Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

Aber Sie haben recht mit Ihrer Feststellung, dass Sie in vielen Bereichen allein durch die Übernahme von Kassenkrediten und durch eine Reduzie

rung der Verwaltungskosten um vielleicht 10 oder 15 % nicht erreichen werden, die Region wieder zu Wachstum und zur Blüte zu führen. Deshalb werden wir versuchen - das wird Teil dieses Zukunftsvertrages sein -, mit den Möglichkeiten der Förderstrukturen aus den Zuständigkeitsbereichen von MW, MS und ML eine Konzeption zu erarbeiten, um die betreffenden Regionen weiter nach vorne zu bringen. Das ist absolut wichtig, und Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass wir möglichst gleiche Startchancen für alle Regionen und Kommunen im Land Niedersachsen erreichen müssen. Da kann man sicherlich etwas über die kommunalen Strukturen erreichen, aber das ist nur ein Teil. Sie müssen das Problem auch ganzheitlich betrachten. Das ist das Ziel unserer Konzeption und, wie ich finde, auch alternativlos.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der geforderten Zusätzlichkeit bei den Investitionen aus dem Konjunkturprogramm frage ich die Landesregierung: Wie werden die Aufsichtsbehörden auf die zu erwartenden Verzichte auf Investitionen in den Kommunen reagieren? Eine weitere Frage in dem Zusammenhang: Gibt es bereits ein Konzept der Landesregierung für zurückgegebene Konjunkturmittel?

Herr Minister Schünemann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt überhaupt keine Anzeichen dafür, dass das Konjunkturpaket II in irgendeiner Weise nicht funktioniert oder dass Geld zurückgegeben werden muss, weil Maßnahmen nicht durchgeführt werden. Sie wissen, dass wir einen großen Teil, nämlich 600 Millionen Euro, pauschal überwiesen haben. Wenn also auf kommunaler Ebene aus einem Projekt vielleicht tatsächlich nichts wird, kann die Kommune sofort ein anderes Projekt umsetzen, ohne irgendwelche Genehmigungen bei der Landesregierung zu beantragen.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE] - Zuruf von der CDU: Wir verste- hen Sie nicht!)

- Es tut mir leid. Bitte wiederholen Sie die Frage. Ich habe sie wirklich nicht verstanden.

Herr Kollege, Sie haben die Chance, die Frage noch einmal zu präzisieren.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Wir haben doch die Situation, dass Konjunkturpaketmittel nur zusätzlich ausgegeben werden dürfen. Dafür gibt es eine Formel. Es wird also im Jahre 2011 berechnet werden, wie viele Investitionen über mehrere Jahre getätigt worden sind und welche Investitionen tatsächlich zusätzlich auf den Weg gebracht wurden.

Aufgrund der Finanzlage, über die wir bereits ausführlich gesprochen haben und die nun wirklich nicht normal ist, ist aber zu erwarten - das ist auch in den schon vorliegenden Beschlüssen der Kommunen zu den Haushaltssperren enthalten -, dass z. B. nur noch die bereits begonnenen, aber keine zusätzlichen weiteren Konjunkturinvestitionen durchgeführt und ohnehin erforderliche Investitionen zurückgestellt werden.

Das Gleichgewicht zwischen zusätzlichen und ursprünglichen Investitionen gerät doch erheblich in Gefahr, und deshalb stellt sich die Frage: Was machen die Aufsichtsbehörden jetzt? Fordern sie nun im Gegensatz zu früher die Kommunen auf, zu investieren, damit das Erfordernis „zusätzlich“ erfüllt wird, oder wie gehen sie damit um? - Es ist auch damit zu rechnen, dass Konjunkturmittel zurückgegeben werden, weil einzelne Kommunen aufgrund der Finanzlage ihren Eigenanteil dafür nicht mehr aufbringen können.

Ich habe schon dargestellt, dass es überhaupt keine Anzeichen dafür gibt, dass Konjunkturmittel von den Kommunen nicht in Anspruch genommen werden. Viele Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht, Niedersachsen liegt im Vergleich mit anderen Bundesländern sehr weit vorne. Ihre Frage zielt aber darauf ab, dass wir als Land Niedersachsen gegenüber dem Bund nachweisen müssen, in welcher Höhe tatsächlich zusätzliche Investitionen getätigt wurden. Wir haben gegen

über der kommunalen Ebene klar gesagt, dass nur Maßnahmen gefördert werden können, die bisher noch nicht im Haushalt festgelegt worden sind. Wir werden anschließend auf der kommunalen Ebene nicht überprüfen, ob man insgesamt mehr ausgegeben hat, sondern wir haben eine technische Prüfung vorgesehen, und das ist auch sinnvoll.

