Protokoll der Sitzung vom 24.11.2009

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Zimmermann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung wird aus der Sicht meiner Fraktion eine große Chance für mehr Demokratie und Transparenz in Niedersachsen vergeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat uns hier mit ihrem detaillierten Gesetzentwurf eine sehr gute Grundlage geliefert. Obwohl die Anhörung im Ausschuss mehr als deutlich gemacht hat, dass ein solches Gesetz in Niedersachsen gebraucht wird, hat die Koalition wieder einmal im Schnellverfahren, ohne sich mit den Argumenten wirklich auseinanderzusetzen und zu beschäftigen, diesen Gesetzentwurf abgelehnt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird ein umfassender Anspruch auf Informationszugang gegenüber niedersächsischen Behörden sowie juristischen Personen des Privatrechts, die öffentliche Zuständigkeit haben, begründet. Das Amtsgeheimnis in Niedersachsen soll vollständig durch das Prinzip der Transparenz staatlichen Handels ersetzt werden. Hiermit würde der Praxis des Bundes und zahlreicher Bundesländer - das haben wir gerade schon gehört - gefolgt, wo es solche Gesetze bereits gibt. Es würde Niedersachsen sehr gut zu Gesicht stehen, endlich nachzuziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist mit Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, aus nicht nachvollziehbaren Gründen aber nicht zu machen. Ihre Argumente gegen den Gesetzentwurf sind an den Haaren herbeigezogen und überhaupt nicht stichhaltig. Gerade die Praxis in den Bundesländern, in denen es ein solches Gesetz gibt, zeigt doch, dass es klappt und dass Ihre Vorhersagen nicht eingetroffen sind, also dass Ihre Unkenrufe allesamt fehl am Platz sind.

Ich möchte abschließend aus der Anhörung zitieren. Transparency International Deutschland e. V. ist bei der Anhörung auf den wichtigsten Teil eines Gesetzes eingegangen. Ich zitiere:

„Die Bürger haben die Möglichkeit, Akten einzusehen. Ich finde, das ist der viel wichtigere Teil aller Informati

onsfreiheitsgesetze. Es gibt ja nicht nur die Aktenauskunft, sondern insbesondere die Möglichkeit, Akten ungeschminkt einzusehen. Dies bewirkt, dass Akten viel besser geführt werden und dass die Verwaltung Gefahr läuft, ertappt zu werden, weil schlechte Aktenführung bei Unregelmäßigkeiten wieder auf sie zurückfällt.“

Meine Damen und Herren, dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich hoffe, Sie haben nicht für den Papierkorb gearbeitet und der Gesetzentwurf bekommt künftig bei anderen Mehrheiten hier im Parlament eine ernsthafte Chance, umgesetzt zu werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Oetjen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Zielrichtung des Gesetzentwurfs können wir als FDP-Fraktion ausdrücklich begrüßen. Das haben wir auch schon in der ersten Debatte hier im Plenum gesagt.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Dann stimmen Sie doch zu!)

Auch die FDP möchte, dass Bürgerinnen und Bürger Informationen bekommen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann hätten wir ja eine Mehrheit!)

Wir wollen Kontrolle der Verwaltung und Transparenz. Die FDP glaubt, dass ein mündiger und frei verantwortlicher Bürger auch die Möglichkeit haben sollte, sich solche Informationen zu beschaffen. An dem Gesetzentwurf der Grünen finde ich besonders gut, dass versucht wird, das Umweltinformationsgesetz mit in das Gesetzgebungsvorhaben einzubinden.

Auf der anderen Seite stehen wir als FDP auch für den Datenschutz ein. Wir müssen versuchen, Informationsfreiheit auf der einen Seite und Datenschutz auf der anderen Seite in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen. Aus der Sicht

der FDP-Fraktion ist dies, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei dem Gesetzentwurf der Grünen aber nicht der Fall. Es darf nicht passieren, dass erkämpfte Datenschutzregelungen für Informationsfreiheit geopfert werden.

(Beifall bei der FDP)

Nach § 11 des Gesetzentwurfs soll es ausreichen, wenn das Informationsinteresse des Antragstellers an einer Information überwiegt, um Zugang zu personenbezogenen Daten - personenbezogenen Daten, verehrte Kolleginnen und Kollegen - zu erlangen. Dies zeigt aus unserer Sicht, dass der Datenschutz nicht ausreichend berücksichtigt ist.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Es geht um die öffentliche Verwaltung, Herr Oet- jen!)

Informationsrechte auf Kosten des Datenschutzes auszuweiten, steht unseres Erachtens in keinem angemessenen Verhältnis zueinander. Deswegen können wir auch nicht zustimmen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Es geht um Transparenz für den Bürger!)

In der Anhörung haben sich die kommunalen Spitzenverbände gegen ein solches Gesetz zur Informationsfreiheit ausgesprochen.

