Protokoll der Sitzung vom 23.08.2013

Zu den Anträgen der PIRATEN und der rot-grünblauen Landtagsmehrheit ließe sich kurz sagen: Prima, dass Sie alle die Arbeit der Bundesregierung unterstützen und das einfordern, was in dem schon genannten Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum besseren Schutz der Privatsphäre Grundlage des Regierungshandelns von CDU/CSU und FDP ist. Sie können insofern dem Antrag der CDU, der das explizit feststellt, mit gutem Gewissen zustimmen.

(Beifall CDU)

An der Stelle sind wir, glaube ich, gar nicht so weit auseinander.

Für uns ist klar: Es war richtig, alte Verwaltungsvereinbarungen aus der Nachkriegszeit, die unsere Souveränität einschränkten, aufzukündigen, auch wenn das eher Rechtsbereinigung als tatsächliche Rechtsänderung ist. Es ist richtig und notwendig, mit unseren Partnern in den USA und weiteren befreundeten Staaten einen intensiven und dauernden Dialog über die Arbeit ihrer Dienste zu führen. Es ist richtig, die UN-Vereinbarung zum Schutz von Privatleben und Schriftverkehr explizit auch um die digitale Privatsphäre zu ergänzen. Es ist richtig, eine europäische Datenschutzgrundverordnung zu schaffen. Es ist richtig, in der EU und mit unseren weiteren Verbündeten gemeinsame Standards für die Nachrichtendienste festzuschreiben, die zum Beispiel Rechtsverletzungen, gegenseitige Spionage oder Wirtschaftspionage ausschließen. Es ist auch richtig, die europäische IT-Strategie voranzutreiben. All das tut die Bundesregierung.

Die Einigkeit in der Sache ist dabei so groß, dass es der Opposition auf Bundesebene schwerfällt, das Thema im Bundestagswahlkampf zu nutzen. So musste sogar die selbst ernannte Allzweckwaffe der Sozialdemokratie, der Kollege Oppermann, nach sieben Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die er anberaumt hatte, zugeben, dass es keine Hinweise auf eine Ausspähung deutscher Staatsbürger gebe. Nun ist Kollege Oppermann ein kritischer Kopf, und so wird es sicher noch etwas dauern, bis sich diese Fakten in seinen Reden niederschlagen, mindestens noch bis in die Abendstunden des 22. September 2013.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage des Herrn Abgeordneten König?

Bitte schön, Herr König!

Vielen Dank für die Möglichkeit. - Sehr geehrter Kollege, finden Sie es in Ordnung, wenn ausländische Nachrichtendienste unsere Bürger flächendeckend abhören, sofern es dafür ein ausländisches Gesetz gibt, das das legitimiert, oder würden Sie sagen, dass das vielleicht nicht so gut ist?

(Beifall PIRATEN)

Ich komme zu diesem Punkt noch. Er knüpft ein bisschen an die Debatte an, die wir vorgestern schon geführt haben. Ich warne davor, bei Themen wie diesem mit Behauptungen zu argumentieren, die nicht nur unbewiesen sind, sondern die inzwischen zum Teil sogar widerlegt sind.

(Beifall CDU)

Fassen wir die Fakten also noch einmal zusammen: Kein einziger der Vorwürfe einer angeblichen Totalüberwachung konnte mit Fakten belegt werden.

Herr Kollege, entschuldigen Sie bitte. Ich war gerade nicht aufmerksam. Der Kollege König hat die Bitte nach einer weiteren Zwischenbemerkung, vermutlich in Bezug auf Ihre Antwort. Lassen Sie sie zu?

Wunderbar. Dann hat Herr König das Wort. Im Anschluss daran möchte der Abgeordnete Wolfgang Kubicki eine Bemerkung machen oder eine Frage stellen.

Fangen wir einmal mit Herrn König an.

(Dr. Axel Bernstein)

Danke schön.

Vielen Dank, zu gütig. - Ich hätte gern meine Frage beantwortet. Die Frage war, ob es in Ordnung ist, wenn die Bürger flächendeckend abgehört werden, sofern es dafür eine ausländische Rechtsnorm gibt, die dies legitimiert. Wie stehen Sie dazu?

Ich ziehe jetzt einmal einen Punkt vor, zu dem ich gleich gekommen wäre. Dann wird sich diese Frage wahrscheinlich erledigt haben; denn die NSA hat mitgeteilt, dass sie sich bei ihrem Handeln in der Bundesrepublik nicht nur an US-Recht, sondern auch an deutsches Recht gehalten hat. Diese positive Aussage wäre in der Tat noch weiter zu verifizieren. Nach meinen Informationen läuft die Deklassifizierung von entsprechenden Dokumenten. Ich gehe davon aus, dass diese Ankündigung der Wahrheit entspricht.

