Protokoll der Sitzung vom 12.05.2009

haben. Das ist - Verzeihung! - mindestens ein bisschen doppelzüngig!

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Thiele von der CDU-Fraktion, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klein, mein Großvater war einer dieser, wie ich finde, sehr intelligenten Männer, die nicht viel geredet haben. Aber wenn sie etwas gesagt haben, dann meistens etwas mit Hand und Fuß. Er hat mir, als ich ein kleiner Junge war, gesagt: Mien Jung, eens must du weten: De Linken könt mit Geld nich ümgohn, datt könt die Schwatten beter.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner hat das gerade wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

(Zurufe von der SPD)

- Sie brauchen gar nicht dazwischenzurufen.

Ich bin dankbar dafür, dass Herr Aller hier ist. Fragen Sie einmal Herrn Miersch, den neuen Vorsitzenden der SPD Region Hannover. Er muss gerade mit den Hinterlassenschaften des ehemaligen Finanzministers des Landes Niedersachsen, Herrn Aller, aufräumen und hat erst einmal eine Haushaltssperre für die SPD Region Hannover verhängt.

Wir alle, sehr geehrte Damen und Herren, wissen sehr genau, in welcher Situation wir den Landeshaushalt im Jahr 2003 übernommen haben. Sie, Herr Jüttner, haben eindrucksvoll bewiesen, dass Sie mit Finanzpolitik wirklich nichts am Hut haben, dass Sie die Landeshaushalte nicht im Griff hatten und dass Sie insofern ein schlechter Ratgeber für finanzpolitische Fragestellungen sind.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Freuen Sie sich schon einmal auf die nächsten Haushaltsberatungen! Sie werden sich noch wundern!)

Ich finde, Finanzpolitik und Haushaltspolitik sind mit einem Auto vergleichbar. Ein Auto braucht einen Motor. Das ist unsere Wirtschaft, das sind die Arbeitnehmer, die genau wie die Unternehmer Steuern zahlen müssen. Ein Auto braucht Räder. Die Räder stehen für das System, in dem wir uns bewegen, insbesondere das Wirtschaftssystem,

unsere soziale Marktwirtschaft. Ein Auto braucht aber eben auch eine Bremse. Unter vielen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten haben wir gelernt, dass sie leider viel zu häufig mit einem Auto unterwegs waren, das keine Bremse hatte, bei dem sie im Zweifel dann Vollgas gegeben haben, abschüssige Straßen hinuntergefahren sind und am Ende das Land Niedersachsen mit seinem Haushalt gegen die Wand gefahren haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir streiten jetzt - im Übrigen gemeinsam mit vielen Vertretern aus anderen Bundesländern und Finanzpolitikern auf der Bundesebene - dafür, dass das Auto eine Bremse bekommt. Diese Bremse sollte nicht immer nur sozusagen nach gewonnenen Wahlen von Christdemokraten eingebaut werden müssen, sondern sie sollte im System fest implementiert sein. Wir haben hier in Niedersachsen bewiesen, dass es keinen Widerspruch zwischen einer verantwortungsvollen Finanzpolitik einerseits und Wirtschaftswachstum, also einer wirtschaftlich dynamischen Entwicklung, andererseits gibt. Wir haben den Haushalt in den letzten sechs Jahren schrittweise saniert, haben Ausgaben zurückgefahren und haben in diesen sechs Jahren gleichzeitig erlebt, dass wir in Niedersachsen über die Jahre gerechnet ein Wirtschaftswachstum von 10 % hatten. Das ist eine Entwicklung, die sich in der Geschichte des Landes Niedersachsen sehen lassen kann. Sie beweist, dass beides, was ich angesprochen habe, möglich ist.