Uns von der FDP wird immer wieder vorgehalten - der Kollege Limburg hat es hier angesprochen hat -: „Ihr habt es ja gewollt, ihr habt es auch im Wahlkampf vertreten“ - das stimmt -, „jetzt müsstet ihr eigentlich zustimmen.“ Ich kann hier nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Gerade aufgrund der Situation in Bremen und Hamburg müsstet ihr eigentlich wissen, dass eine Koalition kein Wunschkonzert ist. Von daher werden wir heute nicht zustimmen können. Ich sage aber sehr deutlich, dass wir als FDP das Informationsrecht mit den entsprechenden datenschutzrechtlichen Regelungen durchaus für eine sinnvolle rechtliche Ergänzung halten würden. Der vorliegende Gesetzentwurf ist aber aus unserer Sicht nicht 100-prozentig ausgegoren. Das ist der inhaltliche Grund dafür, dass wir ihm nicht zustimmen werden. Ich sage aber, dass wir ihn von der Tendenz her für in die richtige Richtung gehend halten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. - Es gibt eine Kurzintervention von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Limburg,

Sie haben für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Oetjen, ein Aspekt Ihrer Rede kann so hier nicht stehen bleiben. Sie gerieren sich als die Partei des Datenschutzes. - Na gut, das will ich jetzt nicht kommentieren. Fakt ist, dass gerade wir Grünen die Partei des Datenschutzes sind. Der Datenschutz ist mit eines unserer Kernanliegen. Diesem Anliegen werden wir mit unserem Gesetzentwurf auch gerecht. Das hätten Sie, wenn Sie die Anhörung aufmerksam verfolgt hätten, bei der Sie ja anwesend waren, auch bemerkt. Wir waren es, die zur Anhörung zwei Landesdatenschutzbeauftragte, nämlich die von Schleswig-Holstein und Berlin, als Experten benannt haben. Sie sind auch auf diesen Aspekt eingegangen. Wenn Sie die schriftlichen Stellungnahmen bzw. die Ausschussprotokolle lesen, werden Sie feststellen, dass diese Bedenken lediglich von Ihnen und dem Kollegen Bley geäußert worden sind. Von keinem der anzuhörenden Experten sind diese Datenschutzbedenken in irgendeiner Form geäußert worden. Glauben Sie mir: Die Landesdatenschutzbeauftragten aus Schleswig-Holstein und Berlin wissen sehr genau, worüber sie in diesem sehr sensiblen Bereich reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte jetzt aber auch noch inhaltlich auf den Paragrafen eingehen, den Sie hier angesprochen haben. Der Punkt ist - das weiß jeder, der sich mit solchen Akten und Vorgängen befasst -, dass z. B. im Falle von Vergabeverfahren oder anderen Verfahren immer wieder auch personenbezogene Daten eine Rolle spielen. In der Regel sind dies Daten über beteiligte Personen, Verbände oder Unternehmer. Wenn ein Informationszugangsanspruch jedes Mal dann, wenn irgendeine Person betroffen ist, völlig abgelehnt wird, dann läuft ein solches Gesetz ins Leere. Darum haben wir diese Abwägungsklausel mit hineingenommen, die im Übrigen in der Anhörung, wie ich bereits gesagt habe, auch gewürdigt worden ist. So fair sollten Sie hier sein, Herr Kollege Oetjen, dass Sie das hier auch anerkennen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war auf die Sekunde genau. Herzlichen Dank, Herr Limburg. - Herr Kollege Oetjen möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich hat der Landesdatenschutzbeauftragte aus Berlin dies so gesagt. Ob er aber das Maß aller Dinge ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lasse ich einmal dahingestellt. Vielleicht ist das auch zu bezweifeln.

Herr Kollege Limburg, in den unterschiedlichen Rechtsbereichen erleben wir dann, wenn auf der einen Seite persönliche Daten zu schützen sind und auf der anderen Seite Informationsrechte bestehen, immer wieder, dass die Grünen allzu leicht versuchen, persönliche Daten - und seien sie vielleicht auch noch so gering - im Interesse der Rechte Dritter auf Information preiszugeben.

In anderen Bereichen - ich komme an dieser Stelle noch einmal auf meinen Agrarbereich zu sprechen, bei dem sich dieses Problem im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit genauso stellt -, in denen es zum Teil darum geht, dass Unternehmen in bestimmter Art und Weise hinterfragt werden, stellen Sie die Rechte derjenigen, die Informationen preiszugeben haben, sehr leicht zur Schau. Solange Sie damit nicht aufhören, werden Grüne und FDP in dieser Frage nicht zu einer einheitlichen Position kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. - Nun hat sich von der SPD-Fraktion Herr Kollege Krogmann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einerseits haben CDU und FDP beim letzten Tagesordnungspunkt den Bürgerinnen und Bürgern das Recht auf vorgerichtlichen Widerspruch genommen, andererseits werden wir vermutlich gleich erfahren, dass diese Mehrheit nicht bereit ist, den Menschen in Niedersachsen ein Informationsfreiheitsrecht, einen offenen Zugang zu Informationen bei Land oder Kommunen zu gewähren. Wenn man das zusammennimmt, dann ist das heute kein

guter Tag für die Stellung des Bürgers gegenüber Verwaltung und Politik in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Mehr Obrigkeitsstaat, weniger moderne Bürgergesellschaft - das bleibt leider Ihr Motto. Wenn man auf das blickt, was Sie in Ihrer Regierung sonst so tun, kann man natürlich unken: Wer so schlecht regiert, der möchte sich nicht auch noch von Journalisten oder kritischen Bürgern in die Bücher schauen lassen. Selbst wir Parlamentarier müssen hier jeden Tag erfahren, dass es schwierig ist, Informationen zu bekommen. Zum Teil müssen Gerichte bemüht werden. So ist es, Herr Biallas. Das ist die Realität. Politische Transparenz ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade die Stärke dieser Landesregierung. Das ist leider so.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Wir als Parlament haben aber nicht die Aufgabe, schlechte Regierungspolitik zu schützen, sondern wir müssen gute Gesetze für die Bürgerinnen und Bürger machen. Die hätten endlich auch in Niedersachsen ein Informationsfreiheitsgesetz verdient. Der freie Zugang des Bürgers zu Informationen über öffentliche Angelegenheiten - über seine öffentlichen Angelegenheiten - gehört einfach zu einer modernen, offenen und demokratischen Gesellschaft.