Man ist ja immer interessiert, zu erfahren, welche unterschiedlichen Ideen es auch in den Reihen der Oppositionsfraktionen gibt.
Ich stelle fest, dass Herr Försterling immerhin in Anerkennung dessen, was wir machen, unheimlich viele Maßnahmen aufgezählt hat. Er hat nur vergessen zu erwähnen, dass wir sie alle umgesetzt haben, meine Damen und Herren. Von daher kann ich seine Empörung darüber nur sehr begrenzt verstehen.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie haben sie ja noch nicht umgesetzt! Sie haben ja noch nicht einmal einen Plan!)
Ich werbe sehr dafür, dass wir auf die Herausforderungen, die sich in der Bildungspolitik stellen, realistisch blicken. Dieser realistische Blick zeigt, dass wir an ganz entscheidenden Stellen gute und erhebliche Fortschritte erzielen konnten und keiner der Beteiligten gesagt hat, dass wir deshalb jetzt die Arbeit einstellen können. Ganz im Gegenteil, müssen diese Wege mit genauso viel Nachdruck weiterverfolgt werden.
Erstens zu dem Einstellungsverfahren 2019/2020, das wir im August 2019 durchgeführt haben: An den allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen werden nach dem aktuellen Stand 1 777 neue Lehrkräfte ihren Dienst aufnehmen. Das sind übrigens 65 Lehrkräfte mehr, als ich im Rahmen der Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt verkünden konnte. Wir werden auch darüber hinaus weiter einstellen können. Das ist ein gutes Ergebnis für Niedersachsen auch im Vergleich zu anderen Bundesländern. Herr Kollege Försterling, Sie können ja mal in NRW nachfragen. Ihre Kollegin dort würde dieses Ergebnis sofort und gerne akzeptieren, wenn sie es denn erreicht hätte. Das darf man hier auch einmal feststellen.
Wir haben damit allein bei diesem Einstellungsdurchgang im August 350 Lehrkräfte mehr eingestellt, als wir an Abgängen zu verzeichnen haben.
Das ist zum wiederholten Male ein Einstellungsdurchgang, den wir mit einem positiven Saldo abschließen. Im Jahre 2019 werden es über 750 Lehrkräfte mehr sein, als wir abgegeben haben. Auch das ist ein gutes Ergebnis, weil wir damit die landesweite durchschnittliche Unterrichtsversor
Meine Damen und Herren, gleichwohl - das haben wir auch sehr deutlich gesagt - gilt es, nicht zu verschweigen, dass wir an einzelnen Schulformen wie auch in einzelnen Regionen nach wie vor Herausforderungen haben, in ausreichendem Maße Lehrkräfte zu finden. Deswegen gilt es, neben dem langfristigen Ziel, möglichst viele grundständig ausgebildete Lehrkräfte einzustellen und sie entsprechend passgenau auszubilden, für die Zwischenzeit immer wieder Lösungen zu finden, weil es nicht akzeptabel sein darf, es einfach hinzunehmen, dass Schulen für einen Ein-, Zwei-, Drei- oder Vierjahreszeitraum schlicht Pech gehabt haben.
Deswegen, Herr Försterling, bedarf es zu jedem Einstellungsdurchgang entsprechender Maßnahmen, um auf die konkrete Entwicklung zu reagieren. Das ist keine Abkehr von der großen Linie, die es gibt. Aber sie muss um Maßnahmen wie z. B. jetzt das Programm „Starke Sek I-Schulen“ ergänzt werden. Deswegen ist das ein richtiges Programm.
Wir haben unter den neuen Lehrkräften aktuell 137 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Die Quereinsteigerquote hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr übrigens fast halbiert. Das heißt, über 92 % der neuen Lehrkräfte haben eine grundständige Lehramtsausbildung. Auch das ist ein richtig gutes Ergebnis, das wir in Niedersachsen erzielen konnten, und ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu den Vorjahren.
Herr Försterling, jetzt kann ich mir nicht verkneifen, Ihnen den folgenden Hinweis zu geben: Sie haben davon gesprochen, man müsse die Wunden heilen. Ich habe mir einmal angeguckt, welche Ideen die FDP dazu vorgebracht hat. Ihre Behauptung war, die Landesregierung verprelle Bewerberinnen und Bewerber, weil nicht alle vorhandenen Bewerbungen im Einstellungsverfahren berücksichtigt worden seien. Dazu gilt aber: Sie werden in keinem einzigen Einstellungsverfahren eine 100-prozentige Passgenauigkeit von Einstellungsmöglichkeiten und Bewerbenden erreichen - das wissen Sie ganz genau -, eben weil einzelne Bewerberinnen und Bewerber nicht bereit sind, auf ihren Wunschort zu verzichten, oder weil die gewählte Schulform oder die gewählte Fächerkombination nicht zu den Einstellungsbedarfen passt oder weil Schulen und Bewerber im Einzelfall feststellen, dass sie nicht zueinander passen.
Die Forderung, man müsse alle Stellen besetzen, weil ja noch Bewerber im Bewerberpool vorhanden seien, ist unseriöses Getöse. Es gilt, im Einzelfall zu prüfen, was möglich ist.
Die Landesschulbehörde hat alle Bewerberinnen und Bewerber mit der Befähigung zum Lehramt am Gymnasium am 16. Juli angeschrieben und deutlich auf die Möglichkeiten aufmerksam gemacht, auch an anderen Schulformen tätig zu werden. Die Bewerberinnen und Bewerber wurden in vielen Fällen telefonisch beraten.