Wenn wir jetzt über eine Schuldenbremse - offensichtlich gegen die Position von SPD, Linken und Teilen der Grünen hier im Niedersächsischen Landtag - diskutieren, können wir uns, Herr Jüttner, immerhin auch einiger Fürsprecher aufseiten der Sozialdemokraten erfreuen. Ihr ehemaliger Bundesvorsitzender Kurt Beck hat bereits am 10. März letzten Jahres in SPIEGEL ONLINE gesagt, für ihn sei eine Schuldenbremse in der Verfassung unabdingbar. Herr Oppermann hat auf seiner Homepage als Ziel der Großen Koalition eingestellt, noch in dieser Wahlperiode eine Schuldenbremse in die Verfassung zu schreiben. Herr Steinbrück sagte am 27. März 2009 im Spiegel: Mit dem jetzt geplanten Schuldenverbot soll deutlich gemacht werden, dass Bund und Länder nach Überwindung der Krise wieder auf den Konsolidierungspfad zurückkehren. - Er sagte weiter, dass es notwendig sei, klare Vorgaben für den Abbau der Schulden in Zeiten der Konjunktur festzuschreiben. Er erinnerte daran, dass die Aus

nahmeregelung im Grundgesetz seit 1975 insgesamt 15-mal in Anspruch genommen wurde, zum Teil, wie er sagt, sehr leichtfüßig. Peter Struck, der Fraktionsvorsitzende der SPD - er stammt, wie wir wissen, aus Niedersachsen -, sagte - Zitat -: Ich bleibe dabei: Es handelt sich um eine Sternstunde des Föderalismus. - Dies war sein Kommentar auch zur Schuldenbremse. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD im Deutschen Bundestag, Herr Schneider, sagte: Ein verbindliches Verschuldungsverbot ist ein realistisches Ziel. - Er begrüßt es, dass der Staat bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung Kredite aufnehmen dürfe. Wichtig sei dann aber auch, verbindliche Regeln für den Schuldenabbau festzuschreiben. Er feiert: Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es eine über den Bund hinausgehende Schuldenregelung wird geben können.

Herr Jüttner, offensichtlich sind Sie mit Ihrer Position in der Sozialdemokratie sehr einsam. In Wirklichkeit geht es den Sozialdemokraten doch um etwas ganz anderes. Sie wollen in Wahrheit keine Schuldenbremse, weil Sie eine andere Steuerpolitik wollen und weil Sie eine andere Ausgabenpolitik wollen. Der Satz, den Herr Jüttner hier gerade sagte, war entlarvend: Mit uns, mit der SPD in Niedersachsen, gibt es keine Steuersenkung. - Ich danke Ihnen für diesen Satz. Die Niedersachsen werden ihn bei den nächsten Wahlen zu schätzen wissen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind der Auffassung, dass wir eine solide Steuerreform als Voraussetzung dafür brauchen, dass die Schuldenbremse am Ende greift. Wir haben ein zu kompliziertes Steuerrecht. Wir brauchen ein Steuerrecht, das einfacher und gerechter ist und das auch niedrigere Steuern beinhaltet. Dafür werden wir weiterhin kämpfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat nun Herr Bode von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat dies wieder gezeigt: Auf der einen Seite haben wir es mit Politikern zu tun, die nach dem Motto leben: Was kostet die Welt? Nach mir die Sintflut; bezahlen soll doch der, der irgend

wann später geboren wird und dann die Verantwortung zu tragen hat. - Auf der anderen Seite gibt es Politiker, die sagen: Wir müssen damit Schluss machen, dass wir unsere Kinder und Kindeskinder mit den Folgen dessen, was wir selber verbraucht haben, belasten. Wir müssen dafür sorgen, dass wir das, was wir selber genießen, auch entsprechend erwirtschaften und bezahlen.

Man kann also auf der einen Seite sagen: Lasst es uns so machen, wie Herr Jüttner es gesagt hat. Lasst uns entsprechende Investitionen über Kredite finanzieren, mit Tilgung abtragen etc. - Eines hat die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in den letzten 60 Jahren allerdings auch gezeigt: Alle diese Ansätze haben bisher kein einziges Mal funktioniert. Wenn das Land Niedersachsen in 60 Jahren nicht ein einziges Mal einen Kredit wirklich zurückgezahlt hat, sondern jedes Jahr immer mehr Schulden aufgenommen hat, dann zeigt das, dass dieses Modell nicht funktioniert und die nachfolgenden Generationen weiter belasten wird.

