Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch das Dritte Opferrechtsreformgesetz des Bundes vom 21. Dezember 2015 wurden die Rechte der Opfer von Straftaten weiter wirksam gestärkt. Neben weiteren Befugnissen im Strafverfahren steht vor allem der Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung im Vordergrund. Damit haben wir einen echten Meilenstein für den Opferschutz und für die Stärkung unseres Rechtsstaates erreicht.

Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besondere Form der Zeugenunterstützung, die bisher zwar in der Strafprozessordnung erwähnt, aber nicht mit einem Anspruchsrecht verbunden war. Dass es nun zu einer gesetzlichen Regelung kommen konnte, ist der Initiative aus Rheinland-Pfalz zu verdanken. Der Vorschlag aus Rheinland-Pfalz wurde über die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister von Bundesjustizminister Maas aufgegriffen und vom Bundesgesetzgeber mit den Regelungen zum Verletztenbeistand beschlossen.

Besonders schutzbedürftige Opfer von schweren Gewaltund Sexualstraftaten – dies werden insbesondere Kinder und Jugendliche sein, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und gegebenenfalls auch deren Angehörige – haben mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes nun einen Rechtsanspruch auf einen Beistand und die qualifizierte Betreuung im Ermittlungsverfahren und im Hauptverfahren. Es geht dabei nicht um die juristische Begleitung und Beratung, sondern es geht um den menschlichen Zuspruch. Es geht um das Auffangen, das Reduzieren von Belastungen in extrem schwierigen Situationen und damit letztendlich auch um die Stärkung der Opfer in ihrer Aussagefähigkeit als Zeugin oder Zeuge.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Landesausführungsgesetz schaffen wir die Voraussetzungen dafür, die Prozessbegleitung auf einem hohen fachlichen Qualitätsniveau und mit Empathie für die Betroffenen zu gewährleisten. Rheinland-Pfalz hat auch hier – Herr Minister, Sie haben es erwähnt – im Strafrechtsausschuss auf der Ebene der Justizministerkonferenz federführend die Standards für die Anforderungen an die Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter und deren Weiterbildung erarbeitet, die nun auch im Landesgesetz zum Ausdruck kommen und letztlich auch zu einer länderübergreifenden Anerkennung führen werden. So sieht das Gesetz umfangreiche Anerkennungsvoraussetzungen vor, die auch von Herrn Henter erwähnt wurden. Ich glaube, es ist sehr zu unterstützen, dass diese Anforderungsvoraussetzungen an die Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter sehr stringent sind, weil sich am Ende die Opfer von Straftaten darauf verlassen müssen, dass die Prozessbegleitung in den oftmals schwierigen und sehr anspruchsvollen Fällen sehr professionell und fundiert erfolgt.

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz hat frühzeitig nicht nur, wie jetzt, die rechtlichen, sondern auch die tatsächlichen Voraussetzungen geschaffen, dass wir das Gesetz im nächsten Jahr auch faktisch umsetzen können. Die Hochschule Koblenz hat bereits vor längerer Zeit eine

Weiterbildungsmaßnahme auf den Weg gebracht unter der wissenschaftlichen Leitung von Herrn Professor Dr. Hetger. Diese Weiterbildungsmaßnahme erfüllt nicht nur die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen, sondern stellt insbesondere auch darauf ab, dass eine sozialpädagogische Vertiefung gerade im Hinblick auf das Thema Kinder und Jugendliche als Zeugen ermöglicht wird. Insoweit sind wir für die kommende Gesetzesumsetzung ab dem 1. Januar 2017 gut gerüstet, und wir werden das Landesgesetz deshalb auch mittragen.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Lohr.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste! Wir beraten heute erstmals über die Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren. Hinter diesem Gesetz verbirgt sich aus Sicht der AfD-Fraktion eine ganz wichtige Botschaft, und das ist natürlich ganz klar der Opferschutz. An dieser Stelle möchte ich auch allen Verbänden danken, die diese wirklich sehr wichtige Arbeit in den letzten Jahren vorangetrieben haben. Das muss auch einmal im Parlament gesagt werden.