Ich möchte das grundsätzlich sagen: Die Landesschulbehörde hat hier insgesamt einen richtig guten Job gemacht, und zwar landesweit. Dafür darf man an dieser Stelle auch einmal Danke sagen.
Gleichwohl erhielt die Landesschulbehörde in vielen Fällen bei den einzelnen Beratungen die Antworten: „Das ist nicht meine Wunschschule“, „Das ist nicht mein Wunschort“ und „Ich nehme diese Stelle nicht an“. Daraus abzuleiten, man müsse noch mehr Stellen ausschreiben, hilft im Ergebnis nullkommanull. Deswegen rate ich dazu, eine ehrliche Debatte zu führen.
Wir haben passgenau ausgeschrieben. Wir versuchen, möglichst viele dieser Stellen zu besetzen. Es ist eine richtig gute Besetzungsquote erreicht worden. Das sind gute Ergebnisse. Trotzdem gilt es, auf dem Weg, die Situationen in Regionen an Schulformen zu verbessern, weiterzumachen. Ja, dazu gehört die Langfristplanung. Die Kollegin Wulf hat, wie ich finde, völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Langfristbedarfsprognose dafür ein richtiges Mittel ist. Das haben MWK und MK miteinander erarbeitet. Daraus werden die entsprechenden Schlussfolgerungen abgeleitet. Wir werden in den nächsten Wochen das Kabinett darüber informieren.
Eines ist aber auch klar: Wir haben diese Planungen und Langfristplanungen. Deswegen treffen uns auch diese Ergebnisse der BertelsmannStudie deutlich geringer, als man es vermuten könnte. Denn wir machen unsere Planungen und Berechnungen Jahr für Jahr anhand der Geburtenzahlen in Niedersachsen, sodass wir dann immer die Mehrbedarfe benennen können. Darauf können wir uns dann rechtzeitig einstellen.
Vielen Dank, Herr Minister Tonne. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält Herr Kollege Försterling für die FDP-Fraktion zusätzliche Redezeit. Zwei Minuten, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Vorwurf, Grüne und FDP würden keine eigenen Positionen einbringen, kann man eigentlich ganz gut begegnen, indem man sich einfach mal auf den Tagesordnungen des Kultusausschusses anschaut, wer Entschließungsanträge zur Weiterentwicklung im Bildungsbereich in den Landtag einbringt,
Ja, die Schulministerin in Nordrhein-Westfalen hat auch Probleme bei der Einstellung. Aber die Kollegin Gebauer macht Stellenausschreibungen nach Bedarf. Das heißt, für jede Schule, die einen Stellenbedarf hat, wird auch eine Stelle ausgeschrieben.
In Niedersachsen ist das anders. In Niedersachsen wird geschaut, wie viele Bewerber es in etwa geben wird, und nur so viele Stellen werden ausgeschrieben. Das führt zu der Situation, dass z. B. Referendare 18 Monate an einer Schule waren und gerne an dieser Schule bleiben wollen, dass die Schule auch einen statistischen Bedarf hat, weil Lehrer fehlen, dass es aber keine entsprechende Ausschreibung gibt - eben weil von oben festgelegt wurde, dass nur in einem gewissen Bereich, bis zu einer gewissen Obergrenze ausgeschrieben werden kann. Denn man hat Angst, dass sonst diese gute Quote, mit der der Minister dann durchs Land zieht, nicht erreicht werden kann. Das ist das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie könnten mehr ausschreiben; Sie könnten auch mehr besetzen.
Ich habe von der Großen Koalition eben nichts zum Thema A 13 für alle Lehrkräfte gehört. Das würde übrigens auch Gymnasiallehrkräfte dazu bringen, an anderen Schulen eine Anstellung anzunehmen, wenn Sie dann A 13 bekommen und nicht A 12 oder A 12 Z.
Ich habe nichts zur angekündigten Altersermäßigung Ü 55 gehört. Wann wollen Sie Ihren Koalitionsvertrag denn mal umsetzen? Ich habe nichts zur Arbeitszeitreduzierung für die Lehrkräfte und zur Attraktivitätssteigerung des Berufs gehört. Das sind Maßnahmen, zu denen Sie mal etwas sagen müssten.
Sie werfen uns vor, wir hätten keine Position. Schauen Sie sich die Entschließungsanträge an! Unsere Forderungen sind klar. Unsere Forderungen werden sich auch in den Haushaltsanträgen 2020 wiederfinden.
Sie können denen dann zustimmen. Sie müssen sich endlich auf den Weg machen, um die Situation im niedersächsischen Schulsystem zu verbessern. Sie haben doch eigentlich die Kraft. Vielleicht fehlt es aber an etwas Unterstützung. Setzen Sie einfach die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen um!
Vielen Dank, Herr Försterling. - Ebenfalls zwei Minuten zusätzliche Redezeit erhält die Kollegin Hamburg, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Frau Kollegin!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Tonne, ich werfe Ihnen nicht vor, dass es nicht ausreichend Lehrkräfte gibt, die Sie einstellen könnten. Das habe ich noch nie gemacht und wäre auch unredlich. Das können Sie derzeit nicht tun.
Aber was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie keine anderen Maßnahmen ergreifen, dass Sie sich grundsätzlich nicht trauen, strukturelle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die die Lehrkräfte entlasten könnten. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie bei Qualifizierungsmaßnahmen für Sonderpädagogik, Weiterbildung und Ausbildung, kürzen, obwohl es in diesem Bereich einen riesigen Fachkräftemangel und einen riesigen Fachkräftebedarf gibt.