Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Daher kann ich nur noch einmal das unterstützen, was Herr Thiele und Herr Kollege Dürr gesagt haben. Wir stehen voll hinter den einzelnen Punkten. Nehmen Sie nur das Beispiel der veränderten Abstandsregelung von 5 m. Wenn Sie die im Landkreis Cuxhaven und in Stade anwenden, dann gibt es in dieser Kulturlandschaft, auf die wir stolz sind, keinen Obstbau mehr. Dann wird der Obstbau eingestellt.

(Beifall bei der CDU)

Ihnen ist das egal, weil in Ihrer Umweltpolitik der Mensch keine Rolle spielt. Aber dass der Mensch im Mittelpunkt der Umweltpolitik steht, ist das Credo dieser Landesregierung, das sie auch weiter beachten wird. Daher werden wir gegen jegliche Verschärfung kämpfen. Herr Meyer, es sind zwar nicht mehr Frau Künast und Herr Trittin dabei. Aber die Ansagen aus dem Umweltministerium sind in vielen Dingen noch die gleichen. Da ist es erfreulich, dass ab November einiges verändert worden ist. Wir werden alle unsere Möglichkeiten in Angriff nehmen, damit dieses Umweltgesetzbuch zukunftsweisend, praktikabel und für die Menschen anwendbar ist.

Herr Meyer, Sie haben so schön aus dem Bayerischen Wochenblatt zitiert. Also, die Bayern waren von mir begeistert.

(Lachen bei der SPD)

Anwesend war auch der bayerische Landwirtschaftsminister Herr Miller. Man hat ihn gefragt, warum Bayern nicht so eine Umweltpolitik wie Niedersachsen macht. Darauf habe ich gesagt: Das ist ganz einfach. Wir Niedersachsen wollen in zehn Jahren das Bayern des Nordens sein. Wirtschaftlich werden wir so stark wie Bayern. Erreichen wollen wir dies mit flexiblen Gesetzen und Regelungen und mit Eigenverantwortung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Meyer?

Von Herrn Meyer gerne.

Herr Minister Sander, hat Herr Miller das, was Sie für Niedersachsen erklärt haben, nämlich das Um

weltgesetzbuch nicht umsetzen zu wollen, für Bayern auch erklärt?

Herr Miller hat das für Bayern ebenfalls erklärt. Wir sind uns einig, dass der damalige Referentenentwurf im Grunde genommen nicht tragbar gewesen ist. Ich habe darüber aber nicht nur mit Herrn Miller, sondern auch mit dem Kollegen Bernhard sowie mit dem Vorgänger von Herrn Bernhard, Herrn Schnappauf, gesprochen. Welche Folgen das für unsere Wirtschaft hat, ist schließlich ein wichtiger Faktor, den wir berücksichtigen müssen.

Ich habe also mit allen darüber gesprochen. Wir werden gemeinsam versuchen, einen guten Weg zu finden.

Da Sie meine Kollegin Frau Gönner erwähnt haben: Frau Gönner - ohne Zweifel eine gute Frau - hatte auf der Ebene der Länderarbeitsgemeinschaft den Vorsitz bei der Beratung des Umweltgesetzbuches inne. Dadurch wird es nicht schlechter.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion der Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Meyer, Sie haben das Wort für 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil Herr Sander gerade bestätigt hat, dass er tatsächlich kein Umweltgesetzbuch will, sondern auf dem derzeitigen Stand stehenbleiben möchte.

Wenn wir unsere Ziele ernst nehmen - die Ziele, die auf der Weltnaturschutzkonferenz festgelegt worden sind, aber auch die Ziele der EUAgrarreform hinsichtlich der Gewässerrandstreifen, dass weniger Pestizide eingetragen werden sollen -: Diese Ziele werden wir nur mit einem fortschrittlichen Umweltgesetzbuch, mit einem modernen Umweltrecht erreichen, das insofern zu Verbesserungen sowohl im Interesse der Natur als auch im Interesse der Landwirtschaft führt, als dass es keinen Vorrang für eine Seite manifestiert, sondern die Gleichbehandlung vorschreibt. Es ist ganz wichtig, dass wir dies hinbekommen.

Als Herr Sander in Bayern geredet hat, hat er den Abbau der Naturschutz- und Umweltverwaltung mit

den Worten begründet - ich zitiere -: „weniger Leute, weniger dummes Zeug.“

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Hört, hört!)

In dieser Logik kann ich nur sagen: Zu dem, was ich eben vom Minister gehört habe, würden weniger Wortbeiträge passen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 19 und 20 auf:

Erste Beratung: Landesregierung muss Strategie für den Klimaschutz und die Energiepolitik des Landes Niedersachsen umgehend vorlegen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/170

Erste Beratung: Klimaziele für die niedersächsische Land- und Ernährungswirtschaft entwickeln - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/193

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat uns eine Broschüre der Landesregierung erreicht, überschrieben mit den Worten „Die neue Nachhaltigkeitsstrategie“.

(David McAllister [CDU]: Sehr gut!)

Dieses Schriftwerk enthält eine Menge bunte Bilderchen.

(David McAllister [CDU]: Der Inhalt ist ganz wichtig!)

Es deckt auch eine ganze Reihe von Kapiteln ab, und ist sogar eine ganz interessante Lektüre. Aber immer dann, wenn man verstehen will, was Sie

eigentlich wollen, welche Pläne Sie haben und welche Ziele Sie verfolgen, wird es ganz schnell dünn und ärmlich.