(Beifall der AfD)

Im Mittelpunkt eines Strafprozesses steht, wie wir alle wissen, meistens der Angeklagte und gerade nicht das Opfer. Es geht um die Verurteilung und um die Bestrafung. Umso wichtiger ist es daher auch klarzumachen, dass für die Opfer eine Hauptverhandlung oftmals mit sehr hohen Belastungen verbunden ist und eine Zeugenaussage die Gefahr birgt, dass Verletzungen und Traumata wieder hervorgerufen werden. Eine professionelle Prozessbegleitung ist daher ein richtiger und notwendiger Schritt des Sozialstaates und ein klares Bekenntnis zu Menschen, denen wirklich Schlimmes widerfahren ist.

Seit den 80er-Jahren hat der Gesetzgeber an dieser Stellschraube sehr viel gedreht durch erweiterte Nebenklagen, durch Opferanwälte, durch die erweiterte Akteneinsicht oder den Täter-Opfer-Ausgleich insbesondere in Jugend-, aber auch in anderen Strafverfahren. Seitens der AfDFraktion sehen wir dem Gesetzentwurf positiv entgegen, möchten in den Ausschussberatungen konstruktiv mitwirken und können insoweit auch den kompletten Ausführungen der Vorredner zustimmen.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Roth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren ist ein überaus wichtiger Baustein im Rahmen des Opferschutzes, der durch das uns vorliegende Gesetz weiter ausgebaut wird. Die Belastungen für Opfer von Straftaten sind enorm hoch. Gerade für Kinder und Jugendliche, die schweren Straftaten zum Opfer gefallen sind, ist diese Prozessbegleitung daher eine nicht wegzudenkende Institution zur Reduzierung der Belastungen vor, während und vor allem auch nach dem Verfahren.

Bei diesem sensiblen Thema kommt es vor allem darauf an, dass sowohl die fachliche Qualifikation als auch die mehrjährige praktische Berufserfahrung im Bereich der Pädagogik, sozialen Arbeit oder Psychologie und der wichtigen Aufgabe angemessene persönliche Kompetenzen vorhanden sind. Erst auf Grundlage dieser Kompetenzen kann zwischen Betreutem und Betreuendem Vertrauen entstehen, sodass in einer zweifelsohne schwierigen Phase dies notwendig sei, um die aufwühlende Belastungsprobe im Laufe des Verfahrens durchzustehen.

Umso wichtiger ist es auch, dass dieses Vertrauen nicht an Ländergrenzen haltmacht. Der Fall der länderübergreifenden Anerkennung ist ebenso im vorliegenden Gesetzentwurf geregelt und stellt somit sicher, dass für die Begleiterin und den Begleiter eine erneute Anerkennung in einem anderen Bundesland nicht mehr notwendig ist. Die Beiordnung von qualifizierten psychosozialen Prozessbegleitern kann natürlich nur dann funktionieren, wenn das entsprechende Personal vorhanden ist.

Umso begrüßenswerter ist es daher, dass der zweite Durchgang des Weiterbildungslehrgangs in Abstimmung zwischen dem Ministerium der Justiz und der Hochschule Koblenz in Kürze – ich glaube, noch in diesem Monat – startet. Wie bereits angesprochen, halte ich die intensive Form der Zeugenbegleitung gerade bei Kindern und Jugendlichen für besonders wichtig.

Es geht nicht darum, dem oder der besonderen Schutzbedürftigen beizustehen, sondern vielmehr erwächst aus der Begleitung auch oftmals erst die Möglichkeit, einen fairen Prozess gestalten zu können. Muss es tatsächlich dazu kommen, dass Kinder oder Jugendliche vor Gericht aussagen, braucht es mentale Unterstützung und Hilfe in ganz praktischen Fragen, damit Nervosität und Druck von außen die Aussage nicht beeinflussen.

In der praktischen Arbeit der Begleitenden geht es dabei oft um sehr greifbare und grundsätzliche Aufklärung für Kinder, aber auch deren Eltern. Oft beginnt es damit, dem Opfer einfach nur einen Gerichtssaal zu zeigen oder Prozessabläufe zu erklären, um die Hürden für eine fremde Umgebung abzubauen und damit jene angesprochene Nervosität zu vermeiden.

