Deshalb sage ich an dieser Stelle ganz klar: Ein bisschen mehr Selbstkritik, auch ein bisschen mehr Ehrlichkeit in dieser Diskussion hätte ich mir auch von Frau Ünsal gewünscht.
Ich finde da ein Zitat von Gustav Heinemann ganz wundervoll. Er war ein toller Präsident. Ob es taugt, jedes Mal, wenn die Opposition an irgendetwas Kritik übt, generell zu sagen, man würde mit dem Finger auf andere zeigen, wenn man die Regierung kritisiert, das sollte man vielleicht nicht überhöhen. Aber wenn Sie schon in die Lokalpolitik einsteigen, Herr Kollege Tietze, dann würde ich Ihnen einen Blick in die Gemeinde- und Stadtvertretungen des Landes Schleswig-Holstein empfehlen wollen. Schauen Sie einmal, wie Ihre Parteikollegen - übrigens auch die von Ihren Koalitionspartnern CDU und FDP - abstimmen, wenn dort über die Frage abgestimmt wird: Wollen wir Geschosswohnungsbau oder Mietwohnungsbau?
Das ist ja oft die Frage, wenn es darum geht, ob wir zu bezahlbarem Wohnen kommen oder nicht. Irgendwann fragen wir das auch noch einmal ab, damit wir es empirisch nachweisen können. Aber wir sprechen ja mit unseren Kommunalpolitikern und wissen, was da passiert. Ich will Ihnen sagen: Im Regelfall sind es Sozialdemokraten, die für Mietwohnungsbau und Geschosswohnungsbau stimmen, und es sind Union und FDP, nicht selten unterstützt von den Grünen, die sagen: Lasst uns doch ein bisschen mehr Einzelhäuser bauen.
Lieber Herr Kollege Stegner, Sie mögen in Ihrer Partei ja Strichlisten darüber führen, wer wo in welchem Kommunalparlament abstimmt. Wir machen das nicht. Insofern weiß ich nicht, wieso Sie diese Behauptung hier in den Raum stellen. Sie klingt ja erst einmal nach dem Motto: Ihr Grünen macht euch mit den Neoliberalen gemein.
Dieser Vorwurf steckt ja dahinter. Diesen Vorwurf versuchen Sie ja jetzt zu konstruieren. Da sage ich: So einfach ist das nicht. Ich habe auch schon zehn Jahre Kommunalpolitik hinter mir. Es gibt sehr unterschiedliche Motivationen, auf der einen Seite für den Mietwohnungsbau zu sein. Schauen wir einmal meine Region an, in der ich mich sehr gut auskenne, weil ich dort 25 Jahre gelebt habe, auf der Insel Sylt. Da haben wir genau das getan, weil wir nämlich wissen, dass nur ein sozialer Wohnungsbau und nur dann, wenn er in der Verantwortung der öffentlichen Hand ist, dafür sorgt, dass das Haus eben nicht nach zehn Jahren für eine Million verhökert wird, sondern dass es dem allgemeinen Wohnen und nicht dem Gästewohnen erhalten bleibt. Es ist, bitte schön, keine neue Erkenntnis, dass man auch in einer Kommune soziale Verantwortung trägt. Übrigens ist auf der Insel Sylt auch von CDU und FDP so mitgestimmt worden.
Hier also zu unterstellen, die einen seien sozial, weil CDU oder FDP drauf steht, und die anderen seien besonders sozial, weil SPD draufsteht, das funktioniert nicht, und das möchte ich hier an dieser Stelle deutlich zurückweisen.
Herr Abgeordneter Dr. Tietze, es gibt jetzt ein weiteres Begehren zu einer Bemerkung von der Abgeordneten -
Wenn wir uns darauf einigen könnten, dass ich erst einmal frage, bevor irgendjemand anders redet, wäre das gut! Danke. - Eine Bemerkung der Frau Abgeordneten Ünsal. Gestatten Sie die?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich bin jetzt einfach genötigt, die Frage zu stellen. Wenn es um die Kieler Politik geht, kenne ich mich in der Tat sehr gut aus.
Worauf stützen Sie die Behauptung, dass das MFG-5-Gelände das primäre Gelände ist, auf dem man den Wohnungsbau verhindert? Das möchte ich gern einmal ausgeführt wissen, wenn Sie das so einfordern.
Der zweite Punkt ist: Wenn es um die Ehrlichkeit hier geht, dann möchte ich fragen, wo das bei Ihnen steht. Ich kenne Ihre Position, ich habe mich tatsächlich auch eingearbeitet. Sie mögen vielleicht auch noch in dem Bereich sein, ich auch. Aber ich kenne Ihre vorherige Position. Ich sehe keine Aussage dazu, wie Sie mit der Mietpreisbremse, so wie Sie vorher vielleicht an der einen oder anderen Stelle argumentiert haben, jetzt umgehen wollen.
Mir an dieser Stelle vorzuwerfen, ich würde nicht ehrlich argumentieren, das muss ich deutlich zurückweisen. - Vielen Dank.
Frau Ünsal, ich habe Ihnen jetzt nichts vorgeworfen. Es war auch ein wenig zwischen der Debatte mit Herrn Stegner. Da habe ich Sie vielleicht ein bisschen in einen Topf geworfen.
Lassen Sie uns jetzt hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag keine Kommunalpolitik machen. Wir können das gern noch einmal erörtern. Ich will aber hier die einzelnen Gründe im Zusammenhang
mit der MFG-5-Geschichte nicht ausbreiten. Ich habe auch nur noch 2 Minuten Redezeit. Wir machen das dann gern noch einmal bilateral.