Ich habe mir nur ein Kapitel herausgegriffen und mir angesehen, was Sie sich im Bereich Klimaschutz und Energiepolitik vorgenommen haben. Hier steht eine ganze Reihe von Punkten an, die sehr schnell entschieden werden müssen. Einige Punkte haben Sie auch tatsächlich in sehr kurzer Frist entschieden, z. B. in Sachen Kohlekraftwerke an der Küste. Dort geht es um die Frage, welche Wirkungen eine solche Energiepolitik entfaltet, wie die künftige Energieversorgung aussieht, welche Wirkungen sich daraus für das Erreichen der Klimaziele ergeben.

Ich hätte erwartet, dass die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung darauf Antworten gibt. Aber, meine Damen und Herren: Fehlanzeige. In weiten Teilen gibt es keine Orientierung. Ich verweise nur auf Ihr wenig engagiertes Ziel, bis zum Jahr 2020 20 % der CO2-Emissionen einzusparen. Die Bundesregierung hat sich in den Beschlüssen von Meseberg das Doppelte vorgenommen. Offensichtlich will man sich in Niedersachsen also noch nicht einmal an dem orientieren, was sich die Bundesregierung diesbezüglich auf die Hörner genommen hat.

Man verweigert sich sogar einem NachhaltigkeitsRanking. Ich zitiere einmal aus dem Handelsblatt vom 14. Mai dieses Jahres:

„Elf der 16 Bundesländer lehnten es jetzt ab, dem Rat für Nachhaltigkeit mitzuteilen, für welche Indikatoren sie den Bundesdurchschnitt übertreffen.“

Also wo sie besser sind als der Bundesdurchschnitt. Die Begründung liest sich noch interessanter:

„Niedersachsen und andere Länder weigerten sich, weil sie ein LänderRanking befürchten. Immerhin will Niedersachsen die Indikatoren des Bundes bei der Erfolgskontrolle seiner eigenen Strategie berücksichtigen.“

Das heißt mit anderen Worten: Sie haben Angst, sich auf diesem Gebiet einem objektiven Vergleich der Bundesländer zu stellen. Sie sind noch nicht einmal bereit, dem Rat für nachhaltige Entwicklung die Daten zu liefern, damit er eine solche Analyse vornehmen kann.

Meine Damen und Herren, das ist eigentlich skandalös. Es ist skandalös, wenn man gleichzeitig herkommt und mit einer Nachhaltigkeitsstrategie den Eindruck zu erwecken versucht, dass man im Bereich der Energiepolitik und der Klimapolitik tatsächlich etwas bewegen will.

Sie haben sich beispielsweise vorgenommen zu prüfen, ob man im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein einziges Passivhaus erstellen könnte. Es findet sich aber kein Wort dazu, wie man den gesamten Altbaubestand des Landes so sanieren kann, dass der Energieverbrauch künftig deutlich heruntergeht.

Ich glaube, man muss sich immer wieder bewusst machen, dass der Klimawandel vor allen Dingen eine soziale Herausforderung ist. In den letzten zehn Jahren sind die Heizölpreise um das Sechsfache gestiegen. Das zahlen natürlich nicht nur die Privaten, das zahlt auch die öffentliche Hand, beispielsweise ein Klinikum, das dem Land gehört. Das schlägt sich also auch unmittelbar in unserem Landeshaushalt nieder. Angesichts der Tatsache, dass der Ölpreis in Zukunft eher bei 200 Dollar als bei 50 oder 80 Dollar liegen wird, kann man nicht, wie Sie das in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie schreiben, in den nächsten Jahren eine Strategie für Klima- und Energiepolitik vorlegen. Wir verlangen, dass diese Strategie so schnell wie möglich, innerhalb der nächsten Wochen, innerhalb der nächsten Monate auf den Tisch kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen wissen, wie Sie den Wohnungsbestand so sanieren wollen, dass die Teile der Bevölkerung, die es sich nicht mehr leisten können, diese Heizölpreise zu bezahlen, eine Alternative haben, dass sie sehen, dass es Möglichkeiten gibt, ihr Eigenheim oder ihre Wohnung so zu sanieren, dass man künftig Energiekosten spart.

Überall dort, wo heute Heizungen außer Betrieb gehen, wo sie mehr als 15 oder 20 Jahre alt sind, muss man eine Kraftwärmekopplung einbauen. Wir müssen diskutieren, ob man die Stadtwerke nicht als fünfte Kraft am Energiemarkt etablieren kann, ob die Stadtwerke diese Herausforderung nicht annehmen und den vier großen Stromkonzernen Paroli bieten könnten.

Man muss sich nur einmal anschauen, was die Sparkassen auf den Weg gebracht haben. Die Sparkassen sind heute in der Lage, der Deutschen Bank Paroli zu bieten. Sie sind kommunal verankert und regional aufgestellt. So etwas muss man

auch im Bereich der Stadtwerke schaffen. Wir müssen die Stadtwerke unterstützen, um wirklich nach vorne zu kommen. Der Bereich Kraft-WärmeKopplung ist die ureigenste Kompetenz der Stadtwerke. Dann hätten wir auch keine Probleme mehr mit der Temperatur von Kühlwasser.

Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt anfangen. Wir fordern Sie auf: Bringen Sie eine solche Strategie auf den Weg!