Vor wenigen Monaten berichtete das Deutschlandradio am Beispiel einer psychosozialen Prozessbegleiterin aus Mecklenburg-Vorpommern, welch positiven Einfluss ihre Arbeit auf die zu Begleitenden hat. Im konkreten Fall ging es darum, dass ein 16-jähriges Mädchen kurz vor der Aussage im Gerichtssaal stand. Dem Angeklagten aus dem

sogenannten Nahbereich des Opfers wurde vorgeworfen, eine intime Beziehung zu dem Mädchen aufgebaut zu haben, als diese erst 11 Jahre alt war. Vor einer möglichen Konfrontation im Gerichtssaal Stärke und Sicherheit zu vermitteln, ist angesichts, Entschuldigung – – – Sie wird besonders deswegen wichtig, wenn man sich die Studien – – – Jetzt bin ich im Blatt durcheinander gekommen. Ich muss noch einmal anfangen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Einfach überspringen!)

Ja, genau. Wir haben vorhin alles dazu gesagt. Wir stimmen diesem Gesetz zu, weil es vom Anfang bis zum Ende guttut, wenn hier eine Prozessbegleitung dabei ist. Deswegen ist das eine wunderbare Sache.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Ausführungsgesetz geht auf die dritte Opferrechtsreform vom 21. Dezember 2015 zurück. Im Zuge dieser Reform wurden Änderungen des Strafgesetzbuchs, des Gerichtskostengesetzes sowie des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vorgenommen. Diese Änderungen wurden einstimmig im Bundestag verabschiedet. Damit wurden die Rechte der Opfer von Straftaten wesentlich gestärkt. Es steht auch diesem Hause gut an, wenn wir die Rechte von Opfern in den Mittelpunkt rücken und sehr konstruktiv und einmütig über das vorliegende Gesetz diskutieren, was sich auch schon hier in der Debatte angedeutet hat.

Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besondere Form der Begleitung im Strafverfahren für besonders schutzbedürftige Verletzte vor, während und nach der Hauptverhandlung. Sie umfasst die Informationsvermittlung sowie die qualifizierte Betreuung und Unterstützung im gesamten Strafverfahren. Wichtig ist aber gerade, dass diese Begleitung von einer besonderen Neutralität geprägt ist und eine klare Trennung zwischen der rechtlichen Beratung und Begleitung auf der einen Seite und der psychosozialen Begleitung auf der anderen Seite stattfindet.

Sie darf aber auch nicht zur Beeinflussung des Zeugen oder einer Beeinträchtigung der Zeugenaussage führen. In § 4 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Die Länder bestimmen, welche Personen und Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung anerkannt werden, welche weiteren Anforderungen hierfür an Berufsausbildung, praktische Berufserfahrung, spezialisierte Weiterbildung und regelmäßige Fortbildungen zu stellen sind.“

Genau diese Regelungsgegenstände finden wir in dem

vorliegenden Ausführungsgesetz in diesem Hause vor.

Ich gehe nicht auf die Details ein. Es wurde schon erläutert, welche Anforderungen an die Voraussetzungen zur Anerkennung an die Aus- und Weiterbildung, aber auch die fachliche Qualifikation im vorliegenden Ausführungsgesetz gestellt werden. Die Anerkennungsstelle für solche Maßnahmen ist das Ministerium der Justiz.

Wir bedanken uns an dieser Stelle auch seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich für den Einsatz der Landesregierung für die Rechte von Opfern von Straftaten. Wir freuen uns sehr, dass dieses Gesetz auch den Opferschutz in Rheinland-Pfalz zukünftig stärken wird. Ich kann an dieser Stelle schon vorab verraten, dass meine Fraktion dem vorliegenden Gesetz zustimmen wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung an den Rechtsausschuss zu überweisen. Ist jemand dagegen? – Das ist nicht der Fall. Damit wird der Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über die Gebietsänderung der Verbandsgemeinde Bad Münster am Stein-Ebernburg Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/912 – Erste Beratung

Wer meldet sich zur Antragsbegründung? Da es ein Fraktionengesetz ist, muss eine Fraktion anfangen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Wo ist der Kollege Alt? Ich mach es!)

Wenn sich sonst keiner meldet, hat die Fraktionsvorsitzende der CDU, Frau Klöckner, das Wort.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank. Das stimmt jetzt nicht hoffnungsfroh. Ich mache es aber gerne.

Herr Präsident, ich dachte, dass die Regierungskoalition das Gesetz einbringen wird. Als zuständige direkt gewählte Abgeordnete aus dieser Region steige ich gerne ein.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe im Hause)

Es wäre nett, wenn ich loslegen könnte, wenn ich schon das mache, was Sie eigentlich tun müssten.