Das Land selber muss gegenüber dem Bund insgesamt nachweisen, dass die entsprechenden Kriterien des Bundes eingehalten wurden. Diesen Nachweis wird der Finanzminister führen. Für die kommunale Ebene haben wir gesagt: Es muss klar nachprüfbar sein, dass Investitionsmaßnahmen zusätzlich in einen Nachtragshaushalt aufgenommen werden. Sie durften vorher nicht im Haushalt für das Jahr 2009 vorgesehen sein. Insofern sehe ich da gar keine Problematik und auch keine Notwendigkeit für Regelungen für irgendwelche Mittelrückflüsse. Die könnte es nur aus unseren zusätzlichen Programmen geben, beispielsweise aus den Programmen für Sportstättensanierung oder Schulsanierung. Das Krankenhausprogramm ist sowieso anders umgesetzt. Da gibt es also keine Notwendigkeit. Auf der kommunalen Ebene gibt es klare Anzeichen dafür, dass die Mittel zum großen Teil schon im Jahr 2009, spätestens aber im Jahr 2010 ausgegeben werden.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Herzog, Fraktion DIE LINKE.

Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass bezüglich der energetischen Sanierung kommunaler Gebäude die Mittel aus dem Konjunkturpaket II lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein waren - oft konnten nur ca. 10 % des Investitionsstaus angegangen werden -, vor dem Hintergrund, dass die Investitionsbindung - Sie haben es gerade gesagt - aufgehoben worden ist, was bei vielen Kommunen dazu führt, dass sie zwar ihre Haushalte sanieren, aber weniger investieren,

(Zurufe von der CDU: Frage!)

vor dem Hintergrund, dass die Einnahmeseite der Kommunen in den nächsten Jahren erheblich wegbrechen wird und vor dem Hintergrund

(Zurufe von der CDU: Frage!)

- abwarten; ich weiß nicht, ob Sie das alles schon verarbeitet haben -,

(Zurufe von Minister Hartmut Möllring - Gegenrufe von der SPD: Herr Möll- ring! So geht das aber nicht!)

dass Ihre Kommunalaufsicht den Kommunen oftmals untersagt, für notwendige Investitionen zur Sanierung von Schulgebäuden - in Lüchow-Dannenberg ist das beispielsweise im März passiert - Kredite aufzunehmen, um den Investitionsstau tatsächlich anzugehen, frage ich: Werden Sie und Ihre Kommunalaufsicht diese Praxis lockern und den Kommunen in Zukunft bei der Beantragung von Krediten für die energetischen Sanierungen tatsächlich helfen?

Vor diesem Hintergrund antwortet jetzt Herr Minister Schünemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Rahmen der Umsetzung des Konjunkturpaketes II klar gesagt, dass wir eine zusätzliche Verschuldung auf jeden Fall zulassen. Deshalb haben wir die Genehmigungen auch innerhalb von acht Tagen umgesetzt. Aber beim allgemeinen Haushalt können wir natürlich nicht für jede Investition - auch wenn sie noch so sinnvoll ist - eine Pauschalzusage machen. Das wäre schlichtweg unverantwortlich. Dann würden wir unsere Aufgabe nicht wahrnehmen. Wir müssen eine individuelle Prüfung vornehmen. Es ist ganz wichtig, dass Lüchow-Dannenberg und andere Prioritäten setzen und ein Mehrjahresprogramm auflegen.

Gerade im Bereich der Schulen ist eine Sanierung notwendig; dem haben wir Rechnung getragen, indem wir gerade für diesen Bereich Mittel aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung gestellt haben. Zum einen haben wir pauschal 600 Millionen Euro für den Bereich Schule bzw. energetische Sanierung zur Verfügung gestellt - ein Schwerpunkt, der vor Ort selbst gewählt werden kann. Zum anderen haben wir ein zusätzliches Programm aufgelegt, bei dem die Kollegin HeisterNeumann die entsprechenden Genehmigungen mit zu verantworten hat. Das heißt, wir können nicht insgesamt für Lüchow-Dannenberg festlegen, dass jede Schulsanierung, die in der Zukunft noch durchgeführt werden soll, pauschal genehmigt wird. Das wäre unverantwortlich. Wir müssen das als Gesamtpaket sehen und werden das von Haushalt zu Haushalt umsetzen können.

Herr Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich richtet sich meine Frage an den Fachminister für Kultur, aber er muss offensichtlich im Zuge der Kabinettsumbildung schon seine Koffer packen. Davon will ich ihn auch nicht abhalten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Was soll das denn? Das ist eine Unverschämtheit! - Wilhelm Heidemann [CDU]: Das ist dummes Zeug, was Sie da schwat- zen! - Gegenruf von Detlef Tanke [SPD]: Hat er recht oder nicht?)