Es bedeutet deshalb eine große Verantwortung, dass wir es für nachfolgende Generationen anders regeln, dass wir für sie etwas anderes festschreiben und die Dinge entsprechend sortieren. In einer Hinsicht bin ich natürlich Ihrer Auffassung, Herr Jüttner. Was die sogenannte Föderalismuskommission II als Ergebnis vorgelegt hat, hat mit ihrem Arbeitsauftrag überhaupt nichts mehr zu tun. Herr Struck hat ein anderes Ergebnis festgeschrieben, als der Auftrag beinhaltete. Bei den einzelnen Detailregelungen, die in das Grundgesetz eingetragen werden sollen, kann man sich wirklich überlegen, ob dies wirklich sinnvoll ist oder ob es sich nicht eher um eine Verschandelung des Grundgesetzes handelt. Wenn man mit Verstand an diese Frage herangeht, muss man eigentlich sagen: So wie es im Bundestag eingebracht worden ist, kann man es nicht beschließen. Auf der anderen Seite muss man aber auch mit dem Herzen dabei sein und sagen: Hier eröffnet sich wahrscheinlich die einzige Chance in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und Niedersachsens, für kommende Generationen die Explosion der Schulden einzudämmen und ihnen eine Chance für die Zukunft zu geben. Diese beiden Abwägungen müssen wir alle miteinander vornehmen. Es wird deshalb, wie ich glaube, sehr stark darauf ankommen, wie die weiteren Beratungen im Deutschen Bundestag verlaufen. Ich kann nur an alle appellieren, die wahrscheinlich einmalige Chance für kommende Generationen zu nutzen.

Steuersenkungen sind ja kein Selbstzweck. Wir wollen Steuersenkungen vornehmen, damit sich Leistung wieder lohnt, damit man motiviert arbeiten kann und hinterher etwas mehr in der Tasche hat, damit die Familien bessergestellt werden, damit wir das Kindergeld erhöhen können, damit der Grundfreibetrag für alle - auch für Kinder - gleichermaßen gilt. Wir haben als FDP im Bundestag dafür einen Gesetzentwurf eingereicht. Um einmal auf die Finanzen einzugehen, Herr Jüttner: Alles in allem kosten die erwähnten Maßnahmen ungefähr 33 Milliarden Euro. Wir haben zugleich allerdings auch gesagt, wie man diese Maßnahmen dauerhaft finanzieren kann. Auf der Basis der Untersuchungen des Bundesrechnungshofes und einiger Landesrechnungshöfe kommen wir bei unseren Gegenfinanzierungsvorschlägen auf 31,7 Milliarden Euro. Einige der Entlastungsmaßnahmen sind bereits über das Konjunkturpaket II abgedeckt. Das heißt, was die FDP vorgelegt hat, führt zu keinen Haushaltsdefiziten. Wenn sich Leistung wieder lohnt, haben wir also die Chance, dass wir aus der Schwarzarbeit wieder etwas in den Bereich der legalen Beschäftigung überführen, dass wir weiteres Wachstum generieren können und dass wir wieder entsprechend nach vorne kommen. In diesem Ziel sollten wir uns alle einig sein. Steuersenkungen sind das beste Konjunkturprogramm. Das haben die USA bewiesen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der letzte Redner zu Tagesordnungspunkt 1 d ist Herr Ministerpräsident Wulff. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für uns als Landesregierung ist die Steuerpolitik Bestandteil von Wachstumspolitik. Das Wachstum, das wir akquirieren wollen, soll selbstverständlich zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwandt werden, es soll selbstverständlich für Investitionen in Zukunft - in Forschung, in Bildung - verwandt werden, und es soll selbstverständlich für Steuerentlastungen und eine große Steuerreform mit einfacheren, niedrigeren und gerechteren Steuersätzen, die unser Land so dringend brauchen würde, verwandt werden.