Ich denke - hier möchte ich noch einmal auf den Eingangsbericht des Ministers eingehen -, Wohnungsbaupolitik ist Zukunftsbaupolitik, Wohnungsbaupolitik ist Gestaltungspolitik, und sie bedarf eines integrierten Ansatzes. Das haben Sie sehr deutlich gemacht. Dabei wirken eben viele Faktoren. Es ist eine filigrane Form der politischen Zukunftsgestaltung. Man kann eben nicht sagen: „Ich bin der Auffassung, dass nur das eine hilft“, sondern man muss sich sehr genau damit auseinandersetzen, welche Mechanismen hier helfen. Ich finde, das haben Sie in eindeutiger Form deutlich gemacht.
- Herr Präsident, ich lasse keine weitere Zwischenfrage zu, sondern möchte mit meiner Rede jetzt gern zum Schluss kommen.
Auf Landesebene brauchen wir diese neue Denkweise und auch diese neue Dynamik. Ich sehe sie gerade auch hier in der Jamaika-Koalition. Wir stellen uns dieser Aufgabe. Sie haben es auch noch einmal gesagt, Herr Kollege Lehnert, in Bezug auf den Hamburger Raum. Das ist eine spannende Thematik, mit der wir nicht allein auf der Welt sind, sondern tatsächlich müssen und sollten wir es auch mit der Metropole Hamburg diskutieren. Denn wir wissen genau von diesen Wechselbeziehungen zwischen den Metropolen. Ich sage es auch einmal an dieser Stelle: Im Grenzraum bei uns im Norden ist es wichtig, dass wir immer wieder schauen, wie Wohnungsbaupolitik im Grenzraum ist, gerade auch im Landesteil Schleswig. Bei diesen Themen sollten wir uns sehr offen und auch sehr klar mit kollegialen Vorschlägen der Partner auseinandersetzen und nicht so tun, als hätten wir das Gelbe vom Ei erfunden und wären die Einzigen, die wüssten, wie Wohnungsbaupolitik zu definieren ist.
Meine Damen und Herren, weniger Bürokratie, mehr Kreativität, nicht auf Kosten der Umwelt und nicht zulasten der Menschen - das ist eine Politik, hinter der die Grünen auch in Jamaika stehen. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein verlassen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Abgeordneter, wenn Sie in Zukunft in Ihren Reden berücksichtigen würden, dass Sie die Dinge, die Sie in Ihrer zu großen Wohnung übrig haben, nicht mit einem Begriff aus der Fäkalsprache bezeichnen, dann wäre das der Würde des Hauses angemessen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke der SPD für den Berichtsantrag und dem Minister für seinen Bericht, durch den wir noch einmal darstellen konnten, was wir alles in unseren Koalitionsvertrag zu diesem Thema hineingeschrieben haben. Ich beglückwünsche den Kollegen Dr. Tietze zu seiner wohnungsbaupolitischen Jungfernrede. Sie war offenbar schon im Vorhinein auf mehr als 5 Minuten ausgelegt. Es war auch gut, dass das Thema der E-Mobilität beim Thema Wohnungsbau noch einmal vorkam. Das fand ich gut.
Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein ist ein schönes und attraktives Land, das nicht nur mit seiner Nähe zu Hamburg und seiner Lage zwischen den Meeren punkten kann. Wir haben mit Kiel und Lübeck auch vitale Großstädte zu bieten - keine Sorge, ich steige jetzt nicht in die Kommunalpolitik ein -, die allen pessimistischen Prognosen zum Trotz in den letzten Jahren wieder gewachsen sind. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man prognostiziert, dass beispielsweise die Stadt Kiel bis zu den Jahren 2030/2040 massiv an Einwohnern verlieren werde. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass das genaue Gegenteil eingetreten ist. Insofern stellen wir an verschiedenen Stellen im Land fest: Es gibt einen weiter anhaltenden Drang in die Zentren, vor allem natürlich in Richtung Hamburg.
Der ländliche Raum hat in vielen Regionen des Landes tatsächlich zu kämpfen. Das wurde schon angesprochen. Durch die Forcierung des Glasfaserausbaus besteht auch eine große Chance für den ländlichen Raum, doch wieder stärker zu prosperieren. Wir wissen es noch nicht, aber man kann ja schon den Trend erkennen, dass sich durch die Digitalisierung auch die Arbeitswelt stark verändern wird. Insofern wird man, denke ich, auch im ländli
chen Raum sehen, dass man bei der Arbeit unabhängiger davon wird, wo der Arbeitsplatz ist, weil man seinen Job stärker auch von zu Hause aus erledigen kann. Das ist eine große Chance.
Klar ist aber auch, dass wir als Landespolitik die Aufgabe haben, die wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen des Landes zu stärken und die Infrastruktur im ländlichen Raum zu erhalten und zu modernisieren. Es gibt - das sollte man nicht übersehen - den nach wie vor anhaltenden Trend zu mehr Single-Haushalten - übrigens auch bei unseren älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern - und auch gestiegene Wohnansprüche, Herr Dr. Tietze.
- Das kennen Sie offenbar. - Der wachsende Wohnraumbedarf ist nach wie vor vorhanden. Die Zahlen wurden schon genannt, wie viele Wohnungen wir brauchen. Es ziehen mehr Menschen zu uns. Die Demografie verändert die Bedarfe. Auch die Auswirkungen der EZB-Zinspolitik spielen eine Rolle; das hat Vor- und auch massive Nachteile. Damit die Mieten und Immobilienpreise nicht immer weiter steigen, müssen wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die wachsende Nachfrage nach Wohnraum durch ein entsprechendes Angebot besser gedeckt wird.