Herr Kollege, das fällt nicht unter den Punkt Vorbemerkung. Ich bitte Sie, sich auf Ihre Frage zu konzentrieren.

Darauf möchte ich jetzt auch eingehen. - Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund, dass der Deutsche Kulturrat vor wenigen Tagen anlässlich des Vorschlags des Kämmerers der Stadt Köln, 30 % des Kulturetats seiner Stadt zu streichen, Alarm geschlagen und Bund und Länder aufgerufen hat, tätig zu werden, um einen kulturellen Kahlschlag in den Kommunen zu verhindern,

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Was wol- len Sie denn eigentlich?)

frage ich die Landesregierung, ob sie die vom Deutschen Kulturrat vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten, wie beispielsweise einzelgesetzliche Lösungen zum Erhalt von Bibliotheken und Theatern, Kulturraumgesetze oder Zielsetzungen zur Stabilisierung der Kulturfinanzen der Kommunen in Erwägung gezogen hat und, falls nein, wie sie sonst gedenkt, einen kulturellen Kahlschlag in Niedersachsen zu verhindern.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Endlich mal ein Kultur- vortrag!)

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kulturförderung ist ganz wichtig - gerade auf der kommunalen Ebene -, genauso wie Sportförderung und andere Bereiche. Aber als Kommunalminister kann ich Ihnen nur sagen: Jede Kommune muss selbst Schwerpunkte setzen. Ich halte es für ganz schwierig, Gesetze zu verabschieden, in denen festgelegt wird, dass bestimmte Bereiche der freiwilligen Aufgaben so oder so gestaltet werden müssen. Das würde bedeuten, dass wieder mehr Standards und mehr Bürokratie aufgebaut würden. Genau das ist nicht meine Politik. Aus diesem Grunde sage ich ein klares Nein zu dem, was Sie gerade gefragt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wichtig ist, dass wir die kommunalen Finanzen in den nächsten Jahren insgesamt absichern. Dazu werden wir auf jeden Fall ab den Jahren 2011/2012 wieder Wirtschaftswachstum benötigen. Nur allein durch Einsparungen werden wir das nicht schaffen, das ist ganz entscheidend. Unter dem Strich zusammengefasst: Wir brauchen eine kommunale Selbstverwaltung. Mehr Standards, mehr Vorgaben, mehr Bürokratie wird es in Niedersachsen gerade mit Blick auf die Kommunen nicht geben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Victor Perli [LINKE]: Das ist ein kultureller Kahlschlag!)

Der Kollege Tanke von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, vor dem Hintergrund, dass Sie mehrfach über die Notwendigkeit zukunftsfähiger kommunaler Strukturen gesprochen haben, frage ich Sie, welche Mindestgrößen Sie im Rahmen des Zukunftsvertrags mit den Kommunen entwickelt haben und wie Sie angesichts des finanziellen Drucks auf die Kommunen, den Sie entwickeln, den allgemeinen Eindruck vermeiden wollen, dass Sie hier in Niedersachsen eine Gebietsreform von oben veranstalten?

(Heinz Rolfes [CDU]: Was für ein Druck? Was für Mindestgrößen?)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt keine Mindestgrößen, sondern es ist notwendig, nachzuweisen, dass man durch strukturelle Veränderungen, durch Übernahme von Kassenkrediten in der Zukunft einen ausgeglichenen Haushalt erreichen kann. Das muss nicht in den ersten zwei bis drei Jahren erreicht werden.

Zweitens weise ich zurück, dass wir Druck ausüben. Wir haben eindeutig einen freiwilligen Weg angeboten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Aller von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schünemann, Sie hatten auf die Frage des Kollegen Klein nicht korrekt geantwortet, oder vielleicht ist Ihnen auch die Formel im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II nicht bekannt. Die Orientierungsdaten, die Sie vorgelegt haben, machen deutlich, dass die Kommunen - nicht alle, aber viele - in ihrer Investitionsfähigkeit massiv eingeschränkt werden. Im Zusammenhang mit den Verabredungen aus dem Konjunkturpaket II müssen die Kommunen mit einem Durchschnittsbetrag über fünf Jahre nachweisen, dass die zusätzlichen Investitionen wirklich zusätzliche Investitionen sind. Ich habe die gleiche Frage wie Herr Klein: Ist das Land für den Fall, dass das nicht erreicht wird, in einer Garantenstellung gegenüber dem Bund? Oder wie sollen die Kommunen aus dieser Zwickmühle herauskommen, wenn keine Investitionsbindung mehr besteht, wenn sie keine Mittel mehr haben, um bei den notwendigen Investitionen auf dem verabredeten Level zu landen, wenn sie also in die schwierige Situation kommen, möglicherweise Konjunkturpaketmittel nicht ausschöpfen zu können oder zurückzahlen zu müssen?