Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ebenfalls zusätzliche Redezeit hat die SPD-Fraktion. Herr Jüttner: Zwei Minuten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sander hat absolut recht. Es wird nach Recht und Gesetz, nach Atomrecht entschieden. Da will auch niemand eingreifen. Wir haben gar nicht die rechtlichen Möglichkeiten, eine Entscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde zu ersetzen. Aber darum geht es hier ehrlich gesagt gar nicht. Herr Wenzel hat eben darauf hingewiesen, was Inhalt des Antrags ist. Ich zitiere „bild.de“, 7. September 2009 - das war übrigens kurz vor der Bundestagswahl -: „Sander rechnet mit Aus für Krümmel“. - Den Text erspare ich mir. - Ich höre, dass mehrere Abgeordnete dieses Hauses vor Ort, wo sie zuständig sind, im Kreistag, einstimmige Beschlüsse fassen, dass sie da raus wollen. Wir haben doch hier als Landtag die Möglichkeit, uns politisch zu äußern, dass wir das nicht akzeptieren wollen

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

und dass wir zwei Dinge erwarten: erstens das Signal in die niedersächsische Bevölkerung „wir halten es für politisch unzulässig, Krümmel wieder anzuschalten“, zweitens eine Aufforderung an die Niedersächsische Landesregierung, in den Gremien, in denen sie zuständig ist, dafür zu sorgen, dass so etwas im Zweifelsfall eine Rechtsgrundlage bekommt. Wenn der Umweltminister hier, Frau Merkel als Bundeskanzlerin, mehrere Fraktionen und mehrere Abgeordnete von Ihnen hier sagen, das gehört abgeschaltet, dann müssen wir in der Konsequenz auch gucken, wo das Rechtssystem so geändert werden muss, damit schärfere Bedingungen da sind, die ein Abschalten rechtlich sauber möglich machen. Wegtauchen geht nicht, meine Damen und Herren! Das nimmt Ihnen in Zukunft niemand mehr ab.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention hat sich zunächst Herr Schönecke von der CDU-Fraktion gemeldet.

Herr Präsident! Herr Kollege Jüttner, Sie sollten zuhören. Der Landkreis Harburg und der Stadtrat Winsen haben einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der es heißt:

„Der Kreistag des Landkreises Harburg fordert den Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein und den Bundesumweltminister auf, dem Energiekonzern Vattenfall Europe AG die Betriebserlaubnis für das Kernkraftwerk Krümmel dauerhaft zu entziehen.“

Das ist der Unterschied.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: So ist das! Das ist der Unterschied!)

Dem haben wir zugestimmt,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ach, Sie wollen einen anderen Betreiber, oder was?)

weil wir uns einig waren, dass die Störfälle dem Betreiber zuzurechnen sind. Das ist der Punkt. Es empfiehlt sich wirklich, Herr Jüttner, zuzuhören; das hilft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Jetzt habe ich es verstanden! - Zuruf von der SPD: Das steht auch im Antrag so drin, Herr Schönecke!)

Wird eine Erwiderung von der SPD-Fraktion gewünscht? - Herr Jüttner!

Herr Schönecke, vielen Dank. Ich habe es begriffen. Das Problem ist nicht das Kraftwerk Krümmel, sondern nur der Betreiber, und Sie möchten, dass Vattenfall die Betriebsgenehmigung entzogen wird, damit der andere Eigner, E.ON, sie in Zukunft ausüben kann. Wenn das Ihre Auseinandersetzung mit der Atomenergie ist: vielen Dank, schönen Gruß von vorgestern!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, ebenfalls zusätzliche Redezeit hat der Kollege Bäumer für die CDUFraktion beantragt. Auch er bekommt zwei Minuten. Vielleicht sagt er dann ein bisschen lauter, was eben dazwischen gerufen wurde. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jüttner, ich habe den Eindruck, Sie haben gar nicht gelesen, worum es hier geht. Es geht hier in dem Antrag um zwei Spiegelstriche. Unter dem ersten wird gefordert, dem Betreiber wegen Unzuverlässigkeit die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Unter dem zweiten wird gefordert, Krümmel für immer abzustellen. Mein Kollege Schönecke hat sehr deutlich gesagt, Inhalt der Resolution im Kreistag, die dort einstimmig beschlossen worden ist, war, dass dem Betreiber wegen Unzuverlässigkeit die Genehmigung entzogen werden soll.

Das heißt im Umkehrschluss, dass sich die Kollegen, die das im Kreistag beschlossen haben, vorstellen können, dass ein anderer Betreiber das Kernkraftwerk betreibt. Insofern müssen Sie einmal genau lesen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es geht hier nicht um die Entscheidung, ob Krümmel abgeschaltet werden soll oder nicht, sondern es geht darum, ob wir diesem Antrag zustimmen oder nicht. Nach alldem, was ich gehört habe, bleibe ich dabei: Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Machen Sie doch einen Ände- rungsantrag!)

Meine Damen und Herren, es liegen aus der Fraktion DIE LINKE ein Antrag auf Kurzintervention sowie ein Antrag auf zusätzliche Redezeit vor. Beides ist möglich. Herr Dr. Sohn möchte eine Kurzintervention machen.

Herr Bäumer, danach, was Sie jetzt gesagt haben, und weil Sie ein ordentlicher Parlamentarier und engagiert in der Sache sind, verstehe ich nicht, warum nicht entweder Sie oder Herr Steinecke

(Zurufe von der CDU: Schönecke!)

