Protokoll der Sitzung vom 19.07.2012

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass das Schreiben von Minister Bode zur Ablehnung der Akteneinsicht entgegen der Darstellung des Ministers keine verfassungsrechtlich geforderte Einzelfallabwägung und auch keine nach der Landesverfassung geforderte Begründung enthält, frage ich die Landesregierung, ob diese notwendige Abwägung überhaupt nicht vorgenommen wurde, ob der Minister vielleicht nur vergessen hat, sie an das Schreiben anzuhängen und sie jetzt nachreichen kann, oder ob Minister Bode hier schlicht nach eigenem Gutdünken handelt und die Rechte des Parlaments missachtet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Bode!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier handelt niemand nach eigenem Gutdünken. Hier wird eine Aktenvorlage von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in verschiedensten Ministerien sehr gewissenhaft nach ihrem eigenen Gewissen geprüft und abgearbeitet.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Nein! Sie setzen die Grenzen!)

Ich will Ihnen einmal verdeutlichen, wie das funktioniert, Herr Hagenah:

Wenn ein Ausschuss ein Aktenvorlagebegehren stellt, dann wird zuallererst die Staatskanzlei aktiv, weil wir sicherstellen wollen, dass die Aktenvorlage durch die Landesregierung unabhängig vom feder

führenden Ministerium nach gleichen Maßstäben und allen Erfordernissen der Rechtsprechung entsprechend abgearbeitet wird.

Dann bekommt das zuständige verantwortliche Ministerium zunächst einmal einen dicken Stapel Unterlagen - das ist der Stapel -,

(Der Redner zeigt einen Stapel Pa- pier)

der alle Grundsätze und Bedingungen enthält, die zu beachten sind. Diese werden dann den Mitarbeitern, die dies durchführen, zugeleitet.

Im vorliegenden Fall verfahren wir bei uns im Hause nach dem Vieraugenprinzip. Zunächst stellt ein Mitarbeiter die Akten zusammen und paginiert. - Wir haben elektronische Akten. Das heißt, die Akten selber müssen noch ausgedruckt und angelegt werden. - Ein Mitarbeiter liest dies alles, arbeitet es ab und wägt für sich ab und prüft, was vorlagefähig ist und was nicht vorgelegt werden darf, also als vertraulich gestempelt werden muss usw. Dann prüft ein zweiter Mitarbeiter, ob das alles richtig war oder ob es Fehler gab.

Ich will nämlich nicht, Herr Hagenah, dass noch einmal so etwas passiert wie damals beim Untersuchungsausschuss zum JadeWeserPort; als ein Werbeprospekt des JadeWeserPorts als vertraulich gestempelt worden war. Deshalb haben wir das Vieraugenprinzip.

Nach dieser Abwägung und den jeweiligen Kriterien wird es vorgelegt. Das hat nichts mit Willkür zu tun, das sind verantwortungsvolle Mitarbeiter, die dies tun.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Die nächste Frage wird vom Kollegen Adler, Fraktion DIE LINKE, gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, ich habe aus der Antwort, die Sie eben gegeben haben, und aus dem, was in dem in der Anfrage zitierten Schreiben steht, schon einen gewissen Unterschied herausgehört. Deshalb bitte ich um Präzisierung. In dem Schreiben steht, dass etwas nicht vorgelegt werden kann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. Wenn man diese Formulierung

aufrechterhalten will, kann man praktisch jede Akteneinsicht ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Genauso ist es!)

Man kann das ja nie ausschließen. Sind Sie mit mir der Meinung, dass diese Formulierung falsch war und von Ihnen zurückgenommen werden muss?

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen meine Antwort dargelegt. Das ist ja auch im Ausschuss diskutiert worden. Sie hatten auch dort schon die Frage gestellt, wie das tatsächlich zu verstehen ist. Wir können bei keinem Punkt ausschließen, dass es zu irgendetwas eine Streitigkeit vor Gericht gibt. Dass wir deshalb aber nicht nichts vorlegen, würde ja die Verfassung konterkarieren.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ach!)

Wir haben Ihnen damals gesagt, und ich sage es Ihnen auch heute, dass aus heutiger Sicht die Aufzählung der Fälle, in denen wir gerichtliche Auseinandersetzungen erwarten, abschließend ist. Das sind die Fälle, in denen wir uns im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens befinden - darüber ist in der Presse ja schon berichtet worden -, die bereits vor Gericht waren und bei denen wir übrigens obsiegt haben. Da ist schon angekündigt worden, dass diese Verfahren weitergeführt werden sollen. Da besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich zum Hauptsacheverfahren kommt. Deshalb ist dieser Bereich aus unserer Sicht definitiv nicht abgeschlossen. Und dann haben wir die Verfahren, in denen es bereits gerichtliche Auseinandersetzungen, beispielsweise zur Frage der Baukosten - des einen Nachtrages - gibt. Das bedeutet, da, wo wir uns bereits heute in streitigen Auseinandersetzungen befinden und es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass es zu einer gerichtlichen Klärung kommen wird, ist der Vorgang nicht abgeschlossen, deshalb wurde auch nicht vorgelegt.

(Zuruf von Hans-Henning Adler [LIN- KE]: Das ist etwas Anderes: „Hohe Wahrscheinlichkeit“ oder „Nicht aus- geschlossen“! Er kann keine Fehler zugeben!)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Lies, SPD-Fraktion, gestellt.

Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir in diversen Ausschusssitzungen Informationen erbeten haben und uns in den Ausschusssitzungen Zusagen über Informationen bezüglich Gutachten und Bilder, die von Schadensstellen aufgenommen wurden, gemacht wurden, aber hinterher alles wieder verneint wurde und uns genau diese Unterlagen, die dringend notwendig sind, damit der Ausschuss, damit das Parlament eine Beurteilung der Situation vornehmen kann, vorenthalten werden, frage ich die Landesregierung, ob das, was Sie quasi schriftlich zur Frage der Aktenvorlage mitgeteilt haben, auch zukünftig Grundlage für die Information des Parlamentes im Ausschuss sein wird und ob wir weiterhin von Ihnen die Antwort bekommen, dass keine Informationen, keine Gutachten, keine Bilder und keine Daten vorgelegt werden, weil diese in gerichtlichen Auseinandersetzungen möglicherweise eine Rolle spielen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Bode!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind bei dem Thema sehr an einer umfassenden Information des Parlaments interessiert.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das mer- ken wir gerade! Ja, ja!)

Da Sie so tun, als würden wir Ihnen Informationen vorenthalten, möchte ich Ihnen sagen, wann wir Sie im einzelnen informiert haben: am 13. Juli 2012 im Wirtschaftsausschuss schriftliche Unterrichtung zu Gutachten, am 29. Juni 2012 mündliche Unterrichtung zum Projektstatus, am 8. Juni 2012 im Ausschuss mündliche Unterrichtung zum Projektstatus, am 25. Mai im Ausschuss mündliche Unterrichtung durch mich zum Projektstatus, am 8. Mai im Plenum Beantwortung der Dringlichen

Anfrage der Fraktion der SPD, am 27. April im Ausschuss mündliche Unterrichtung ebenfalls durch mich zum Projektstatus, am 13. April mündliche Unterrichtung durch mich und durch den Geschäftsführer der JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft zum Projektstatus und zum Sanierungsverfahren, am 23. März dieses Jahres schriftliche Unterrichtung im Anschluss an die Sitzung, am 28. Februar 2012 mündliche Unterrichtung durch Geschäftsführer Kluth zum Projektstatus, am 22. Februar Beantwortung der Dringlichen Anfrage von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie sehen, wir haben sehr umfassend und sehr intensiv über den Projektstatus informiert.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Die Auf- sichtsratsprotokolle seit 2001!)

- Ich würde Herrn Lies gerne die Frage beantworten, Herr Will. Das ist jetzt unkollegial, dass Sie da stören.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wir wollen Akteneinsicht! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Wir wollen alle Protokolle!)

Es ist so, Herr Lies, dass wir in der Sitzung, in der ich etwas über Gutachter ausgeführt habe und Sie auch nach den Bildern gefragt haben, gesagt habe, dass aus meiner Sicht nichts dagegen spricht, es Ihnen zu übergeben. Das habe ich so erklärt, weil ich dachte, dass nichts dagegen spricht. Dann musste ich mich leider von Herrn Herbeck belehren lassen, dass die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung dagegen sprechen sowie die Entscheidung des Staatsgerichtshofes und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Flick-Urteil. Es tut mir sehr leid, daran halte ich mich dann. Das war eine Fehleinschätzung.

Die nächste Frage wird vom Kollegen Hagenah gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass es sich hier tatsächlich um einen neuen und einzigartigen Vorgang handelt, Herr Minister Bode,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

bei dem es nicht um einen einzigen falsch gestempelten Werbeprospekt geht, sondern um eine ver

fassungswidrige Einschränkung von Parlamentsrechten,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die parlamentarische Kontrolle wirksam sein muss und nicht torpediert werden darf -

(Jens Nacke [CDU]: Herr Hagenah, geht es eine Nummer kleiner?)

auch das steht in den Urteilen, die Sie eben zitiert haben -, ob die Landesregierung im Zusammenhang mit der heute Mittag anstehenden Sondersitzung des Unterausschusses „Häfen und Schifffahrt“, in der diese Vorlage erneut zur Beschlussfassung auf den Tisch gelegt wird, dafür sorgt, dass sie verfassungskonform geändert wird und entsprechend alle vagen Tatbestände herausgenommen werden, und ob sie tatsächlich inhaltlich argumentiert, was sie vorlegt und was sie nicht vorlegt. Anderenfalls sähen wir uns nämlich gezwungen, an dieser Abstimmung nicht teilzunehmen, weil sie verfassungswidrig wäre, und würden auch dagegen klagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Herr Hage- nah, Sie sind nicht ernst zu nehmen! - Gegenruf von Enno Hagenah [GRÜ- NE]: Das ist sehr ernst zu nehmen!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hagenah, ich habe das, was Sie ausgeführt haben, mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. Denn wenn Sie meiner Antwort gelauscht hätten, hätten Sie gehört, dass diese Aktenvorlage, die wir machen, eine FolgeAktenvorlage zu einer bestehenden Aktenvorlage ist. Das heißt, wenn Sie sich den Kabinettsbeschluss bzw. das Übersendungsschreiben anschauen - und um diesen Übersendungsbereich geht es - erkennen Sie, dass das Kabinett eine vierte Tranche des Aktenvorlagebegehrens beschlossen hat. Es stellt sich dann schon die Frage, warum die Grünen bei den ersten drei Tranchen mit dem Beschluss kein Problem hatten, jetzt heute bei der vierten Tranche aber ein Problem haben.