Protokoll der Sitzung vom 18.06.2019

Mit der Umbuchung von 500 Millionen Euro in das Sondervermögen für den Ausbau von hochleistungsfähigen Datenübertragungsnetzen und Digitalisierungsmaßnahmen setzen wir darüber hinaus als Regierungsfraktionen einen wichtigen Teil unserer Koalitionsvereinbarung um.

Es stehen insgesamt 1 Milliarde Euro für den Ausbau der Digitalisierung und den Breitbandausbau zur Verfügung. Nach Auffassung der SPD-Fraktion kommen Investitionen in Digitalisierung und Breitbandausbau in hohem Maße vor allem der mittelständischen Wirtschaft zugute, weil sich gerade kleinere und mittlere Unternehmen erfahrungsgemäß nach Möglichkeit in der Nähe funktionierender Datenautobahnen ansiedeln.

Hinzu kommt die Finanzierung von 100 Millionen Euro für ein Förderprogramm zur Sanierung kommunaler Sportstätten, meine Damen und Herren. Das ist aus unserer Sicht ein Meilenstein, der den Sanierungsstau in den Kommunen abzubauen hilft. Dazu kommt das Investitionsprogramm Kinderkrippen, über das wir unter Tagesordnungspunkt 3 gerade andeutungsweise gesprochen haben und für das in den allgemeinen Deckungsmitteln bis zu 60 Millionen Euro vorgehalten werden. Das ist ein Beleg dafür, dass die Landesregierung eben nicht nur die Beitragsfreiheit finanziert, sondern auch die Qualität von Kindertageseinrichtungen im Fokus hat.

Besonders erwähnenswert - finde ich - ist in diesem Zusammenhang noch die Umbuchung von 100 Millionen Euro aus dem Bestand der allgemeinen Rücklage in das Sondervermögen des Wirtschaftsförderfonds „Ökologischer Bereich“ im Einzelplan 15. Mit den dann zur Verfügung stehenden 127 Millionen Euro, die im ökologischen Bereich des Wirtschaftsförderfonds zur Verfügung gestellt werden, sollen in erster Linie Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit sowie zur Luftreinhaltung in den besonders betroffenen Kommunen finanziert werden.

Meine Damen und Herren, nun zum AfD-Änderungsantrag, der uns kurzfristig zugegangen ist:

Anstatt wichtige Zukunftsinvestitionen zu fördern, wollen Sie lieber eine Altschuldentilgung in einer Größenordnung von 886 Millionen Euro vornehmen. Meine Damen und Herren, Sie kommen schlicht zu spät. Das machen wir nämlich bereits in der von Ihnen vorgeschlagenen Größenordnung. Wir tilgen zum einen 686 Millionen Euro aus dem Haushaltsabschluss des Jahres 2018. Weitere 100 Millionen Euro Schulden bei der HanBG tilgen wir aus Mitteln der VW-Milliarde, und bereits aus dem Haushaltsabschluss 2017 haben wir 100 Millionen Euro getilgt. Das macht in Summe genau 886 Millionen Euro. Ihr Änderungsantrag ist also schlicht überflüssig. Sie laufen einer Entwicklung hinterher, die die Landesregierung längst eingeleitet hat.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wirklich skurril und rückwärtsgewandt wird es allerdings bei Ihren weiteren Vorschlägen. Sie fordern, 50 Millionen Euro für die Kommunen mit Strukturproblemen, hier vorwiegend Salzgitter, zu streichen, auf das Investitionsprogramm für Kinderkrippen in Höhe von 60 Millionen Euro zu verzichten und die zusätzlichen Mittel für Luftreinhaltemaßnahmen in einer Größenordnung von 100 Millionen Euro nicht zu gewähren.

Meine Damen und Herren, Ihr Antrag ist damit schlicht kommunalfeindlich, er ist auch grob fahrlässig und verrät im Grunde genommen durch genau diese drei Punkte, welche Ideologie dahintersteckt. Über Zuwanderung und Fluchtursachen kann man ja noch geteilter Meinung sein, meine Damen und Herren. Aber einer Kommune wie Salzgitter, die über besonders hohe Flüchtlingszahlen verfügt und vor besonderen Herausforderungen steht, die Integrationsmittel zu streichen, ist schlicht verantwortungslos.

(Beifall bei der SPD)

Über eines müssen wir uns alle im Klaren sein: Nicht die Zuwanderung von Flüchtlingen ist das Problem, sondern die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Zugewanderten in unsere Gesellschaft zu integrieren. Das ist unsere gemeinsame Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte. Ausgerechnet dort, an diesem Punkt, sollten Mittel für Investitionsmaßnahmen nicht gestrichen, sondern bereitgestellt werden. Das zeigt, wie verantwortungslos Sie sind. Sie wollen unsere Gesellschaft spalten, anstatt sie zu versöhnen und zusammenzuführen.