- Schönecke, Entschuldigung - einen Änderungsantrag zu dem vorliegenden Antrag einreichen, der im Kern darauf hinausläuft, dass die von Herrn Schönecke mitgetragene Resolution hier wortgleich verabschiedet wird. Ich nehme an, das könnte in diesem Haus einstimmig angenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt einen weiteren Wunsch auf Kurzintervention. Herr Wenzel, bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will einen Vorschlag machen, der vielleicht auch die Zustimmung der rechten Seite des Hauses findet. Der Vorschlag wäre, die Debatte an dieser Stelle zu unterbrechen, den Text aus dem Kreistag, den Herr Schönecke hier vorgetragen hat, als Änderungsantrag zu unserem Antrag einzubringen und ihn heute Nachmittag zur Abstimmung zu stellen. Das wäre ein Kompromiss, bei dem auch die rechte Seite des Hauses mitgehen könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Ich würde aber erwarten, dass eindeutige Signale kommen. Wir haben nach § 99 der Geschäftsordnung alle Möglichkeiten, den Antrag nach der Mittagspause noch einmal aufzurufen. In der Mittagspause nehmen wir den Text von Herrn Schönecke als Grundlage für einen Änderungsantrag, über

den wir nach der Mittagspause abstimmen. Wir würden dieses Verfahren mittragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, dass ich zunächst noch den Antrag auf zusätzliche Redezeit von Herrn Herzog abarbeite und dass wir danach - dann können die Fraktionen noch einmal überlegen, wie sie verfahren möchten - das weitere Vorgehen abstimmen. - Herr Herzog!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in einer Debatte sowohl in kommunalen Gremien als auch im Landtag selten so viel Wortklauberei, Spiegelfechterei, Verharmlosung, Vertuschen, Vergessen und Vernebeln erlebt. Ich bin sehr wohl der Meinung, Herr Schönecke, wenn Sie so viel Hinterteil in der Hose haben, dass Sie dieses hier vortragen, dann stellen Sie einen entsprechenden Antrag, oder versuchen Sie mit uns gemeinsam eine Formulierung zu finden,

(Björn Thümler [CDU]: Jeder Mensch hat ein Hinterteil in der Hose! Das ist unverschämt, Herr Herzog!)

mit der Sie sich auch zu Hause hinstellen und sagen können, dass Sie die Interessen Harburgs hier vertreten haben. Versuchen Sie, so etwas hinzubekommen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Herr Sander, lassen Sie mich noch kurz einige Worte zu Ihnen sagen. Auch Sie waren hier eben durchaus nicht ein Ausbund an Klarheit. Wir beide waren bei der Besuchergruppe, zu der Sie sehr deutlich gesagt haben: Ich würde es nicht wieder anschalten. - Auch von Ihnen erwarte ich deutlich mehr, als dass Sie sagen: Ich habe leider keinen Kontakt zum Sozialministerium in SchleswigHolstein gekriegt. - Der Umweltminister des Landes Niedersachsen hat sich für die Interessen der Menschen einzusetzen und sich nicht als Experte für Vogel-Strauß-Politik zu präsentieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, Sie dürfen ja jederzeit das Wort ergreifen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen natürlich die Fakten beachten, die zu würdigen sind. Da muss man als Erstes Folgendes klarmachen: Herr Jüttner, Sie waren ja Umweltminister. Sie müssten eigentlich wissen, wie Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften funktionieren und welche Aufgaben diese haben. In diesen Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften wird eine fachliche Abstimmung darüber vorgenommen, wie die Sicherheitskriterien, die wir gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium abgesprochen haben, umgesetzt werden können. Wenn Sie ab und zu mit Herrn Gabriel gesprochen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass gerade Niedersachsen - auch der Umweltminister - immer wieder gesagt hat und auch andere Länder davon überzeugt hat, dass es wichtig ist, auch neue Dinge mit zu erproben und zu testen.

Herr Herzog, zu der Frage, was der Umweltminister getan hat: Das ist genau das, was Sie eben gesagt haben. Ich habe damals klar und deutlich gesagt - dazu stehe ich auch -: Wenn Sie - - -

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Meyer?

Welcher? - Ach der. Ja.

(Zurufe von der SPD: Unser Meyer! - Meyer eins!)

Bitte, Herr Meyer!

Herr Minister, ich frage Sie, ob Sie hier bestätigen würden, dass es richtig ist, wie wir es wiedergegeben haben, dass Sie zu der Besuchergruppe gesagt haben, wenn Sie es entscheiden könnten, dann würden Sie Krümmel nicht wieder anschalten.

Herr Kollege Meyer, ich wollte Ihnen das gerade noch einmal klar und deutlich sagen. Ich dachte, es hätten alle verstanden. Ich habe damals, nachdem am 4. Juli 2009 genau der gleiche Vorfall

vorgekommen ist, klar und deutlich gesagt: Ich habe Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers, und ich würde unter diesen Voraussetzungen keiner Wiederinbetriebnahme zustimmen.

Es ist doch aber die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Betreiber nachweist - da will ich mich gar nicht herausreden -, dass er eine andere Sicherheitsphilosophie entwickelt hat und auch Dinge beachtet. Diese Erfahrung - auch das ist ganz wichtig, Herr Meyer - haben wir bei den Kernkraftwerken in unserem Land gemacht. Ich habe natürlich sofort gefragt, ob auch bei unseren Kernkraftwerken so etwas wie in Krümmel eintreten könnte. Das ist verneint worden.