Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vorhin schon von der Kollegin einiges über die Frage von Colistin in der Tiermedizin gehört. Ich habe es vorhin schon einmal gesagt: Colistin ist für die Behandlung von Tieren und Menschen zugelassen. Ich habe auch gesagt, dass es aufgrund der starken Nebenwirkungen für den Einsatz am Menschen nicht verwendet worden ist. Die Relevanz des Nachweises in Bezug auf die Gesundheit des Menschen ist, ehrlich gesagt, noch nicht bekannt. Auch das müssen wir untersuchen.
Bis 2015 gingen Wissenschaftler übrigens davon aus, dass es sich bei der Colistin-Resistenz um eine nicht übertragbare Resistenz handelt, die fest im Chromosom verankert ist. Wir haben das vorhin gehört. Also auch in diesem Bereich gab es seit 2015 eine Veränderung. Wir werden jetzt bei der Studie, die wir vornehmen, die wir also noch nicht im Detail auswerten können, unsere eigenen Messungen machen. Wir werden sie mit denen des NDR vergleichen. Damit wir korrespondierende Werte haben, nehmen wir die gleichen Messstellen wie der NDR. Das wäre sonst nicht vernünftig. Und dann haben wir eine niedersächsische, epidemio
logische Studie, also eine wirkliche Colistin-Studie, mit der man abschätzen kann, wie die Verbreitung der Resistenz bei Mensch und Tier ist und in welchem Ausmaß die Übertragung der Resistenzeigenschaften wirklich eine Rolle spielt.
Wir werden also die Daten des NDR als Grundlage nehmen. Die Messpunkte waren sicherlich klug ausgewählt, aber unsere Erweiterung auf insgesamt 200 Messpunkte schafft natürlich noch einmal ein ganz anderes Datenbild. Deshalb an dieser Stelle auch noch einmal der Appell an die Kolleginnen und Kollegen der anderen Bundesländer, sich einzuklinken und auch Messungen vorzunehmen. Denn wir brauchen eine große Datenbasis, um am Ende eine signifikante und statistisch nachvollziehbare Aussage treffen und entsprechende Schlussfolgerungen ziehen zu können. Wir wissen, dass wir viele der Punkte, die wir feststellen, nicht landesgesetzlich werden regeln können, sondern dass sie bundesgesetzlich geregelt werden müssen. Deshalb wären die anderen Länder, glaube ich, gut beraten, gleich zu Beginn dieser Studie mitzumachen.
Insofern sind die Daten des NDR also sehr hilfreich; denn sie haben dazu geführt, dass wir uns jetzt mit dieser Frage auseinandersetzen.
Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die SPD-Fraktion der Kollege Volker Senftleben. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und den Ausflüssen in die Umwelt?
(Ministerin Barbara Otte-Kinast spricht mit Mitarbeitern ihres Ministeriums - Helge Limburg [GRÜNE]: Ich glaube, der Kollege Senftleben muss nach Bückeburg gehen, um eine Antwort zu bekommen!)
Ich muss die Frage für mich noch einmal rekapitulieren: Sie wollen von der Landesregierung wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und der Entwicklung von Resistenzen gibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, mit Blick auf die im Rahmen des bundesweiten Zoonosen-Monitorings in Niedersachsen erhobenen Daten zeichnet sich ein zeitlicher Zusammenhang ab. Im Rahmen dieses Monitorings sind auch Antibiotikaverbrauchsmengen ausgewertet worden. Die Auswertung dieser Daten zeigt, dass Resistenzen gegen mehrere Antibiotika bei dem Indikatorkeim E. coli z. B. aus Masthähnchen-, Schwein- und Putenbeständen in den letzten Jahren abgenommen haben.
Ein Grund für diese Abnahme ist ein ganzer Strauß von Maßnahmen, die die behandelnden Tierärzte und die Tierhalter ergriffen haben. Beispielweise wurde die Diagnostik verfeinert, es wurden mehr Impfungen durchgeführt, und die Stallhygiene, das Stallklima und die Fütterung, also das gesamte Management, sind optimiert worden. Damit konnte bei uns in Niedersachsen der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung um 50 % - diese Zahl wurde vorhin genannt - gesenkt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wieso ist es eigentlich so schwierig, die Wirkung von Multiresistenzen in der Umwelt zu ermitteln?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung - ich habe das vorhin in meiner Antwort schon gesagt -: Die Entwicklung von Resistenzen ist ein natürlicher
Antibiotika sind Medikamente, die aus Naturstoffen abgeleitet sind. Denken Sie an die Entwicklung des Penicillins, das aus Schimmelpilzen abgeleitet wurde! Dieses Zusammenspiel zeigt, dass die Natur niemals keimfrei sein kann. Das ist im Hinblick auf spezielle Resistenzen auch noch Gegenstand der Forschung. Der menschliche Organismus muss sich ständig mit Bakterien auseinandersetzen. Er trägt eine Vielzahl von Bakterien in sich. Ein Leben ohne Bakterien ist gar nicht vorstellbar. Es ist auch nicht bekannt, dass antibiotikaresistente Bakterien eher krank machen als nicht resistente Bakterien.
