Die bisherige Praxis von K+S trägt auch kriminelle Züge. Die diffusen Einträge aus dem Plattendolomit in benachbarte Grund- und Trinkwasserhorizonte müssen dem Management schon viel früher bekannt gewesen sein als der Öffentlichkeit. Daher sind auch strafrechtliche Aspekte, Haftungsfragen und Möglichkeiten der Durchgriffshaftung auf den Konzern und das Führungspersonal intensiv zu prüfen.
Zum Antrag der SPD, der CDU und der FDP, meine Damen und Herren. Der Text liest sich flott. Allerdings hat der Antrag einen Schönheitsfehler. Er ist in meinen Augen ein Schaufensterantrag, der die Welt nicht ernsthaft verändern soll oder ernsthaft verändern will. Er ist offenbar nicht abgestimmt mit den Kollegen in Thüringen und in Hessen. Das Ganze funktioniert dann so, dass Sie hier in Niedersachsen das Fähnlein hochhalten und Ihre Kollegen in Hessen und Thüringen so weitermachen wie bisher.
Meine Damen und Herren, so haben wir es erlebt. Und wir haben bereits eine einvernehmliche Beschlussfassung von allen Fraktionen hier im Haus gehabt. Das ist gar nicht lange her. Aber wir warten bis heute darauf, dass diese Landesregierung und dieser Umweltminister diesen Beschluss dieses Landtages umsetzen. Keine Klage, kein Rechtsgutachten. Stattdessen stille Akzeptanz gegenüber der stillschweigenden Verlängerung der Härtegrenzwerte.
Meine Damen und Herren, wir meinen es ernst. Wir wollen auch im eigenen Land handeln. Wir wollen hier die gleichen Maßstäbe anlegen, und wir wollen prüfen, welche Einleitungen in die Nordsee vermeidbar sind. Wir haben dazu eine Große Anfrage eingebracht, die nach allen direkten und indirekten Einleitungen in die Nordsee fragt, über Flüsse, über Leitungen und auch über die Landwirtschaft. Wir wollen die Einleitungen in die Nordsee drastisch reduzieren, völlig unabhängig davon, über welchen Weg diese Einleitungen erfolgen. Das, meine Damen und Herren, ist letztlich ein Weg ohne Alternative, wenn unser Küstenmeer leben soll. Dabei ist auch klar: Das Verursacherprinzip gilt für alle, auch für K+S.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der gemeinsamen Sitzung der für Umweltfragen zuständigen Ausschüssen der Landesparlamente von Niedersachsen, Bremen, Hessen, NRW und Thüringen am 9. November im Niedersächsischen Landtag ging es um die Gewässerversalzung im Werra- und Wesergebiet durch die Kaliindustrie in Hessen. Hier genauso wie bei der Jahrestagung des Weserbundes in Bevern am 23. November wurde Niedersachsen unterstellt - ich will es einmal verkürzt und mit meinen eigenen Worten sagen -: Die Niedersachsen sagen immer Nein, aber sie sagen nicht, was sie wollen. Und die Niedersachsen stellen Anträge, aber zu spät. - Natürlich haben wir dem widersprochen, weil das nicht zutrifft.
Meine Damen und Herren, wir setzen mit dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und FDP mit Zustimmung der Fraktion DIE LINKE - vielen Dank,
Herr Herzog - ein klares Zeichen. Ich bedanke mich sehr für die konstruktive Diskussion und auch die Geschlossenheit, die das richtige Signal nach draußen lässt - ein Signal, meine Damen und Herren, das bei Kali und Salz, beim runden Tisch, bei den anderen Bundesländern, den Anrainerkommunen, den Landkreisen, den Fischerei- und Naturschutzverbänden sowie den Bürgerinitiativen ankommt, bei all denen, die mit dieser Problematik befasst sind und wissen, wo Niedersachsen steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier zu dem Geschäftsverhalten von Kali und Salz gar keine Stellung nehmen. Nein, ich will für die CDU und für die FDP sagen, was wir mit diesem gemeinsamen Antrag wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit uns wird es keine standortferne Entsorgung der hoch konzentrierten Kalilaugen aus Hessen und Thüringen in die Nordsee geben.
Die Zeiten, in denen man alles in die Nordsee kippen konnte, sind längst vorbei. Dagegen würden sich im Übrigen massive Widerstände erheben, und zwar von den Bürgern sowie von den Fischerei-, Naturschutz- und Touristikverbänden. Die Menschen machen das nicht mehr mit. Aus den niedersächsischen Kavernenaussolungen werden ohnehin schon erhebliche Salzlaugenmengen in die Nordsee eingeleitet. Niedersachsen ist als Küstenland und als am stärksten betroffener Unterlieger einer Fernleitung insbesondere dem Schutz der Landschaft, der gesamten Meeresumwelt, vor allem aber auch dem Niedersächsischen Wattenmeer als Nationalpark und Weltnaturerbe verpflichtet.