Die Einlassungen von Ihnen, Herr Jüttner, und die aktuelle Politik in Einklang zu bringen fällt nicht nur schwer, sondern ist eigentlich nicht möglich. Die von Ihrer Partei mitgetragene Bundesregierung senkt in diesem Jahr die Steuern. Der Eingangssteuersatz ist auf 14 % gesenkt worden. Wir entlasten die Steuerzahler im nächsten Jahr durch bessere Absetzbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung im Umfang von 10 Milliarden Euro. Durch die Veränderung der Besteuerung bekämpfen wir die kalte Progression im Umfang von zweimal 3 Milliarden Euro. Sie aber sagen: Steuersenkungen wird es mit der SPD nicht geben. - Diese Aussagen liegen kaum vorstellbar weit neben dem Konjunkturprogramm und den Maßnahmen, die darauf abzielen, Geldmengen nicht zu verknappen, sondern der Krise entgegenzuwirken und Rezession und Deflation zu vermeiden.

Sie müssen auch Ihren Konflikt mit Ihrer eigenen Partei unter sich und auf Ihren Parteitagen austragen - sowohl den Konflikt zwischen Herrn Duin und Herrn Gabriel als auch den Konflikt zwischen Ihnen und Herrn Struck. Ich stehe zu dem Kompromiss, der unter Vorsitz von Peter Struck gefunden worden ist. Ich hätte mir das alles anders, viel schneller und viel klarer gewünscht, aber ich stehe zu dem Kompromiss der Föderalismuskommission. Sie aber haben sich von diesem Kompromiss längst verabschiedet.

Ich halte Regelungen zur Schuldenbegrenzung in den Verfassungen von Bund und Ländern für erforderlich und weiß, dass das in der Vergangenheit nicht funktioniert hat. Bis 1965 wurden bei Geltung des Grundgesetzes überhaupt keine Schulden gemacht. Erst seit 1965/66, seit der Großen Koalition, sind diese gigantischen Schuldenmengen aufgetürmt worden. Wir müssen aus diesem Schuldenstaat, der ein immer höheres Aufkommen für Zinsen und Zinseszinsen erfordert, heraus. Das wird nur durch Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Schranken funktionieren. Das Kriterium der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts hat sich als untauglich erwiesen. Deshalb haben wir jetzt ein tauglicheres, wenn auch kein perfektes Instrument.

Ihre Verherrlichung des Schuldenmachens

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist doch lächerlich!)

und Ihre generelle Ablehnung des Steuersenkens sind für uns in dieser Aktuellen Stunde wirklich entlarvend gewesen, weil Sie damit natürlich zei

gen, dass Sie etwas vom Abkassieren und vom Ausgeben von mehr Geld, als Sie haben, verstehen. Wir aber wollen eine verlässliche, solide Haushaltspolitik, die mit Ihnen offenkundig nicht zu machen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich stelle fest, dass damit die Besprechung zu Tagesordnungspunkt 1 d beendet ist.

Ich eröffne die Besprechung zu Tagesordnungspunkt 1 e:

Nicht reden, sondern machen - Landwirte brauchen jetzt entschlossenes Handeln statt weiterer Benachteiligungen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/1251

Herr Oetjen von der FDP-Fraktion hat das Wort. Bitte schön!

Ganz herzlichen Dank. - Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft steckt in einer Krise - in einer Krise, die durch eine verfehlte nationale Politik und durch falsche europäische Rahmenbedingungen ausgelöst ist. Meine Damen und Herren, landwirtschaftliche Familien brauchen endlich unsere Unterstützung. In Niedersachsen ist sie ganz besonders wichtig; denn die Agrarbranche stellt mit den nachgelagerten Bereichen den zweitwichtigsten Wirtschaftsbereich dar. Insbesondere deswegen können wir nicht hinnehmen, dass nichts passiert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen sage ich hier auch sehr klar an die Adresse von Herrn Seehofer und an die Adresse von Frau Aigner: Nicht runde Tische helfen uns weiter! Alle wissen, was getan werden muss - Machen ist angesagt, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Unsere Betriebe stecken in einer Liquiditätsklemme. Daher setzen wir uns sehr nachdrücklich dafür ein, dass die Direktzahlungen der Europäischen Union vorgezogen werden, damit diese Durststrecke überwunden werden kann. Leider wird dies wahrscheinlich erst mit Wirkung zum Oktober möglich sein. Ein Vorziehen dieser Auszahlungen si

chert gleichwohl die Liquidität unserer Betriebe und ist deswegen ein wichtiges Signal, sehr verehrte Damen und Herren.