf der Trommel darzulegen versucht, dass er ein besonderer Fan von Hannover 96, Werder Bremen, VfL Osnabrück oder anderen Vereinen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Janssen-Kucz stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Minister, Sie haben dargestellt, dass der Dialog mit den Ultras gestört ist. Bei der Beantwortung der Fragen haben Sie dann ausgeführt, dass wieder Gespräche auf den unteren Ebenen begonnen werden, die aber in Teilen auch gestört sind. Können Sie die Maßnahmen präzisieren, die Sie vorsehen, um mit den Ultras ins Gespräch zu kommen? Mir war das alles zu schwammig und zu technokratisch.

(Zustimmung Helge Limburg [GRÜ- NE])

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dann will ich es sehr konkret machen: Im Jahr 2010 haben wir auf Anregung von Herrn Professor Dr. Pilz eine Zukunftswerkstatt eingerichtet, zu der die Ultraszene in Niedersachsen insgesamt eingeladen worden ist. Dort sollten Ultras, szenekundige Polizeibeamte und sogar die Politik ins Gespräch kommen. Wir haben beim Landessportbund zusammengesessen. Ich muss zugeben, dass die Beteiligung der Ultras übersichtlich gewesen ist. Dennoch war es ein guter Anfang. Ich selber habe zumindest zeitweise an der Zukunftswerkstatt teilgenommen, um die Reaktionen insgesamt zu sehen. Aus den Gesprächen heraus sind an acht Stellen örtliche Ausschüsse gebildet worden. Die kommunale Ebene sucht gemeinsam mit der Polizei die Gespräche, um zu prüfen, ob man hier einen Dialog aufbauen kann.

Ich hatte schon mehrfach dargestellt, dass man die Ultraszene nicht einfach in die Ecke stellen kann, dass sie nur gewaltbereit ist. Das ist schlichtweg nicht richtig. Es gibt einige, die sehr klar sagen: Wir wollen unsere „Begeisterung“ für einen Verein besonders ausleben. Sie haben für sich selber ganz besondere Phänomene erarbeitet.

Aber es gibt andere, die mit dem Fußball überhaupt nichts zu tun haben, sondern nur Gewalt anwenden wollen. Die gehört es zu isolieren. Mit ihnen den Dialog zu führen, ist schlichtweg nicht möglich. Erstens wollen sie den Dialog nicht, sie kommen erst gar nicht. Zweitens würde der Dialog nicht erfolgreich sein, weil sie nichts mit Fußball zu tun haben, sondern Gewalt anwenden wollen. Insofern muss man unterscheiden.

Mit denjenigen, die dialogbereit sind, muss man den Dialog führen. Der Präsident von Hannover 96, Herr Kind, hat noch im Sommer, als es Probleme in einer Gaststätte gegeben hat, gesagt: Ich will persönlich mit ihnen reden. - Die Polizei hat die Namen zur Verfügung gestellt. Er hat sie persönlich angeschrieben und mit ihnen gesprochen. Es gibt einige, mit denen er den Dialog fortsetzt, aber es gibt andere, die nicht zum Dialog fähig sind.

Herr Kollege Götz stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Minister, am 9. November 2009 wurden bei Weddel 96-Fans überfallen. Konnten die Täter

damals ermittelt werden, und wurden sie abgeurteilt?

Herr Minister!