Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

(Johannes Callsen [CDU]: 130 Millionen €! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Quatsch!)

dass man für die Übernahme des Tarifabschlusses pro Jahr mindestens 70 Millionen € bräuchte

(Zurufe CDU und FDP)

und wir allein deshalb schon für 2013, selbst wenn wir diese Schwerpunkte nicht vorgenommen hätten, die Tarifsteigerung gar nicht hätten gegenfinanzieren können?

(Zurufe)

- Herr Kollege Andresen, es gibt sowohl von der Firma mit dem Apfel als auch von den Konkurrenzunternehmen ein kleines nützliches Werkzeug, das

nennt sich Taschenrechner. Vielleicht rechnen Sie einfach Ihre Haushaltspolitik noch einmal durch, bevor Sie hier solche Zwischenbemerkungen machen.

(Beifall FDP und CDU - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man es nicht weiß, muss man sich nur nach vorn stellen! Es ist schön, wenn man nicht konkret antworten muss! - Weitere Zurufe)

- Frau Fritzen, es ist immer schön, wenn Sie dahinten sitzen und bunte Luftbilder malen. Sie begehen einen dramatischen Fehler, wenn Sie mit Ihrem Vorschlag, der uns heute Morgen kurz vor Sitzungsbeginn erreicht hat, nicht nur versuchen, Beamte gegen Angestellte auszuspielen, sondern wenn Sie auch noch innerhalb der Beamtenschaft durch eine angeblich soziale Staffelung der Tarifübernahme versuchen,

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Tatsächlich soziale Staffelung!)

die Beamtinnen und Beamten in zwei Lager zu spalten. Wir brauchen in den nächsten Jahren hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Medizintechniküberwachung zuständig sind, die für die Arzneimittelüberwachung zuständig sind. Glauben Sie im Ernst, dass Sie qualifizierte Ärztinnen und Ärzte für den öffentlichen Dienst gewinnen, indem Sie ihnen solche Angebote machen? Überall bekommen diese Menschen inzwischen den roten Teppich ausgerollt, nur bei Ihnen kriegen sie die Tür vor der Nase zugeknallt. Das fällt auf dieses Land zurück.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Garg, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Herrn Dr. Stegner?

Ja, immer gern, weil ich ja weiß, dass der Kollege Stegner schwer getroffen war, als ich seine Führungsrolle als Fürsprecher für die Armen und Enterbten infrage gestellt habe. Immer gern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Reiche Erben müssen zur Kasse gebeten werden!)

Sehr verehrter Herr Kollege Garg, ich finde es ausgesprochen großzügig, dass ich eine Zwischenbemerkung machen darf. - Habe ich Ihre Ausfüh

(Dr. Heiner Garg)

rungen - ganz ohne Taschenrechner - so verstanden, dass Sie sagen wollten, es ist für einen Ministerialrat schwieriger hinzunehmen, dass die Besoldungsanpassung nicht so hoch ausfällt wie bei einer Eins-zu-einsÜbernahme, als für von Gewalt bedrohte Frauen im Frauenhaus hinzunehmen, dass Sie es immer noch richtig finden, diese Kürzungen fortzuschreiben und uns das vorhalten? Habe ich Sie da richtig verstanden?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Herr Kollege Stegner, Sie haben mich vollkommen richtig verstanden, dass die vergangene Landesregierung - zugegeben schmerzhafte - Einschnitte, und zwar strukturelle Einschnitte, in den Landeshaushalt vorgenommen hat, die aber niemals die Versorgung in Schleswig-Holstein, weder mit Frauenplätzen noch mit anderen sozialen Dienstleistungen, auch nur im Ansatz infrage gestellt oder gefährdet hätte. Dass wir zu diesen Maßnahmen nach wie vor stehen, haben wir auch mit unseren Haushaltsanträgen dokumentiert.

(Beifall Volker Dornquast [CDU] - Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Da gibt es auch überhaupt nichts herumzureden.