Sie schlagen vor, die Mittel für den Krippenausbau zu streichen. Herr Rykena hat sich gerade ja sehr deutlich geäußert und gesagt, Kinder gehörten nach Hause zur Mutter. Das zeigt, welches Bild Sie von der Rolle der Frau in unserer Gesellschaft propagieren, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD - Wider- spruch bei der AfD)

Die Kinder gehören Ihrer Ideologie nach eben nicht in die Krippe, sondern zur Mutter nach Hause, und die Mutter gehört an den Herd. Wer sich nicht wehrt, kommt an den Herd, meine Damen und Herren. Genau das werden wir nicht mitmachen!

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Stephan Bothe [AfD] - Gegenruf von Wiard Siebels [SPD]: Was war das?)

Liebe AfD, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass Kitas und Krippen frühkindliche Bildungseinrichtungen sind, in der Kinder aus Zuwandererfamilien gemeinsam mit Kindern aus Familien, die hier schon länger leben, unterrichtet werden und in denen sie übrigens auch Sprachkenntnisse erwerben, die sie für die Integration dringend brauchen. Das ist eine wichtige Bildungs- und Integrationsleistung, die wir in Kitas und Krippen erbringen. Genau dort wollen Sie Mittel streichen. Ich halte das, was Sie da tun, schlicht für grob fahrlässig, meine Damen und Herren.

Zu guter Letzt lassen Sie wieder einmal die Kommunen im Stich, weil Sie den Klimawandel verneinen. Der Klimawandel existiert nach Ihrer Auffassung ja gar nicht. In Osnabrück, Oldenburg und Hannover sind Menschen Dieselabgasen und demzufolge erhöhten Stickstoffdioxidbelastungen ausgesetzt. Gerade diesen Kommunen wollen wir helfen. Beispielsweise wollen wir in Osnabrück mit Mitteln des ökologischen Teils des Wirtschaftsförderfonds Maßnahmen wie umweltsensitives Verkehrsmanagement, intelligente Ampelsteuerung und dergleichen finanzieren. Ausgerechnet diese Mittel wollen Sie Osnabrück, Oldenburg und Hannover nicht zur Verfügung stellen. Das halten wir für den falschen Weg.

Herr Kollege Henning, lassen Sie eine Frage des Kollegen Bode zu?

Nein, vielen Dank, ich möchte zu Ende ausführen und bin auch schon beim letzten Satz.

Das zeigt nämlich, dass die AfD nicht nur wirtschafts- und finanzpolitisch auf einer Geisterfahrt ist, sie ist auch kommunal- und frauenfeindlich, und deshalb werden wir als SPD-Fraktion mit unserer Zustimmung zum Zukunftsinvestitionsgesetz unserer Landesregierung diesen AfD-Spuk beenden und die AfD an dieser Stelle ausbremsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. - Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Abgeordneter Wenzel. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein merkwürdiges Zwittergesetz, das uns hier seitens der Landesregierung vorliegt. Es enthält ganz unterschiedliche Teile: Einerseits Umbuchungen, die vorgenommen werden, um die 1 Milliarde Euro Strafgeld des VWKonzerns in Sondervermögen zu buchen; andererseits Ankündigungen, die mehr oder weniger unverbindlich daherkommen, zu Mitteln, die als Verbleib in der allgemeinen Rücklage vorgehalten werden, die hier aber von Herrn Henning schon als reale Ausgaben markiert werden, ohne dafür eine entsprechende Haushaltsgrundlage zu haben. Und dann finden wir in diesem Gesetz auch drei Ausgabenermächtigungen, meine Damen und Herren, die es bereits im Jahr 2019 erlauben würden, 800 Millionen Euro zusätzlich auszugeben.

Dieses Gesetz, das uns hier vorliegt, Herr Minister, müsste klar ein Nachtragshaushaltsgesetz sein. Ganz eindeutig!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich bin da auch nicht einer Meinung mit dem GBD.

(Ulf Thiele [CDU]: Aha!)