Das ist auch die Problematik beim Thema Multiresistenzen. Es besteht die Sorge, dass eine Antibiotikabehandlung wegen der Resistenzen nicht mehr wirkt. Aber - und das hat mich auch erstaunt, als ich mich damit auseinandergesetzt habe - die große Schwierigkeit besteht darin, festzustellen, welche Resistenzen aufgrund der komplexen Abläufe in der Natur, die wir uns ja zunutze machen, selbst entstehen und welche Resistenzen durch unseren Eingriff entstehen. Diesen Teil wollen wir auch mit untersuchen. Aber das können wir nicht im Rahmen dieser Messungen tun, sondern das wird die Aufgabe wissenschaftlicher Forschung sein.
Vielen Dank, Herr Minister. - Ich habe eine Frage an den Kollegen Grupe: Sie haben eine Wortmeldung abgegeben. Ich gehe davon aus, die ist zu diesem Komplex, zu TOP 17 a?
Ich bitte alle, immer den Tagesordnungspunkt dazuzuschreiben. Die Wortmeldung könnte ja auch für die nächste oder übernächste Dringliche Anfrage gedacht sein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass gelobt worden ist, dass wir in Niedersachsen eine Halbierung des Antibiotikaeinsatzes erreicht haben - die Zuständigkeit dafür ist seinerzeit bei scharfer Kritik der CDU auf das Landesamt für Verbraucherschutz
übergegangen; die CDU wollte das ja immer den Kommunen aufdrücken -, frage ich die Landesregierung, ob sie plant, die Zuständigkeit für die Minimierung des Antibiotikaeinsatzes dem Landesamt für Verbraucherschutz wieder zu entziehen, obwohl es so erfolgreich gearbeitet hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles, was gut funktioniert, sollte man beibehalten. Auch Aniplus wird in einer Form fortgeführt, und wir werden uns da zusätzlich noch mit vielen weiteren Dingen beschäftigen. Es wird weitergehen.
Herzlichen Dank. - Die nächste Frage stellt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau JanssenKucz. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sie die Aussage des Landesgesundheitsamtes bewertet, dass das Baden in solchen Gewässern für Bürger mit gesundem Immunsystem, mit gesunder Haut ungefährlich sei, und das vor dem Hintergrund, dass das definitiv nicht für jeden Menschen zutrifft und manch einer gar nicht weiß, dass sein Immunsystem geschwächt ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier muss man zwischen zwei Dingen unterscheiden. Ich habe vorhin gesagt, dass die Keime mit Antibiotikaresistenzen nicht eher krank machen als die Keime ohne Antibiotikaresistenzen. Dabei ging es aber um die Frage, ob man Antibiotika als medizinische Mittel anwenden könnte.
mung ist, wird sehr genau untersucht. Wenn z. B. bei den E.-coli-Bakterien die Menge der Keime ein bestimmtes Ausmaß erreicht hat - irgendwo muss man ja einen Schwellenwert setzen -, dann würde ein Badeverbot ausgesprochen. Das funktioniert - ich glaube, das darf man sagen - überall und seit vielen Jahren.
Und natürlich hängt die Frage, wie krankheitswirksam das ist, mit dem Gesundheitszustand und mit den Abwehrkräften des Einzelnen zusammen. Aber noch einmal, damit da kein Missverständnis entsteht: Dabei geht es nicht darum, ob es da Antibiotikaresistenzen gibt, sondern darum, ob es da bakterielle Keime gibt, die diese Krankheit auslösen. Das ist wichtig klarzustellen. Wir dürfen den Leuten keine Angst machen, indem wir ihnen sagen, sie dürfen nicht baden, weil es da möglicherweise Resistenzen gibt. Nein, wenn ein Badeverbot ausgesprochen wird, dann geschieht dies deshalb, weil ein besonderes Maß an Verkeimung erreicht ist.
Danke schön, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht nun der Kollege Dammann-Tamke. Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Da wir vom Umweltminister gehört haben, dass es sich um eine One-Health-Strategie handeln muss, frage ich die Landesregierung, wie sie sich die folgende NDRBerichterstattung erklärt:
Im Großraum Frankfurt verstirbt ein Mann. Sein Tod hat angeblich nichts mit den in seinem Lungenwasser gefundenen multiresistenten Keimen zu tun. Ein Hamburger Reporter-Team des NDR fährt ausgerechnet nach Niedersachsen, zur Thülsfelder Talsperre, um dort und auch an anderen Orten in Niedersachsen Proben zu ziehen.
Hätte man vom NDR im Sinne einer objektiven Berichterstattung nicht erwarten müssen, dass er in seinem gesamten Sendegebiet Proben von Klinikabwässern zieht, also nicht nur in Osnabrück, sondern beispielsweise auch in Hamburg oder in Schleswig-Holstein?
(Christian Meyer [GRÜNE]: Eine Ver- schwörung des NDR! Das ist ja inte- ressant! Und das kommt von der CDU! Das könnte ja die AfD sein!)
Ist nicht durch die einseitige Probenahme in Niedersachsen, insbesondere an der Thülsfelder Talsperre, die Gefahr gegeben, dass man sich diesem Thema eben gerade nicht im Sinne einer One- Health-Strategie nähert, sondern dass man ganz gezielt auf den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung abzielt?
Der letzte Satz: Die erste Frage des Kollegen Meyer, wie es mit multiresistenten Keimen auf Geflügelfleisch aussieht, hat nichts mit der heutigen Fragestellung nach multiresistenten Keimen in Gewässern zu tun.