Meine Damen und Herren, der runde Tisch hat sich mit der überregionalen Entsorgung in die Nordsee schon sehr konkret befasst und konkrete Untersuchungen veranlasst. Dies ist gar nicht so bekannt. Der sogenannte Suchraum erstreckt sich auf die Innenjade, das Weserästuar, die Elbemündung und das Gebiet nördlich der Inseln bis zur ausschließlichen Wirtschaftszone.
Als der am wenigsten ungeeignete Bereich - so wurde mit spitzen Fingern von Fachleuten im Umweltausschuss berichtet - wurde die Einleitungsstelle im Bereich der Jade angesehen. Wenn man sich beim Bau der 500 km langen Fernleitung an der vorhandenen Dow-Ethylenpipeline von Stade nach Teutschenthal orientiere, so wurde ebenfalls vorgetragen, dann biete dies den Vorteil, dass
diese Strecke raumordnerisch bereits geprüft sei und nur relativ wenige geschützte Flächen aufweise. Bereits im Jahr 2011 bzw. 2012 könne eine fertige Planung vorgelegt werden. Die verwaltungsrechtlichen Verfahren könnten im Jahr 2013 bzw. 2014 zum Abschluss gebracht werden. Spätestens im Jahr 2020 könne die Fernleitung in Betrieb genommen werden; denn der Bau einer solchen Pipeline sei überhaupt kein Problem.
Meine Damen und Herren, so weit ist die Karawane bereits in Richtung unserer Nordsee gezogen. Deshalb ist das Signal, das heute von diesem Landtag ausgeht, sehr wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir wollen keine standortferne Direkteinleitung in die Weser. Die untersuchten Einleitungsstellen zwischen Bad Karlshafen und Beverungen, nördlich der Werremündung im Bereich Petershagen und nördlich der Allermündung beim Wehr Langwedel kommen für uns nicht in Betracht. Wir lehnen eine Verlagerung der Direkteinleitung von der Werra in unsere Weser grundsätzlich und entschieden ab, meine Damen und Herren.
Wir wollen - Frau Rakow hat dies sehr eingehend erklärt -, dass K+S durch den Einsatz alternativer Techniken endlich eine deutliche Verringerung der Salzfracht und eine Vermeidung von Rohstoffverlusten vornimmt. Auch im von K+S zugesagten Maßnahmenpaket sind als zielführende alternative Techniken die Laugentiefkühlung und die Eindampfung enthalten, die von Fachleuten schon seit Langem gefordert wurden, bei K+S aber erst jetzt eingesetzt werden.
Das möge verstehen, wer will. Die Vertreter von K+S haben immer wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, als gebe es im Zeitalter von Hochtechnologien nur bei der Entsorgung von salzhaltigen Abwässern keine Alternative zu Praktiken, die seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts nahezu unverändert angewendet werden.
Meine Damen und Herren, es wird der Eindruck erweckt, als werde bei der Einhaltung von Umweltgesetzen mit zweierlei Maß gemessen. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir nicht zulassen.
Lieber Herr Wenzel, wir meinen, dass Sie und Ihre Grüne-Fraktion - ich will es einmal zurückhaltend formulieren - sich nicht zu Erfüllungsgehilfen von K+S machen lassen sollten, wenn Sie jetzt unsere Nordsee sozusagen als Abfallauffangbecken anbieten und die von K+S seit Jahrzehnten produzierten Umweltbelastungen vom Ökosystem Werra und Weser jetzt in das Ökosystem Nordsee verlagern lassen. Herr Wenzel, wehret den Anfängen! Schon allein Ihr Prüfauftrag signalisiert der Firma K+S eine Bereitschaft, nämlich eine Bereitschaft, es dann zu tun, wenn es passt. So haben Sie es formuliert. Wenn die Gutachten dies hergeben, könne die Nordsee als Auffangbecken für schädigende Salzabfälle aus Hessen und Thüringen zur Verfügung stehen. Genau das wollen wir aber nicht, Herr Wenzel. Das soll mit diesem Antrag eindeutig klargestellt werden.
Im Maßnahmenkatalog zur standortfernen Einleitung weist K+S darauf hin, dass ein klares politisches Bekenntnis dahin gehend benötigt werde, dass die Fernleitung und die favorisierte Einleitstelle politisch gewollt sind. Sie erkennen die Verschiebungen in bestimmte Richtungen. Mit uns wird es eine solche politische Willensbildung nicht geben.
Wir sagen klar und deutlich Nein. Dies sagen wir im Sinne der Umwelt, im Sinne unserer Nordsee, im Sinne unserer Weser und im Sinne der Arbeitsplätze. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr froh, dass die große Mehrheit in diesem Haus dies hier und heute genauso sieht.
Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Anderthalb Minuten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Körtner, Sie haben von K+S eine möglichst abwasserfreie Produktion eingefordert. Dies halte ich für eine richtige und gute Forderung. Ich wünsche mir aber, dass Sie dies auch für Niedersachsen einfordern, wie wir es mit unserem Änderungsantrag getan haben, also dort, wo Sie zuständig sind.
Auch in Niedersachsen sind den K+S-Bergwerken Salzeinleitungen genehmigt worden. Dies ist in Wunstorf und in Sarstedt der Fall. Dort wird eine genehmigte Menge von 1,4 t Salzlauge eingeleitet. Deshalb frage ich Sie, ob Sie auch von den Kalibergwerken in Niedersachsen einfordern, dass nichts mehr in die Weser bzw. in die Leine eingeleitet wird. Diese Frage hätte ich gern beantwortet bekommen.
In einem anderen Fall geht es um Ausspülungen von Kavernen an der Ems. Die Ausspülungen sollen für 30 Jahre stattfinden. Das ist ein Volumen von 1 260 t Salzlauge pro Stunde. Die Landesregierung hat gesagt, dass eine Einleitung in den Süßwasserfluss Ems aus ökologischen Gründen nicht möglich sei. Dies halte ich für vernünftig. Vielmehr hat die Landesregierung gesagt, dass man eine Pipeline direkt an den Rand des Nationalparks Wattenmeer baut und die gleiche Menge bedenkenlos genehmigt. Finden Sie das nicht ein bisschen doppelzüngig?
Frau Kollegin Körtner, Sie haben Gelegenheit, darauf zu antworten. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte!
Herr Kollege Meyer, es ist völlig klar, dass beim Abbau von Kaliprodukten bestimmte Rückstände entstehen. Ich habe gesagt, dass ich insgesamt auf die Diskussion nicht eingehen kann. Ich will Ihnen nur sagen, warum das so gefährlich ist, sodass diese sehr hoch konzentrierte Salzlauge aus dem Bereich Hessen und Thüringen nicht in die Nordsee gehen kann. Die Firma K+S verwertet lediglich 50 % dessen, was sie aus dem Untergrund herausholt. Außerdem sind unheimlich große Magnesiumchlorid- und Kaliumbestandteile darin enthalten. Genau diese Kalium- und Magnesiumbestandteile wirken in unserem Bereich so toxisch und schädigen hier die Muschelbänke so sehr.
Die Kaliwässer von K+S weisen im Vergleich zum Nordseewasser zehn- bis zwölfmal höhere Anteile an Kalium und Magnesium auf. Herr Meyer, deshalb ist es so wichtig, dass wir neben dem, was wir ohnehin schon einleiten, nicht auch noch die Entsorgung der jahrzehntealten Umweltprobleme von Hessen und Thüringen in unsere Nordsee zulassen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin ein großer Freund von überparteilicher Zusammenarbeit und davon, dass man Fraktionsgrenzen immer dann vernachlässigt, wenn die Sachlage dies erfordert.
Immerhin haben wir uns alle verpflichtet, für die Menschen in unserem Land politisch zusammenzuarbeiten. Ich glaube, dass diese Sachorientierung genau der richtige Weg ist, übrigens auch um dem meiner Ansicht nach viel zu häufig berechtigten Vorwurf der mangelnden Debattenkultur in diesem Hause entgegenzuwirken. Wenn es gut für die Menschen ist, sollte die Fraktionszugehörigkeit in den Hintergrund treten. Immerhin findet die nächste Landtagswahl erst im Jahre 2013 statt,
und die letzte Bundestagswahl liegt gerade erst hinter uns. Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt nicht sachorientiert zusammenarbeiten, wann dann?
Mit diesem gemeinsamen Antrag gehen wir meines Erachtens einen Schritt in die richtige Richtung. Die Versalzung von Werra und Weser hat sich seit der Wende ungefähr gezehntelt. Diese Entwicklung ist zwar erfreulich, reicht allerdings noch lange nicht aus, weil auch die gegenwärtige Belastung von 2 500 mg Chlorid pro Liter erhebliche Auswirkungen auf die Weser, die Anrainerländer, die Kommunen und damit vor allem die Menschen in unserem Land hat. Unserer Meinung nach steht die Firma K+S in der Verantwortung, Methoden zur umweltgerechten Produktion zu entwickeln, den Grundsatz „Vermeiden vor Verwerten!“ zu befolgen und hierbei endlich die beste international verfügbare Technik einzusetzen.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund fällt es schwer, zu begreifen, dass es ausgerechnet die Grüne-Fraktion in diesem Hause ist, die K+S sozusagen die Hintertür in Form einer Pipeline in die Nordsee offenhalten will.