Ich rate Ihnen einfach noch einmal ernsthaft zu überdenken, was Sie da heute Morgen recht flott was, wie wir übrigens hören, möglicherweise noch nicht einmal mit denjenigen, mit denen Sie angeblich einen Dialog geführt haben, gestern Verhandlungsgrundlage war - vorgelegt haben. Ich rate Ihnen: Nehmen Sie Abstand davon, die Zeche für Ihre verfehlte Politik auf dem Rücken von 38.000 Landesbeamtinnen und -beamten und ihren Familien auszutragen.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Thorsten Albig das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Erwartung, warum ich Ihnen das, was ich dem Kabinett als Gesetzentwurf vorschlagen werde und wir diese Woche im Kabinett beschließen wollen, gegeben habe, hat sich nicht ganz erfüllt. Sie sollten da hineinschauen und - zugege

benermaßen in kurzer Zeit, aber es war nicht länger Zeit, weil wir, die Finanzministerin und ich, die Entscheidung nach den Beratungen getroffen haben - die Gelegenheit haben, das in seiner Gesamtschau und in seiner Gesamtwirkung zu bewerten. Auch meine Erwartung, dass wir dadurch zu einer etwas ruhigeren Debatte über die Besoldungssituation in Schleswig-Holstein in den nächsten Jahren kommen, hat sich nicht erfüllt.

Das was hier gerade diskutiert wird, hat mit dem, was ich Ihnen mitgeteilt habe, gar nichts zu tun aber auch rein gar nichts. Das mag daran liegen das sehen Sie mir nach -, dass ich die Berechnungsgrundlage für diesen Vorschlag nicht mitgeliefert habe. Ich werde das beim nächsten Mal tun, aber ich habe Ihre Hinweise auch so aufgenommen, dass Sie gar nicht vorher informiert werden möchten, wenn wir in der Diskussion stehen, sondern lieber erst hinterher.

(Zuruf CDU: Was?)

Um es einmal zu versachlichen, erlauben Sie mir, Ihnen ein Gefühl zu geben -

(Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, bitte erlauben Sie mir einmal, dass ich Ihnen dieses Gefühl gebe. Es dauert zwei bis drei Minuten.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Eine Justizobersekretärin, Besoldungsgruppe A 7, achte Erfahrungsstufe, wird mit den Vorschlägen, die ich Ihnen vorlege, im Jahr 2013 3,3 % mehr haben, im Jahr 2014 2,9 %, im Jahr 2015 2,75 %.

Ein Polizeioberkommissar, A 10, achte Erfahrungsstufe, wird mit dem, was das Kabinett beschließen wird, im Jahr 2013 2,9 % mehr haben, im Jahr 2014 2,3 % und im Jahr 2015 2,75 %.

Es ist ganz entscheidend, wie sich im mittleren Bereich unserer Verwaltung eine Einmalzulage auswirkt, wie sich eine Stellenzulage, die es nicht mehr gab und die wir um 20 € erhöhen, in diesen Segmenten auswirkt. Sie wirken sich fundamental aus, und sie kommen zu diesen Besoldungserhöhungen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich vernehme, dass sich auf der Seite des Hohen Hauses die Vorkämpferschaft für die Beschäftigten jetzt konzentriert: 2004 Besoldungserhöhung 2 %, 2005 0 %, 2006 0 %, 2007 0 %, 2008 2,9 %, 2009 3 %, 2010 1,2 %, 2011 1,5 % und 2012 1,7 %. Für

(Dr. Heiner Garg)

die beiden eben exemplarisch vorgestellten Besoldungsgruppen gibt es signifikant mehr Geld in die Tasche über das gesamte Jahr als in den letzten Jahren hier in Schleswig-Holstein. Das kriegen wir hin, obwohl wir drohendes Haushaltsnotlageland sind.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich habe der Handbewegung des Ministerpräsidenten entnommen, dass Sie jetzt eine Frage stellen dürfen, Herr Kubicki.