Ganz richtig wurde der Artikel 65 Abs. 1 der Verfassung in Verbindung mit Artikel 67 Abs. 1 der Verfassung zitiert. Dort heißt es ganz klar, Einnahmen und Ausgaben werden in einem Haushaltsplan veranschlagt und sind, wenn sie geändert werden, durch ein Nachtragshaushaltsgesetz auch entsprechend hier im Landtag zu beschließen. Jetzt haben wir eine Mitteilung, eine Umbuchung in verschiedene Sondervermögen und zusätzliche Ausgaben in Höhe von 800 Millionen Euro, zu denen Sie sich ermächtigen, meine Da

men und Herren. Ich sehe darin einen Verstoß gegen das Haushaltsrecht, weil hier die Grundlagen, die wir normalerweise in den letzten Jahren - selbst bei der Flutbeihilfe in Höhe von 50 Millionen Euro - eingehalten haben, außer Kraft gesetzt werden, weil sich diese Koalition offenbar nicht in der Lage sieht und nicht die Kraft hat, hier ganz normal ein Nachtragshaushaltsgesetz einzubringen, wie das in solchen Fällen in all den Jahren und Jahrzehnten üblich war, sondern uns hier so ein merkwürdiges Gesetz vorlegt und hofft, dass sie damit durchkommt, weil die Opposition Schwierigkeiten hat, das Quorum für eine Überprüfung durch den Staatsgerichtshof zusammenzubringen.

Meine Damen und Herren, das halte ich nicht für angemessen.

Herr Kollege Wenzel, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele zu?

Gerne.

Bitte, Herr Kollege!

(Ulf Thiele [CDU] geht zu einem Saalmikro- fon)

Herr Kollege Wenzel, ich verzichte jetzt ausdrücklich darauf, Sie dort vorn vom Redepult zu verdrängen, ich kann Sie auch von hier aus fragen und brauche das Showelement nicht.

Ich frage Sie ernsthaft, warum Sie Ihre Auffassung zu der Auslegung der Landeshaushaltsordnung bei der Auffüllung von Sondervermögen in früheren Zeiten nicht so artikuliert haben.

(Zustimmung von Heiner Schönecke [CDU])

Als Sie noch Teil der Regierung waren, haben Sie Beschlüsse gefasst, um ein Sondervermögen aus einem Jahresabschluss aufzufüllen und damit eine langfristige mehrjährige Ausgabe zu sichern. Warum positionieren Sie sich jetzt gegen die Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes und haben es nicht getan, als Sie noch Regierungsverantwortung getragen haben?

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Kollege Wenzel!

Sehr geehrter Herr Thiele, ich danke herzlich für die Frage, weil sie mir Gelegenheit gibt, an dieser Stelle etwas zu deutlich machen: Ich halte nicht die Umbuchungen für problematisch; denn die Umbuchungen in die Sondervermögen bekommen wir noch einmal auf den Tisch, wenn wir Ausgaben real tätigen. Was ich anspreche, ist Artikel 1 § 6 Abs. 1 Satz 3, der eine Ausgabenermächtigung über 500 Millionen Euro in diesem Jahr beinhaltet, Artikel 3 § 6 Satz 2, der eine Ausgabenermächtigung über 200 Millionen Euro beinhaltet, und Artikel 4 § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3, die eine Ausgabenermächtigung über 100 Millionen Euro auch in diesem Jahr beinhalten. Das ist meines Erachtens nicht zulässig. Diese drei Punkte des Gesetzes hätten ein Nachtragshaushaltsgesetz notwendig gemacht.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Nun hat das Wort für die CDU-Fraktion Herr Kollege Fühner. Bitte, Herr Kollege!

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als wir vor einigen Wochen aus dem Finanzministerium die Zahlen des Jahresüberschusses 2018 bekommen haben und der Herr Finanzminister Reinhold Hilbers uns mitgeteilt hat, dass 686 Millionen Euro Altschulden getilgt werden sollen, war das für uns in der CDU-Fraktion wirklich ein Tag der Freude.

Nachdem die letzten Jahre auch gut gelaufen waren und wir mit dem Jahresabschluss 2017 bereits 100 Millionen Euro tilgen konnten und da wir weitere 100 Millionen Euro zur Schuldentilgung bei der Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft einsetzen wollen, kann man wirklich sagen: In Niedersachsen werden erstmals ernsthaft und spürbar Altschulden abgebaut. Das ist beispiellos in der Geschichte dieses Landes.

(Lebhafter Beifall und Jubelrufe bei der CDU)

Insbesondere als einer der jüngeren Kollegen und Mitglieder in diesem Hohen Hause möchte ich mich bei unserem Finanzminister Reinhold Hilbers für diese tatsächlich generationengerechte und wirklich gute Finanzpolitik bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetz zur Stärkung von Zukunftsinvestitionen und Zukunftsvorsorge wird die rechtliche Grundlage dafür geschaffen - sehr geehrter Herr Kollege Wenzel, das ist keine einfache Mitteilung; das ist ein Gesetz -, um die Volkswagen-Zahlung und die Mittel aus dem allgemeinen Haushaltsüberschuss bestmöglich zum Wohle unseres Landes einzusetzen.