Gestatten Sie dann eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kubicki?

Herr Kollege Dr. Bernstein, im Anschluss an die Frage des Kollegen König frage ich Sie: Halten Sie es für gerechtfertigt und legitim, dass der Bundesnachrichtendienst auf der Grundlage bundesdeutscher Gesetze im Ausland Aufklärung betreibt?

- Das ist seine Aufgabe, ja.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Sicherlich.

Herr Dr. Dolgner, bitte!

Herr Dr. Bernstein, für wie glaubwürdig halten Sie die Aussage eines ausländischen Dienstes, dass man sich an Recht und Gesetz gehalten hätte und hier niemanden abgehört hätte, der wenige Tage später einräumen muss, dass er 50.000 Rechtsverstöße in den USA selbst begangen hat, die er ursprünglich auch bestritten hat?

(Beifall PIRATEN)

Dem ist nicht widersprochen worden.

Wenn für Sie die Aussagen der Dienste von verbündeten Staaten nicht glaubwürdig sind, halte ich mich an dieser Stelle an die Aussagen des Kollegen Oppermann. Vielleicht vertrauen Sie dem ja auch.

Gestatten Sie eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Dr. Dolgner?

Aber sicher.

Herr Kollege Dr. Bernstein, das war nicht der Kern meiner Frage. Es geht nicht darum, ob man Aussagen grundsätzlich misstraut, sondern darum, ob Sie grundsätzlich Aussagen eines speziellen Dienstes trauen, der wenige Tage später einräumen muss, dass er zum Thema Überwachung der US-Bürger eine Falschaussage gemacht hat, wozu die US-amerikanische Regierung deshalb eine Untersuchung anberaumt hat.

- Als Parlamentarier traue ich Aussagen von Regierungsstellen vom Grundsatz her, aber insbesondere dann, wenn sie auch belegt werden. Da das angekündigt ist, warte ich das ab. Wenn man ankündigt, dass man etwas belegen wird, wird man es wahrscheinlich auch können.

Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Breyer?

Es freut mich, Herr Dr. Bernstein, dass Sie heute so

kommunikativ sind. Bei diesem wichtigen Thema ist es, glaube ich, auch angebracht.

- Nicht nur heute.

Können Sie bestätigen, dass die Aussage der NSA, sich an deutsches Recht zu halten, sich nur auf die Aktivitäten auf deutschem Territorium bezieht, dass sich die Aussage aber schon nicht mehr darauf bezieht, wenn deutsche Kabel in der Tiefsee, in Großbritannien oder an sonstigen Grenzübergängen angezapft werden?

- Ich gehe davon aus, dass sich die Aussage der NSA, dass sie sich an deutsches Recht hält, auf Deutschland bezieht. Wenn sie ankündigen, dass sie auch nicht gegen US-amerikanisches Recht verstoßen haben, dann gehe ich davon aus, dass sich diese Aussage nicht nur auf die USA, sondern auf den Tätigkeitsbereich des US-Dienstes bezieht.

- Weltweit deutsches Recht?

- Nein, genau gerade nicht. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Deutsches Recht gilt auf deutschem Boden. Ich gehe davon aus, dass ein USamerikanischer Dienst, wenn er im Ausland tätig ist, sich an US-amerikanisches Recht hält. Genau das hat die NSA bestätigt.

Weder der Bundesregierung noch dem Bundestag noch den Betreibern deutscher Internetknoten liegen Hinweise darauf vor, dass durch die USA Bundesbürger ausgespäht worden seien. Alle Vorwürfe, deutsche Dienste hätten mithilfe ausländischer Dienste Daten erhalten, die sie nicht selbst hätten erheben dürfen, haben sich inzwischen als haltlos erwiesen.

Ich habe eingangs zur Sachlichkeit gemahnt; darum will ich auch selbst sachlich enden. - Ich gehöre nicht zu jenen, die SPD-Fraktionschef Steinmeier vorwerfen, dass er im Jahr 2002 die Kooperation von NSA und Bundesnachrichtendienst grundlegte; das war wichtig. Diese Kooperation heute zu skandalisieren ist hingegen verlogen und verantwortungslos.

(Beifall CDU und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Die Bedrohungen, denen sich unsere Gesellschaft ausgesetzt sieht, sind der international agierende Terrorismus, Proliferation, Organisierte Kriminalität und so weiter. Um uns zu schützen, ist die Arbeit von Nachrichtendiensten weiterhin unverzichtbarer Bestandteil unserer Sicherheitsarchitektur.

Abschließend sei aber auch darauf hingewiesen, dass die Dienste in der Art und Weise, wie sie ihre

Aufgaben wahrnehmen, darauf achten müssen, dass es keine Zweifel an ihrer rechtsstaatlichen Prägung geben kann.