Herr Ministerpräsident, würden Sie dem Hohen Haus freundlicherweise erklären, wann die Berufsorganisationen der öffentlich Bediensteten über Ihren Vorschlag unterrichtet worden sind.

Herr Kubicki, das tue ich sehr gern: Sie sind heute Morgen gemeinsam mit Ihnen unterrichtet worden.

Wir haben letzte Woche und auch gestern intensive Gespräche geführt, sowohl mit dem dbb als auch mit dem DGB und seinen Einzelgewerkschaften. Wir haben festgestellt, dass wir bei der Grundsatzposition der Gewerkschaften - die ich gut nachvollziehen kann -, zu einer Eins-zu-eins-Übernahme über alle Besoldungsbereiche zu kommen, nicht zueinander kommen. Wir haben uns überlegt, ob es auch angesichts der Signale gegenüber unseren Beschäftigten sinnvoller ist, jetzt einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem wir ein klares Signal senden. Wir bilden bis A 11 die Tarifergebnisse nicht nur ab, sondern überschreiten sie im Wesentlichen, im Bereich A 12 und A 13 bleiben wir in der Nähe der Tarifergebnisse und - zugegebenermaßen - ab A 14 - lieber Herr Garg, das ist ein Punkt, über den wir diskutieren können, das verstehe ich bleiben wir etwas darunter. Mein Eindruck ist: Dort, wo unsere Kolleginnen und Kollegen in den Metropolregionen, in den Städten, mit Gehältern von A 7, A 8 und A 9 Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu mieten, Schwierigkeiten haben, sich dort überhaupt mit ihrem Lebensmittelpunkt aufzustellen, macht es Sinn, die Mittel so zu konzentrieren, dass wir eine entsprechende Entlastungswirkung geben.

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wiegard?

Ja, sehr gern.

Herr Ministerpräsident, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie sich bei der Aufzählung, die Sie eben für die vergangenen Jahre vorgenommen haben und bei dem, was Sie hier heute vorschlagen, mit Jahren vergleichen, in denen wir in Deutschland und in der Welt die schwerste Wirtschaftskrise zu bewältigen hatten, die es überhaupt je in der freien Welt gegeben hat. Dies ziehen Sie zum Vergleichsmaßstab für Ihre heutige Entscheidung heran.

- Herr Wiegard, das nehme ich zur Kenntnis. Ihr Hinweis ist auch zutreffend. Das ändert aber nichts daran, dass wir beim Vergleich, was die Kolleginnen und Kollegen in den letzten Jahren bekommen haben, feststellen, dass wir in den von mir genannten Bereichen bis A 11 sehr deutlich über diesen Werten liegen. Herr Harms hat gesagt, dass der Besoldungserhöhungsstand der letzten 13 Jahre bei 1,44 % liegt. Mit den Werten, die wir hier vorlegen, liegen wir darüber. Das ist für die haushalterische Situation, die wir haben, eine sehr diskutierbare, eine sehr vernünftige, eine solidarische, eine haushaltspolitisch kluge Aufstellung für dieses Land.

Wir geben zum ersten Mal schon jetzt Garantien auch das bitte ich als Signal zu verstehen. Für das Jahr 2015 sind es 2,75 %, für 2016 und 2017 1,5 %. Sollten sich die Rahmenbedingungen bis zu den Tarifverhandlungen 2015 verbessern, werden wir dort noch einmal verhandeln können. Wir werden auf jeden Fall zum 1. Januar 2015 2,75 % mehr plus 0,25 % Versorgungsrücklage an unsere Beamtinnen und Beamten in den von mir eben genannten Bereichen bis A 13 zahlen. Ich bitte schon, dass wir hier eine angemessene Beurteilung vornehmen und nicht nur die vorgeschriebenen Zettel von gestern ablesen. Sie sollten sich schon das angucken, was ich Ihnen vorgeschlagen habe. Denn in der Wirkung ist es deutlich mehr, als Sie glauben.